Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) im Tanjung Puting National Park | Foto: Thomas Fuhrmann, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Orang-Utan-Weibchen Sandra: Der Hohn mit den Tierrechten

Exklusiv für zoos.media – 26.02.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Tierrechtsindustrie feiert das Orang-Utan-Weibchen Sandra als ersten Menschenaffen mit Personenrechten, tritt aber ihre angeblichen Rechte mit Füßen.

Orang-Utan-Weibchen Sandra: Der Hohn mit den Tierrechten

Tieren menschengleiche oder menschenähnliche Rechte zu geben, ist das Endziel der Tierrechtsbewegung. Bei Orang-Utan-Dame Sandra ist das durch eine mehr als fragwürdige Gerichtsentscheidung in Argentinien geglückt. Dem folgte eine große Marketing-Kampagne, die dem Zoo in Buenos Aires massiv schadete – und dem Tier auch. Letztendlich war dieses Gerichtsurteil nämlich nichts anderes als eine Akquise des Tieres für ein Sanctuary, in dem ihr nun selbst grundlegende Rechte entzogen werden. Die Tierrechtsindustrie feiert dies trotzdem und wird dabei sogar sehr zynisch.

Geburtstags”feier” und neuer “Freund”

Im Center for Great Apes beging Sandra ihren 34. Geburtstag. Die Marketing-Maschinerie des fragwürdigen Zentrums benutzte das natürlich gleich und stellt sogar ihren neuen Freund vor: den wenige Jahre jüngeren Jethro. Patti Ragan, die Gründerin dieser Endlagerstätte für Menschenaffen, schwärmte davon wie interessiert sie doch an ihm wäre und sich ihre Beziehung entwickele. Das Zynische daran ist, dass beide nie eine echte Familie sein und auch nicht die Möglichkeit haben werden, eine zu gründen. Das Sanctuary erlaubt seinen Insassen die Reproduktion nämlich nicht. Das führt zu völlig unnatürlichen Gruppenkonstellationen und dazu, dass Sandra ihr Verhaltensspektrum bis zu ihrem Lebensende nicht ansatzweise wird ausleben können, denn das Leben in familiären Strukturen, ist für die sozialen Menschenaffen enorm wichtig. In Zoos kann man ihnen das bieten, in Sanctuarys nicht.

Es gehört zu den grundlegenden Rechten menschlicher Personen, uneingeschränkt die eigene Familie zu gründen. Dem Tier nun erst quasi Menschenrechte zu geben und sie dann völlig zu ignorieren, ist doch sehr zynisch und nutzt zudem einen Umstand aus, dass sie ihre eigenen Rechte ja nicht vertreten kann. Sie kann nicht, wie etwa ein Mensch das könnte, den so etwas widerfährt, jetzt gegen dieses Zentrum für Menschenaffen klagen. Darum ist es so ein blanker Hohn, Tieren Rechte zu geben, denn sie, wie wir an Sandra sehen, können sie nicht vertreten. Die Tierrechtler besitzen sie und dass sie sich selbst vor Gericht zerren, dürfte dann doch sehr unwahrscheinlich sein, weil, wenn man diese Tierrechte ernst nehmen würde, begeht das Zentrum gerade einen schwerwiegenden Verstoß gegen Grundrechte einer Person.

Daran sieht man wie vorgeschoben dieser Tierrechtsaktivismus tatsächlich ist. Die Tierrechtler selbst verstoßen nämlich dann gegen diese, sobald sie die Tiere mit den angeblichen Rechten erstmal in ihrer Gewalt haben. Es ist ähnlich wie bei PETA: die setzen sich ja auch nach eigenem Bekunden dafür ein, dass Tiere Rechte bekommen. Gleichzeitig erklärt die PETA-Präsidentin aber auch: “Wir setzen uns nicht für ein “Recht auf Leben” für Tiere ein“. Dass sie letzteres tatsächlich nicht tun, sieht man an ihren schrecklichen Tötungszahlen: inzwischen sind mehr als 40.000 Tiere im PETA-Tierheim umgebracht worden. Also Tierrechte werden nach außen hin gerne gefordert, aber sobald die Tierrechtsindustrie die Tiere dann in ihren Fängen hat, werden sie ignoriert und mit Füßen getreten was das Zeug hält.

 

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Feigenblatt Tierrechte

Schon oft haben wir auf zoos.media auf verschiedene Weisen erklärt, warum diese Idee mit den Tierrechten nicht funktioniert. Ebenfalls haben wir skizziert, was bei so einer Deklaration passieren würde. Tierrechtler ignorieren solche Fakten gerne. Es braucht Tierschutz, aber Tierrechte sind unsinnig. Der Fall Sandra ist dafür ein mehr als hervorragendes Beispiel: selbst die, die sie fordern, halten sie nämlich dann in der Praxis gar nicht ein. Wahrscheinlich ist den wenigen Entscheidern, die es in der Industrie ja überhaupt nur gibt und die ein großes Netzwerk an Organisationen bespielen, dies auch bewusst. Der Tierrechtsaktivismus ist nur ein Feigenblatt für die Akquise von Tieren.

 

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Das Center for Big Apes ist ja nur eine Endlagerstätte: die Tiere züchten nicht, werden in unnatürlichen Gruppen gehalten und dass die Versorgung in solchen Sanctuarys, wie man solche Zentren euphemistisch nennt, nicht gut ist, ist an zahlreichen Beispielen belegt. Die Tiere werden also ein überschaubar baldiges Ende finden. Ohne Zucht aber, ist diese Haltung – wie es sie übrigens in seriösen Zoos so nie geben würde – aber eben nicht nachhaltig und die Zentren brauchen Nachschub an Tieren, denn der kommerzielle Apparat muss ja weiterlaufen. Dafür werden die 22 Orang-Utans und 31 Schimpansen quasi verramscht, was das Zeug hält: über acht Arten des Spendens werden idiotensicher beschrieben und immer wieder wird nicht nur auf die Tränendrüse gedrückt, sondern sie wird bis zum letzten Tropfen ausgepresst.

Zu jedem der Tiere wird dem Interessierten eine rührende Geschichte aufgetischt, bei der man nicht wirklich weiß, ob sie ausgedacht, geschönt oder schlicht falsch ist. So eine fragwürdige Praxis ist auch nötig, denn, wer die Tiere sehen will muss tief in die Tasche greifen – unter 50$ läuft da erstmal gar nichts. So genannte “members”, was man ab 50$ werden kann, dürfen an zwei Tagen mal vorbeischauen. Erst ab rund 250$ gibt es dann Privat-Touren. Ein teurer Spaß und natürlich eine fast maximal intransparente Tierhaltung, denn lange sind diese Besuche auch nicht vorgesehen, was vielleicht aber auch daran liegt, dass man ja nur zwei Arten zeigt. Da wird dann der Schimpanse Bubbles so angepriesen wie der Pop-Star, der ihn mal besaß: Michael Jackson. So stellt man sich etwa bei den FAQs selbst die Frage nach dieser Berühmtheit, nur um dann selbstgefällig bejahend zu antworten. Dass Bubbles nie ein tiergerechtes Leben dort wird führen können, verschweigt man aber einfach.

Greenwashing der Tierrechtsindustrie

Was man also letztendlich tut, ist die Kommerzialisierung dieser Menschenaffen. Anders als in modernen Zoos aber verzichtet man auf Artenschutz, Forschung und wirklich messbare Edukation, sondern verlässt sich ganz auf das Greenwashing durch die Tierrechtsindustrie, die solch eine tierquälerische Haltung, die den Menschenaffen jedes artgemäße Sozialleben zerstört und unmöglich macht, auch noch schönredet. Menschen, die eine Leidenschaft für Menschenaffen haben, wird so das Geld aus der Tasche gezogen für eine Tierhaltung, die aussieht wie fragwürdige Affenkäfige aus dem vergangenen Jahrtausend. Solche Käfige in Volieren-Optik sind inzwischen in Zoos weitestgehend verschwunden. Der Besucher sieht also im Center for Great Apes nur zwei Arten Menschenaffen hinter deutlich sichtbaren Gittern – ein viel schlechteres Erlebnis als in einem modernen Zoo, wo die Tiere artgemäß und naturgetreu leben dürfen.

 

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Das Center for Great Apes macht allerdings mit seiner Menschenaffenhaltung eben ein lukrativeres Geschäft – ohne Investition in Artenschutz, Forschung und Edukation, ohne teure, tiergechte Anlagen und entsprechend fachmännische Haltung, kann man als Endlager diese Tiere schon maximal zu Geld machen: einen viel geringeren Aufwand für die Tiere kann man ja schon fast gar nicht mehr betreiben. Daran verdienen die Greenwasher aber auch fleißig mit. Das Zentrum rühmt sich unter anderem mit Anerkennung durch die GFAS, einer Surrogaten-Organisation der HSUS. Mitglied bei dieser Sanctuary-Organisation wird man nicht einfach so, sondern für diese Akkreditierung lässt sich die GFAS gut bezahlen. Auch sowas will natürlich erstmal verdient werden. Dieses Greenwashing-System ist also eines, das auf Geben und Nehmen basiert. So wird aus einer Tierhaltung, die deutlich unter den Tierschutz-Standards moderner zoologischer Einrichtungen operiert, plötzlich ein angebliches Tierschutz-Zentrum.

Die Tierrechte dienen letztendlich nur als Greenwashing der Akquise von neuen Tieren und der für die Halter maximal lukrativen Ausstellung. Sobald die Tiere dann einmal den Vorbesitzern, meist Zoos oder engagierten Privathaltern, weggenommen wurden, gelten weder Tierrechte, noch Tierschutz-Standards in den neuen Unterbringungen, die oft nicht mal ansatzweise die Standards der Zoos einhalten. So macht man dann aus einem “roadside zoo” eine angeblich besonders tolle Tierhaltung, in der sich billig mit Tieren viel Geld verdienen lässt. Ein bemerkenswertes System, das ohne moralische Reue funktioniert, weil man sich ja selbst als moralische Instanz verkauft. Viele Tierfreunde fallen darauf herein. Mit Moral, Tierschutz oder Tierwohl haben solche Endlager für Tiere allerdings erschreckend wenig zu tun. Sandra ist hierfür ein mahnendes Beispiel.

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Nachträgliche Ergänzung: Da die Bilder aus dem Zentrum, die wir eingebettet hatten, nach der Veröffentlichung unseres Artikels verschwanden, haben wir hier neue:

 

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#centerforgreatapes #chimpanzee #knuckles #ilovemonkeys

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Selbst anscheinende Unterstützer dieser fragwürdigen Haltung haben Bilder hochgeladen, die die wohl äußerst dürftige und gleichzeitig fragwürdige Haltung der Tiere in Anlagen mit veraltetem Design zeigen. Wir sind gespannt, ob auch dieses Fotos oben und die weiteren unten noch verschwinden. Sicher ist es interessant, dass die im Artikel eingebetteten Fotos lange auf der Plattform standen (immerhin fast sieben Jahre) und just nach unserer Berichterstattung gelöscht wurden. Man kann nun freilich an Zufälle glauben oder eben man versucht seitens des Zentrums die eigene Haltung zu vertuschen und hat die Besucherin gebeten, die Fotos zu löschen. Das zeigt wohl wie maximal intransparent man ist. Tiere hinter Gittern und in volerienartigen Käfigen passt eben nicht in das Bild, das die Tierrechtsindustrie vermitteln will.

Weitere Fotos, die das zeigen:


Bei diesem Post muss man swipen, um die Affen zu sehen:

 

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@centerforgreatapes on a lovely Saturday afternoon. #charliefans #apesarenotpets #animalsanctuary

Ein Beitrag geteilt von Shelby Schoenborn (@shelbyschoenborn) am

 

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A great day with a few of our closest genetic relatives

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Mal sehen, ob diese Fotos noch lange online stehen. Wir haben übrigens immer extra Foto genommen, von Menschen genommen, die dem Zentrum nicht negativ gegenüber zu stehen scheinen und irgendein offensichtliches Interesse gehabt hätten, das Zentrum durch die Bilder in ein schlechtes Licht zu rücken wie Zoogegner dies oft mit zoologischen Einrichtungen versuchen.

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