Blick in die Augen eines Transvaal-Löwen | Foto: Dirk-Jan Kraan, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Elefant, Tiger & Co.: “Hm … mehr nicht?”

Exklusiv für zoos.media – 03.06.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Die gestrige Folge 1030 von “Elefant, Tiger & Co.” war auf verschiedenen Ebenen geschichtsträchtig. Was gibt es Neues zu Kigali & Jörg Gräser? Die Antworten des Zoos waren spärlich, aber die Bilder sprachen mehr als tausend Worte.

Elefant, Tiger & Co.: „Hm … mehr nicht?“

Fast 700.000 Menschen fieberten am 2. Juni 2023 den angekündigten Äußerungen im Fall Jörg Gräser entgegen. Am Ende brachte die Äußerung von Kurator Johannes Pfleiderer, der das Thema als einziger Vertreter des Zoo Leipzig überhaupt nannte, nichts Neues. Der beliebte Sprecher der MDR-Sendung, Christian Steyer, tat etwas, was in über 1.000 Folgen zuvor noch nie vorgekommen war und zeigte sich verwundert über so wenig Transparenz: “Hm … mehr nicht? Gern hätten wir ein bisschen mehr gewusst.”

Kuriose Bilder

Zuvor hatten die “Zooschauer”, wie die Zuschauer der Sendung gerne genannt werden, etwas gesehen, was sie wohl auch vorher nie gesehen hatten. Eine zutiefst verunsicherte Kigali, die mindestens so unruhig war wie die Protagonisten der Sequenz. Bei den menschlichen Akteuren ist das verständlich, sind es aktuell vor allem die Pfleger, die eine ungewöhnliche Kommunikation der Verantwortlichen im Zoo auszubaden haben.

Vielleicht ist es auch dieser Nervosität geschuldet, dass beim Waage-Training die Bridge zu einem falschen Zeitpunkt gesetzt wurde. Kigali frisst schon am Fleisch, als der dann schon unnötige Pfiff ertönt. Der Pfiff dient in diesem Trainingssystem eigentlich als Signal für das Tier, etwas richtig gemacht zu haben. Er kreiert so etwas wie einen Schnappschuss der Situation und überbrückt dann die Zeit zur Futtergabe. Hier passiert er an völlig wirkungsloser Stelle: Hier wird nicht das Stellen auf die Waage “gebridgt”, sondern letztendlich das Fressen [Timecode: 05:08 ff.].

Fliegenklatsche als Target?

Grundsätzlich kann alles zum Target werden. Vom Körperteil des Pflegers über das Ende von Stöcken bis hin zu anderen Punkten, die mobil oder nicht mobil sind. Wichtig ist dabei immer darauf zu achten, dass sie sicher sind. Das Tiere sollte sich daran nicht verletzten oder das Target selbst zerstören können.

Ungewöhnlich ist es daher eine solche Fliegenklatsche, wie in der Folge zu sehen ist, als Target zu nehmen. Diese sehr labilen Discounter-Fliegenklatschen gehen leicht kaputt. Schon bei mildem Druck entstehen Risse und sogar Abrisse. Plastik beinhaltet nämlich grundsätzlich hormonähnliche Substanzen und, selbst, wenn die Aufnahme von Teilen der Klatsche nicht zu einem Darmverschluss führe, so belasteten diese Umwelthormone nicht nur den Menschen, sondern auch das Tier dauerhaft.

Diät bei der Trächtigkeit?

Transvaal-Löwin im Leipziger Zoo (2018) | Foto: Fiver, der Hellseher, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Nicht mehr mit Nervosität oder ähnlichem zu erklären aber ist, dass man eine Diät während der Trächtigkeit hier als Erfolg zu verkaufen versucht. “Trächtige Tiere brauchen mehr Nährstoffe. Sie brauchen insbesondere mehr Kalorien und Proteine. Gerade im letzten Trächtigkeitsdrittel wird sehr viel mehr durch das trächtige Tier gefressen”, erklärt unser Beiratsmitglied, die erfahrene Wildtierärztin Dr. Alexandra Dörnath. Ihr Doktorvater ist der ebenfalls aus der MDR-Sendung bekannte Tierarzt Prof. Dr. Klaus Eulenberger.

“Von Hauskatzen weiß man, dass diese 50% mehr fressen, als wenn sie nicht trächtig sind. Für Löwen gibt es hierzu keine konkreten Zahlen, dennoch benötigen auch sie mehr Nährstoffe, da sie ja für sich und für den heranwachsenden Nachwuchs fressen. In keinem Fall sollte eine Reduktionsdiät bei einem trächtigen Tier durchgeführt werden. Die Ausnahme ist, wenn diese hochgradig fettleibig ist und dadurch Geburtsschwierigkeiten drohen könnten. Hochgradig Fettleibige werden aber meist gar nicht trächtig”, erläutert die erfahrene Expertin weiter.

“Extreme Adipositas könnte bei Trächtigkeiten zu Komplikationen führen, aber ein geringes Übergewicht ist gar nicht mal so schlecht”, erklärt die Tierärztin. “Eine Trächtigkeit kostet eine Löwin viel Energie. Ein Tier, bei dem man auch nur den Verdacht hat, dass es trächtig sein könnte, und das nicht extrem übergewichtig ist, auf Diät zu setzen, gefährdet einen guten Ausgang der Trächtigkeit.” Die Expertin zeigt sich irritiert, denn von extremer Adipositas sei Kigali sichtlich ausreichend weit entfernt.

Erklärt wird nichts

198,2 Kilogramm wiegt Kigali laut der Waage. Nicht trächtige, weibliche Löwen wiegen laut dem Datenblatt des Zoos von San Diego zwischen 122 und 192 Kilogramm. Von extremem Übergewicht kann hier also keine Rede sein und eine trächtige Löwin darf auch sogar mal etwas mehr wiegen als normal.

Warum sie trotzdem während einer vermuteten Trächtigkeit auf eine Diät mit vom Kurator formulierten Zielvorgaben gesetzt wird, bleibt fraglich. An dieser Stelle wäre wohl ein Löwen-Experte mit über 30 Jahren Erfahrung gefragt. Der wurde aber, wenn man Medienberichten glauben darf, wegen eines Vorfalls bei der Verfütterung eines toten Zebras versetzt, obwohl er zur fraglichen Zeit nicht einmal im Zoo war.

Fragen über Fragen

Eingang vom Zoo Leipzig | Foto: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Damit hat Elefant, Tiger & Co. wohl, ohne ein Wort darüber zu verlieren, mehr gezeigt, als dem Team wohl selbst bewusst war. Vielleicht haben sie ja sogar mehr oder weniger beiläufig genau einen Punkt erwischt, der der Grund für die Kritik von Jörg Gräser an der von der Revierleitung bestimmten Löwenpflege war. Die Folge brachte auch bei den sogenannten “Zooschauern”, die sich zahlreich in Kommentarspalten äußern, somit mehr Fragen als Antworten.

Wie in der Folge aber auch zur Sprache kam, leiden vor allem die Tierpfleger unter dieser verschlossenen Haltung der Zoo-Verantwortlichen. Es ist daher im Sinne der Tierpfleger, der Tiere und auch des Artenschutzes, dass der Leipziger Zoo bald gute Erklärungen für all dies findet. Es geht schon lange nicht mehr nur um eine Personalfrage, insbesondere geht es um das Wohl von Kigali, ihrem ungeborenen Nachwuchs und somit der Zukunft der bedrohten Transvaal-Löwen.

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