Christina Schulze-Föcking (CDU) | Foto: Leila Paul, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Eine zurückgetretene Ministerin, eine Befragung im Landtag und was das mit Tierrechtlern zu tun hat

Exklusiv für zoos.media – 28.11.2018. Autor: Philipp J. Kroiß

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss tagte im Landtag NRW und befragte Christina Schulze Föcking zum Hackerangriff – dabei kam einiges zu Tage.

Eine zurückgetretene Ministerin, eine Befragung im Landtag und was das mit Tierrechtlern zu tun hat

Der „Fall Schulze Föcking“, wie er medial genannt wird, schlug Wellen weit über NRW hinaus. Der damaligen Landwirtschaftsministerin des Bundeslandes wurde Tierquälerei am Hof der Familie vorgeworfen. Es folgte eine beispiellose Hetzjagd auf die CDU-Politikerin, in der es dann plötzlich auch gegenstandslos wurde, dass jede gerichtliche Instanz, der dieser Tierquälerei-Vorwurf vorgelegt wurde, ihn als gegenstandslos zurückwies.

Christina Schulze Föcking und ihre Familie wurden von Menschen mit Folter und Tod bedroht, die sich hinter Decknamen versteckten und offensichtlich von Veröffentlichungen aus dem Kreis der Tierrechtsindustrie motiviert worden waren. Eindringlich verlas sie bei der Zeugenbefragung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss am vergangenen Montag solche Nachrichten und Mails, die sie erreichten, um einen Hintergrund zur Situation zu liefern, als es zu einem mutmaßlichen Hacker-Angriff auf ihren Wohnsitz kam.

Genaue Schilderung der Ereignisse

„Hätte ich gewusst, dass ich heute hier sitze, hätte ich Tagebuch geführt“, erklärte die aufgrund dieser bisher beispiellosen Schmierenkampagne gegen sie und ihre Familie inzwischen zurückgetretene Landesministerin. Trotzdem liefert sie eine sehr genaue Schilderung der Ereignisse und beantwortet danach die Fragen des Untersuchungsausschusses.

Am 15. März wollte die Ministerin, so erklärte sie, gegen 21.00 Uhr gerade ihren Kindern noch „Gute Nacht“ sagen, als sie plötzlich ihre Stimme aus dem Wohnzimmer hörte. Sie schaute auf den Fernseher und sah den Ausschnitt einer Fragestunde des Landtags – ohne Senderlogo. Mit ihrem Handy filmte sie das rätselhafte Vorgehen. Als sich das Video nicht abstellen ließ, wurde gegen 21.15 Uhr der Stecker des Routers gezogen, das Bild fror ein und die Polizei war verständigt worden – offensichtlich hatte die Familie gerade einen Hackerangriff erlebt.

Transparenter Umgang mit dem Vorfall

Da sie auch mit dem Diensthandy in dem gehackten Netzwerk eingeloggt war, musste das natürlich entsprechend kommuniziert werden und es war der damaligen Ministerin auch ein Anliegen, damit transparent umzugehen. Die Pressehoheit aber hatte die Staatsanwaltschaft, damit die Ermittlungen durch Pressearbeit nicht gefährdet werden würden.

Die erste Ermittlungshypothese war ein Hackerangriff für den auch nach wie vor noch sehr vieles spricht. Neben dem Zugriff auf das Smart-TV gab es ein hochgradig ungewöhnliches Nutzerverhalten, so wurde zum Beispiel vom Tablet der Mutter nach „Sparkasse“ gegoogelt, obgleich das Gerät nicht mal ansatzweise zum Online-Banking genutzt wurde und wird. Es gab Anmeldeversuche auf den Futtercomputer für die Tiere im Betrieb. Bemerkenswert war, dass dies auch der erste Zugriff auf das SmartTV war. Weder ihre Mutter noch Frau Schulze Föcking war überhaupt bewusst gewesen, dass so ein Zugriff möglich wäre, erklärte die ehemalige Ministerin.

Stichtag 29. März

Die in NRW abgewählte rot-grüne Koalition, die lange Jahre die Regierungsgeschäfte führte, konzentrieren sich in diesem Fall aktuell auf den 29. März besonders. Warum? Hier hatten die Ermittler erstmalig den Verdacht geäußert, dass die Mutter über ihr Tablet das Abspielen des Videos auf dem TV ausgelöst haben könnte. Allerdings nahmen sie die vom mutmaßlichen Hack betroffenen Geräte wieder mit, um anscheinend weitere Ermittlungen anzustellen.

Die Pressehoheit über den Fall hatte weiterhin die Staatsanwaltschaft. Die wollte Frau Schulze Föcking bald darauf einen Abschlussbericht zukommen lassen, aber ließ damit lange auf sich warten. Trotz mehrfacher Nachfragen seitens der Politikerin war es ihr erst möglich im Juni die Öffentlichkeit nach Zustellung des Abschlussberichts der Staatsanwaltschaft zu informieren.

Am 29.03. waren die Ermittlungen ja noch lange nicht abgeschlossen gewesen, sonst hätten die minderjährigen Kinder der Politikerin nicht über Ostern aufs Fernsehen verzichten müssen, dass ja noch bei der Polizei lag. Wer Ermittlungen abschließt, nimmt keine Geräte für weitere Ermittlungen an sich. Das ignorieren sowohl die SPD als auch die Grünen bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit genauso wie die Pressehoheit der Staatsanwaltschaft.

Hackerangriff bis heute nicht ausgeschlossen

Die Ermittlungshypothese von der Frau Schulze Föcking erstmals an jenem Tag erfuhr war auch die, mit der die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den unbekannten Hacker einstellte. Für sie war die Mutter von Christina Schulze Föcking, die 76-jährig ihr Tablet nur dazu nutzen kann und will, um ihre Mails und aktuelle Nachrichten zu checken, offensichtlich ein Computergenie, die etwas vollbringen konnte, was selber die Ermittlungsexperten nicht vor Ort reproduzieren konnten, sondern nur direkt vor dem Fernseher stehend.

Das kling unglaublich und ist es tatsächlich auch. Darauf von ihr angesprochen, ob man denn einen Hackerangriff ausschließen konnte, verneinte dies der Staatsanwalt: „In meinem Job kann man gar nichts ausschließen.“ Was SPD und Grüne jetzt erwartet hätten, war, dass Christina Schulze Föcking, dieses völlig abstruse Ermittlungsergebnis hätte voraussehen können und die Öffentlichkeit hätte informieren müssen, bevor die Staatsanwaltschaft diese These überhaupt hinreichend bestätigt hätte – kurz: man erwartet unseriöses Kommunikationsmanagement gegen die Pressehoheit der Staatsanwaltschaft.

Im Juli wurde von Experten, die allerdings mit dem Fall selbst weder etwas zu tun hatten, noch wahrscheinlich überhaupt davon wussten, eine Sicherheitslücke im Programm TeamViewer, das eine Schlüsselrolle beim Hack gespielt hat, entdeckt: Das Passwort zur Fernsteuerung der Geräte wird von dem Programm im Arbeitsspeicher des jeweiligen Geräts unverschlüsselt hinterlegt. Für professionelle Hacker stehen somit alle Tore offen. Dass sich ein Hacker über diesen recht simplen Weg Zugang verschaffte, ist zumindest deutlich plausibler als eine ältere Dame, die plötzlich fünfzehn Minuten ihres Lebens zu einem Computergenie wurde, das sogar Ermittlungsexperten der Polizei alt hat aussehen lassen.

Aus dem Vorfall soll politisches Kapital geschlagen werden

Man merkte es SPD und Grüne bei dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) sehr deutlich an, besonders als es von Seiten der Sozialdemokraten gegen Ende unnötig laut wurde, dass es bei der Anhörung des PUA besonders darum ging, politisches Kapital aus der Sache zu schlagen. Man will die Regierung als Lügner hinstellen, obgleich die Anhörung zeigte, dass man nur durch massives Ignorieren von Fakten so etwas überhaupt konstruieren kann.

Hinter dem Vorfall steckt aber noch etwas ganz anderes – nämlich Lobby-Arbeit der Tierrechtsindustrie über entsprechende NGOs. Das führt uns auch zu den Wurzeln der Schmierenkampagne, denn: Warum hassen die Tierrechtler Frau Schulze Föcking so sehr? Sie machen die Politikerin persönlich dafür verantwortlich, dass sie das Auslaufen des Verbandsklagerechts nicht verhindert, obgleich Rot-Grün dieses Recht nur zeitlich begrenzt hat und sich die neue Landesregierung darauf im Koalitionsvertrag einigte, es nicht zu verlängern. Mit ihrer Absetzung wollten sie wohl das Auslaufen verhindern und ihrer politischen Karriere nachhaltig schaden.

Das Hacker-Theater ist nun ein weiterer Baustein der Kampagne, die die Politikerin verächtlich machen und natürlich Rot-Grün stärken soll, denn die hatten über Jahre die Tierrechtsindustrie durchaus signifikant hofiert. Eine kleine Anfrage an die Landesregierung ergab, dass das so genannte „Landesbüro Verbandsklagerecht anerkannter Tierschutzverbände in NRW“ insgesamt mit über 100.000€ gefördert wurde. Mit dem Auslaufen des Verbandsklagerechts fällt diese Förderung der Tierrechtsindustrie, denn tatsächlich vertritt das Landesbüro überwiegend Vereine, die im Tierrechtsspektrum anzusiedeln sind, weg. Wesentliche Aufgabe des Landesbüros ist es noch bis Ende des Jahres die Verbandklagen entsprechend zu koordinieren.

Die Landesregierung entsprechend verächtlich zu machen, lohnt sich also sowohl für Rot-Grün, als auch für die Lobby, der sie in der Zeit der ihrer Regierung in NRW mehr als den roten Teppich ausgerollt hat. Die Förderung der Tierrechtsorganisationen ging maßgeblich auf den abgewählten Landwirtschaftsminister Johannes Remmel und sein Team zurück als er noch im Ministerium, das nach der letzten Wahl in NRW Christina Schulze Föcking übernahm, das Sagen hatte.

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