Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH) im Berliner Regierungsviertel | Foto: Ulrich Wanner-Laufer, Lizenz: public domain

Expertenanhörung zur Neufassung des Tierschutzgesetzes

Exklusiv für zoos.media – 14.10.2024. Autor: Philipp J. Kroiß

Unser Beiratsmitglied Dr. K. Alexandra Dörnath war eine der Experten bei der Anhörung zur Novelle des Tierschutzgesetzes. Dabei ging es um die Zukunft der Tierhaltung in Deutschland.

Bengaltiger Caesar im mobilen Zoo Melodys Kinderparadies | Foto: zoos.media

Expertenanhörung zur Neufassung des Tierschutzgesetzes

Die Ampelregierung aus Grünen, SPD und FDP will eine Neufassung des Tierschutzgesetzes vorantreiben. Letztendlich ist das vor allem Imagepflege auf Kosten von Tierhaltern und bringt den Tierschutz nicht wirklich voran. Heute gab es nun die Expertenanhörung.

Was ist der aktuelle Stand?

Gegenstand der Expertenanhörung im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus war die am 04.09.2024 vorgeschlagene Neufassung. Grundsätzlich viel geändert hat sich nicht, seit wir das letzte Mal drüber berichtet haben. Nach wie vor werden Lügen über Circusse und mobile Zoos verbreitet. Es wird so getan als sei nicht längst das Wohl der Tiere dort sichergestellt, was schon auf Basis des aktuellen Tierschutzgesetzes so der Fall sein muss.

Man schafft hier ein Bürokratiemonster, das vor allem den Staat weiter aufpumpt, den Tierschutz nicht voranbringt und letztendlich völlig überflüssig ist. Selbst auf der Seite des Bundestags wird in dem Zusammenhang gelogen. So wird behauptet: “Bestandtiere können vom Zirkus zwar weiterhin gehalten werden, Neuanschaffung dieser Tiere ist jedoch nicht mehr möglich, da der Zirkusalltag sie nicht art- und verhaltensgerecht halten und versorgen könne.

Stattdessen können – laut dem aktuellen Text der Gesetzesänderung – mobile Zoos und Circusse weiter die genannten Arten halten, “wenn ausgeschlossen werden kann, dass das Halten oder Zurschaustellen an wechselnden Orten bei dem jeweiligen Tier mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist”. Das ist bereits jetzt der Fall, nur bedeutet diese Regelung mehr Papierkram, Rechtsunsicherheit und es wird sinnlos Steuergeld verschleudert. Letztendlich ist diese Novelle eine Bankrotterklärung der Regierung.

Echoräume gegen den Widerstand?

Blick von oben in den Plenarsaal des Bundestags. | Foto: Tim Tregenza, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Immerhin richtig wird auf der Seite des Bundestages auf folgenden Umstand hingewiesen: “Der Gesetzentwurf wird nicht nur von den Bundesländern kritisiert, sondern ist auch bei Landwirten und Naturschützern umstritten. Der Bundesrat hat mehr als 80 Änderungsvorschläge angemeldet.” Nun hat sich die Regierung auch noch dazu entschlossen, Experten anzuhören.

Bei der Einladung geben sich die Ampel-Parteien Mühe, Echoräume zu schaffen. Die SPD hat die Beauftragte der Bundesregierung für Tierschutz – eine Stelle, die die SPD-geführte Regierung selbst geschaffen hat – eingeladen und ebenso den Deutschen Tierschutzbund. Auch bei der Einladung der Linken merkt man, dass vor allem die Nähe der Tierrechtsindustrie statt die seriöser Tierschützer gesucht wird, denn die Partei entschied sich für die Organisation Vier Pfoten.

Formaljuristisch der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Einladung nicht durch die Parteien selbst erfolgt, sondern sie nur vorschlagen und letztendlich der Bundestag beziehungsweise der zuständige Ausschuss einlädt. Die Eingeladenen nehmen solche Einladungen durch das Parlament aus Respekt vor eben diesem an, sofern sie nicht durch außergewöhnliche Umstände verhindert sind. Dabei spielt für das Annehmen der Einladung die Partei, die den Vorschlag gemacht hat, für die Eingeladenen keine wirkliche Rolle.

zoos.media-Beiratsmitglied ist Einzelsachverständige

Dr. K. Alexandra Dörnath mit einem ihrer tierischen Patienten | Foto: Felix Müller

Nicht dafür bekannt sich irgendwie politisch vereinnahmen zu lassen, ist unser Beiratsmitglied Dr. K. Alexandra Dörnath, die als eine von zwei Einzelsachverständigen eingeladen wurde. Im Gegensatz zu den eingeladenen Institutionen betreibt sie keine institutionelle Lobbyarbeit, weshalb es schon besonders ist, dass eine Einladung durch den Bundestag in dieser Form erfolgte. Die andere Einzelsachverständige, Dr. Barbara Felde, ist Stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. – einer grünen Vorhof-Organisation, die im politischen Bereich tätig ist.

Dr. K. Alexandra Dörnath ist renommierte und bekannte Tierärztin, approbierte 1998 und bekam den Master in Wild Animal Health 1999. Ihre Promotion 2014 bei Prof. Dr. Klaus Eulenberger in Leipzig beschäftigte sich mit Gorilla-Narkosen. Sie erlangte und gewann diverse Stipendien und Auszeichnungen sowie Erfahrungen in der Zoo- und Wildtiermedizin. Darüber hinaus war und ist sie auch im Tier-, Natur- und Artenschutz tätigt und kümmerte sich dabei schon um den Erhalt vom Galápagos-Seelöwe, Nagel-Manati, Swift-Fuchs, Grüne Meeresschildkröte und Zwergwal. Sie war in einer Wildtierauffangstation im Amazonas-Regenwald, Tierärztin in vier Zoos und einem Delphinarium. Gegenwärtig leitet sie die Tierarztpraxis “Klein Mexiko” für Zoo-, Circus- und Wildtiere sowie exotische Heimtiere.

Zudem ist sie Ansprechpartnerin für Behörden, Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr, verschiedene Verbände, zoologische Einrichtungen, Circus-Unternehmen, Tierheime, Auffangstationen, Tierbörsen-Veranstalter und Privathalter. Des Weiteren gründete sie das Exoten-Kompetenz-Zentrum. In zahlreichen Medien informiert sie zu Tierschutz- und Gefahrtier-Themen. Darüber hinaus erstellt sie Fachgutachten, hält Vorträge, moderiert und ist Kolumnistin.

Klare Kante

Martin Lacey Jr. mit einem seiner weißen Löwen | Foto: Astrid Reuber (Lacey Fund e. V.)

Seit vielen Jahren erhebt Dr. Dörnath ihre Stimme für seriöse Tierhalter und setzt sich nicht nur verbandsunabhängig für seriöse Zoologische Gärten ein, sondern positioniert sich klar gegen Qualzucht-Populismus, der versucht jedes Abweichen von einer vermeintlichen Norm mit Qualen gleichzusetzen. Durch ihr differenziertes Vorgehen hat sie sich deshalb auch in diesem Bereich, der auch durch die Novelle berührt wird, eine geschätzte Expertise erworben.

Entsprechend klar war sie auch in ihrer Argumentation zum Tierschutzgesetz. Sie machte deutlich, dass es in seiner aktuellen Form dem eigenen, angeblichen Anspruch nicht gerecht wird. “Der Tierschutz in Deutschland wird mit dieser Novelle nicht verbessert”, machte Dr. Dörnath deutlich. Stattdessen schlägt sie vor die Zahl der Mitarbeiter im öffentlichen Veterinärwesen zu erhöhen, um den Vollzug zu stärken. Verordnungen, Leitlinien, Gutachten und die Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes sollen aktualisiert werden. Dort fänden sich zum Beispiel noch Beträge, die Deutscher Mark angegeben würden.

Ein solches Wildtier-Verbot für Circusse und mobile Zoos habe “auch keine wissenschaftliche Grundlage”, stellte Dr. Dörnath klar. Kein Tierhaltungsbetrieb würde so oft kontrolliert wie diese Tierhalter und zudem könnten sich die Politiker auch selbst ein Bild vor Ort machen. Sie äußerte sich aber auch zu weiteren geplanten Änderungen. So sei der §11b, wie er bisher formuliert wäre, “zielführend”. Die Liste mit Symptomen in der Novelle sei dies allerdings nicht. So deckte sie zahlreiche Unzulänglichkeiten im Gesetzesvorschlag auf. Hier ist Dr. Dörnaths vollständige Stellungnahme zu finden.

Ball liegt wieder bei der Regierung

Das Gebäude des Bundesrats in Berlin | Foto: JohannesDiek, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Nach diesen deutlichen Worten der einzigen unabhängigen Expertin, die vom Bundestag angerufen wurde, sowie auch den Anmerkungen des Bundesrates, ist nun wieder die Regierung am Zug. Eines hat die Expertenanhörung gezeigt: Es muss massiv nachgebessert werden. So kann und darf dieses Gesetz nicht bleiben. Es geht dabei schließlich um nichts weniger als die Zukunft der Tierhaltung in Deutschland.

Aber die Regierung muss durch spürbare Nachbesserungen auch zeigen, dass die Anhörung mehr war als eine Alibi-Veranstaltung und ein bisschen Schmierentheater der Regierenden. Ohnehin schon in ihrer Glaubwürdigkeit massiv angeschlagen, wäre es ein verheerendes Signal, wenn wieder einmal der Eindruck entstehen würde, dass die Regierung seriöse Experten nicht ernst nimmt.

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