Elefant im Zoo Heidelberg im Jahre 2009 | Foto: Immanuel Giel, Lizenz: CC BY 3.0

Bewegen sich Elefanten im Zoo weniger als ihre Artgenossen in der Natur?

Exklusiv für zoos.media – 14.07.2018. Autor: Philipp J. Kroiß

Im Zoo Heidelberg ging Biologe Frederik Linti der Frage nach, ob sich Elefanten im Zoo weniger bewegen als ihre Artgenossen in der Natur.

Bewegen sich Elefanten im Zoo weniger als ihre Artgenossen in der Natur?

Über die Wanderung der Elefanten hatten wir vor fast einem Jahr einen Artikel veröffentlicht, in dem es darum ging, dass die für das Wohlbefinden notwendige Bewegungsfreiheit von Elefanten in modernen und wissenschaftlich geführten zoologischen Einrichtungen nicht eingeschränkt wird.

Wie weit wandern eigentlich Elefanten pro Tag wirklich?

Anhand von Studien zur Bewegung von Elefanten in der Natur und der Bewegungsmöglichkeit von Elefanten in zoologischen Anlagen wurde dargelegt, dass man sich keine Sorgen um das Wohlbefinden der Elefanten machen muss, weil sie in Menschenobhut nicht die Anzahl an Kilometer wandern zu denen sie in der Natur gezwungen  werden.

Wichtige Studie im Heidelberg

Das Problem vor fast einem Jahr war aber, dass es keine wissenschaftlich erhobenen konkreten Daten zum direkten Vergleich gab. Man wusste, dass Elefanten, die eine vergleichbare Versorgung in der Natur erhalten haben, wie sie es auch in einem Zoo vorfinden würden, so wenig Strecke machten, dass es spielend in modernen Anlagen möglich wäre, aber eine direkt vergleichende Studie, gab es noch nicht. Diese wurde aber nun veröffentlicht.

Bereits im Mai 2017 hatte der Biologe Frederik Linti mit Untersuchungen der Junggesellengruppe im Heidelberger Zoo begonnen. Von Juli bis September gab es dann die Untersuchungen der Bewegungen über GPS-Überwachung der Tiere. Europaweit war er der erste, der das jemals gemacht hatte. In den USA gibt es ähnliche Untersuchungen, wie wir berichtet haben.

Dallas Zoo: Elefanten-“Fitbit” für Forschung & Artenschutz

Solche Untersuchungen erfüllen gleich mehrere wichtige Funktionen: Einmal ist eine solche Untersuchung als Grundlagenforschung enorm viel wert. Man weiß wie weit sich Elefanten bewegen, wenn sie ideale Bedingungen für ihr Überleben vorfinden. Die Wanderungen in der Natur finden nur aufgrund der schlechten Verfügbarkeit der Nahrung an einem Ort statt und so weiß man, wie viele Kilometer von der Bewegung der Tiere dies ausmacht. Natürlich kann man als zweiten Schritt aus dieser Grundlagenforschung wichtiges für den Elefantenschutz ableiten.

Interessante Ergebnisse

Elefant im Zoo Heidelberg genießt genüsslich Gras. | Foto: Fritz Geller-Grimm, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Der Heidelberger Gruppenchef Gandhi legt am wenigsten Kilometer zurück: im Durchschnitt 5,6 km/d und ebenso Ludwig, sein “Praktikant”. Ludwig zeigt ein Verhalten, das sehr wichtig ist, wenn es darum geht, dass ein Elefant lernt, Elefant zu sein: er macht dem Chef alles nach. Gandhi stört das nicht, sondern er lässt es zu und so lernt Ludwig von ihm, was sehr wichtig im Sozialisierungsprozess der Tiere ist – ein Grund, weshalb Junggesellengruppen so gut und wichtig sind. Auch Tarak darf mitfressen, ist aber kein “Praktikant” und der vierte und rangniedrigste im Bunde, Yadanar, darf es nicht.

Lintis Ergebnisse sprechen nun auch dafür, dass die zurückgelegten Kilometer ebenfalls mit dem Erlangen des Futters zu tun haben. Gandhi und Ludwig kommen, durch ihre Position in der Gruppe, sehr einfach an Futterstellen. Sie können sich aussuchen welche sie wollen und nehmen natürlich die, die sie am energieeffizientesten erreichen können. Deshalb bewegen sie sich am wenigsten. “Der Chef kommt leichter an die Futterstellen und Ludwig frisst einfach mit”, erklärt Linti die Werte gegenüber der RNZ.

Tarak läuft durchschnittlich 7,3 Kilometer pro Tag – er hat eben nicht die Vorrechte des Praktikanten. “Weil Yadanar ganz unten in der Hierarchie steht, wird er oft von der Futterstelle vertrieben und muss mehr laufen. Er hält den Rekord mit 11,6 Kilometern am Tag”, erklärt Linti. Auch daran sieht man ganz klar: die Kilometer, die Elefanten zurücklegen, sind wesentlich von der Verfügbarkeit des Futters bestimmt.

Als Durchschnittswert für alle Tiere wurden 6,4 km/d kalkuliert. Das entspricht auch Zahlen aus Myanmar, die dort ermittelt wurden. Eine Studie es WWF hatte ergeben, dass wilde Elefanten nur einen halben Kilometer am Tag zurücklegten, wenn alle Nahrung, die sie benötigten, vorhanden war. Im Zoo legen die Tiere aber mehr Kilometer zurück, weil die Pfleger darauf achten, dass die Tiere auch körperlich fit bleiben, indem sie zahlreiche Enrichments für die Tiere anbieten, bei denen die Tiere sich natürlich auch bewegen und mit Begeisterung mitmachen.

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