Exklusiv für zoos.media – 12.10.2024. Autor: Philipp J. Kroiß
Immer wieder behauptet die Anti-Delfinarien-Organisation Dolphin Project, dass Auswilderungen von Delfinen möglich wären, wenn man nur wollte, und geht dabei sehr unseriös vor.
Delfin-Auswilderungen: Was das Dolphin Project verschweigt
Delfine kann man nach Rettung wieder auswildern? Ja, unter gewissen Umständen. Das praktizieren moderne Zoos und Aquarien seit vielen Jahren. Dolphin Project aber behauptet, es sei auch möglich, Tiere, die schon lange in Menschenobhut wären, wieder auszuwildern. Das ist falsch. Wie das Projekt argumentativ vorgeht, solche Fehlinformationen trotzdem zu verkaufen, schauen wir uns in diesem Artikel mal genauer an.
Post wie diesen gibt es nicht selten beim Dolphin Projekt. Die “Argumentation” kreiert eine Parallelwelt, die mit der Realität nichts zu tun hat. Warum? Schauen wir uns die Fakten mal genauer an.
Das Umah Lumba Center
Eine Erfolgsgeschichte versucht die Organisation aus der Geschichte von drei Delfinen zu stricken, die in dem genannten Zentrum in Netzkäfigen gehalten wurden. Anders als Dolphin Project behauptet, gab es hier allerdings nie eine erfolgreiche Auswilderung. Anscheinend soll das Auswilderungsmärchen nur das Scheitern des Projektes übertünchen. Wir haben dazu ausführlich berichtet.
Damit ist sämtliche Argumentation rund um das Netzkäfig-Zentrum völlig obsolet. Es gibt auch keine Studie oder sonstige wissenschaftlichen Belege, die eine erfolgreiche Auswilderung in irgendeiner seriösen Veröffentlichung belegen würden. Vielmehr reiht sich auch die Story um dieses Zentrum wieder in eine Chronologie des Scheiterns der versuchten Auswilderungen ein.
Jedol & Co.
Mit einem Foto von zwei adulten Indopazifischen Großen Tümmlern und einem Kalb will das Dolphin Project belegen, dass sich zwei ausgewilderte Delfine fortgepflanzt haben. Das an sich ist schon bemerkenswert. Schauen wir aber mal auf die echte Geschichte der drei genannten Tiere. Es gab 2009 einen illegalen Fang von Delfinen, der 2011 aufflog. Der Zoo von Seoul war von Kriminellen hinters Licht geführt worden. Als die Täuschung klar wurde, war es der Zoo, der sich anschickte, mit den Tieren eine Auswilderung zu versuchen. Er investierte rund 750.000.000 Won in das Projekt.
Dabei ging es um insgesamt fünf Tiere (Jedol, Boksun, Taesan, Chunsam und Sampal) von denen dann drei (Jedol, Chunsam und Sampal) angeblich erfolgreich ausgewildert wurden. Ein Geburtsfehler des Projekts war, dass es nicht wissenschaftlich begleitet wurde. Es gibt kein echtes Monitoring dieser Tiere. Ist das Baby, das mit einem der ausgewilderten Tiere schwimmt, wirklich ein Nachkomme dieses Tieres oder doch des Tieres daneben? Niemand weiß es. Wie geht es den Tieren aktuell? Niemand weiß es. So ist der Wunsch der Vater des Gedanken, die Auswilderung als “erfolgreich” zu bezeichnen. Daten und Fakten, das fundiert zu schlussfolgern, existieren nicht. Das gilt auch für die spätere Auswilderung von Boksun und Taesan.
Auch 2017 wurden in Südkorea nochmal Tiere ausgewildert. Sie waren nach kurzer Zeit verschwunden. Das verschweigt das Dolphin Project genau so wie viele andere gescheiterten Versuche, Delfine, die wirklich langfristig in Menschenobhut waren, auszuwildern. Auch der Gründer vom Dolphin Project, Ric O’Barry, scheiterte oft genug an Auswilderungen und wurde wegen einer heftig misslungenen Auswilderung sogar verurteilt. All das verschweigt das Dolphin Project natürlich ebenso, denn es geht ja darum, Spenden für das Luftschloss ‘Delfin-Auswilderung’ einzuheimsen.
Dolphin Project: Falscher Ansprechpartner
Man sieht also, das Dolphin Project interessiert sich gar für den Verbleib verschwundener Tiere. Scheitern blenden sie aus und auch die Faktoren, die wichtig sind. Ein Delfin, der in Menschenobhut geboren ist oder länger darin lebt als die meisten wilden Tiere alt werden, hat völlig andere Grundvoraussetzung als Tiere, die sehr kurz in Menschenobhut waren und auch wieder auswilderbar sind. Alle Großen Tümmler in Europa zum Beispiel sind entweder länger in Menschenobhut als ihre wilden Artgenossen tatsächlich Lebenserwartung haben oder – und das gilt für die allermeisten – sind dort geboren.
Das Märchen, das das Dolphin Project erzählt, sowie auch alle, die sich auf die Organisation beziehen, ist, dass man eine Auswilderung nur wollen müsste, damit sie gelingen würde. Das unterstützt allerdings kein echter Experte in dem Bereich. Damit man eine Delfin-Auswilderung seriös erproben könnte, bräuchte es Studien und eben nicht irgendwelche Anekdoten bei denen das Prinzip Hoffnung gilt. Die aktuelle Datenlage unterstützt eben die Position der seriösen Zoos und Aquarien, dass eine Auswilderung der Tiere aus Menschenobhut schlicht nicht so möglich ist, wie das Dolphin Project und andere Gegner von Zoos, Aquarien und Delfinarien es immer behaupten.
Auswilderung Großer Tümmler gar nicht nötig
Große Tümmler sind global nicht bedroht. Die Haltung aktuell arbeitet daran, mit den Tieren in Menschenobhut Forschung zu betreiben, um einen Bedrohungsstaus zu verhindern. Das ist jetzt noch möglich, aber dazu braucht es die Forschung, die nur in Zoos, Aquarien und Delfinarien möglich ist. Dazu werden gesunde Populationen in Menschenobhut gebraucht. Den Tieren geht es gut – das belegt auch die größte Studie zum Wohlergehen der Tiere, die jemals durchgeführt wurde.
Große Tümmler, die weltweit verbreitetste Delfin-Art in Zoos und Aquarien, sind gesünder, weniger gestresst und leben auch länger als ihre wilden Artgenossen. Während des Trainings, das für die Tiere freiwillig ist, lächeln sie, schütten Glückshormone aus und freuen sich auf die Interaktion mit den Trainern. Auch seriöse Tierschutzorganisationen, wie American Humane, stellen sich deutlich auf die Seite der ordentlich geführten Delfinarien sowie der von Zoos und Aquarien generell, die diese und andere Wale beherbergen. Zudem sprechen sich über 150 Wissenschaftler und weitere Experten für die Haltung von Delfinen und anderen Meeressäugern in seriösen Zoos und Aquarien aus.
Daher ist es nicht besser, die Tiere auszuwildern. Mit der fortgesetzten und nachhaltigen Haltung der Tiere in Menschenobhut lässt sich deutlich Besseres bewirken als durch eine Auswilderung. Sollte es aber irgendwann dazu kommen, dass man – wie bei anderen Arten auch – Konzepte zur Auswilderung der Tiere entwickeln müsste, würde man sicher die Zoos und Aquarien fragen und nicht solche unseriösen Bestandteile der Tierrechtsindustrie wie Dolphin Project.