Portrait von Morgan im Loro Parque | Foto: zoos.media

Chico – Das informative Tierschutz-Magazin?

Exklusiv für zoos.media – 14.02.2017. Autor: Philipp J. Kroiß

Ein Artikel, der Hintergründe zur defizitären Darstellung der Orcahaltung im Loro Parque erklärt und aufdeckt.

Chico – Das informative Tierschutz-Magazin?

Verpasste Chancen und defizitäre Berichterstattung

Orca Keto zeigt seinem Trainer seinen Bauch – ein Vertrauensbeweis. | Foto: zoos.media

In einer Reportage des Magazins „Chico“ machte sich die Autorin Ulrike Ulmann „Auf die Suche nach der Wahrheit“ scheiterte aber leider an einem nicht professionellen Umgang mit den Informationen und ihrem eigenen Unwillen, die richtigen Fragen zu stellen.

Im August 2016 nahm an Frau Ulmann einer Pressereise in den Loro Parque, die u.a. von zoos.media organisiert wurde. Hierbei bekommen Fachjournalisten die Möglichkeit Recherchen vor Ort durchzuführen.

Ignoranz oder Versehen?

Zuerst wundert sie sich, wonach die Delfintrainer ausgewählt werden, die sie als Adonisse beschreibt und mutmaßt Dirk Bach hätte diesen Job wohl nicht bekommen. Nun, diese Frage hätte man stellen sollen und auch jederzeit können, aber warum man stattdessen nun im Artikel auf der Figur eines Verstorbenen herumreiten muss, ist fraglich und zeugt auch von ziemlich schlechtem Stil. So mit Dirk Bach umzugehen und einen Schauspieler und Moderator auf seine Figur zu reduzieren und zu einem schlechten Witz zu machen, ist weder respektvoll, noch sinnvoll und schon gar nicht professionell journalistisch.
Im Loro Parque werden die Trainerinnen und Trainer nicht nach ihrer Figur, sondern nach ihrer Expertise und Erfahrung eingestellt. Ein Trainer, der den ganzen Tag mit Tieren arbeitet und sich mit den quirligen Delfinen im Wasser bewegt, hat nun mal recht wenig Möglichkeit eine ausladende Figur zu entwickeln.

Dann trügt sie anscheinend ihre Erinnerung über den Backstage-Bereich und sie hat offenbar das große Mutter-Kind-Becken im Mehrbeckensystem, zum Beispiel unten im Video zu sehen, übersehen – ein Kunststück, wo es ihr doch gezeigt und erklärt wurde.

Anschließend erwähnt sie, dass es Roger Moores schon längst widerlegten Anschuldigungen gegen den Park wären, die veranlasst hätten, Journalisten einzuladen. Dem war nicht so, weil so eine Reise auch Planung braucht und der inhaltliche Fokus auf der Arbeit moderner Zoos basiert und nicht auf PETA-Marketing. Eigentümlich, dass sie vergessen hat zu erwähnen, dass dieser Ausspruch des Schauspielers Teil der PETA-Kampagne war, die gescheitert ist.
Wer aufgrund dieser Äußerung eingeladen wurde, war Moore selbst. Allerdings hatte er bisher nicht Klasse, sich seinen angeblichen Äußerungen auch in der Realität zu stellen oder sie entsprechend zurückzunehmen, weil er die Qualität der aktuellen Haltung eben nicht kennt.

Ultraschalluntersuchung von Morgan | Foto: zoos.media

Dann stellt sie routinemäßige Ultraschalluntersuchungen (die Untersuchung, die allen Pressevertretern gezeigt wurde, sieht man rechts im Bild) bei den Tieren falsch dar, obwohl der wahre Grund erklärt worden ist: Es geht um das Health Monitoring der Tiere. Mit der falschen SeaWorld-Entscheidung über einen Zuchtstopp hat dies, anders als sie behauptet, nichts zu tun, da der in Europa ja auch gar nicht implementiert werden kann. Auch darüber wurde gesprochen.
Sie behauptet, die Tiere seien Leihgaben aus SeaWorld. Auch das ist so nicht richtig. Fünf der sechs Tiere gehören SeaWorld. Gerade aber Morgan, deren Ultraschall sie beschreibt, ist eben genau das Tier, was nicht SeaWorld gehört und auch gar nicht vom Zuchtstopp betroffen wäre, wenn er denn in Europa implementiert werden könnte. Es ist schon bemerkenswert, dass sie diese Infos, die ihr natürlich gegeben wurden, schlicht nicht in ihren Artikel aufnahm.

Nachfolgend kommt sie darauf zu sprechen, dass ja zu bemängeln sei, dass während der Reise das Thema eines Orca-Unfalls aus 2009 gar nicht zur Sprache kam. Das ist schon eine schon bodenlose Frechheit und Unprofessionalität, denn sie hatte drei Tage Zeit, diese Frage zu stellen, wenn es wirklich von Interesse gewesen sei. Aber anscheinend war es beim Schreiben des Artikels eher von Interesse ein Haar in der Suppe zu finden, das man selbst hineinlegte.

Ulmann fremdelt weiter: Sie wundert sich, dass Delfinariengegner immer gleich als Tierrechtler bezeichnet würden. Dabei übersieht sie, dass Delfinariengegnerschaft auf Tierrechtsideologie basiert. Es gibt keine Argumente im Tier-, Arten- oder Naturschutz, die eine generelle Gegnerschaft zu Delfinarien legitimieren würden. Sicherlich gibt es Delfinarien, die man kritisch beäugen muss, aber Delfinariengegner gehen, auf Basis von Argumenten der Tierrechtsbewegung, gegen jedes Delfinarium unterschiedslos vor. Auf Basis dieser Gründe ist natürlich jeder Delfinariengegner ein Tierrechtler – bei Definarienkritikern, wie etwa zoos.media, sieht das freilich anders aus.

Trainerin Dawn Brancheau mit Katina. | Foto: Mariomassone; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Dann kommt sie auf ‚Blackfish‘ zu sprechen – ein Film, dessen Lügen schon längst widerlegt sind und dessen Glaubwürdigkeit zerstört ist. Er wird nur in Tierrechtskreisen nach wie vor promotet und als wahr verkauft, weil die Filmmacher eben gerade Tierrechtsorganisationen als Marketingvehikel genutzt haben. Selbst die Familie von Dawn Brancheau erklärt, dass ‘Blackfish’ nicht die wahre Geschichte widerspiegeln würde. Zudem sagten sich die Teilnehmer Bridgette Pirtle und Mark Simmons von der Pseudo-Dokumentation los und deckten deren unseriöse Methoden auf.

Fragwürdige Einordnung

Dann wird die Aussage vom Zoologischen Direktor des Loro Parque, Wolfgang Rades, der, wie viele andere Experten vor ihm, feststellt, dass Visser den Weg der Wissenschaftlichkeit verlassen hat, dazu benutzt, zu behaupten, dass die Fronten verhärtet wären. Frau Visser hat in ihren jungen Jahren durchaus ordentliche Studien verfasst, ist aber mehr und mehr zu Lobbyarbeiterin für Tierrechtler geworden und hat, ganz objektiv gesehen, den Weg seriöser Wissenschaft verlassen: Wer Desinformationen, Fehlinformationen und Lügen verbreitet, wird eben nicht mehr als Wissenschaftler ernstgenommen.

Anschließend versucht man, Aussagen von des Parkgründers und -präsidenten Wolfgang Kiessling und Wolfgang Rades gegeneinander auszuspielen. Es stimmt, dass Herr Kiessling erklärt hat, dass die Tiere glücklich seien und natürlich erklärt Herr Rades, dass für eine Orcahaltung nicht das Meer nachgebaut werden muss. Das pointiert als Kompromiss in paraphrasierender Widergabe in einem Artikel zu schreiben, mag in Ordnung sein, tut aber so, als würden sich diese Aussagen widersprechen, was sie nicht tun, denn im „Kompromiss“ ist das Wohlergehen der Tiere der limitierende Faktor: alles richtet sich danach, dass es den Tieren gut ergeht.

Ulmann kommt schließlich auf Robert Marc Lehmann zu sprechen, den sie wohl nach der Journalistenreise wohl interviewt hat. Er hat schon Projekte mit Ingrid Visser realisiert hat – ein in der Frage über Frau Visser unbefangener Gesprächspartner sieht freilich anders aus. So vertritt er natürlich auch das schönfärberische Orca-Bild der Lobbyistin, die den geringen Walschutz in Norwegen ausnutzt, um von kommerziellen Schnorcheltouren zu wilden Orcas zu profitieren – ein Vorgang, der in Ländern mit akzeptablem Walschutz nicht möglich ist. Er unterstützt natürlich deren These vom Niedergang der Delfinarien, die freilich hochgehalten werde muss, damit die Gelder für Vissers Arbeit weiter fließen.

Häufig wird nämlich der Fehler gemacht, wie auch in diesem Artikel, dass bei Visser von einer unabhängigen Expertin ausgegangen wird. Das ist schlicht nicht der Fall, denn sie macht ja Geld in der Anti-Delfinarien-Industrie. Wenn sie morgen erklären würde, dass sie Unrecht und sämtliche unabhängige Experten, Wissenschaftler und Behörden mit ihrer positiven Beurteilung der Orcahaltung Recht hätten, würde sich das durch finanzielle Einbußen direkt bemerkbar machen. Visser hat also nicht wirklich die Wahl, den wissenschaftlichen Fakten zu folgen, sondern muss den Boden seriöser Wissenschaft verlassen, weil sie sonst ihre Free Morgan Stiftung und sämtliche Gefälligkeiten für das Multimillionenbuisness der Tierrechtler nicht mehr aufrechterhalten könnte.

Suche nach der Wahrheit?

Die Auswilderung einer Unechten Karretschildkröte nach erfolgreicher Reha im Loro Parque | Foto: Loro Parque

Über die Wissenschaft, den Artenschutz und die unabhängigen Haltungsüberprüfungen des Loro Parque, über die intensiv bei der Reise aufgeklärt wurde, steht nichts in dem Artikel. Offenbar hat sie also den Vortrag von Javier Almunia, der unter anderem die wichtigen Projekte im Bereich des Wal- und Delfinschutzes beinhaltete, entweder ignoriert oder bewusst unterschlagen. Das wäre natürlich wichtig gewesen, um ein komplettes Bild der Haltung zu liefern. Statt des Artenschutzes lässt sie lieber Delfinariengegner zu Wort kommen – das ist symptomatisch.
Zudem fanden auch die ganzen anderen vorgstellten Tier- und Artenschutz-Projekte keine Erwähnung, wie etwa das Schilkröten-Projekt, das seit Jahren erfolgreich läuft, rechts im Bild.  Bei einem wahren Magazin mit diesem Titel, muss man sich diesbzüglich doch sehr wundern, unterstelle zoos.media bei der Einladung, doch ein gewissenen Interesse an solchen wichtigen Projekten, die zweifelsohne teil des modernen Zoo-Konzeptes sind, das Frau Ulmann ausführlich vorgestellt wurde. Zudem gehören eben solch intensives Artenschutzengagement zweifelsohne zur Wahrheit dazu.

Orca Show im OrcaOcean des Loro Parque | Foto: zoos.media

Dies ist auch der Grund, weshalb ihre Suche nach der Wahrheit scheitert: sie übersieht zu viel und gewichtet falsch. Wir bedauern es sehr, dass Frau Ulmann es nicht fertig gebracht hat, einen objektiven Artikel, der die wichtigen Fakten nennt und richtig darstellt, zu Stande zu bringen. Ebenso fragen wir uns ernsthaft wie es zu einem Tier- und Artenschutzmagazin, was Chico ja sein will, passt, eben diese Arbeit des Loro Parque und anderer moderner Zoos völlig unerwähnt zu lassen, obgleich es gleich mehrere Vorträge von Artenschützern gab. Zudem ist fraglich wie dieser Artikel, der vor Defiziten nur so strotzt, denn zu einer ordentlichen Meinungsbildung beim Leser beitragen soll, wenn wichtige Infos, die gegeben wurden, schlicht unterschlagen werden.

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