Bär in der Kamtschatka-Region auf Hinterbeinen stehend | Foto: lusika33, Lizenz: CC BY 3.0

Wenn sich Bären auf die Hinterbeine stellen

Exklusiv für zoos.media – 27.05.2022. Autor: Philipp J. Kroiß

Es gibt einige Missverständnisse über das Verhalten von Bären. Wenn sie sich etwa auf die Hinterbeine stellen, assoziieren manche damit fälschlicherweise eine Art Aggression, Dressur oder Zwang. Dem ist nicht so.

Wenn sich Bären auf die Hinterbeine stellen

Bären sind faszinierende und imposante Geschöpfe, die aber auch in weiten Teilen bedroht sind, weshalb es wichtig ist, sie in Menschenobhut zu halten. Was Menschen dabei immer schon sehr fasziniert war, wenn sie – menschlich anmutend – auf den Hinterbeinen sitzen, stehen oder sogar laufen. Richtig bekannt wurde dieses Verhalten durch Darbietungen im Circus. Aus diesem Grund denken manche Menschen, man müsse den Tieren das Verhalten antrainieren oder es sogar von ihnen erzwingen. Das ist nicht der Fall.

Ein Zeichen von Neugier

Bei vielen Tierarten ist ein Aufstellen des Körpers eine Drohgebärde – eine Art Warnschuss kurz vor der Eskalation. Das stimmt etwa beim Ameisenbär, der allerdings – trotz des deutschen Trivialnamens – kein richtigen Bär ist, sondern ein Nebengelenktier. Bei den richtigen Bären stimmt diese Faustregel aber nicht. Zwar stellen sich Bären auch im Kampf untereinander auf die Hinterbeine, aber ein konkurrenzloser Bär, der sich aufstellt, will sich einen besseren Überblick verschaffen und bläst nicht zum Angriff. Zudem kann er so die Witterung besser aufnehmen. Daher ist das ein friedliches, natürliches Verhalten, das man auch im Zoo sieht.

Man sieht dieses Verhalten auf allen Kontinenten, die Bären bewohnen. Ein Trainer oder Tierlehrer braucht dieses natürlich Verhalten also nicht mit Zwang oder ähnlichem zu evozieren. Die Tiere werden sich immer mal aufstellen und das einzige, was dann gemacht wird, ist Capturing: man verbindet ein gewünschtes Verhalten mit Futter und so auch mit einem Kommando. Dadurch wird es abrufbar. Das kann im Zoo für den Bereich des Medical Trainings sehr sinnvoll sein. Manchmal machen es die Tiere zum Beispiel bei der Fütterung.

Völlig normal!

Niemand muss also Bären zwingen das zu tun, sie machen es von selbst und es schadet ihnen auch nicht. Es gehört vielmehr zu den natürlichen Verhaltensweisen und man will ja auch, dass sie diese genau in Menschenobhut auch ausleben können. Zudem ist es ein gutes Zeichen, wenn die Tiere neugierig sind und das Verhalten zeigen, denn dafür muss ein Bär auch körperlich und seelisch in guter Verfassung sein. Es illustriert die Neugier der Tiere und genau das will man mit Enrichment-Programmen ja auch erreichen: die Tiere psychisch und physisch fördern und fordern.

Bei einer Begegnung mit wilden Bären kann man also auch Ruhe bewahren und muss keinen Angriff fürchten, wenn sich die Tiere so aufbauen. Sie sind nur neugierig und werden nicht angreifen, sondern meistens sich sogar eher zurückziehen, wenn sie Menschen wahrnehmen.

Daher ist es wichtig, dass dieses Verhalten seinen angedichteten Schrecken verliert, denn Bären sind nicht die Tötungsmaschinen, zu denen sie leider in den Medien immer wieder gemacht werden. Ebenso sollte auch keiner denken, dieses Verhalten müsste irgendwie antrainiert werden, denn jeder Bär zeigt es ganz natürlich. Der Trainer kann das nur dann sehr gut nutzen. Wie eine Trainingssession dann aussehen kann, sieht man in diesem Video sehr gut:

Wie man hervorragend sehen kann, macht so ein professionelles Training von Experten durchgeführt den Tieren eben auch Spaß und bereichert ihren Alltag. Zwang oder direkte Einwirkung auf das Tier braucht es gar nicht. Gleichzeitig ist aber edukativ und unterhaltsam für die Besucher und man kann sie zum Schutz dieser Tiere animieren.

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