Kurz nach dem Schlupf ist das Buntwaran-Jungtier bereits rund 30 cm lang. | Foto: Tierpark + Fossilium Bochum

Tierpark + Fossilium Bochum: Erfolg bei Nachzucht seltener Warane

Exklusiv für zoos.media – 26.02.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Große Freude im Tierpark + Fossilium Bochum: die Zucht von Buntwaranen gelingt und das Jungtier entwickelt sich prächtig. Ein großer Erfolg für den Artenschutz.

Tierpark + Fossilium Bochum: Erfolg bei Nachzucht seltener Warane

Sie gehören mit zu den am seltensten gehaltenen Waranen überhaupt: Buntwarane. 1994 hielt man im Tierpark + Fossilium Bochum diese Art erstmals und konnte damals schon 1995 die erste Nachzucht feiern. Das war das erste Mal gewesen, dass die Art in Deutschland überhaupt nachgezogen wurde. Es hat also sowohl ihre Haltung absoluten Seltenheitswert als auch ihre Zucht. Daher ist es ein großer Erfolg, den der Bochumer Tierpark nun zu vermelden hat.

Prächtige Entwicklung

Nun ist es eine Sache, die Tiere zur Zucht zu bewegen. Natürlich ist es aber ebenso wichtig, dass man es schafft, dass sich das Jungtier gut entwickelt. Auch hierüber kann man Positives berichten: “Unser inzwischen zwei Monate altes Jungtier entwickelt sich prächtig. Anfangs fütterten wir es mit kleinen Heuschrecken, mittlerweile nimmt es auch größere Insekten oder Babymäuse zu sich”, erzählt Diplom-Biologe Jens Stirnberg, Abteilungsleiter der Zoologie. Die Aufzucht findet allerdings hinter den Kulissen unter kontrollierbareren Bedingungen statt.

Daher müssen sich die Besucher wohl noch etwas gedulden bis sie den Nachwuchs sehen können. Allerdings informiert der Tierpark Bochum über Social Media regelmäßig, wie in diesem aktuellen Post:

Tradition der Waran-Zucht

Ein zoologischer Schwerpunkt vom Tierpark + Fossilium Bochum ist seit jeher die Terraristik – das zeigt auch in der institutionellen Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT). Aus diesem Grund hat auch die Zucht von Waranen hier Tradition. Ziel dabei ist es, den Schutz und die Erforschung bedrohter Amphibien- und Reptilienarten zu unterstützen.

“Schon [1994] wurden Buntwarane aufgrund ihrer Größe jedoch nur selten gehalten – weder in Zoos noch in Privathand. Es gab nur wenige Aufzeichnungen und Erfahrungswerte, auf die man zurückgreifen konnte. Letzteres hat sich inzwischen zwar geändert, wird allerdings im Hinblick auf den zurückgehenden Bestand freilebender Buntwarane auch immer wichtiger. Umso bedeutender ist es, eine stabile Reservepopulation in menschlicher Obhut aufzubauen und Daten zu sammeln, die uns beispielsweise Aufschlüsse darüber geben können, wie die Tiere auf sich verändernde Umweltbedingungen reagieren.” – Diplom-Biologe Jens Stirnberg, Abteilungsleiter der Zoologie im Tierpark + Fossilium Bochum

Noch gilt die Art nicht als bedroht, aber das könnte sich sehr schnell ändern. Daher ist es wichtig, dass Zoologische Gärten sich schon jetzt dieser Art annehmen. “Unser Zuchterfolg ist daher in jedem Sinne zukunftsweisend und wir sind sehr glücklich, aktuell ​bereits ein weiteres Buntwaran-Gelege auszubrüten, mit dem wir zum Arterhalt der Tiere beitragen können”, erläutert Zoodirektor Ralf Slabik.

Spannende Reproduktion

In der Natur sind Buntwarane für eine durchaus interessante Brutbiologie bekannt. So kämpfen bis zu sechs Männchen stundenlang um ein Weibchen. Diese legen ihre Eier in aktive Termiten-Nester. Wenn es zu wenig solcher Nester gibt, streiten sich wiederum die Weibchen um sie oder weichen auf Höhlen und hohle Baumstämme aus. Dann überwintern die Eier dort erstmal und schlüpfen etwa ein halbes Jahr später. Um ihr Gelege kümmern sie sich nicht. Dafür hat der Nachwuchs dann gleich einen reich gedeckten Tisch mit Insekten vor sich.

In Menschenobhut ist das alles nicht so einfach nachzuempfinden. Ein Zoologischer Garten, der das in Angriff nimmt, hat entsprechend schon einiges zu leisten und sich auszudenken, damit die Zucht klappt. Offenbar hat man im Tierpark + Fossilium Bochum nun ein Rezept dafür gefunden. Das ist sehr wertvoll, denn dadurch können in Zukunft auch mehr Zoos und Aquarien diese Art zeigen. So lässt sich dann eine stabile Population in Menschenobhut aufzubauen und dadurch die Wildpopulation absichern.

Zuchtpaar aus Beschlagnahmung

Die Buntwaran-Eltern Spencer und Lulu kamen aufgrund einer Beschlagnahmung in die Obhut des Bochumer Tierparks. 2019 bezogen sie ihr neues Heim, nachdem sie im Rahmen einer illegalen Haltung entdeckt worden waren. Für die beiden war das ein echter Glücksfall, denn im Tierpark + Fossilium Bochum bekamen sie ab dann alles, was sie brauchten. Nun können sie dort sogar für den Erhalt ihrer Art sorgen: einmal durch Zucht, aber natürlich auch im Bereich der Bildung. Viele Menschen würden diese Art nicht kennen oder gar erforschen können ohne diese Haltung.

Immer wieder schaffen es Zoos und Aquarien aus solchen negativen Ereignissen, wie eine illegale Aneignung und / oder Haltung von Tieren durch andere Menschen, positive Ereignisse zu generieren. Das klappt sehr gut und macht so aus zahlreichen Straftaten wahre Wohltaten für die Tiere. Das dient dann auch wiederum dem Schutz der Arten. Aus Aktionen, die die Arten bedrohen, werden also Erfolge, die für den Schutz der Tiere sorgen. Ein weiteres von vielen Beispielen ist die Haltung zahlreicher Chamäleons im Tiergarten Schönbrunn in Wien, nachdem diese vor Schmugglern gerettet worden waren:

Solche Geschichten, wie nun auch die erfolgreiche Zucht von Buntwaranen im Tierpark + Fossilium Bochum, geben Hoffnung für zahlreiche Tiere und Arten.

Art ist selten zu sehen

Buntwaran (Farbmorphe: Bells Phase) im Haus des Meeres in Wien | Foto: zoos.media

Die Zootierliste verzeichnet in Deutschland insgesamt bisher nur eine Haltung. Im deutschsprachigen Ausland gibt es noch eine zusätzliche Haltung: im Haus des Meeres in Wien sieht man Buntwarane der Farbmorphe Bells Phase. Das Männchen mit zwei Weibchen kamen 2019 aus dem Auckland Zoo in die österreichische Hauptstadt. In Neuseeland gibt es noch drei weitere Haltungen, die alle auf Tieren aus Auckland basieren. Im EAZA-Raum sind sie, weltweit gesehen, nicht so häufig Gäste in Zoos und Aquarien.

Nachzucht aus Beschlagnahmungen sind natürlich immer sehr wertvoll, weil die Tiere mit den bereits gehaltenen Tieren nicht verwandt sein dürften. Die Farbmorphen, die man in Wien sehen kann, schauen durchaus anders aus als die Buntwarane in Bochum. Solche Warane waren ursprünglich mal als eigene Art beschrieben worden: Varanus bellii. Inzwischen aber weiß man, dass sie nur eine Farbvariante des Buntwarans sind. In der Natur kommen sie auch in Ko-Existenz mit den andersfarbigen Buntwaranen vor.

Buntwarane durch Kröte bedroht

Aga-Kröte im Serpentarium Blankenberge | Foto: Vassil, Lizenz: CC0 1.0

Invasive Spezies und Populationen sind in Australien eine riesiges Problem. Ein großes Problem ist die Aga-Kröte. Sie stammt eigentlich von einem ganz anderen Kontinent, verbreitet sich aber in Australien zunehmend. Sie haben ein breites Nahrungsspektrum und sind giftig, was sie recht erfolgreich in verschiedenen Lebensräumen macht. Die Kröte ist sogar so erfolgreich, dass es “Cane Toad Killing Tours” gibt, um den Tieren Herr zu werden. Ursprünglich waren sie als Schädlingsbekämpfer eingeführt worden, nun sind sie selbst Schädlinge.

Bei größeren Buntwaranen wurde die Angewohnheit entdeckt, dass es sie nicht so sehr interessiert, was genau sie da gerade essen. Das hat sie anfällig für Vergiftungen durch die Kröte gemacht. Feldstudien, die 2016 veröffentlicht wurden, ergaben, dass Buntwarane allerdings schnell lernen, die Kröten zu meiden, nachdem sie vergiftet worden waren. Allerdings bedroht die Kröte dann trotzdem noch andere Arten, die den Buntwaranen als Nahrung dienen.

Weitere Probleme der Art sind Veränderungen im Lebensraum durch den Wandel des Klimas, Buschbrände und Zerstörung des Lebensraumes. Während Buschbrände seit jeher Teil der Natur Australiens sind und sie sogar der Biodiversität zuträglich sein können, sind die Brände, die auf Brandstiftung zurückgehen, dort ein großes Problem sowie andere von Menschen verursachte Zerstörungen des Lebensraums. Daher ist der Aufbau einer Reservepopulation in Menschenobhut von so großer Wichtigkeit.

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