Blick von oben in den Plenarssaal des Bundestags. | Foto: Tim Tregenza, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Deutsche Zoos in der Coronakrise: Neue Führung, alte Probleme

Exklusiv für zoos.media – 19.11.2021. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Ampel-Mehrheit aus SPD, Grüne und FDP haben die Bedingungen des Infektionsschutzes geändert – dieser Artikel erklärt, was das für Zoos & Aquarien bedeutet.

Deutsche Zoos in der Coronakrise: Neue Regierung, alte Probleme

Zoos und Aquarien in Deutschland und der Welt waren keine Hotspots und haben nie signifikante Beiträge zum Infektionsgeschehen geleistet – ob mit oder ohne Impfstoff. Dass man sogar Indoor-Einrichtungen offen lassen kann, zeigen zahlreiche Beispiele aus dem Ausland diesseits und jenseits des Atlantiks. Die Große Koalition aus Union und SPD hat das in ihrer Politik nie anerkannt und die von der SPD geführte Ampel-Mehrheit im Bundestag macht den gleichen Fehler wieder. Man stürzt erneut Zoologische Gärten in finanzielle Nöte.

Lockdown mit anderem Namen

Die Ampel-Mehrheit im Bundestag, die nun ein neues Infektionsschutzgesetz verabschiedet hat, will das, was sie tut, nicht Lockdown nennen, aber für Teile der Bevölkerung ist es genau das. In vielen Städten werden Zoologische Einrichtungen dazu gezwungen, Menschen, die eine Entscheidung gegen die Impfung getroffen haben oder treffen mussten, nicht mehr einzulassen, selbst wenn sie das tun, was sonst immer als negativer Virusnachweis gilt: einen Test vorzeigen. Das schreckt Besucher ab und sorgt bereits jetzt für massive Umsatzeinbußen.

Bereits 3G war verheerend, 2G ist schlimmer und das aktuell diskutierte 2G+ könnte sogar mancherorts finanziell desaströser werden als eine komplette Schließung. Fest steht aber: unter keinem G lassen sich Zoologische Gärten finanziell sinnvoll betreiben. Wenn aus diesen Übergangslösungen wieder mal Dauerlösungen werden sollten, stellt das viele Zoos und Aquarien vor große Probleme finanzieller Natur. Die Löcher aus den vorherigen Lockdowns sind nicht ansatzweise gestopft und nun entstehen schon wieder neue.

Bieten die 2Gs Schutz?

Schwarzfußiltis im Zoo von Louisville (2009) | Foto: Ltshears, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Legitimiert werden diese Maßnahmen entweder sehr offen, in dem erklärt wird, dass man Ungeimpften das Leben schwer machen will, um sie zur Impfung zu bringen, oder sehr fragwürdig damit, dass man die angeblich vollständig Geschützten vor den Ungeschützten schützen müsste. Das Problem der ersten Begründung ist, dass es Zoos und Aquarien schlicht nicht verdient haben zur Verhandlungsmasse zwischen Volk und Politik degradiert zu werden, das Problem der zweiten Begründung ist die mangelnde Evidenz. Bereits im September 2020 wurde im renommierten Fachmagazin nature veröffentlicht, dass intramuskuläre Impfung für Schutz im Lungentrakt und somit für einen Schutz vor schweren Verläufen sorgen kann, nicht aber für Schutz im Nasen-Rachen-Raum, wo sich das Virus vermehrt und von wo aus es sich an andere überträgt.

Das löste sich dann auch in den Daten aus der Realität, abseits vom Marketing der Hersteller, sehr schnell ein – sowohl in Missouri als auch in Wisconsin ermittelte man Mitte 2021 schon für Geimpfte und Ungeimpfte eine ähnliche Viruslast. Die Erkenntnis setzt sich dann durch die nächsten Monate fort und wurden auch durch jüngst veröffentlichte Publikationen nochmal deutlicher, wie etwa Riemersma et al. (2021), die detailliert nachweisen konnten, dass ungeimpfte, ansteckende Virusträger keine höhere Viruslast vorweisen wie geimpfte, ansteckende Virusträger. Auch in den Real-Life-Daten konnte man das sehen: eine großangelegte Studie aus den USA zeigte keinen Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Durchimpfungsrate. Das sieht man auch an aktuellen Zahlen: Länder mit höherer Durchimpfungsrate, wie etwa Irland und Island, stehen nicht signifikant besser da als Deutschland, wobei aber Ägypten mit einer viel niedrigeren Durchimpfungsrate deutlich besser dasteht als die drei anderen.

So erklärte der Virologe Christian Drosten im Interview mit zeitonline.de, dass Impfen “keine primäre Frage des Gemeinschaftsschutzes” sei, sondern es darum ginge sich selbst zu schützen. Sein Kollege Hendrik Streeck erklärte im Interview mit welt.de ebenfalls: “Der Anspruch der Impfung war es nie, eine Infektion zu unterbinden, sie sollte vor einem schweren Verlauf schützen. Die Impfung ist Eigenschutz, kein Fremdschutz.” Solche einhelligen Aussagen von Virologen, die sonst nicht unbedingt immer einer Meinung sind, wurden von der Politik überhört oder nicht wahrgenommen. Die Idee, Geimpften durch G-Regelungen also Sonderrechte zuzugestehen, waren wissenschaftlich immer fragwürdig.

Warum misst man eine “Pandemie der Ungeimpften”?

Goriallanachwuchs im Zoo Duisburg | Foto: zoos media, Lizenz: Erlaubnis des Fotografen

Trotz der mangelhaften Evidenz konnte das Narrativ, das Geimpfte weniger ansteckend seien, damit am Leben erhalten werden, dass man die “Pandemie der Ungeimpften” scheinbar messen konnte: Geimpfte wären häufiger infiziert, erkrankt und gestorben als Ungeimpfte. Das liegt an unterschiedlichen Datenerhebungen der Gruppen, die eine Voreingenommenheit kreieren und auch an einem Effekt, den die Mathematik-Professoren Neil und Fenton beschrieben: selbst mit einem Impfstoff-Placebo oder einem gefährlicheren Impfstoff misst man noch eine “Pandemie der Ungeimpften”, sobald es eine Meldeverzögerung gibt.

Durch die selbe Meldeverzögerung entsteht ebenso ganz automatisch eine Effektivität der Impfung – sogar, wenn es sich um ein Placebo handeln würde. Auf Basis dieses Neil/Fenton-Effekts sind die Daten, auf die sich dieses Narrativ bezieht, viel weniger verlässlich als die Politik es aktuell vorgibt. Das entsteht automatisch, weil durch die verzögerte Meldung eines Datenpunktes (Test, Erkrankung, Tod) diese nicht mehr aktuellen Zahlen auf sehr wohl aktuelle Zahlen (Anzahl der Impfungen) bezogen werden. Diese Rechnung kann jeder zu Hause nachvollziehen. Somit geben auch diese Zahlen dann am Ende doch nicht das her, was man in sie hinein interpretiert.

Zoos & Aquarien sind sichere Orte

Im Oceanogràfic de València werden die Tiere mit viel Liebe und großem Respekt behandelt. | Foto: zoos.media

Da so klar wird, dass die G-Regelungen nur eine Illusion des Schutzes vermitteln, muss man sich klar machen, dass Zoos und Aquarien immer schon sichere Orte waren und sind. In vielen Ländern kann man, ohne Nachweis eines Gs, Zoologische Institutionen drinnen und draußen besuchen. Gibt es deshalb eine Explosion der Zahlen dort? Nein. Vielmehr sind Zoologischen Gärten sehr sichere Orte der Freizeitgestaltung: man kann Risikokontakten prima aus dem Weg gehen und unternimmt trotzdem etwas Bereicherndes. Vor dem Hintergrund macht es Sinn, diese Einrichtungen schlicht eigenverantwortlich das Management zu überlassen.

Zoos und Aquarien sind Experten, wenn es um solcherlei Krankheiten geht, weil sie damit viel häufiger zu tun haben, als der durchschnittliche Bürger. Daher macht es Sinn, den Zoologischen Institutionen als erfahrenen Experten in der Pandemie-Bekämpfung zu vertrauen, die richtigen Maßnahmen zu treffen, die es erlauben, dass jeder seine helle Freude an Tieren und ihrem Schutz vermittelt bekommen kann, der dies will. Hinzukommend ist der Betrieb von Zoologischen Gärten und Aquarien auch zur Prävention von solchen Vorkommnissen wichtig, denn sie sind einer der notwendigen Schlüssel, um in Zukunft solche Krisen zu verhindern.

Die Politik schadet sich also doppelt, wenn sie hier erneut die Zoos und Aquarien beutelt und zur Verhandlungsmasse degradiert, um Menschen zu bestimmtem Verhalten zu drängen. Das hat in der Vergangenheit nicht funktioniert, um irgendetwas zu verhindern, und das wird es auch bei diesem Mal nicht tun. Eine nicht enden wollende Aneinanderreihung von wirkungslosen (Teil-)Schließungen ist kein Zukunftskonzept – übrigens nicht nur für Zoos & Aquarien nicht, sondern auch für sämtliche Kultureinrichtungen. In einer Zeit, in der jeder die Chance hat, sich selbst hinreichend zu schützen, wirken solche Maßnahmen auch sehr aus der Zeit gefallen.

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