Großer Hammerhai (Sphyrna mokarran) im Georgia Aquarium | Foto: Gary J. Wood, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Ist das die Zukunft von Aquarien?

Exklusiv für zoos.media – 13.11.2017. Autor: Philipp J. Kroiß

Ist der Nat Geo Encounter Ocean Odyssey das Aquarium des 21. Jahrhunderts? Was steckt wirklich hinter Ausstellung und ist sie mit modernen Aquarien sinnvoll vergleichbar?

Ist das die Zukunft von Aquarien?

Mit dem Nat Geo Encounter Ocean Odyssey hat eine Ausstellung eröffnet, die auf den ersten Blick so zu tun scheint, als sei sie ein Aquarium. Eine schicke Idee, die die Popularität von Aquarien belegt, obgleich die Ausstellung ihren Vorbildern nicht gerecht wird beziehungsweise auch gar nicht werden kann. Was Tierrechtsorganisationen aber daraus machen, offenbart nichts als deren Inkompetenz in Bezug auf Aquarien.

Ein Ersatz für Aquarien?

Der Encounter wirbt ja bereits damit, dass es so aussehen würde als ob. Video-Loops aber, sind keine echten Tiere und es zeugt von deutlicher Naturentfremdung, wenn man sie dafür hält. Menschen, die in moderne Aquarien gehen aber sind fasziniert von dem Lebendigen, das eben nicht in einer mehr oder weniger leicht zu durchschaubaren Videofrequenz einzufangen ist. Wenn Menschen sich vor die Panoramascheibe des Georgia Aquarium setzen, dann um echte Tiere zu erleben und zu beobachten.

Männlicher Walhai in der Installation Ocean Voyager des Georgia Aquarium, Atlanta, GA | Foto: Zac Wolf, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Die Faszination solcher großen, aber auch kleiner Installationen hat damit zu tun, das man das Leben von Tieren direkt erleben kann. Schaut man sich Videos, wie lebensecht sie auch immer sein mögen, an, ist die Distanz zum Tier viel größer, da es ein weitaus größere räumliche Distanz, aber vor allem auch eine große zeitliche Distanz gibt. In Zeiten, in denen die Menschen auch immer kompetenter mit Medien umgehen, ist den jeweiligen Rezipienten das auch bewusst. Die Zeiten, in denen Leute noch ernsthaft hinterm Fernseher nachschaut, ob da was ist, was sie auf der Mattscheibe sehen, sind längst vorbei.

Eine Ausstellung – nichts weiter

Gute Ausstellungen schaffen es, durch ihre Gestaltung die Besucher in ihren Bann zu ziehen. Das schaft der Nato Geo Encounter zweifelsohne. Er schafft es qualitativ hochwertige Videosequenzen in einem attraktiven Milieu zu präsentieren – ähnlich wie eine gute Archäologie-Ausstellung es mit Fundstücken oder eine gute Kunst-Ausstellung es zum Beispiel mit Bildern schafft.

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Dieses Entertainment ist auch Ziel der ganzen Sache, man wirbt damit eine “Entertainment Experience” zu sein. Das schafft man auch. Moderne Zoos sind aber viel mehr: sie stellen keine Werke aus, sondern Lebewesen und sind auch nicht nur eine “Entertainment Experience”, sondern ein Ort der Edukation, Forschung und des Artenschutzes. Das ist diese Ausstellung nicht. Wer aber Spaß daran hat, einen computeranimierten Seelöwen zu “spielen”, kann das dort machen.

My Sea Lion Encounter #natgeoEncounterOceanOdyessy #Encounter #OceanOdyssey

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Man sieht an diesem “Highlight” allerdings auch, wie unnatürlich dieser Encounter ist. Wer je mit einem Seelöwen interagiert hat, weiß, dass es gar nicht so einfach ist die Aufmerksamkeit der Tiere so lange zu erlangen und dass man viel über sie lernen muss, damit man so interagieren kann. Man trifft hier also auf einen computeranimierten Seelöwen, der sich in Bezug auf Interaktion völlig unnatürlich verhält und den Besuchern ein falsches Bild dieser Tiere und der Interaktion mit ihnen vermittelt. Das ist auch in Ordnung, weil diese Ausstellung keinen Hehl daraus macht, einfach nur Entertainment zu sein, aber genau hierin zeigt sich der große Unterschied zu seriös arbeitenden und modernen Zoos beziehungsweise Aquarien.

Kein Vergleich zu modernen Aquarien

Falscher Clownfisch (Amphiprion ocellaris) im Tropen-Aquarium Hagenbeck | Foto: Malte Jörn Krafft, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Man merkt also, wie massiv sich diese Ausstellung von der modernen Haltung von Wassertieren unterscheidet und wie realitätsfremd es ist, dies als neue Form der Aquarien zu verkaufen. Man tut der Ausstellung damit auch keinen Gefallen, denn sie ist nun mal Entertainment auf einem zweifelsohne hohen Niveau. Zoos hingegen setzen auf Edutainment, also der Vermittlung von Inhalten mit dem Vehikel auch durch aus mal unterhaltender Element, weil diese wichtig sind, damit Bildung in der Freizeit funktioniert – diese Mischung ist wichtig und funktioniert exzellent.

Videos können ein ergänzendes Vehikel sein, aber wenn man mal tatsächlich in einem Zoo beobachtet, wenn die Besucher mit beidem konfrontiert sind – etwa einem Film über Meeresschildkröten oder einem lebenden Tier, werden beobachten sie in so gut wie jedem Fall lieber das echte Tier. Als damals “Findet Nemo” herauskam, wollten Leute zu Hauf diese Tiere halten, weil sie diese Art durch den Film so spannend fanden, dass eine allein visuelle und ein zweidimensionales Erlebnis ihnen nicht mehr genügte. Dem Schutz der Lebensräume oder gar der Art war dieser Film nicht signifikant zuträglich. Trotz der Nemo-Faszination sterben die Korallenriffe – Schuld daran ist auch der exzessive Ökotourismus. Entertainment allein macht noch keine Faszination für den Schutz dieser Tiere. Deshalb arbeiten Zoos anders und versuchen die Faszination zu wecken, sie dann aber in Bahnen zu lenken, die der Art und ihrem Lebensraum zuträglich sind. Dazu sind auch lebende Tiere nötig und „Die Zootiere machen einen richtig guten Job“, findet auch Naturfotograf Norbert Rosing.

Diese Ausstellung ist also nicht das Aquarium des 21. Jahrhunderts, sondern eine Ausstellung wie man sie modern und mit einem riesigen Budget umsetzt. Ob es nun sinnvoll ist so viel Geld für eine Entertainment-Ausstellung, die schwerpunktmäßig ein verfremdendes, weil schönfärberisches Bild eines hochgradig bedrohten Ökosystems vermittelt, zu stecken, statt in dessen Schutz, steht noch auf einem anderen Blatt. Moderne Aquarien schaffen hervorragend den Spagat, sowohl eine attraktive Ausstellung, als auch wichtige Edukation zum Schutz des Ökosystems zu verbinden – aber die sind eben auch nicht nur Entertainment.
Das zeigt auch diese Installation des Zoo Duisburg:

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