Nasenbärnachwuchs im Zoo Duisburg (2013). | Foto: zoos.media

EU-Richtlinie behindert wichtige Arbeit von Zoos

Exklusiv für zoos.media – 28.01.2017. Autor: Philipp J. Kroiß

Unser Autor beschäftigt sich mit einer Debatte, die durch die Leipziger Muntjaks neue Fahrt bekommen hat.

EU-Richtlinie behindert wichtige Arbeit von Zoos

Chinesischer Munjak im Zoo von Lissabon | Foto: Alfonsopazphoto, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Chinesischer Munjak im Zoo von Lissabon | Foto: Alfonsopazphoto, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die Muntjaks im Zoo Leipzig waren Tiere, mit denen sich die Medien in den letzten Tagen ungewöhnlich häufiger beschäftigten als sonst. Die sonst eher unaufälligen und scheuen kleinen Rehe standen im Fokus der Öffentlichkeit, denn sie sollten getötet werden. Der Zoo Leipzig hatte erklärt, dass man die Tiere nicht abgeben darf, aber auch keinen Platz mehr hat und deshalb gezwungen sei, sie zu töten. Der Zwang dazu kam von einer EU-Richtlinie, die verhinderte, dass die Tiere abgegeben werden dürften.
Als sich die Debatte dann langsam hochschaukelte, meldete sich die EU, eine Tötung wäre gar nicht notwendig, wogegen die für den Zoo zuständigen Behörden, dann widerprachen. Zwischen den Fronten standen der Zoo, dessen Tiere und die Zoofreunde. Ein unüberschaubares, mediales Durcheinander, indem die EU vergeblich versuchte, den eigenen Kopf aus der selbstgemachten Schlinge zu ziehen.

EU widerspricht sich selbst

Wir haben es hier mit einem Versagen auf EU-Ebene zu tun. Die Richtlinie für invasive Arten kollidiert komplett mit der Zoorichtlinie. Zoos und ihre Bewohner geraten so zwischen die Fronten zweier sich widersprechender Vorgaben, die sie bekommen. Die Zoodirektive der EU gibt vor die Tiere artgemäß zu halten, wozu zweifelsohne auch die Zucht der Tiere gehört. Die Invasivarten-Richtlinie untersagt den Zoos allerdings dieses Zuchtmanagement und dazu auch die Möglichkeit des Transportes. Man kann also die eine Richtlinie nicht befolgen ohne gegen die andere zu verstoßen.

Die Lösung aber könnte doch so einfach sein: Eine Ausnahmeregelung für Zoos. Haltung, Zucht und Transport der Tiere, bei denen Zoos ohnehin höchste Sicherheitsauflagen einhalten müssen, hat ja nichts mit den wilden Tieren aus den Invasivarten zu tun, die eigentlich durch die Richtlinie reduziert werden sollen.
Die Inklusion der Zoos in diese Richtlinie macht also ohnehin keinen Sinn, aber eine Exklusion hat man eben auch nicht vorgenommen; was also fehlt, ist letztendlich nur ein kurzer Satz. Statt diesen einfach in die Richtlinie zu schreiben, versuchen EU-Funktionäre ihren Fehler zu verbergen.

Solange die EU die entsprechende Änderung nicht vornimmt, werden immer mehr Zoos gezwungen sein, ihre Tiere zu töten. Das Ergebnis werden sinnlos eingeschläferte Muntjaks, Nasenbären und Tiere anderer Arten sein, die das Pech haben, auf der Liste zu stehen, die nicht mal vollständig alle Arten mit einem aggressiv-invasiven Potenzial umfasst.

Wichtiges Gespräch auf der Internationalen Grünen Woche

Dr. Till Backhaus, Umwelt- und Landwirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommern, Volker Homes, Geschäftsführer des Verbands der Zoologischen Gärten, und Udo Nagel, Vorsitzender des Landeszooverbandes Mecklenburg-Vorpommern sind bei einem Gespräch zu einem wichtigen Konsens gekommen: “Zoos dürfen bei der Umsetzung der EU-Zoorichtlinie nicht durch die EU-Verordnung zu Invasivarten behindert werden!” Das teilte das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt von Mecklenburg-Vorpommern am 27.01.2017 mit.

Der Minister stellt klar:

“Die Bundesregierung arbeitet derzeit an der Umsetzung der EU-Verordnung zu gebietsfremden invasiven Tier-  und Pflanzenarten in nationales Recht durch die  Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes. Ich  erwarte, dass der anstehende Gesetzentwurf die Belange unserer Zoos in Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus natürlich auch der Zoos in Deutschland  hinreichend berücksichtigt. Die Zoos sind landesweit unverzichtbare Bildungsstandorte sowie bedeutsame Naturschutzzentren und haben damit eine herausragende gesamtgesellschaftliche Bedeutung, deren wichtige Arbeit gemäß der EU-Zoorichtlinie nicht erschwert werden darf.”

Volker Homes erläutert:

“Zoos werden ohne sachlichen Grund an der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus der EU-Zoorichtlinie gehindert. Zum einen sind Europäische Zoos nicht verantwortlich für  die massive Einbringung und Ausbreitung gebietsfremder Tierarten, da sie gesetzlich verpflichtet sind, ihre Tiere am  Entweichen zu hindern. Zum anderen unterstützen Zoos als bedeutende außerschulische Lernorte die EU in ihrem  Bestreben, die Bevölkerung anschaulich über Invasivarten  zu informieren. Wir fordern daher, die Ausnahmeoptionen gemäß der EU-Verordnung zu Invasivarten für die  Zootierhaltung in die nationale Gesetzgebung einfließen zu lassen.”

Diese klaren Bekenntnisse sind erstmal ein gutes Zeichen für das Überleben der Tiere in den Zoos. Wenn nun die entsprechenden Taten folgen, haben die Zoos eine gute Chance auch weiterhin edukativ über Invasivarten aufzuklären. Zudem haben die Tiere dann wieder die Möglichkeit ein völlig artgemäßes Leben ohne generellen Zuchtstopp zu führen.

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