Schimpanse im Zoo von Barcelona - die Art ist hochgradig bedroht. | Foto: Lizzyfoxx, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Streik im Zoo von Barcelona!

Exklusiv für zoos.media – 04.05.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Mit einem Streik für die Tiere und ihr Wohl, sowie das Überleben der Arten, kämpfen die Mitarbeiter für den Fortbestand des Zoos von Barcelona – ein wichtiges Zentrum von Forschung, Edukation und Artenschutz.

Streik im Zoo von Barcelona!

Der weiße Gorilla “Snowflake” lebte im Zoo von Barcelona. | Foto: Ettore Balocchi さん, Lizenz: CC BY 2.0

“Es ist noch nicht vorbei!”, scheinen die Mitarbeiter des Zoos von Barcelona der Welt sagen zu wollen, wenn sie nun in den Streik treten. Es ist eine Entscheidung gegen die sie protestieren, die so unbegreiflich ist, dass es einem fast die Sprache verschlägt: Nach 127 Jahren soll der Zoo faktisch geschlossen werden – nicht aber weil er schlecht ist, sondern, weil das Zentrum für Artenschutz, Edukation und Forschung radikalen Tierrechtlern und anscheinen völlig korrupten und durch und durch fragwürdigen Politikern nicht mehr in den Kram passt. Die Spanier werden nun hoffentlich wissen, welche Parteien sie in der kommenden Europawahl und weiteren Wahlen nicht mehr wählen sollten, denn so eine abgrundtief falsche Entscheidung ist nicht nur eine Katastrophe für den Artenschutz, sondern auch eine Bankrotterklärung jeglicher Integrität der Entscheider.

Während der sechsten großen Aussterbewelle der Arten eine Einrichtung wie den Zoo Barcelona zu schließen, ist als würde man vor dem Abgrund, auf den man zurast, nochmal kräftig aufs Gas steigen. Der Streik der Mitarbeiter ist nun also einer der wichtigsten, den es aktuell gibt, denn hier geht es nicht um Arbeitsplätze oder mehr Geld auf dem Konto, sondern hierbei geht es um das Überleben ganzer Arten. Der Geschäftsführer der WAZA und der Präsident der AIZA haben diese Entscheidung bereits kritisiert.

Warum das eine besonders dumme Entscheidung ist

Nachdem der Zoo zerstört worden ist, so sieht es die Stadt vor, solle ein Park entstehen, in dem nur noch Tiere gehalten werden sollten, die man wieder auswildern kann. So ein Vorschlag kann nur von Leuten kommen, die keinerlei Ahnung davon haben, wie es funktioniert. Javier Almunia, Präsident der AIZA, erklärt es: “Wenn wir Tierarten nicht langfristig züchten, werden wir niemals in Erfahrung bringen können, ob man sie auswildern kann.” Auswilderung – zumindest seriöse – setzt nämlich Forschung voraus. Das betrifft einmal die Forschung am Tier und einmal die Forschung im Lebensraum. Wenn man Tiere nicht züchten darf, die man noch nicht auswildern kann, wird man nie erfahren, ob man es jemals könnte. So gerät man in einen Teufelskreis, der letztendlich zu einem Ende der Auswilderungen und somit zur Ausrottung sämtlicher Tierarten führt.

Ein weiterer Punkt ist, dass es wichtig ist, von anfälligen Populationen so genannte Back-Up-Populationen aufgebaut zu haben, bevor etwas passiert. Gerade Inselpopulationen zum Beispiel sind enorm anfällig für Naturkatastrophen. Man muss sie also züchten und vermehren zu einem Zeitpunkt, wo Auswilderungen weder nötig, noch möglich sind, um dann später in der Position zu sein, sie dann auszuwildern, wenn es dringend notwendig ist. Darüber hinaus gibt es Arten, die man nicht auswildern kann, weil es nicht genug Lebensraum aktuell gibt und man diesen erst noch schaffen muss – etwa durch den Aufbau von Schutzgebieten. Wenn man die aber nicht jetzt schon züchtet, geht die Art vielleicht verloren bevor sie in der Natur wieder eine Chance hat.

So etwas ist alles bekannt und wurde den Entscheidern auch erklärt. Somit ist es wohl nur mit besonderer Dummheit oder gefährlicher Ignoranz zu erklären, dass man jetzt so tut als gäbe es diese Fakten nicht. Jeder, der sich informiert, weiß wie Arten- und Naturschutz funktioniert und man hat das Gefühl als schreie aktuell die Welt nach eben jedem Schutz, damit die nachfolgenden Generation noch intakte Ökosysteme kennen lernen dürfen und eine Natur haben, die sie erhalten können. Den Entscheidern in Barcelona ist das wohl egal. Sie spucken auf über ein Jahrhundert erfolgreichen Tier-, Arten- und Naturschutz und auf die folgenden Generationen, die nun noch mehr darum bangen müssen, weitere Arten zu verlieren.

Die Tiere sollen nun in Endlager kommen, die man schönfarberisch mit den englischen Wort “Sanctuaries” bezeichnet – tierschutzwidrige Einrichtungen, in denen Tiere unter einen Zuchtstopp gezwungen und massiv unprofessionell gepflegt werden. Meist stehen hier Tierrechtler an der Spitze, die diese Lagerstätten für Tiere gegenseitig greenwashen. Sie werden als Paradies verkauft, aber viel näher an der Hölle, können Tiere wohl auf Erden nicht kommen. Wir haben schon oft darüber berichtet wie schlecht solche Refugien, ob bereits existent oder nur geplant, schlecht für Tiere sind.

Weckruf für die zoologische Gemeinschaft

Großer Tümmler im Zoo von Barcelona | Foto: Javi Guerra Hernando, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Aber auch die zoologische Gemeinschaft muss nun ihre Strategie grundlegend ändern. Man hat zwar fleißig Briefe geschrieben, aber das war offenbar nicht genug und auch nicht rechtzeitig. Es zeigt sich mehr und mehr, dass man den Kampf gegen den Populismus viel engagierter aufnehmen muss. Der Niedergang des Zoos von Barcelona ist nur ein Symptom unter vielen. Zuvor hat man SeaWorld quasi fast allein gelassen, das Vancouver Aquarium und auch das kanadische Marineland scheinen ohne wichtige Unterstützung aktuell gegen eine tierquälerische Gesetzgebung, die Walen droht, kämpfen zu müssen. Nur wenige Engagierte, sind den zoologischen Einrichtungen zur Seite gesprungen als es für sie um alles ging – oder zumindest um die Zukunft der Wale in ihrer Obhut und den daran angeschlossenen Schutzprojekten.

Man kann sich trefflich über Edukation, Forschung und Artenschutz in Zoos unterhalten, aber der Fortbestand der Institution ist in Gefahr, weil die meisten Einrichtungen seit Jahren so tun, als gäbe es die Zoogegner nicht und als würde es etwas bringen, den Kopf in den Sand zu stecken. Wenn sich das nicht ändert, wird der Zoo von Barcelona nicht der einzige sein, der von Tierrechtpropaganda und korrupten Politikern zerstört wird – er ist es ja bereits jetzt schon nicht. Natürlich ist die zoologische Gemeinschaft hier nicht ursächlich verantwortlich oder gar Schuld an dem, was in Barcelona geschieht. Sehr wohl ist der Dornröschenschlaf der meisten Verbände und auch erschreckend vieler Zoos verantwortlich für ein Klima, das so etwas massiv begünstigt.

Ebenso hat uns der Fall Barcelona vor Augen geführt: Erst die Delfine, dann der Rest. Wer also denkt, der Kelch würde an ihm vorüber gehen, weil er bestimmte Arten nicht hält, irrt sich gewaltig: jede einzelne Tierhaltung steht auf der Abschussliste und dabei ist es für die Tierrechtsindustrie völlig egal, wo die stattfindet, wie die stattfindet oder sonst etwas. Das Konzept der Tierhaltung wird generell ideologisch abgelehnt und es ist Ziel der Bewegung, jede Form der Haltung abzuschaffen – Haltungen im Zirkus, Zoo, Sport und Eigenheim sollen beendet werden, um das ausgemachte Endziel zu erreichen. Hier ist, neben den Zoos, aber auch die Gesellschaft gefragt, die solche Extremisten wie Tierrechtler nicht länger duldet oder zumindest nicht staatlich fördern lässt.

Stadt Barcelona wird seit Jahren von Entscheidern lächerlich gemacht

Schimpanse im Zoo von Barcelona – die Art ist hochgradig bedroht. | Foto: Lizzyfoxx, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Mit dieser Entscheidung machen die Verantwortlichen die Stadt lächerlich vor der Weltgemeinschaft, denn sie ist so außergewöhnlich inkompetent, dass es zum Himmel schreit. Das ist ja aber nicht die erste Lächerlichkeit, die man sich in Barcelona erlaubt. Für das Delfinarium hat man, wie man es jetzt übrigens auch für die anderen Tiere tut, versprochen ein “Sanctuary” zu finden oder sie sogar auszuwildern. Was ist passiert? Nichts. Die Tiere sind nach wie vor in Barcelona. Der Zoo nimmt ja auch an Zuchtprojekten teil und die Tiere in solchen von der EAZA organisierten Programmen gehören den Zoos, in denen sie sich befinden, nicht unbedingt. Das heißt, es entscheidet der zuständige Zuchtbuchführer, wohin die Tiere kommen.

Was nun folgt, wird wahrscheinlich ein Tauziehen, zwischen dem Artenschutz und den Egoismen der fragwürdigen Politiker der Stadt von Barcelona, die das zu verantworten haben. Erneut erwartet uns also ein Schmierentheater von falschen Versprechungen von Politikern, die doch eine sehr fragwürdige Motivation haben. Das wird also kein Zoo auf den alle stolz sein könnten, wie einer er Verantwortlichen vollmundig versprach, sondern ein Mal der Schande und des Scheiterns. Hoffentlich wird der Streik gegen die Dummheit siegen und die Verantwortlichen darüber wachrütteln, dass die völlig vermessenen und von Unkenntnis nur so strotzenden Vorschläge der Tierrechtsindustrie, denen sie nur bereitwillig gefolgt sind, das Papier nicht wert sind, dass für sie schwarz gemacht wurde.

Ob man das Ruder nochmal rumreißen kann? Das ist fraglich. Es liegt an der Zugänglichkeit der politisch Verantwortlichen und auch an der Entschlossenheit der Zoologischen Gemeinschaft. Fest steht nur, worum es geht: die Zukunft des Artenschutzes. Ironischerweise geschieht die Torpedierung des Tier-, Arten- und Naturschutzes in einer Zeit und einer Gesellschaft, die für sich deklamiert um das Wohlergehen ihrer Umwelt so besorgt zu sein. Alles kleidet sich in ach so tolles Grün, aber wenn es dann mal wirklich darum geht, wirklich Farbe zu bekennen und man mal wirklich was tun müsste, statt nur zu reden, wird das grüne Kostüm, das man doch so sehr mag, schnell abgelegt, weggeworfen und gegen das Grau des Nichtstuns getauscht. Wer also ernst genommen werden will in Sachen Schutz unserer Umwelt, muss auch hier Aufschrei und Aufstand wagen, denn sonst sind das alles nur wertlose Lippenbekenntnisse, die nichts verändern werden.

Die Mitarbeiter im Zoo tun wirklich etwas: sie kämpfen. Ob sie Erfolg haben werden? Man muss es ihnen im Interesse des Tier-, Arten- und Naturschutzes wünschen. Aber selbst, wenn sie es nicht haben, haben sie Worten auch Taten folgen lassen und alles getan, was möglich war, um die Tiere und ihre Arten zu retten. Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon längst verloren.

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