Dromedar im Zoologischen Garten Berlin (2004) | Foto: Florian Lindner (SuperFLoh), Lizenz: CC BY-SA 3.0

Volker Sommers fragwürdiges Schubladendenken im Greenpeace Magazin

Exklusiv für zoos.media – 01.09.2022. Autor: Philipp J. Kroiß

Ein Interview mit Volker Sommer im Greenpeace Magazin lässt aufhorchen: Hat da jemand den Artbegriff nicht verstanden? Der Artikel schaut auch auf die Hintergründe.

Volker Sommers Schubladendenken im Greenpeace Magazin

Im Magazin der Organisation Greenpeace, das als tierrechtsfreundlich gilt, wurde Volker Sommer interviewt. Direkt interessant wird es, als er nur als Unterstützer vom Great Ape Project portraitiert wird – das ist kurios, verfasste er doch dessen Grundsatzstatement. Dass er die Organisation unterstütze, wirkt eher wie eine Untertreibung. Vielleicht ist es aber nicht ganz ungeschickt, sich nach den jüngsten Skandalen nicht zu sehr öffentlich an die Organisation zu binden.

Richtig disqualifizierend wird es aber, wenn im Interview über Spezies sinniert wird:

“„Spezies“ sind lediglich mentale Schubladen, die es uns leichter machen, unsere Gedanken zu sortieren.” – Volker Sommer im Interview mit dem Greenpeace Magazin

Der emeritierte Professor des University College in London scheint hier wesentliche Grundlagen der Biologie aufkündigen zu wollen, um für Tierrechte entsprechend Werbung machen zu können.

Einteilung in Arten

Majestätischer männlicher Löwe im Grünen Zoo Wuppertal | Foto: zoos.media

In der Biologie spricht man von Arten. Ganz häufig nutzt man dabei in der Wissenschaft vor allem die lateinischen Bezeichnungen: Panthera leo bezeichnet hierbei den Löwen. Dieses Tier hat Artenstatus und letztendlich ist Spezies ein anderes Wort für Art. Die Idee der systematischen Einteilung geht auf Carl von Linné (1707-1778) zurück, der mit der zweiteiligen Nomenklatur die Grundlagen der modernen botanischen und zoologischen Taxonomie schuf.

Zuerst wurden Arten aufgrund ihres Erscheinungsbildes bestimmt. Dieses morphologische Artkonzept hat aber seine Schwächen. Als es dann die Genetik möglich machte, von jedem Tier quasi eine Art Fingerabdruck zu nehmen, setzte es sich durch, Arten auch genetisch zu fixieren. Wenn man heute ein Tier vor sich hat, kann man anhand einer Genanalyse feststellen, zu welcher Art es gehört.

Klare Artendefinition

Zwei Liger. | Foto: Camphora, Lizenz: gemeinfrei

Aber nicht nur die Genetik zeigt uns, dass Arten nicht mentale Schubladen sind, wie Sommer hier behauptet, sondern real existieren. So fasst die Spezies als Begriff nämlich die Lebewesen zusammen, die, unter den gleichen äußeren Bedingungen, sich nicht nur in allen wesentlichen Merkmalen gleichen, sondern sich auch miteinander fruchtbar paaren. Das zeigt, dass es sich um kein System handelt, dass der Mensch gemacht hat und quasi über die Natur stülpt, sondern um eine Beschreibung auch in der Tierwelt existierender Grenzen.

Bei dieser Beschreibung natürlicher Grenzen ist man, wie überall in der Wissenschaft, noch herausgefordert, sie zu verfeinern. Beispiele sind Wolphins, Cappuccino-Bären oder Liger. Das sind Arthybriden, die darauf hinweisen, dass die Forschung noch eine feinere Differenzierung bei der Definition der Art vornehmen muss. Die Wissenschaft ist auch an diesem Thema dran.

Schubladen?

Tiger im Bronx Zoo | Foto: Evanphoto, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die Einteilung der Natur in Spezies ist also keine mentale Schubladenbildung, sondern die Beschreibung eines natürlichen Phänomens, das sich zum Beispiel ein Berberaffe nicht mit mit Berberschafen vermehren kann. Dieser Umstand existiert bekanntlich und die Tierwelt so entsprechend in Arten einzuteilen, beschreibt nur dieses natürlich vorkommende Phänomen. Es geht also nicht darum, dass Menschen ihre Gedanken sortieren können.

Das zeigt aber einmal mehr, wie wichtig es für die Tierrechtsindustrie ist, dass Menschen die Grundlagen der Biologie nicht kennen. Das Greenpeace Magazin spielt an dieser Stelle entweder den Steigbügelhalter dafür oder ist selbst unfähig, solche Aussagen im Interesse ordentlicher Berichterstattung dann mit einer Kommentierung zu versehen. In jedem Fall ist es lächerlich, so etwas in dieser Form zu veröffentlichen.

Wissenschaftlich sind solche Aussagen unhaltbar, aber auch das ist ein wiederkehrendes Motiv in der Argumentation der Tierrechtsindustrie, um ihr eher religiöses als wissenschaftliches Konzept zu vertreten. Mit so einer völligen Fehldarstellung des Artbegriffs will man im Interview nämlich die Implementierung von Tierrechten legitimieren, wofür bekanntlich unter anderem das Great Ape Project (GAP) kämpft.

Tierrechte: ein überlebensfeindliches und wissenschaftsfeindliches Konzept

Die Tierrechtsindustrie kämpft unter anderem gegen Zoos und Aquarien, weil sie das Konzept von Tierhaltung generell ablehnen. Geleugnet wird dabei der Fakt, dass Haltung sehr wohl Arten rettet. Viele Arten hätten ohne Zoologische Gärten nicht überlebt und sehr viele Arten würden aussterben, wenn es Zoos und Aquarien, gemäß dem Willen der Tierrechtler, nicht mehr geben würde. So fordern Tierrechtler am Ende das Aussterben von Arten.

PETA will, dass Nashörner aussterben

Dies wird natürlich in der Kommunikation nach außen von den Tierrechtsorganisationen fast immer geleugnet, aber Aussterben ist die Konsequenz der Forderung der Tierrechlter, Tierhaltung generell zu beenden. Der One Plan Approach der Weltnaturschutzunion (IUCN), der als Blaupause für umfassenden Artenschutz zu sehen ist, inkludiert auch deshalb Maßnahmen im natürlichen Lebensraum der Tiere und außerhalb. Das Märchen, Tiere nur in ihrem natürlichen Lebensraum zu schützen, wodurch dann alles gut werden würde, ist falsch.

Ist es nicht besser, die Tiere nur in ihrem natürlichen Lebensraum zu schützen?

Man muss wesentliche Erkenntnisse der Wissenschaft aufkündigen, um der Ideologie der Tierrechte zu folgen. Das zeigt auch wieder diese völlige Verballhornung des Artbegriffs, die im Interview versucht wird. Es ist keine Frage von Meinung, ob man Tierhaltung zum Artenschutz braucht, sondern es ist Fakt. Durch Ignoranz dessen – und die Tierrechtsindustrie zeichnet sich ja genau dadurch aus – wendet man sich automatisch gegen den Kenntnisstand der Wissenschaft und schickt sich auch an, das Überleben vieler Arten unmöglich zu machen.

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