Eine "Spitze" des Düsseldorfer Stadttores | Foto: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Auftrag für QUEN: Wüstes Schweigen in NRW

Exklusiv für zoos.media – 15.04.2025. Autor: Philipp J. Kroiß

Kritische Fragen unerwünscht? Sowohl das zuständige Ministerium als auch der Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wollen Fragen zur fragwürdigen Auftragsvergabe an QUEN nicht beantworten.

Schaubild gemäß den Angaben des Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MLV) NRW im Rahmen der zoos.media-Recherche

Auftrag für QUEN: Wüstes Schweigen in NRW

Letzten Monat konnte zoos.media eine fragwürdige Auftragsvergabe an die Organisation QUEN aufdecken. Anfänglich war das zuständige Ministerium noch auskunftsfreudig, auf die Nachfragen wollte man dann anscheinend nur noch indirekt reagieren. Wie im Artikel dargelegt, waren Merkblätter – offenbar ohne Wissen vom Ministerium – veröffentlicht worden. Das Ministerium hatte allerdings eine vorherige Überprüfung in Aussicht gestellt. So war das Merkblatt zur „Katze Rasse Perser“, das in den Nachfragen erwähnt wurde, plötzlich weg. Das gleiche galt für das Merkblatt „Feliner disproportionaler Zwergwuchs“.

Dazu hatte zoos.media gefragt: „Warum wusste das Ministerium anscheinend nichts davon, dass bereits von ihm geförderte Merkblätter auf der offiziellen Seite von QUEN veröffentlicht wurden?“ Bei Veröffentlichung der Merkblätter war auch eine Veröffentlichung seitens des Ministerium in Aussicht gestellt worden. Die gab es nicht. Daher fragte zoos.media ebenfalls: „Warum fand sich trotz offensichtlicher (Teil-)Veröffentlichung nichts auf der Seite des Ministeriums?“ Eine Antwort gab es auf beide Fragen nicht. Stattdessen verschwanden die Merkblätter. Erklärt wurde das öffentlich nicht.

Mantel des Schweigens hat Löcher

Im Stadttor (Düsseldorf) befindet sich unter anderem der Sitz vom Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. | Foto: Buendia22, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Auf der Seite von QUEN sieht es so aus, als habe es die Veröffentlichungen nie gegeben. Auf der Seite des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen findet man über die Suchfunktion immer noch nichts zu QUEN. Die Strategie scheint somit klar: Man will den Mantel des Schweigens über diese Sache ausbreiten. Im Ministerium scheint man wohl zu hoffen, dass, wenn man selbst nicht mehr drüber redet, Gras über die Sache wachsen wird. Ganz so wird das aber nicht funktionieren. Die Belege sind öffentlich und für jeden nachvollziehbar. Jeder kann es selbst nachprüfen.

Zudem wollte zoos.media wissen, was denn die in Aussicht gestellte Evaluierung der Merkblätter umfassen sollte. Fernerhin wurde das Ministerium gefragt: Von wem die zum Beispiel schon in anderen Bundesländern als defizitär aufgefallenen Merkblätter kontrolliert würden oder ob es keine Kontrolle durch das Ministeriumgebe und von wem die bereits veröffentlichten Merkblätter auf Richtigkeit überprüft wurden. Obwohl dem Ministerium mehr als genug Zeit zur Beantwortung der einfachen Fragen eingeräumt wurde, gab es keine Antwort.

Unbeantwortet blieb auch die Frage wie viel Geld denn nun für diese Merkblätter ausgegeben wird. Gehen hier wieder zehntausende Euro von Steuergeld den Bach runter? Laut dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) investiert NRW zu wenig in Schulen. Für ein fragwürdiges Netzwerk aus dem Freundeskreis von Vereinen, in denen die Landestierschutzbeauftragte Mitglied ist, scheint genug Geld da zu sein. Das ist durchaus bemerkenswert.

Wofür braucht es die Merkblätter überhaupt noch?

Balzende Berliner Stadttaube im Tilla-Durieux-Park | Foto: Babewyn, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Auf der Webseite der Landestierschutzbeauftragten in NRW [Archiv-Link] finden sich nicht nur Veröffentlichungen des Vereins Menschen für Tierrechte (hier und hier) – auch mit QUEN verbunden – zu Tauben, sondern es findet sich auch ein Flyer zur sogenannten „Qualzuchten“. Als Autoren zeigen sich Dr. med. vet. Gerlinde von Dehn und ihre persönliche Referentin Melina Brauers verantwortlich. Dort hat man „Nacktkatzen“ bereits als „Qualzucht“ scheinbar identifiziert.

Wenn man das doch angeblich schon weiß, wozu noch der Aufwand mit den Merkblättern von QUEN? Sollen solcherlei Merkblätter, die in der Vergangenheit zu anderen Themen schon nicht sonderlich belastbar waren, etwa nur einen pseudo-wissenschaftlichen Anstrich für eine vorgefertigte Meinung liefern? Der Verdacht liegt nahe. Es ist auch vermutlich nötig, weil natürlich in der realen Welt, in der es um echte Wissenschaft geht, die im Flyer ebenfalls als „Qualzucht“ bezeichnete „Nackthunde“, natürlich genau so wenig wirklich Qualzuchten sind. Wir haben schon ausführlich über diese Hunde berichtet.

Hier will man sich wohl auf Kosten der Steuerzahler eine wissenschaftlich nicht zu haltende Position verschönern. Eine große Frage ist auch, warum sich eine Tierschutzbeauftragte so sehr auf die Tierrechtsindustrie und ihre Kollaborateure stützen muss. So lässt sich mutmaßen, dass es vielleicht daran liegt, dass es bei der Position gar nicht so sehr um Tierschutz geht, wurde sie doch eingerichtet von einer Ministerin, die später für genau diese Industrie samt Kollaborateuren lobbyierte. Hier kann man sich schon fragen, ob das ein Zufall sein soll.

Ministerpräsident Wüst: Keine Antworten

Eine „silberne“ Doll-Face-Perserkatze | Foto: Andrey / Dodo bird, Lizenz: CC BY 2.0

Als sich abzeichnete, dass vom Ministerium nichts kommen würde, haben wir auch Hendrik Wüst Fragen zukommen lassen. Hier scheint sich die Strategie des Ministeriums fortzusetzen, einfach durch Schweigen zu versuchen, der pikanten Sache aus dem Weg zu gehen. So wollte er nicht verraten wie er als Ministerpräsident und Landesvater, aber auch Spitze der Landesregierung NRW sowie Politiker, der sich auch bundespolitisch äußert, findet, dass ein Ministerium seiner Regierung so vorgeht.

So hat zoos.media auch gefragt: „Ist diese Art der Auftragsvergaben an „befreundete“ Organisationen Ihrer Kenntnis nach üblich oder hat man sich hier eventuell über Mechanismen, die solche mutmaßlichen „Freundschaftsdienste“ verhindern sollen, hinweggesetzt?“ Auch hier konnte sich Ministerpräsident Wüst nicht zu einer Antwort durchringen. Das ist schade, seine Sichtweise hätte zoos.media an dieser Stelle gerne dargelegt. Ebenso hätte er über konkrete Maßnahmen der Landesregierung, um das Kapern des Tierschutzes durch die Tierrechtsindustrie zu stoppen, referieren können. Tat er das nicht, weil man das gar nicht plant? Das wäre ein Problem.

Auch zum Schweigen des MLV NRW wollte er wohl nichts sagen, genauso wie zu den anscheinenden Verbindungen der Landestierschutzbeauftragten zur Tierrechtsindustrie. Natürlich fragte zoos.media ihn auch zur Lobbyarbeit der Ex-NRW-Ministerin, die wir oben erwähnt haben, und ob er es als Zufall ansieht, dass genau diese Ministerin genau diese Landestierschutzbeauftragte mit genau diesen Verbindungen ernannte. Eine Antwort darauf hatte Hendrik Wüst anscheinend nicht.

Pikante Verbindung zum Fall Felßner

Simmentaler Fleckvieh | Foto: Richard Bartz / Makro Freak, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Die DJGT, deren Mitglied die Landestierschutzbeauftragte ist, arbeitet mit radikalen Tierrechtsorganisationen wie PETA und ARIWA zusammen. Beide Organisationen haben mindestens ein Mitglied von Animal Rebellion – die Gruppierung, die für den Anschlag auf Günther Felßner (CSU) und seine Familie offenbar verantwortlich ist – in ihren Reihen gehabt beziehungsweise haben dies. Daher fragte zoos.media Wüst auch: „Wie beurteilen Sie vor dem Hintergrund die Mitgliedschaft der Landestierschutzbeauftragten in der DJGT?“ Dazu war der Landesvater auch still.

Im September 2023 titelte das Land NRW noch: „Ministerpräsident Wüst und Ministerin Gorißen würdigen die wichtige Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte beim Erntedankempfang der Landesregierung„. Das Pressefoto dazu zeigt Wüst, als er einer Kuh Futter hinhält. Die Tierrechtsindustrie will das Ende jeder Form der Tierhaltung. Wie viele sind also solche Würdigungen wert, wenn es derselben Landesregierung nicht gelingt ausreichende Distanz zu dem Netzwerk der Industrie zu kreieren?

So kann die Landesregierung natürlich versuchen mit Ignorieren den Fragen von zoos.media und anderen Fragen der Bürger zu entgehen, aber es wird ihr nicht gelingen. Sie muss sich diesen Fragen stellen, denn sonst muss man sich zwangsläufig fragen: Was sind die Worte dieser Landesregierung überhaupt wert? Die Glaubwürdigkeit von Worten misst sich nicht an der Intention, sondern an ihrem Eintreten durch Taten. Die Taten sprechen in diesem Fall sehr deutlich nicht die gleiche Sprache wie die Worte.

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