Der Kölner Elefantenpark | Foto: zoos.media

Köln: Große Trauer um Elefantenbaby

Exklusiv für zoos.media – 21.06.2017. Autor: Philipp J. Kroiß

Anhand von Fakten arbeitet unser Autor die Geschehnisse rund um die vierte Elefantengeburt im Kölner Zoo auf und erklärt Hintergründe der Euthanasie.

Köln: Große Trauer um Elefantenbaby

Zuletzt war die Freude noch groß: das vierte Elefantenbaby war geboren. Nun musste es eingeschläfert werden. Was ist passiert?

Von Anfang an war etwas anders

Als die Pfleger das Tier am 12. Juni fanden war es allein. Das ist ungewöhnlich, denn sonst ist immer zumindest die Mutter dabei, allerdings wäre es auch nicht unüblich, andere Herdenmitglieder beim Jungtier vorzufinden. Mutter und Sohn wurden dann aber separat zusammengeführt, allerdings zeigte die erfahrene Kuh Kreeblamduan kein wirkliches Interesse. Also sperrte man den Innebereich des Elefantenparks für Herde und Besucher komplett, um etwaige kontraproduktive Einflüsse auf die Entwicklung der Mutter-Kind-Bindung zu verhindern. Rund um die Uhr waren zwei Pfleger vor Ort, um sich um Mutter und Kind zu kümmern.

Wohlbehütet von Mutter und Herde entdeckt ein Elefantenbaby die weitläufige und naturnahe Außenanlage des Kölner Zoos. | Foto: zoos.media

Bis Samstag Morgen schaffte man es, dass die Mutter ihren Sohn regelmäßig trinken ließ. Dann ließ man Marlar mit Sohn Moma und die erfahrene Kuh Loangdaw zu der frischgebackenem Mutter mit dem Sohn, den sie auch während dieser Zeit zumindest akzeptierte. Zwar durfte der kleine nicht bei Marlar trinken, aber die Mutter ließ es meistens zu. Loangdaw zeigte sich derweil als Tante wie sie im Buche steht. Alles schien gut.

Wäre es nicht so gut verlaufen, hätte man überlegen können, zu probieren, ob andere Mütter das Baby trinken lassen, wie das aktuell in Zoo Dublin gut funktioniert, oder das Tier von Hand großzuziehen. Das wäre auch wenig problematisch gewesen, selbst, wenn man es dafür in freiem Kontakt hätte halten müssen, da eine Umgewöhnung von freiem auf geschützen Kontakt gut funktioniert und eine darauffolgende Eingliederung in eine Junggesellengruppe und dann später in eine Familiengruppe alles andere als abwegig gewesen wäre.

Schock am Sonntag

Blick auf einen Til der Innenanlage des Kölner Elefantenparks | Foto: zoos.media

Zum Nachmittag hin wurde das Jungtier plötzlich sehr schwach und bekam Durchfall. Dann entdeckte man eine vorher nicht feststellbare Nabelenztündung (Omphalitis). Die Erkrankung ist traumatisch und infektiös bedingt. Etwa geringes Geburtsgewicht oder ein zeitlich nicht optimater Riss der Nabelschnur sind Risikofaktoren, sind traumatische Risikofaktoren, die dann eine Infektion begünstigen können. Wenn sich so eine Nabelentzündung nicht nach außen hin zeigt und so nicht erkannt werden kann, wird es durch aufsteigende Infektionen gefährlich.
“Als wir gemerkt haben, dass etwas nicht in Ordnung ist, haben wir ihn sofort geholt und von der Mutter abgesperrt. Dann hat er sich sofort hingelegt. Er war sehr schwach, er hatte ja auch eine Nabelentzündung und etwas Durchfall. Unsere Tierärztin und ich waren vor Ort und haben gemeinsam gesehen, dass das Tier so schwach ist, dass keine Mittel, Aufbautropfen oder andere Maßnahmen mehr geholfen hätten”, berichtete Zoodirektor Prof. Theo Pagel dem Kölner Stadtanzeiger.

Eine Omphalitis ist leider bei Elefanten nicht ungewöhnlich. Auf Seite neun (PDF: 20) der “Documentation of Captive Elephant Management Practices in the Protected Area  Terai  Lowland” von Ranjana Pajiyar aus dem Jahre 2006 im Rahmen des WWF Nepal Programms ist dies auch so vermerkt, wenn es um die Gesundheit der Tiere geht. Trotzdem ist freilich jeder Einzelfall sehr traurig.

“Aber wenn da so ein kleiner Rüssel vor einem liegt, werden sie sehr emotional und versuchen alles. Wir haben an dem Tier gehangen, wir hatten immer direkten Kontakt zu ihm und eine Beziehung. Das ist, als wenn sie ihren Haushund einschläfern müssen: Der schwerste Gang, den man gehen kann. Aber auch der richtige”, erklärte Zoodirektor Theo Pagel dem Kölner Stadtanzeiger. Im Sinne des Tieres war es die sinnvollste Entscheidung, den Kleinen von seinem Leid zu erlösen, auch, wenn es sicher schwer gefallen ist. Die Entscheidung war alles andere als einfach, wurde aber von Experten nach langer fachlicher Beratung beschlossen. Der Kölner Zoo zeigte sich diesbezüglich transparent.

Den anderen Kälbern geht es gut

Der Kölner Elefantenpark von oben (2004) | Foto: Flight over Cologne, Lizenz: CC BY-SA 2.0

“Für die Herde geht das Leben weiter, als hätte es den Kleinen nie gegeben”, erläuterte Zoodirektor Theo Pagel dem Kölner Stadtanzeiger. “Wir haben dem Muttertier die Möglichkeit gegeben, sich zu verabschieden. Sie ist auch zu ihm hin. Aber die anderen Elefanten haben keinerlei Trauer gezeigt. Wir mussten 2006 die Mutter von Marlar einschläfern. Da haben die Elefanten gemerkt, dass einer fehlt, haben gerufen und geguckt. Das war jetzt nicht so. Denn die Mutter hatte von Beginn an keine Bindung zu dem Jungtier, weshalb es kein Bestandteil der Herde war. Deshalb vermisst es auch keiner [der Tiere] der Elefanten.”

So groß die Trauer um den Tod des kleinen Bullens ist, so glücklich kann man aber auch sein, dass es den anderen Kälbern gut zu gehen scheint. Eine wunderbare Mutter-Kind-Bindung kann man beobachten und gesunde Kälber, die über die Anlage tollen. Die weitläufige Anlage mit ihren 20.000 Quadratmetern ist dabei naturnah gestaltet und erfüllt die Bedürfnisse der Tiere. Dabei blickt der Zoo auf eine 150jährige Geschichte der Elefantenhaltung zurück und wählt aktuell den Weg des Protected-Contact-Management.

Ein Kölner Elefantenbaby stampf erkundungsfreudig über die Außenanlage (2017). | Foto: zoos.media

Im Modernen Zoo sind Elefanten Botschafter ihrer Art und ihres Lebensraumes, der immer weiter zerstört wird. Dazu unterstützen moderne Zoos, wie der im Zoo Köln, Arten- und Naturschutzprojekte mit einem umfassenden Anspruch, der nicht nur Aktionen vor Ort, sondern auch Edukation, Erhaltungszucht und intensive Forschung einschließen. Die drei Kleinen, die aktuell neugierig im herdenverband die Außenanlage erkunden, sind bezaubernde Botschafter ihrer Art.

So wird auch die Zucht weitergehen. Pagel gegenüber dem Stadtanzeiger: “Wir haben vom europäischen Haltungszuchtprogramm den Auftrag zu züchten. Dass es jetzt aber vier auf einmal waren, werden wir so schnell wohl nicht mehr machen. Aber es wird weiter Nachwuchs im Kölner Zoo geben.” Zur Attacke des Tierschutzbundes, der entgegen seinem Namen in Bezug auf Zoos eine Tierrechtsposition vertritt, findet der erfahrene Zoodirektor und Experte deutlich Worte: “Welche Kenntnisse hat der Tierschutzbund über Elefantenhaltung und -zucht? Ich wage zu behaupten, dass er keine hat. Wer noch nie einen Elefanten gehalten hat, kann aus meiner Sicht auch nicht beurteilen, ob das überhaupt möglich ist oder nicht. Eine artgerechte Haltung ist in Zoos möglich, sonst würden wir das nicht machen.”

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