Bengalisches Plumplori (Nycticebus bengalensis) mit sechs Wochen altem Nachwuchs auf dem Rücken | Foto: Helena Snyder, Lizenz: CC BY-SA 3.0

LUSH: Lieber Anti-Zoo als Pro-Artenschutz

Exklusiv für zoos.media – 01.04.2018. Autor: Philipp J. Kroiß

Die britische Kosmetikkette LUSH unterstützt die Artenschutz-Organisation Little Fireface Project fortan nicht mehr, weil sie auch von Zoos und Aquarien untersützt werden.

LUSH: Lieber Anti-Zoo als Pro-Artenschutz

Nein, das ist kein verspäteter Aprilscherz: Die britische Kosmetikkette LUSH, von der es auch eine deutsche Tochter gibt, hat sich aus der Unterstützung eines Schutzprojektes für Plumploris zurückgezogen, weil dieses von vielen Zoos unterstützt wird. Den Schutz der herrlichen Tiere unterstützen: Omaha’s Henry Doorly Zoo and Aquarium, Columbus Zoo and Aquarium, Cleveland Zoological Society, Cleveland Metroparks Zoo, Brevard Zoo, Phoenix Zoo, Brookfield Zoo, Roger Williams Park Zoo AAZK Chapter, Moody Gardens Memphis Zoo, Disney Conservation Fund, Shaldon Wildlife Trust, Paignton Zoo Environmental Park, Longleat Safari Park, Shepreth Wildlife Park, Paradise Wildlife Park, NaturZoo Rheine, DierenPark Amersfoort und der Zoo Augsburg. Diese Projektpartner waren LUSH ein Dorn im Auge, sie kündigten ihre Unterstützung auf und somit hat man es anscheinend mit dem Schutz für Plumploris nicht gerade ernst gemeint.

Gar nicht mal so ethisch von LUSH

Zwerglori (Nycticebus pygmaeus) im Duke Lemur Center in Durham (North Carolina) | Foto: Duke Lemur Center in Durham (North Carolina)

LUSH vermarktet sich als “ethical brand”. Besonders ethisch aber geht man bei dieser Entscheidung nicht vor, denn man stellt die eigene Ideologie über den Artenschutz. Die modernen Zoos und Aquarien, die das Projekt mit dem Namen “Little Fireface Project” unterstützt haben, hingegen sahen die Unterstützung von LUSH, die massiv über moderne Tierhaltung desinformiert und gelogen hat, nicht als Grund an, das Projekt nicht mehr zu unterstützen.

LUSH stellt sich vermehrt auf die Seite der Tierrechtler, die jede Form der Tierhaltung ablehnen und deshalb auch gegen den umfassenden Artenschutz arbeiten, in dem sie versuchen Zoos und anderen modernen Tierhaltungen zu schaden. Die Kosmetikkette LUSH protegiert auch schon seit Jahren Desinformationen, Lügen und Populismus der Tierrechtsindustrie, die aktueller, seriöser und vertrauenswürdiger Wissenschaft widersprechen. So behauptete LUSH Nürnberg beispielsweise über Delfinarien, dass dort das “Echolot verkümmert”, was völlig falsch und wissenschaftlich ebenso längst widerlegt ist. Organisationen und Geschäftsleute, die solche Lügen verbreiten, sind für seriöse Artenschützer keine Kooperationspartner und die vorliegende Entscheidung von LUSH belegt dies einmal mehr.

LUSHs Anti-Artenschutz-Entscheidung stößt auf großes Unverständnis

In einem Facebook-Post

erklärt sich das Little Fireface Project und drückt sein Unverständnis für diese Entscheidung aus:

“Wir wissen, dass manche Leute der Meinung sind, dass alle Zoos schlecht sind, aber ohne Zoos gäbe es so viele Menschen, die Tiere nie lieben würden, und es gibt immer weniger Orte, wo wilde Tiere leben können. Zoos können für viele die letzte Chance sein. Wir sind uns einig, dass einige Zoos schrecklich sind, aber wir würden nie mit diesen Zoos arbeiten!” – Little Fireface Project

Sunda-Plumplori (Nycticebus coucang) im Duke Lemur Center in Durham (North Carolina, USA) | Foto: David Haring / Duke Lemur Center, Lizenz: CC BY-SA 3.0

In einem Blog-Post erklärt das Projekt zudem, dass es ja nichts Neues wäre, dass sie von Zoos zu unterstützt würden und das auch schon zu dem Zeitpunkt so war, als LUSH sie unterstützte. Man habe die Produkte von LUSH sehr gemocht und wäre traurig über die Mitteilung, die allerdings eher auf menschlicher Basis enttäusche als auf finanzieller Basis zu einem großen Verlust führte.

“Wenn gleich 1.000 unserer Facebook-Anhänger keine Lush-Badebombe kauften und stattdessen die 5£ an uns spendeten, würde es ausreichen, unser Projekt für ungefähr drei ganze Monate laufen zu lassen. Wenn all unsere circa 10.000 Facebook-Follower keine Badebombe kauften und die gleichen 5£ spendeten, könnten wir unser Projekt für mehr als ein Jahr betreiben!” – Professor Anna Nekaris (Little Fireface Project)

Professor Anna Nekaris, die zu den weltweit renommiertesten Expertinnen für Plumloris zählt, macht auch unmissverständlich klar, dass nicht alles, was sich Zoo nennt, auch gut und ein potentieller Partner ist.

“Ich stimme zu, dass das Thema “Zoos” nicht schwarz-weiß ist. Da draußen gibt es wunderschöne Zoos, und einige, zu denen ich ging und öffentlich über den schrecklichen Zustand der Tiere weinte. Indem Lush uns die Finanzierung verweigert, ist es, als würden sie sagen, dass wir diese Art von Zoo unterstützen. Die Zoos, mit denen wir arbeiten, sind leidenschaftlich im Natur- und Artenschutz engagiert.” – Professor Anna Nekaris (Little Fireface Project)

Bengalisches Plumplori (Nycticebus bengalensis) mit sechs Wochen altem Nachwuchs auf dem Rücken | Foto: Helena Snyder, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die Expertin schwärmt von der Zusammenarbeit mit den Zoos und ihrem Engagement für die Plumploris, die ja eben gerade nicht auf dem Artenschutz-Radar vieler großer Spender seien. Es brauche dringend Grundlagenforschung zu diesen herrlichen Tieren, die natürlich auch finanziert werden muss, aber auf deren Basis der Artenschutz dann noch effektiver betrieben werden könnte.

“Es gibt auch unzählige Menschen, die Tiere lieben, weil sie sie in einem Zoo gesehen haben. Viele Zoos konzentrieren sich nun mehr und mehr darauf, die Öffentlichkeit über diese schwierigen Themen aufzuklären. Und der “moderne” Zoo strebt immer mehr danach, Lebensräume so natürlich wie möglich zu gestalten. In der Tat müssen wir in wilden Gebiete mit kleinen fragmentierten Populationen von Zoos lernen, diese Gruppen genetisch zu managen und ihnen sogar mit ergänzender Nahrung oder Nahrungspflanzen zu helfen, da die Menschen immer mehr von der Erde nehmen und immer weniger für jede andere Spezies übrig lassen.” – Professor Anna Nekaris (Little Fireface Project)

Entmutigen lässt sich die Expertin aber nicht und findet klare Worte für den falschen Weg, den LUSH im Artenschutz geht:

“Leider wird es immer böse und gute Menschen auf der Welt geben, und jeden Zoo über den gleichen Kamm zu scheren, ist einfach falsch. Unternehmen wie Lush unterstützen Wiederansiedlungsprojekte – viele dieser Projekte beschäftigen unausgebildete, aber wohlmeinende Menschen, die die falsche Spezies eines kranken Tieres in einen völlig ungeeigneten Lebensraum auswildern, in dem das Tier in Angst verhungert – doch weil es ein Sanctuary ist, wird es über einen anderen Kamm geschert als ein Zoo. Weil das Tier “freigelassen” ist, ist es ein Happy End. Das Potential für Dunkelheit im Artenschutz ist ziemlich groß. Daher werden wir uns auch weiterhin bemühen, mit Menschen zu arbeiten, die Tiere lieben, die Plumploris lieben und sich um sie kümmern.”

Statt in LUSH-Produkte, das Geld lieber in den Artenschutz stecken

Der Potto (Perodicticus potto) ist eine Primatenart aus der Familie der Loris, die in Westafrika verbreitet ist. | Foto: Ltshears, Lizenz: CC BY 3.0

Diese Entscheidung demaskiert LUSH und zeigt, dass es sichnicht um konsistente Partner für umfassenden Arten- und Naturschutz handelt, weil der nur in Zusammenarbeit mit Zoos und Aquarien möglich ist. Deshalb macht Professor Anna Nekaris vom Little Fireface Project auch einen guten Vorschlag: statt eine LUSH-Badebombe zu kaufen, sollte man doch lieber direkt seriöse Artenschutzprojekte unterstützen. 5£ sind ungefähr 5,70€ und in Deutschland kosten Badebomben von Lush ungefähr zwischen fünf und zehn Euro – einfach mal das Geld nehmen und einem Artenschutzprojekt spenden, das mit einem Zoo kooperiert!

Moderne Zoo und Aquarien haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie wissen wie erfolgreich Artenschutz betreibt, LUSH hat solche Erfolge nicht vorzuweisen. Vielmehr hat LUSH gezeigt, dass sie eine fragwürdige Ideologie, die wissenschaftlich nicht haltbar ist, über den Schutz und das Wohlergehen von Tieren stellen – das ist nicht ethisch, sondern von Grund auf falsch. Moderner und erfolgreicher Arten- und Naturschutz basiert auf Wissenschaft und wer diese, durch Populismus torpediert, hat im Tier-, Arten- und Naturschutz nichts zu suchen und das muss auch völlig klar sein.

Es sind wissenschaftliche Ergebnisse, die zum Schutz von Tieren führen – das ist bei Plumploris nicht anders als bei zum Beispiel Walen. Dank modernen Zoos und Aquarien sind wir der Eindämmung des Beifangs einen entscheidenden Schritt näher gekommen, indem Forscher Boris M. Culik entsprechende Geräte entwickeln konnte. Und hier schließt sich der Kreis: diese Forschung hätte es niemals gegeben, wenn das, was LUSH über Delfinarien, und somit moderne Zoos und Aquarien, behauptet hat, stimmen würde. Somit kann das Little Fireface Project letztendlich froh sein, LUSH los zu sein und stattdessen zu den modernen Zoos und Aquarien zu stehen.

Appendix: Fragwürdige Praktiken bei LUSH

Die Financial Times Deutschland (FTD) deckte bereits 2010 “dubiose Praktiken” bei LUSH auf: “Hinter der duftenden Fassade aber stinkt es gewaltig: Mitarbeiter und ehemalige Angestellte klagen über hohen Druck, erniedrigende Verkaufspraktiken, Einschüchterungen und ein sektenähnliches Klima.”

Die Angestellten sollen für Teilnahme an Tierrechtsveranstaltungen sogar unter Druck gesetzt worden sein: “Wer nicht mitmacht, bekommt Druck. Als eine Zürcher Mitarbeiterin nicht für eine weitere “politische Aktion” namens “Zirkus ohne Tiere” verkleidet durch die Innenstadt laufen wollte, besuchte sie am nächsten Tag die Personalmanagerin. “Bist du noch motiviert?”, habe die gefragt. […] An Freiwilligkeit zu glauben fällt schwer, wenn man gesehen hat, wie andere gemobbt wurden, nachdem sie nicht mitgemacht hatten”, sagt eine ehemalige Lushina.”

LUSH wirbt damit, tierversuchsfreie Produkte zu verkaufen – dazu die FTD: “Tierversuche für Kosmetika sind in der EU zwar längst verboten. Lush kämpft trotzdem lautstark weiter dagegen. Produkte – so wirbt die Firma – teste man an Menschen statt an Tieren, Lush-Mitgründerin Helen Ambrosen etwa probiert die Kosmetika an ihren Kindern aus. Und auch die Mitarbeiter sollen mittesten. Mit den “Goodies” erhielten die Angestellten einen Begleitbrief der Firmengründer, die um Feedback baten. In einem zweiten Schreiben der Schweizer Geschäftsführung forderte diese anschließend die Mitarbeiter auf, detailliert Rückmeldung zu den Produkten nach England zu geben. Inklusive Kopie an den Vorgesetzten.”

Die Gewerkschaft Verdi verzeichnet in Deutschland bundesweit Beschwerden, wie die Süddeutsche berichtet: “so sehr sich die Inhaber um Tiere und Kunden sorgen, so wenig scheinen sie sich um ihre Mitarbeiter zu scheren”. Wie sehr sie sich dann wirklich um Tiere sorgen, zeigt natürlich die Entscheidung bezüglich der Unterstützung von Little Fireface Project. Vor dem Hintergrund ist hochgradig fraglich wie “ethisch” oder sinnvoll es ist, bei LUSH zu kaufen.

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