Exklusiv für zoos.media – 18.04.2025. Autor: Philipp J. Kroiß
Der Skandal um eine fragwürdige Auftragsvergabe in NRW zieht weitere Kreise. Sie wirft ein Licht auf die Erna-Graff-Stiftung und deren Verbindungen in die Politik und Wirtschaft.

Erna-Graff-Stiftung: Kluge Kooperationen?
Alles begann einmal mit der Frage, warum QUEN einen Auftrag vom MLV NRW bekam. Erst auskunftsfreudig, verstummte das Ministerium plötzlich und auch der Ministerpräsident hatte keine Antworten. Parallel berichteten wir über eine Ex-NRW-Ministerin, die für die Albert Schweizer Stiftung lobbyierte. Durch weitere Recherchen schließt sich nun der Kreis mehr und mehr. Die große Frage ist: Was macht der Rest der CDU im Angesicht solcher Verbindungen und Kooperationen?
Bevor sich aber die großen Fragen stellen, beginnen wir doch ganz klein. Wir starten beim Ausgangspunkt: QUEN. „Initiatorin und koordinierende Projektleiterin und Vertretungsberechtigte ist Frau Diana Plange“, wie in einem Artikel im Wuff Magazin (1/2022) zu lesen ist, den QUEN auch selbst teilte. Als Plange zur Landestierschutzbeauftragten von Berlin ernannt wurde, konnte man lesen: „Seit Jahren ist Frau Plange darüber hinaus ehrenamtlich im Vorstand der Berliner Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz tätig“. Diese Erna-Graff-Stiftung (EGS) findet sich auch auf der Seite der Freunde und Förderer von QUEN.
Wer ist die Erna-Graff-Stiftung?

Auf Gooding kann man bis heute lesen, dass Plange im Vorstand der EGS wäre. Schaut man in das Impressum der Stiftung, findet man als so genannte vertretungsberechtigte Personen unter anderem Ursula Heinen-Esser. Also die Person, die die Landestierschutzbeauftragte NRW, die wiederum QUEN beauftragt hat, ernannte. Gerlinde von Dehn bringe „alle Voraussetzungen mit und wird unsere Bemühungen unterstützen, den Tierschutz weiter zu stärken“, hieß es damals. Die Landestierschutzbeauftragte ist mit der Erna-Graff-Stiftung über das Netzwerk K&R verbunden.
Im gleichen Impressum als Vorsitzender findet sich Hans-Georg Kluge. „Norbert Röttgen und Hans-Georg Kluge sind die Gründungspartner der 2014 gegründeten Röttgen, Kluge & Hund Partnerschaft mbB Rechtsanwälte (nachfolgend Röttgen, Kluge & Hund) in Berlin“, kann man auf der zugehörigen Webseite lesen. Ebenfalls liest man, dass man mit Volker Wittberg insbesondere im Zusammenhang von „Fragen der Nachhaltigkeitsberichterstattung“ zusammenarbeite. Wiederum ist er auch im Impressum der EGS als Beirat zu finden. Übrigens ist die dritte vertretungsberechtigte Version der EGS Christiane Sturm-Wittberg.
Röttgen & Kluge

2017 förderte die Erna-Graff-Stiftung die sogenannte VeChi-Studie mit 100.000€. Daran beteiligt war die Fachhochschule des Mittelstands (FHM). Als deren Vertreter auf dem Pressefoto war auch Norbert Röttgen – vorgestellt als „Leiter des Center for Sustainable Governance an der FHM“. Volker Wittberg ist, als „Prorektor Forschung & Entwicklung an der FHM“ auch auf dem Foto und wird übrigens auf der Seite von Röttgen, Kluge & Hund als „ordentlicher Professor an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM)“ vorgestellt. Ebenfalls auf der Seite von Röttgen, Kluge & Hund lies man die Worte: „Seit Ende 2006 ist Rechtsanwalt Kluge Lehrbeauftragter an der Fachhochschule des Mittelstandes in Bielefeld“. Also auch er ist an der FHM.
2023 setzte sich die Erna-Graff-Stiftung „mit juristischer Unterstützung gegen die beschlossene Taubentötung in Limburg“ ein. In der Pressemitteilung dazu liest man: „Hierzu wurde die Kanzlei Röttgen, Kluge & Hund in Berlin beauftragt“. Also genau die Kanzlei, in der er eigene, aktuelle Vorsitzende tätig ist. Das erwähnt man allerdings nicht so deutlich. Das war auch nicht das erste Mal. 2019 zum Beispiel unterstützte die Erna-Graff-Stiftung die Verteidigung von Jonathan Steinhauser. Wer war wohl sein Verteidiger? Hans-Georg Kluge – so ist es auf der Webseite von Röttgen, Kluge & Hund zu lesen. So scheint die Erna-Graff-Stiftung durchaus immer mal wieder Auftraggeber der Kanzlei des eigenen Vorsitzenden zu sein.
Solcherlei Konstruktionen sind in Deutschland nicht illegal. Gemäß § 17 Privatstiftungsgesetz (PSG) bedürfen Rechtsgeschäfte zwischen einem Mitglied des Vorstandes und der Stiftung nur einer Genehmigung des Aufsichtsrates. Sollte dieser nicht existieren, braucht es einfach die Genehmigung der übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstandes und des Gerichtes. Sie sind also recht leicht legal möglich. Die Frage, ob man sie persönlich als richtig erachtet, muss derweil besonders jeder Spender der Stiftung für sich selbst bewerten.
Röttgen & Heinen-Esser

Laut seiner Biografie auf dieser Webseite ist Kluge auch Vorstandsmitglied der Albert Schweitzer Stiftung (ASS). Das war die NGO, die Heinen-Esser, laut Lobbyregister, wie schon erwähnt, beauftragte. Heinen-Esser, die aber eben nicht nur für ASS lobbyiert und für die EGS vertretungsberechtigt ist, war aber nicht nur Ministerin in NRW, sondern auch Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Kabinett Merkel II. Darin Bundesumweltminister bis zum Mai 2012 war Norbert Röttgen.
2014 wurde dann die oben genannte Kanzlei gegründet. 2018 wurde Heinen-Esser Ministerin in NRW. Ist es überraschend, dass Röttgen, Kluge & Hund das Land NRW vor dem Bundesverwaltungsgericht vertreten haben? Auf der Webseite kann man darüber lesen. Zum erwirkten Ergebnis kann man erfahren: „NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser [wertet] das Urteil zu Recht als Erfolg“. Dass die Kanzlei den Namen des Ex-Bundesminister trägt, unter dem sie vorher Parlamentarische Staatsekretärin war, bleibt dabei wohl unerwähnt. Nun ist Heinen-Esser bei dessen Partners Stiftung anscheinend angestellt. Dass Heinen-Esser also gegen eine Beauftragung von Röttgen, Kluge & Hund seitens der Erna-Graff-Stiftung wäre, könnte man vor dem Hintergrund als unwahrscheinlich annehmen.
Verbandsklagerecht & Verbindungen

Besonders wichtig findet die Erna-Graff-Stiftung übrigens das Verbandsklagerecht. So liest man auf der dazugehörigen Seite: „Wir unterstüzen [sic!] diese juristisch bei der Vorbereitung und Durchführung von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren und stellen – auch in Kooperation mit der Albert-Schweitzer -Stiftung – notwendige finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung.“ Inzwischen dürfte wenig überraschen, dass EGS und ASS auch in dieser Frage kooperieren. Beide waren auch auf einer Tagung von Röttgen, Kluge & Hund zu dem Thema.
So kann man nun überlegen, welche Kanzlei besonders davon profitieren könnte, wenn EGS und ASS das Verbandsklagerecht nutzen würden. Kluge brachte mit Michael Kloepfer schon eine Schriftensammlung zum Thema Verbandsklagerecht heraus. Dieser ist auch mit Röttgen wohl nicht unbekannt. Die WELT beschrieb schon 2010 eine bemerkenswerte Szene mit dem damaligen Bundesumweltminister: „Michael Kloepfer, Professor für Umweltrecht, klopft dem Minister auf die Schulter: Daran, dass Röttgen acht Jahre nach seinem zweiten juristischen Staatsexamen, obwohl er da schon in der Politik gelandet war, noch seine Promotion schrieb – „daran erkennt man die ganz besonderen Typen, die Hartnäckigen“. Röttgen nimmt die Blumen dankend an („Endlich würdigt das mal jemand“) und legt los“.
Das Verbandsklagerecht forderte bei der Anhörung zur Novelle des Tierschutzes übrigens auch die DJGT, bei der die Landestierschutzbeauftragte, laut dem MLV NRW, Mitglied ist. DJGT, EGS und ASS arbeiten auch zum Beispiel mit PETA, Pro Wildlife und bmt zusammen – zum Beispiel, als es um eben diese Novelle ging. So schließen sich Kreise und werden Verbindungen offenbar. Mehr und mehr beginnt man wohl zu sehen, was hinter dem Tierschutz-Engagement so mancher NGOs steckt. Daher lohnt es sich immer tiefer einzutauchen.