Beluga (Weißwal) in L'Oceanogràfic | Foto: Carquinyol, Lizenz: CC BY-SA 2.0

SeaLife bittet Walexperten um Hilfe

Exklusiv für zoos.media – 12.10.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Das Beluga Sanctuary des SeaLife Trust in Kooperation mit WDC läuft in Island wohl nicht so wie erwartet. Jetzt bitten sie Profis aus Zoos und Aquarien um Hilfe.

SeaLife bittet Walexperten um Hilfe

SeaLife spricht sich seit Jahren, in Partnerschaft mit der fragwürdigen Organisation WDC, gegen die Haltung von Delfinen und anderen Walen in Menschenobhut aus. Sie sind aber nun mal selbst in Besitz von Walen, die sie in ganz offensichtlich tierquälerischer Haltung in Netzkäfigen in Island unterbringen wollen. Seit Beginn hat dieses Projekt, das sich gegen Delfinarien, sowie auch Zoos und Aquarien mit Walen richtet, massive Probleme.

Zuerst stirbt ein Beluga bei den Reisevorbereitungen. Dann wird die Reise aus China nach Island lange verschoben, um schließlich dann doch irgendwann durchgeführt werden. Die Wale stecken nun offenbar seit Wochen in einem für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen oder einsehbaren Übergangsquartier und die Verbringung in die Netzkäfige verschiebt sich immer weiter.

Experten aus Zoos, Aquarien und Delfinarien sollen es richten

Bleuga in SeaWorld San Antonio | Foto: Lars Plougmann, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Aus EAAM-Kreisen wurde nun bekannt, dass SeaLife die Assoziation der seriösen Meeressäugerhalter Europas bat, eine Stellenausschreibung für einen General Manager & Kurator für das Projekt zu veröffentlichen. Der soll nämlich Erfahrung in der Haltung und dem Training von Walen in Menschenobhut haben – also genau das, was SeaLife immer demonstrativ abgelehnt hat.

Dabei ist auch die Formulierung interessant: man solle Kenntnis „of managing the welfare and training of captive cetaceans“ vorweisen können. Das Wohlergehen, also „welfare“, von Walen in Menschenobhut hatte man ja aber immer ausgeschlossen. Laut SeaLife – auch laut der Meinung, die das Unternehmen nach außen vertritt – sei eine Haltung, die dem Wohlergehen von Walen zuträglich ist, in Zoos, Aquarien und Delfinarien gar nicht möglich.

Letztendlich sucht SeaLife also einen Experten, dessen Existenz sie immer geleugnet haben. Angeblich wusste man es doch immer selbst besser und auch die Partner des Projekts, Vertreter des WDC, spielten sich immer besserwisserisch gegenüber Experten auf, die in modernen zoologischen Einrichtungen arbeiteten.

Jetzt gesteht man sich offenbar seinen Irrtum ein – dann kann man aber auch gleich das ganze Projekt stoppen, denn man entzog sich nun selbst das argumentative Fundament der Existenzberechtigung. Die wahren Experten, an deren Anstellung SeaLife nun Interesse äußert, haben immer erklärt, dass dieses Projekt völlig sinnfrei ist.

SeaLife wohl verzweifelt

Beluga und Besucher im Vancouver Aquarium | Foto: Iwona Kellie, Lizenz: CC BY 2.0

Um bei der EAAM zu fragen und solche Formulierungen zum Besten zu geben, muss die Lage bei SeaLife schon ziemlich verzweifelt sein, denn was sie hier abliefern, ist ein Eingeständnis den echten Experten gegenüber, die sie vorher immer angefeindet haben und von denen sie sich nun erhoffen, ihr Hirngespinst zu einem guten Ende zu führen. Erneut müssen sich die von der Tierrechtsindustrie bezahlten Pseudo-Experten ihre Inkompetenz offen eingestehen.

Das weckt Erinnerungen an das Keiko-Projekt an gleichem Ort – dort musste man sich schließlich auch eingestehen, dass nur durch die Tierrechtsideologie allein, man kein Tier gut halten kann. Als die Experten mit Zoo-Erfahrung ankamen, war Keiko in einem desolaten Zustand. Ein ähnliches Bild wird sich nun wohl auch bezüglich der Belugas bieten.

Ob sie mit ihrem Gang nach Kanossa Erfolg haben werden und einen Manager & Kurator finden? Es wäre wahrscheinlich niemandem zu raten, sich auf diese Stelle zu bewerben, denn die Zoo-Experten wurden im Fall von Keiko aus dem Projekt geekelt, nach dem die Tierrechtsindustrie genug Hybris aufgetankt hatte, um die Geschicke wieder vollständig selbst zu lenken. Ziemlich rasch danach verstarb Keiko aufgrund der schlechten Pflege und Betreuung durch die Tierrechtler.

Aber SeaLife hat jetzt insofern Recht, dass diese Tiere echte Experten brauchen, die sie versorgen. Deshalb haben Walexperten und Tierschützer sich auch deutlich dafür ausgesprochen, dass diese Tiere der Kontrolle von SeaLife entzogen werden und in eine professionelle, akkreditierte und zertifizierte zoologische Einrichtung kommen. Das will SeaLife aber nicht und darin haben sie eben Unrecht.

Die Tiere leiden

Beluga-Mutter mit Baby im Vancouver Aquarium | Foto: Iwona Kellie, Lizenz: CC BY 2.0

Solange bis SeaLife sich seinen Irrtum vollständig eingesteht, müssen die Belugas in Island darunter leiden. Wie im Video oben erklärt, handelt es sich um ein Tierqual-Projekt, weil die Tiere nicht in natürlichen Gruppenkonstellationen in für sie völlig fremde Gewässer in Netzkäfige gepfercht werden. Stattdessen wäre es besser, sie in einem Zoo mit natürlichen Gruppenkonstellationen, erstklassiger Wasserqualität und einem guten Tierwohl- sowie Zuchtprogramm zu geben.

Die, die Zoos, Aquarien und Delfinarien immer unrechtmäßig vorgeworfen haben, die Tiere zu quälen, quälen sie nun selber. Das geschieht wohl nicht unbeabsichtigt in einem Land mit erschreckend niedrigen Walschutz-Gesetzen: Island erlaubt zum Beispiel die Jagd auf Wale. Wäre dem WDC der Walschutz tatsächlich ein Anliegen, müsste er nun gegen sich selbst demonstrieren.

Für die Tiere ist zu hoffen, dass SeaLife das Tierqualprojekt aufgibt und im Interesse der Wale die einzig richtige Entscheidung trifft, die Tiere endlich in die professionellen Hände einer zoologischen Einrichtung zu übergeben, solange sie noch transportfähig sind, wenn sie es denn überhaupt noch sind. Nach diesem Hilferuf scheint es noch schlechter um die Tiere zu stehen als bisher befürchtet.

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