Elefant in Botswana | Foto: diego_cue, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED

Hat das BMEL den Tierschutzgesetz-Entwurf entschärft?

Exklusiv für zoos.media – 25.05.2024. Autor: Philipp

Immer noch trieft der grüne Gesetzentwurf vor Fehlern, Falschinformationen und ähnlichen Unzulänglichkeiten. Es gibt aber eine interessante Formulierung.

Hat das BMEL den Tierschutzgesetz-Entwurf entschärft?

Den Prozess zum neuen Tierschutzgesetz begleitet zoos.media schon seit dem fragwürdigen Gutachten einer noch fragwürdigeren grünen Vorhof-Organisation, die dafür eine Notwendigkeit sah. Als der Referentenentwurf dann vorlag, haben wir uns damit im Detail mit besonderem Hinblick auf mobile Zoos beschäftigt und zahlreiche Unzulänglichkeiten in einem Artikel nachweisen können. Im nun vorliegenden Kabinettsentwurf sind Fehler und Fake News sowie unbelegte, weil auch gar nicht belegbare, Behauptungen immer noch enthalten. Das ist würdelos für ein Bundesministerium. Das BMEL stellt Materialien zum gesamten Vorgang hier bereit.

Zentrale Lüge

“Die Haltung und Zurschaustellung bestimmter Tiere wildlebender Arten an wechselnden Orten wirft systemimmanente Tierschutzprobleme auf, die unter den Bedingungen des reisenden Betriebs nicht durch Änderungen der Haltungsbedingungen oder der Transportbedingungen beseitigt werden können, weshalb ein Verbot des Haltens oder Zurschaustellens an wechselnden Orten aus Tierschutzgründen erforderlich ist.”

Dieser Satz zum Beispiel ist einer der vielen Sätze im Text, die immer noch falsch sind. Die Behauptung ist wissenschaftlich unbelegt. Vielmehr sprechen die Erfahrungen von Praktikern dagegen. Darüber hat zoos.media auch bereits berichtet. Tiere profitieren vielmehr in mobilen Zoos und Circussen von den Ortswechseln, an die sie seit Generationen gewöhnt sind, weil jeder Ortswechsel immer ein neues Gehege bedeutet. So entsteht ein Enrichment für die Tiere.

Dass aus unbewiesenen Quatsch-Behauptungen von Tierrechtsorganisationen, von denen das Ministerium hier sehr offensichtlich beraten wurde, Gesetz werden kann, ist eine Bedrohung für jeden Tierhalter. Aber gibt es dieses Verbot überhaupt im vorgeschlagenen Gesetzestext?

Interessante Passage

Tierrechtsaktivist fotografiert die Elefanten des Circus Krone manipulativ | Foto: Astrid Reuber

Im Entwurf geht es für mobile Zoos sowie auch für Circusse um § 11 Absatz 4, der neu geregelt werden soll. Dort soll dann bald stehen: “Es ist verboten Elefanten, Flusspferde, Giraffen, Großbären, Großkatzen, Nashörner, Primaten sowie Robben an wechselnden Orten zu halten oder zur Schau zu stellen.” Das klingt eindeutig, ist es aber nicht. Es gibt nämlich Ausnahmen.

Zoos und Tiergehege sind davon schon mal ausdrücklich ausgenommen. Ebenso “wenn ausgeschlossen werden kann, dass das Halten oder Zurschaustellen an wechselnden Orten bei dem jeweiligen Tier mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist”. Das ist der Fall, wenn man nachweisen kann, dass “die Dauer des Transports und die Häufigkeit der Ortswechsel sich nicht nachteilig auf die Gesundheit des jeweiligen Tieres auswirken”.

Das Lustige an dieser Passage ist: Das ist bereits jetzt bei allen Haltern nachgewiesen. Wären die Tiere nicht so untergebracht, dass keine Schmerzen, Leiden oder Schäden entstünden, würde die Haltung bereits gegen das jetzige Tierschutzgesetz verstoßen. Sie wäre damit schon jetzt verboten. Es wirkt so, als würde das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) das Tierschutzgesetz, das es ändern will, gar nicht kennen.

Bleibt also alles wie es ist?

Martin Lacey Jr. mit einem seiner weißen Löwen | Foto: Astrid Reuber (Lacey Fund e. V.)

Das Verbot, das das BMEL also formuliert, ist praktisch keines. Es ist nur mit Aufwand für die Halter von diesen Tiergruppen verbunden. Sie müssen nun für jedes Tier explizit nachweisen, was sie sowieso jetzt schon erfüllen müssen, um überhaupt öffnen zu dürfen. Kein mobiler Zoo und auch kein Circus bekommt eine Betriebserlaubnis, wenn die Haltung “mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden” wäre. Das wird an jeden neuen Standort immer kontrolliert.

Dieses Schein-Verbot ist also ein vergiftetes Geschenk der Politik sowohl für die Tierrechtsindustrie, als auch für die Tierhalter. Das Einzige, wofür diese Änderung sorgen wird, ist mehr Bürokratie. Cem Özdemir weiß vermutlich ganz genau, dass ein echtes Verbot vor keinem seriösen Gericht standhalten würde, weil das BMEL ja die Behauptungen, die Grundlage für die Änderung sind, nicht nachweisen kann. Vielmehr ist gesichert, dass sie nicht stimmen. Also bedient man sich des Winkelzugs dieser Ausnahme, die es dann doch für alle wieder erlaubt.

Letztendlich ist dieses Verbot also ein für einen Staat würdeloses Theater. Es geht um nichts anderes, als Tierhaltern zu schaden. Wegen der defizitären Ausformulierung des Vorschlags zur Neufassung des Gesetzes, gibt es nämlich gewisse Rechtsunsicherheit. So macht man Tierhaltern das Leben unnötig schwer, denn letztendlich ist diese beabsichtige Neufassung völlig sinnbefreit. Es gibt keinen Bedarf für sie.

Einzelfälle?

“Satz 3 regelt eine Ausnahme des Verbots für Fälle, in denen ausgeschlossen werden kann, dass das Halten oder Zurschaustellen an wechselnden Orten bei dem jeweiligen Tier mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist. In diesen Einzelfällen ist davon auszugehen, dass eine art- und verhaltensgerechte Haltung der genannten Tiere trotz wechselnder Orte gewährleistet ist.”

Hier lügt das BMEL im eigenen Gesetzesvorschlag. Bereits jetzt ist durch die behördlichen Kontrollen nachgewiesen, dass die Haltung an wechselnden Orten bei dem jeweiligen Tier keine “Schmerzen, Leiden oder Schäden” verursacht, sonst würden die Halter gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Was hier also als “Einzelfälle” vorgestellt wird, ist in den deutschen mobilen Zoos und reisenden Circussen der Regelfall. Kein Tier, das zum Beispiel im Circus Krone, Circus Belly oder im mobilen Zoo Melodys Kinderparadies zu sehen ist, leidet durch die Haltung und Ausstellung an wechselnden Orten.

“Bestehen umgekehrt Zweifel daran, dass das Halten oder Zurschaustellen bei dem jeweiligen Tier nicht mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist, so greift das Verbot nach Satz 1”, erklärt das BMEL. Das sorgt für Rechtsunsicherheit. Warum? Ein Zweifel ist ja letztendlich eine Gefühlsäußerung, die keine Grundlage für seriöse Gesetzgebung darstellen kann. Wie soll der Zweifel definiert sein? Im Zweifel gilt, rein rechtlich gesehen, die Entscheidung aber ohnehin für den Angeklagten zu fällen – in dubio pro reo. Es macht also alles einfach keinen Sinn.

Kuriose Ausgestaltung

Transvaal-Löwe im Cincinnati Zoo | Foto: Ltshears, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Immerhin etwas sagt das BMEL schon grob dazu wie diese Einzelfälle aussehen und gibt vielleicht sogar eine Faustregel in der aktuellen Fassung: “[W]enn die Haltungsbedingungen und das Haltungsumfeld an den jeweilig wechselnden Orten denen einer dauerhaften Haltungseinrichtung gleichkommt”, dann soll Halten oder Zurschaustellen der oben genannten Tiergruppen an wechselnden Orten erlaubt sein. Grob gesagt: wer also seinem Tier auf Reise ein Gehege baut, das einem stationären Zoo würdig wäre, der bekommt auch die Erlaubnis.

Hierbei fehlen allerdings völlig rechtliche Grundlagen. Es steht nirgendwo beschrieben, was ein Zoo-Gehege ausmacht. So gibt es das Säugetiergutachten als hinterfragungswürdiges Empfehlungsschreiben, aber das ist keine rechtliche Grundlage. Es ist auch völlig legal ein Tier nicht nach dem Säugetiergutachten zu halten. Solange man das Wohlergehen des Tieres nachweisen kann, gibt es keine Verbote.

Letztendlich schafft die Ampel, wenn dieser Kabinettentwurf beschlossen würde, also sowas wie einen bürokratieaufwendigen Gummi-Paragraphen, der letztendlich etwas verkompliziert, was das Tierschutzgesetz jetzt viel eindeutiger regelt. Die Änderung des Tierschutzgesetzes dient nur den Grünen, damit sie der Tierrechtsindustrie vorlügen können, sie hätten ein Wahlversprechen eingelöst, weshalb die Vorhof-Organisationen mehr oder weniger offensichtlich zur Wahl von Bündnis 90/Die Grünen aufgerufen haben. Der Vorgang ist völlig würdelos.

Bankrotterklärung des BMEL

Der Dienstsitz vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin | Foto: Jörg Zägel, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Im Prinzip hat das Ministerium an dieser Passage nur bewiesen, dass sie das Gesetz, das sie ändern wollen, nicht mal ordentlich kennt. Was das BMEL verbieten will, ist bereits verboten. Niemand darf Tiere in Deutschland stationär oder auf Reise so halten, dass die Haltung mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden wäre. Jede Haltung, die nicht mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist, ist bereits auch jetzt schon legal. Es gibt also keinen wirklichen Bedarf für die Änderung.

Hier werden staatliche Ressourcen verbraten, um letztendlich Parteipolitik machen. Man merkt auch der Pressemitteilung des Ministeriums an, wie Cem Özdemir versucht, hier ein Circustier-Verbot ins Schaufenster zu stellen. Von der im eigentlichen Text verankerten Ausnahme ist hierin nichts zu lesen. Erst im FAQ liest man davon etwas – garniert mit der Einzelfall-Lüge. Allerdings bleibt am Schluss eine gute Nachricht: Ein echtes Circustier-Verbot wird es erstmal nicht geben.

Trotzdem muss diese Passage verschwinden. Sie ist nichts weniger als eine Gängelung von Tierhaltern, die sich an Recht und Gesetz halten. Hier muss jeder Tierhalter gewarnt sein: Ist diese Gängelung mit einer Gruppe von Tierhaltern möglich, ist sie es mit jeder Gruppe. Daher ist es wichtig, dass dies verhindert wird. Der Einfluss der Tierrechtsindustrie auf die Gesetzgebung ist eine Gefahr für jeden. Hier sollte man nicht den kleinen Finger geben, sonst ist man am Ende die ganze Hand los.

Diesen Beitrag teilen