Diane Dickerson mit den Delfinen Lulu, Mila & Jajah im Atlantis Marine Park nahe Perth in Australien | Foto: Diane Dickerson, Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED

Australien: Delfin-Auswilderung gescheitert

Exklusiv für zoos.media – 29.01.2024. Autor: Philipp J. Kroiß

Delfine auswildern? Bei Tieren, die lange in Menschenobhut waren oder sogar dort geboren sind, ist das keine gute Idee. Dies zeigt auch ein Fall aus Australien.

Australien: Delfin-Auswilderung gescheitert

Es gibt bis heute keine erfolgreiche Auswilderung von Delfinen, die vorher langfristig in Menschenobhut waren. Das ist keine neue Erkenntnis, sondern weiß man schon sehr lange. Nach sechs bis zwölf Monaten Haltung schließt sich meist das Fenster für eine erfolgreiche Auswilderung. Trotzdem verkauft die Tierrechtsindustrie nach wie vor die Auswilderung als mögliche Alternative zu Delfinarien. Mal abgesehen davon, dass es keine Alternative benötigt, ist echten Experten schon lange bekannt, dass sie nicht funktioniert. Das zeigte auch schon ein Fall aus dem Australien der 1990er Jahre.

Der Traum von Freiheit?

In der Natur existiert keine Freiheit. Kein wilder Delfin ist wirklich frei. Sie sind fremdbestimmt durch zum Beispiel endogene und exogene Faktoren. Kein wilder Delfin kann überall hin, wo er will, wann auch immer er das will. Im ausgehenden 20. Jahrhundert erlebte man aber kulturell eine Disneyfizierung der Natur. Die Wurzeln solcherlei Romantisierung der Natur gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück.

Die Idee dahinter ist der Aufbau eines Gegensatzes zu einer zunehmend industrialisierten Welt. Die Natur ist dabei ein Hort der Schönheit und der Freiheit. Sie wird zu einem parareligiösen Garten Eden, in dem alles perfekt ist. Das widerspricht der Naturwissenschaft zutiefst. Es ist aber für viele Menschen eine attraktive Vorstellung, dass es “da draußen” eine andere, schönere, freiere Welt gibt. So wurde die Natur mit allem Möglichen aufgeladen, auch, was ihr nicht innewohnt.

Ein Auswuchs dieser Natur-Romantisierung sind Kitsch-Filme wie “Frei geboren – Königin der Wildnis” (1966) und “Free Willy” (1993). Dass die Realität in Wahrheit ganz anders aussieht, als es sich so manche Pseudo-Tierschützer vorstellen, musste der “Film-Star” Keiko am eigenen Leib erfahren. Schon damals hätte man klüger sein können, wenn nicht sogar müssen, um dem Tier sinnloses Leid zu ersparen. Wenige Jahre vorher kam es schon zu schrecklichem Scheitern von Delfin-Auswilderungen.

Die Delfine vom Atlantis Marine Park

Nördlich von Perth entstand 1981 ein Park in der Hoffnung auf wachsenden Tourismus, der die Hauptstadt von Westaustralien zum Ziel hatte. Man wollte den internationalen Gästen schließlich auch etwas bieten. So fing man auch sieben Große Tümmler, die vor Ort ohnehin vorkamen. 1988 lief auch die Zucht an, aber die dadurch notwendige Vergrößerung gepaart mit dem doch nicht wie erhofft laufendem Tourismus waren eine schlechte Kombination. So ging dem Park das Geld aus und er schloss 1990.

Dr. Nick Gales und Doktorandin Kelly Waples machten den Vorschlag, die Tiere auszwildern. Auch schon damals war die Geschichte der Delfin-Auswilderungen vergleichbarer Tiere nicht vielversprechend. Das “Konzept” der beiden wird heute noch als gangbarer Weg verkauft. Damals war es vor allem ein Weg, die neun Kostenpunkte los zu werden. So begann man 1991 mit dem Training für die Natur zuerst im verlassenen Park und setzte das in einem Netzkäfig fort. Dabei bekamen sie lebenden Fisch und der Kontakt mit dem Menschen wurde reduziert.

“Freilassung” scheiterte

Diane Dickerson mit den Delfinen Lulu, Mila & Jajah im Atlantis Marine Park nahe Perth in Australien | Foto: Diane Dickerson, Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED

1992 war es dann so weit: die mit Nummern an der Flosse markierten neun Delfine kamen in die Natur. Sechs der Tiere starben, nur drei konnten gerettet werden. Rajah hatte in nur 10 Tagen 18 Kilo verloren und sich verletzt, Echo hatte in 8 Tagen 10 kg verloren und Mila verlor in 44 Tagen 23 kg sowie ihre Tochter. Das Ergebnis war katastrophal. Die drei verblieben Tiere wurden ins Aquarium of Western Australia (AQWA) gebracht.

Dort hatte man für die Tiere notdürftig eine Netzkäfig-Installation gebaut. Sie überlebten dort wenige Jahre. Die Delfine starben wohl an den Folgen des Auswilderungsversuchs. 1999 wurden die Netzkäfige im AQWA abgebaut. Das 1988 gebaut Aquarium besteht bis heute. Es galt zum Zeitpunkt seiner Eröffnung als das größte Aquarium Australiens, gilt als einziges auf die marine Fauna und Flora Westaustraliens spezialisierte Aquarium und beherbergt viele endemische Arten.

Erfolgloses Konzept bleibt beliebt

Die tragische Geschichte der neun Delfine wurden nicht verfilmt. Sie eignete sich auch nicht zur Inkorporation in die vorherrschende Naturromantik. Daher blieb sie verhältnismäßig unbeachtet. Juristisch blieb sie auch ohne Folgen. Das war bei den Sugarloaf-“Auswilderungen”, die im Wesentlichen mit dem Namen Ric O’Barry verknüpft sind, anders. So setzte sich eine Chronologie des Scheiterns fort.

Bis heute konnten keine greifbaren wissenschaftlichen Daten dazu produziert werden, dass ein solches Konzept bei Tieren funktioniert, die in Menschenobhut langfristig gehalten oder geboren worden sind. Trotzdem wird dieses Konzept ohne jeden “proof of concept” von der Tierrechtsindustrie nach wie vor protegiert. Das Scheitern hält zum Beispiel das unseriöse “Dolphin Project” nicht davon ab, es nach wie vor anzupreisen. Sowas ist allerdings weder seriös, noch wissenschaftlich.

Delfin-Auswilderungen nicht nötig

Niemand muss allerdings ohnehin Delfine auswildern, die langfristig gehalten wurden. Sie sind in Menschenobhut für den Schutz ihrer wilden Artgenossen viel nützlicher als ausgewildert. Große Tümmler, die weltweit verbreitetste Delfin-Art in Zoos und Aquarien, sind gesünderweniger gestresst und leben auch länger als ihre wilden Artgenossen. Während des Trainings, das für die Tiere freiwillig ist, schütten sie Glückshormone aus und freuen sich auf die Interaktion mit den Trainern.

Über 150 Experten betonen die Wichtigkeit von Meeressäuger-Haltung in seriös geführten zoologischen Einrichtungen. Auch seriöse Tierschutzorganisationen, wie American Humane, stellen sich deutlich auf die Seite der ordentlich geführten Delfinarien sowie der von Zoos und Aquarien generell, die diese und andere Wale beherbergen. Rückenwind erhielt diese Position auch durch die jüngste Tierwohl-Studie zum Thema:

Inzwischen kann man die Tiere sehr gut halten und diese Haltung ist auch wichtig, um schon bedrohte Populationen sowie auch Arten in der Natur schützen zu können.

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