Portrait eines Delfins im Loro Parque auf Teneriffa (Spanien). | Foto: zoos.media

STERN desinformiert über Delfinarien mit Video

Exklusiv für zoos.media – 15.02.2017. Autor: Philipp J. kroiß

In einer kurzen Meldung so desinformativ und tendenziös mit der Delfinarien-Frage umzugehen, ist bemerkenswert. Unser Autor klärt auf, was wirklich dran ist.

STERN desinformiert über Delfinarien mit Video

Über einem Video von einem Delfintransport in Indonesien, werden die Worte geschrieben:

“Tierschützer kritisieren schon lange die Haltung von Delfinen in Zoos und Delfinarien. Nun taucht ein Video in Indonesien auf, das zeigt, wie grausam die Meerestiere dorthin transportiert werden.”

Viele Fehler in zwei Sätzen

  1. Die Haltung von Delfinen in Zoos und Delfinarien wird von Tierschützern nicht generell kritisiert. Tierschützer kritisieren die nicht artgemäße Haltung von Tieren und orientieren sich dabei an Fakten. Einzig Tierrechtler kritisieren Delfinhaltung generell.
  2. Das Video stammt nicht aus einem modernen Zoo 0der Delfinarium. Hier einen Bezug zu herzustellen, ist also falsch und hochgradig desinformierend.
  3. Das Video stammt aus einem Wanderzirkus, der schon seit Jahren in der Kritik steht. Er hat mit der  “Haltung von Delfinen in Zoos und Delfinarien” nichts zu tun, da mit diesen Bezeichnungen üblicherweise stehende Gebilde gemeint sind. Im vorliegenden Fall müsste man alson von mobilen oder Wander-Zoos oder -Delfinarien sprechen, um dem Leser die Chance zur faire und ordentliche Meinungsbildung zu geben.
  4. Der Kontext ermöglicht den Schluss, dass Delfine immer so transpiert würden. Auch das ist falsch. Über Delfintransporte in modernen Delfinarien kann man sich hier informieren.
  5. Zudem fehlt auch im Text die Quellenangabe für die Anschuldigungen, die erhoben werden – Quelle sind nämlich Tierrechtler-Organisationen, die gegen Delfinarien sind. Es handelt sich nicht um eine voreingenommene Quelle, was man entsprechend benennen sollte (mehr dazu: siehe unten).
  6. Es handelt sich demzufolge auch um einseitige Berichterstattung und eine Verallgemeinerung entstand ohne Rücksprache mit Experten. Hätte man etwa den VdZ, die EAAM oder andere wichtige Zoo-Organisationen bzw. deren Mitglieder oder tatsächlich unabhängige Experten direkt befragt, hätte man erfahren, dass weder Haltung, noch Transport etwas mit moderner Haltung dieser Tiere zu tun hat.

Wir haben es also mit einer ganzen Ansammlung von inhaltlichen und journalistischen Fehlern zu tun, die schon in diesen zwei Sätzen offenbart werden.

Keine Sternstunde – eher das Gegenteil

Ob so eine unfaire, falsche und desinformative Berichterstattung nun Ergebnis von schlichter Unkenntnis, mangelnder Recherche oder vollkommener Absicht war, lässt sich an dieser Stelle nicht klären. Fest steht aber, dass dies (Stand: 15.02.2017 13.30h) mit ordentlichem Journalismus nichts zu tun hat. Ob aus purer Absicht oder schlichter Inkompetenz wird hier auf Basis defizitärer Darstellung der Situation, ablehnende Stimmung gegen alle Delfinarien und Zoos forciert.

Solche Wanderzirkus-Haltungen wie sie in Indonesien leider bestehen, werden von Zooverbänden und ihren Mitglieder abgelehnt und stark kritisiert. Moderne Zoos und Delfinarien haben mit solchen Haltungs- und Transportmethoden nichts zu tun. Hätte man ausgewogen recherchiert, hätte man das auch erfahren.

Wir empfehlen dem STERN dringend, diese Berichterstattung richtig zu stellen und auch zukünftig keine Videos mehr mit falschen Beschreibungen zu versehen. Das schadet letztlich eigenen Glaubwürdigkeit und ist aufs Stärkste zu kritisieren. In Zeiten von Fake News sollte man diese nicht als Freifahrtsschein sehen, bei der eignen Recherche es nicht man ganz genau zu sein. Vom STERN sollte man eigentlich deutlich mehr journalistische Sorgfalt erwarten dürfen.

Hintergrund

Unseren Recherchen nach handelt es sich um den “Sirkus Lumba Lumba”, wie der Wanderzirkus zumeist bezeichnet wird. Das Video wurde von der  Jakarta Animal Aid Network (JAAN) und Ric O’Barrys “Dolphin Project” erstellt und verbreitet. Dabei handelt es sich um zwei Anti-Delfinarien-Lobbyorganisationen, die in den Besitz der Tiere kommen wollen. Sie sollen dann angeblich zur Auswilderung trainiert werden und dies nach O’Barrys Protokoll. In den USA ist O’Barry mit der Auswilderung von Delfinen gescheitert und wurde wegen der schlechten Behandlung der Tiere sogar rechtkräftig verurteilt.

Dieses Video ist vor dem Hintergrund dieser Kampagne zu sehen und auch die Kampagne ist entsprechend kritisch zu beleuchten, um andere Möglichkeiten evaluieren zu können, diesen Tiere zu helfen. Aufgrund der vergangenen Ereignisse muss nämlich auch dieses Protokoll unabhängig überprüft und etwaige Ausführung unabhängig wissenschaftlich begleitet werden. Zudem muss von Fall zu Fall entschieden werden, ob eine Auswilderung möglich ist, was von verschiedensten Faktoren abhängt und weiterhin muss in entsprechenden Fällen für eine ordentliche Unterbringung gesorgt werden. Den beiden aktuell agierenden Organisationen ist nicht uneigeschränkt zu trauen.

 

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