Im Loro Parque freut man sich über Nachwuchs. Quelle: Loro Parque

Tragisch: SPD fällt auf Lügen der Delfinariengegner herein

Exklusiv für zoos.media – 02.01.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

SPD-Tierschutzbeauftragte Susanne Mittag spricht sich gegen die Haltung und offenbar auch den damit verbundenen Artenschutz aus und folgt dem Populismus der Tierrechtsindustrie.

Tragisch: SPD fällt auf Lügen der Delfinariengegner herein

Bei der SPD ist aktuell vieles möglich: nun spricht sich ausgerechnet die Tierschutzbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Susanne Mittag, gleichermaßen paradoxer-, wie unglücklicherweise, für Tierquälerei aus. Das geschah im Umfeld eines Gesprächs mit einem Aktivisten des WDC, einer Organisation von Delfinariengegnern, der keinerlei Erfahrung mit der Haltung dieser Tiere hat und die oftmals gezeigt hat, dass sie in der Delfinarienfrage auch vor Lügen und Desinformation nicht zurückschreckt. Eigentlich sollte es die SPD doch besser wissen, hatte doch 2014 ein Aktivist eben dieser Organisation versucht, den Landtag NRW mit einer fehlinformierenden Zeichnung hinters Licht zu führen.

Facebook-Post zementiert Ignoranz von führenden Wissenschaftlern

In einem kürzlich erfolgten Gespräch mit dem WDC-Aktivisten David Pfender „ging es aber auch um Delfinarien in Zoos.“ Die Politikerin fährt fort: „Als Tierschutzbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion spreche ich mich gegen die Delfinhaltung in Zoos aus. Diese sollten – wenn möglich – ausgewildert werden. Auch auf neue Delfine muss verzichtet werden!“

Über 80 der renommiertesten Wissenschaftler auf dem Gebiet weltweit, eine übermächtige überzeugende Mehrheit, sprechen sich sehr deutlich für die tiergerechte Haltung von Walen und Delfinen aufgrund ihrer Bedeutung für die Forschung ebenso wie für den Natur- und Artenschutz sowie die Umweltbildung aus. Angesichts dieser Fakten ist es besonders tragisch, dass ganz offenkundig fehlinformierte Sprecher der SPD populistischen Sprüchen radikaler Zoogegner auf den Leim gehen, und sich zu deren Sprachrohr machen.

Moderne Delfinarien, wie in den Zoos von Duisburg und Nürnberg, sowie die Delfinlagune im Loro Parque, der ebenfalls dem Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) angehört, sind Orte des Tierwohls. Zum Beispiel leben Große Tümmler in modernen Delfinarien länger (Willis, 2011), sind gesünder (Fair et al., 2017) und weniger gestresst als ihre wilden Artgenossen (u.a. Monreal-Pawlowsky et al., 2017). Sie genießen das Training und die Interaktionen mit den Trainern und schütten Glückshormone während dieser Trainingseinheiten nach dem Prinzip der positiven Bestärkung aus (Clegg et al. (2018); Ridgway et al., 2014).

WDC: fragwürdiges Greenwashing und fragwürdige Lobbyarbeit

Schon mehrmals haben wir darüber berichtet wie das WDC den Freizeitpark-Giganten Merlin Entertainments konsequent durch Greenwashing begünstigt. Diese Kooperation hat Kalkül, denn die Merlin-Tochter SeaLife steht in direkter Konkurrenz mit akkreditierten und zertifizierten zoologischen Einrichtungen. Delfine ziehen Besucher überregional an und in Deutschland nehmen die Zoos von Duisburg und Nürnberg den SeaLife-Zentren in der Nähe dadurch natürlich wichtige Einnahmen.

„Völlig überzogene Preise für ein vergleichsweise mickriges Angebot!“, „Besuch ist leider zu viel gesagt, Gastfreundschaft wird ganz klein geschrieben“ und „lohnt gar nicht, teurer Spaß und völlig unspektakulär!!!“ sind nur drei der vielen negativen Rezensionen, die man etwa auf parkscout.de über das SeaLife-Zentrum in Oberhausen lesen kann. Zoos, die hingegen in der Regel als enorm familienfreundlich gelten, stehen da natürlich deutlich besser da und haben den attraktiveren Tierbestand. Zudem können sie Akkreditierungen und Zertifizierungen gerade auch im Hinblick auf die Gewährleistung des Tierwohls vorweisen.

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Susanne Mittag fällt der eigenen Partei in den Rücken

Die in den USA geborene Politikerin, die in Delmenhorst wohnt und über die Landesliste Niedersachsens für die SPD in den Bundestag einzog, ist eigentlich Polizeibeamtin, und somit eher nicht vom Fach. Das muss eine engagierte Politikerin natürlich nicht zwangsläufig sein, allerdings sollten wichtige Entscheidungsträger sich schon Ratschläge seriöser Experten einholen, und nicht einseitig auf populistische Sprüche verbalradikaler Organisationen hereinfallen.

Mit ihrer Position gegen Delfinarien fällt die Tierschutzbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion natürlich ihren SPD-Kollegen Sören Link, dem Oberbürgermeister von Duisburg, und Ulrich Maly, Oberbürgermeister von Nürnberg, in den Rücken, die sich seit Jahren für die Delfinarien vor Ort einsetzen. Sie geraten nun sicherlich unter Zugzwang und müssen gegebenenfalls nach dieser Äußerung einer nicht unbedeutenden Bundespolitikerin ihrer Partei Stellung beziehen wie so etwas zu Stande kommt. Bisher haben die beiden Politiker ihre Haltung immer mit Fakten belegt, statt mit dem Populismus von Delfinariengegnern.

Position zu Delfinarien bestimmt die Position gegenüber Zoos

Die Delfinlagune des Tiergarten Nürnberg: gut besucht bei einer der edukativen Vorstellungen | Foto: Jed, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Wer auf die Salami-Taktik der Tierrechtsindustrie, als deren Teil auch das WDC zu sehen ist, hereinfällt, zeigt, dass er nicht hinter Zoos steht. Denn wer die Haltung einer Tierart – entgegen allen vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen – auf Basis von Populismus ablehnt, fällt offenbar auch bei jeder anderen Art auf solche Lügen von Lobbyisten herein. Bekanntlich ist das Endziel der Tierrechtsindustrie die Abschaffung jeglicher Tierhaltung in menschlicher Obhut, wie führende Branchenvertreter ganz klar in Wort und Tat zeigen.

Die Parteien, die darauf hereinfallen, unterstützen somit letztendlich ein Abschaffen der Zoos, und schaden damit deren immenser Bedeutung für den Natur-, Arten- und auch den wirklichen Tierschutz sowie für die Umweltbildung. Dass – offenbar um im leider allzu oft in der Politik vernachlässigten – Tierschutzbereich vorgebliche „Erfolge“ vorzuzeigen, neben der AfD auch bedeutende Politiker der SPD, Grünen und Linken eine verhängnisvolle Neigung dazu entwickeln, die als Botschaft für Tierwelt und Natur immer bedeutenderen Zoos komplett oder teilweise  abzuschaffen, muss wirkliche Tierfreunde mit großer Sorge erfüllen! Glücklicherweise fallen zumindest die CDU/CSU und die FDP nicht auf den Populismus der Tierrechtsindustrie herein, und werden mit ihrer zoofreundlichen Einstellung ihrer diesbezüglichen Verantwortung für die Bewahrung von Tierwelt und Natur gerecht. Im Interesse eines umfassenden Tier- Arten- und Naturschutzes sind politische Entscheidungsträger ebenso wie die Vertreter seriöser Natur- und Tierschutzinstitutionen  gut beraten, wenn sie gerade in diesen Bereichen vermehrt auf die in den modernen Zoologischen Gärten und Aquarien vorhandene Expertise von Wissenschaftlern, Tiermedizinern und Tierhaltungspraktikern zurückgreifen würden, statt auf die populistischen Parolen radikaler Tierhaltungsgegner und Tierrechtsaktivisten hereinzufallen.

Zuchtstopp ist Tierquälerei

Delfine springen bei der edukativen Vorstellung im Zoo Duisburg vor vollen Rängen. | Foto: zoos.media

Das WDC ist ein schlechter Ratgeber, denn es plädiert, ähnlich wie andere radikale Tierrechtsorganisationen, für einen tierquälerischen Zuchtstopp für Delfine, der nicht nur praktisch unmöglich wäre, weil sämtliches bekannte Prozedere langfristig in tierquälerischer Haltung münden, sondern der auch im Ergebnis Tierquälerei wäre. Seriöse Wissenschaftler erkennen hingegen die Bedeutung der Fortpflanzung gerade für soziale Tiere, wie Wale und Delfine, und befürworten diese folglich, auch und gerade im modernen Zoo! Die renommierte Wissenschaftlerin Dr. Kathleen Dudzinski hat beispielsweise festgestellt, dass das Sozialverhalten der Tiere im Zoo Duisburg dem der wildlebenden Delfine entspricht.

Ein Zuchtstopp würde das beenden, weil es automatisch zu unnatürlichen Gruppenkonstellationen führen würde. Es liegt auf der Hand, dass das WDC diese Fakten der Bundestagsabgeordneten Susanne Mittag vorenthalten hat, sodass es zu dem ebenso seltsamen wie tragischen Vorgang kam, dass sich ausgerechnet die Tierschutzbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für Tierquälerei ausspricht.

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