Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath untersucht das Schwein Max | Foto: privat

Die “Fantasietitel” der Tierrechtsindustrie

Exklusiv für zoos.media – 11.11.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Als “Fantasietitel” bezeichnet Dr. Alexandra Dörnath die Titel, die sich die Tierrechtsindustrie selbst verleiht, um einen Anschein von Kompetenz zu erwecken.

Die “Fantasietitel” der Tierrechtsindustrie

Sie sind Fachreferenten für irgendwas, werden Experten aus dem Nichts oder bekommen mit wahren Sachverständigen zum Verwechseln ähnliche, wohlklingende Namen: Angestellte von fragwürdigen Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen. Letztendlich bedeuten all diese “Fantasietitel”, wie Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath sie nennt, aber rein gar nichts.

Frau Dr. Dörnath hat zu Menschenaffen promoviert sowie einen Master in Wild Animal Health am Royal Veterinary College (University of London) und der Zoological Society of London erworben. Sie ist als Inhaberin dieser staatlich anerkannten Titel mit hierfür abgelegten Prüfungen also nachgewiesene Expertin für Zootiere, Zirkustiere, Wildtiere und exotische Heimtiere sowie für Wildtiergesundheit.

PETA: Geflecht aus Fachreferenten

Das “white bunny” ist das Symbol der radikalen Tierrechtsorganisation PETA. | Foto: The Photographer, Lizenz: CC0 1.0

Ursprünglich arbeitet ein Fachreferent in einem Referat eines Ministeriums. Ein Referat ist ein bestimmtes Sach- oder Aufgabengebiet innerhalb einer Behörde, also einer Regierungsorganisation. Gerne wird der Begriff “Fachreferent” aber zweckentfremdet. Vereine oder andere Nichtregierungsorganisationen haben damit begonnen, diese Bezeichnung für sich zu vereinnahmen, weil diese natürlich sehr bedeutsam klingt.

Zudem steht sie für ein bestimmtes Selbstverständnis: die Angestellten erscheinen plötzlich ebenbürtig, wenn nicht sogar besser, als die staatlichen Fachreferenten oder tatsächlich renommierte Experten. Wenn bei diesen Organisationen Menschen arbeiten, die tatsächlich eine entsprechende Qualifikation haben, so fällt das nicht sonderlich ins Gewicht. Wenn diese Leute aber nur so heißen ohne entsprechende Qualifikationen vorweisen zu können, wirkt dies schon recht unseriös.

Peter Höffken wird von PETA selbst auf seiner Autorenseite als “Kampagnenleiter für Tiere in der Unterhaltungsbranche” betitelt. Häufig wird Höffken von PETA aber auch als “Fachreferent für Tiere in der Unterhaltungsbranche” bezeichnet. Das klingt nach Kompetenz. PETA schreibt zu Höffken: “Für seine Diplomarbeit bereiste er auf den Spuren von Elefanten, Tigern und Affen zahlreiche Schutzgebiete in Südostasien.” Die Plattform gerati.de hat sich dazu mal auf eigene Spurensuche begeben.

Gemäß des dazugehörigen Artikels ist Höffken Geograf. Einen Verweis auf eine Diplomarbeit fand sich, laut Autor dieses Artikels, aber nicht. Bei der Recherche über Höffken zu Elefanten, Tiger und Affen findet sich ein Kurzvortrag, gehalten im Jahr 2009 auf der Jahrestagung des Arbeitskreises Südostasien von der Deutschen Gesellschaft für Geografie (DGfG). Dieser trägt den Titel “Thailands Waldschutzgebiete – Papiertiger oder Tiger-Habitat?” und stammt von einem gewissen Dipl.-Geogr. Peter Höffken von der Universität zu Köln. Mehr Informationen zu dieser Person werden auf dieser Seite allerdings nicht abgebildet.

Fachreferenten nicht vom Fach?

Sollte dieser Dipl.-Geogr. Peter Höffken dieselbe Person sein, die als Kampagnenleiter resp. Fachreferent bei PETA angestellt ist, dann stellt sich die Frage, wie jemand, der anscheinend vor mehr als einem Jahrzehnt einmal Tigerschutzgebiete geografisch beurteilt hat, nun plötzlich über Fachwissen zur verhaltensbiologischen und veterinärmedizinischen Beurteilung von Tieren in der sogenannten Unterhaltungsbranche verfügen soll.

Der Schimpanse Robby hält die Hand von Tierärztin Dr. K. Alexandra Dörnath | Foto: Dr. Dörnath

Sind Fachreferenten bei PETA etwa nicht vom Fach? Laut gerati.de soll dies nämlich kein Einzelfall sein. Im gleichen Artikel wird das Beispiel des Diplom-Sozialwissenschaftlers Frank Schmidt genannt, der im Zusammenhang mit PETA auch als “Senior Fachreferent für Tiere in der Bekleidungsindustrie” bezeichnet wird. Es gibt auch noch die Biologin Dr. Yvonne Würz, die in ihrem Studium Tierversuche an Finken durchgeführt hat. Nun ist sie “Fachreferentin für Tiere in Zoo und Zirkus” bei PETA, ohne, dass bekannt wäre, dass sie je in einem Zirkus gearbeitet hat. Woher ihr Experten-Wissen insbesondere über die Haltung von Primaten kommen soll, auf deren Basis sie sich ständig und ungefragt in die Angelegenheiten rund um die Haltung von Affen in Zoologischen Gärten sowie in Privathand, und in die des Ausnahmeschimpansen “Robby” einmischt, ist derweil so nicht nachvollziehbar.

Ein solches Vorgehen ist aber nicht PETA-exklusiv. Bei sämtlichen radikalen Tierrechtsorganisationen und solchen, die diesen nahestehen, scheint dies verbreitet zu sein. James Brückner etwa wird mal “Leiter des Referats für Arten- und Naturschutz beim Deutschen Tierschutzbund” oder auch mal “Referent für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund” genannt. Er ist sogar Teil der sogenannten “Tierschutzakademie”. Dass Arten- und Naturschutz etwas ganz anderes sind als Tierschutz, und dass Arten-, Natur- und Tierschutz auch im signifikanten Widerspruch zueinanderstehen können, scheint keine Rolle zu spielen.

Auch der Deutsche Tierschutzbund verwendet also die gleiche Rhetorik und gebraucht “Fantasietitel” wie Dr. Dörnath sie nennt. Hinzu kommt hier noch der ehrwürdige Hauch der Lehre. Wer nun aber einen akademisch hochdekorierten Experten aus der Biologie erwartet, bekommt in der Realität erneut nur einen blendenden Diplom-Geografen vorgesetzt, nämlich jenen Herrn Brückner.

„Fachreferentin für tierische Mitbewohner“

Den Titel für den vielleicht lustigsten Fantasietitel aber hält wohl Jana Hoger inne als “Fachreferentin für tierische Mitbewohner”. Pointiert könnte konstatiert werden: Ob es sich bei den Mitbewohnern um Staubmilben oder Kleiderläuse handelt, wird nicht klar. Bei ernsthafter Suche nach Hogers Qualifikationen stellt sich heraus, dass sie in einer Tierarztpraxis gearbeitet haben soll. Ihre Position liegt dabei im Dunkeln. Ebenfalls wird angegeben, dass sie Tierpsychologie studiere.

Unicum.de informiert darüber, dass die Bezeichnung des Tierpsychologen, anders als beispielsweise die des Biologen, des Mediziners oder des Juristen, nicht geschützt ist. Das sogenannte Studium besteht in der Erwerbung eines Zertifikates, das jeder ohne bildungsspezifische Voraussetzungen binnen eines Jahres erwerben kann.

Generell aber kann sich jeder, auch ohne Studium, ohne Ausbildung und ohne jedes Zertifikat, Tierpsychologe nennen. Dies steht im gravierenden Gegensatz etwa zum Humanpsychologen. Zur Führung der zugehörigen Berufsbezeichnung und zur Ausübung des Berufs muss ein akademischer Grad erlangt werden. Tierpsychologe hingegen kann sich wirklich jeder nennen. Jeder Leser dieses Artikels kann ab sofort diesen Titel führen. Das passt unglaublich gut zur Taktik von PETA: durch Aneignung bestimmter Bezeichnungen wird versucht, Kompetenz vorzuweisen. Dies bleibt bei genauer Betrachtung allerdings nur bei einem Versuch.

Sollte sich jeder so nennen können wie er will?

Grundsätzlich kann sich jeder die Berufsbezeichnung geben, die er möchte, solange diese Berufsbezeichnung kein geschützter Begriff ist. Die Bezeichnung des Fachreferenten ist nicht geschützt. Genau wie sich jeder “Wellensittichfarbberater” nennen kann, kann sich also jeder als “Fachreferent” bezeichnen. Klar könnte argumentiert werden, dass dies dann ein Missbrauch dieser eigentlich doch recht ehrenwerten Bezeichnung ist, eine Handhabe aber gibt es nicht. Formaljuristisch macht keiner der zuvor Genannten etwas falsch. Moralisch bedenklich und daher fragwürdig findet Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath so ein Vorgehen dennoch.

Es geht aber auch noch eine Spur skurriler – so ist die Organisation “Vier Pfoten” anscheinend stolz, seinen “Country Director” zu benennen. Die deutsche Bezeichnung “Landesleiter” war wohl nicht international genug für die österreichische Organisation und hört sich wohl auch für den Spendenwilligen zu unspektakulär an. Denn darum geht es im Grunde all diesen Organisationen: wie komme ich am besten an das Geld der tierlieben Spender?

Die Mitarbeiter der Tierrechtsorganisation Pro Wildlife werden zu allererst mit Bezeichnungen wie “Freak”, “Energiebündel” und “Meeresfreundin” geschmückt. “Hundenärrin, kämpft für Groß und Klein, erholt sich in der Natur vom Großstadtleben” ist zum Beispiel die umfassende Beschreibung der Dame, die sich berufen fühlte, den Brand im Zoo Krefeld und auch die Delfinarien auf dem Blog dieser fragwürdigen Organisation zu verurteilen. Und dies ganz ohne Hintergrundwissen und mit einer Selbstverständlichkeit, als bräuchte es bloß Großstadtstress und Hundeliebe zur allumfassenden Erleuchtung.

Tierärztin Dr. Alexandra Dörnath mit klarer Meinung

Dr. K. Alexandra Dörnath mit dem Grauwal JJ in SeaWorld San Diego | Foto: Dr. Dörnath

Dr. Dörnath hat Veterinärmedizin studiert, Abschlüsse und Titel erworben und sich Positionen erarbeitet. Sie ist seit über zwei Jahrzehnten Tierärztin und hat als solche im In- und Ausland gearbeitet. Sie wirkte in Artenschutzprojekten zur Erforschung der Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum rund um den Globus mit und war in verschiedenen Zoos tätig. Sie betreut zoologische Einrichtungen, Zirkusunternehmen und Privathalter von Exoten in ihrer eigenen überregionalen Überweisungspraxis. Vom gestrandeten Wal bis hin zur Landschildkröte mit Legenot, vom Affen bis zum Zierfisch, von der Ameise bis zum Zebra, von der Antilope bis zum Zwergwal hat sie Vieles gesehen und erlebt.

Nicht grundlos ist sie Ansprechpartnerin für Behörden zu Fragen des Tier- und Artenschutzes sowie für Behörden und Einsatzkräfte zu Fund- und Gefahrtieren. Sie schreibt sogar eine Kolumne in einer Fachzeitschrift und wird bei ihrer Arbeit in einer TV-Serie (“Tierisches aus Klein Mexiko”) begleitet. Solche “Fantasietitel”, wie sie die von Tierrechtsorganisationen verwendeten Bezeichnungen für ihre jeweiligen Mitarbeiter, auf Basis ihrer persönlichen Meinung, nennt, findet sie irreführend: “Die Verwendung dieser Fantasietitel kann für den Bürger täuschend sein. Die sogenannten “Fachreferenten”, die vermeintlichen “Akademien”, der “Country Director” gaukeln Kompetenzen vor, wo letztendlich keine sind“, so Dörnath.

Diese Organisationen urteilen über Dinge, von denen ihre Mitarbeiter allenfalls oberflächliches theoretisches Wissen haben. Oft werden die Kampagnenleiter dieser Bettelvereine direkt von der Universität ohne relevante Berufserfahrung direkt eingestellt. Praktisches Wissen, insbesondere zur Arbeit mit Tieren im Zoo und Zirkus ist bei diesen Fantasietitel-Inhabern Fehlanzeige”, fährt Dörnath fort. “Diese Fantasiereferenten sind rhetorisch sehr gut geschult. Sie suchen die Nähe zu Politikern und anderen Entscheidungsträgern. Inhaltlich kommt von diesen in der Regel aber nur heiße Luft”, so die Expertin. Sie zitiert sehr gerne den 72-jährigen Zirkusdirektor und renommierten Tierlehrer Klaus Köhler, der sein ganzes Leben den Tieren widmet und gewidmet hat, mit den Worten: “Niemand von ihnen hat je einem Löwen oder einem Tiger den Hintern geputzt.”

„Fachkenntnisse sollten mehr zählen als verklärte Weltanschauungen“

Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath mit einem Seehund | Foto: Dr. Dörnath

Ohne einem Geografen seine geografischen Kenntnisse madig machen zu wollen, ist es bemerkenswert, wenn Politik und Medien sich so verhalten, als bestünde eine Art Ebenbürtigkeit zwischen einem sogenannten Fachreferenten und einer Tierärztin mit bemerkenswerten Spezialkenntnissen und -fähigkeiten. Von diesen Presse- und Politikvertretern wird so getan, als wüsste ein Tierrechtler mit “Fantasietitel” sogar über veterinärmedizinische Fragen noch besser Bescheid als die studierte Veterinärmedizinerin, die beim renommierten Prof. Dr. Dr. Klaus Eulenberger, jahrelanger Zootierarzt im Leipziger Zoo und weltweit geachtet, promovierte.

Frau Dr. Dörnath ist eine erklärte Wissenschaftlerin. Ihrer Überzeugung nach sei es unseriös, wenn Personen ideologische Zweifel an bestehenden Fakten sähen. “Leider aber haben Tierrechtler generell eine verklärte und romantisierte Vorstellung vom Leben der Tiere”, so Dörnath. “Fachkenntnisse sollten in der Gesellschaft allerdings mehr zählen als verklärte Weltanschauungen”, so die Expertin weiter. Leider aber versuchen aber PETA & Co. mit ihren zum Teil hanebüchenen Forderungen seit Ende der 1980er Politik und Gesellschaft zu beeinflussen.

Von den heutigen Politikern und Behördenvertretern wünsche sich Dörnath daher faktenbasierte Entscheidungen anstatt unter dem Vorwand des Zeitgeistes getroffene Beschlüsse, die teilweise auf absurden, ja grotesken Behauptungen von Tierrechtlern basieren. “Für mich wirklich unverständlich ist es, wenn ein Dipl.-Geograf, also ein Pseudoexperte im Hinblick auf Tierhaltung, von einer Partei als Gutachter vor einem Bundesausschuss eben zur Tierhaltung befragt wird. Jemand mit Kenntnissen zu Wurst möge doch bitte nicht zu Käse urteilen”, fasst Dörnath zusammen.

Auch habe sie erlebt, dass in einer Reihe geschlossener Sitzungen mit Amtstierärzten, in die sie als Expertin zu Tierbörsen eingeladen war, ebenso ein Vertreter der o. g. “Tierschutzakademie” vom Ministerium geladen war, obwohl diese Person zu Flöhen bei Hund und Katze promoviert war. Dies sei aber aus politischen Gründen notwendig gewesen, sei ihr mitgeteilt worden, als sie dies offen kritisierte. Dörnath appelliert, den Begriff des “Fachreferenten” sowie die Bezeichnung “Akademie” als gesetzlich geschützte Begriffe einzuführen, damit der Bürger ganz eindeutig Aussagen von Experten und Pseudoexperten trennen kann.

Auch müsse transparent gemacht werden, wer wirklich über theoretisches Wissen und praktische Erfahrung verfüge. Ideologie müsse ganz klar von Fakten getrennt werden, so die Expertin für Zootiere, Zirkustiere, Wildtiere und exotische Heimtiere sowie für Wildtiergesundheit.

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