Erdmännchen im Leipziger Zoo | Foto: Markus Trienke, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Zoo Leipzig: Fatales Framing fragwürdiger Entscheidung

Exklusiv für zoos.media – 22.05.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Der Zoo Leipzig versucht die Versetzung vom Tierpfleger Jörg Gräser als einfache Personalentscheidung abzutun. Inzwischen aber geht es um viel mehr als das.

Zoo Leipzig: Fatales Framing fragwürdiger Entscheidung

Inzwischen gibt es schon ein zweites Statement des Leipziger Zoos zur Personalentscheidung um den berühmten und beliebten Tierpfleger Jörg Gräser. Inhaltlich liefert es nichts Neues, vielmehr versucht man ein Framing der Entscheidung, die der aktuellen Diskussion nicht mehr gerecht wird. Inzwischen geht es aber um viel mehr als nur die Versetzung eines Pflegers.

Noch immer nicht verstanden?

Der erste Irrtum ist, dass die Versetzung einer so öffentlichen Person eine interne Angelegenheit wäre. Ein Zoo, der ständig Interna in die Öffentlichkeit bringt, muss sich nicht wundern, wenn die Öffentlichkeit auch Interesse daran hat, wenn ihren Lieblingen etwas Unerklärliches widerfährt. Es wäre naiv, anderes anzunehmen.

Zudem geht es bei dem Vorgang längst nicht mehr nur um diese eine Personalentscheidung. Wenn die in zahlreichen Medien kursierende Darstellung zutrifft, war das kein einfacher Revierwechsel, sondern man hat versucht, einen kritischen Mitarbeiter mundtot zu machen. Bisher wurde das vom Zoo nicht mal konkret bestritten. Stattdessen gibt es sinistere Aussagen, die wenig Sinn machen. Licht ins Dunkel bringen sie auch nicht. Später am Tag hat der Zoos schließlich Totgeburten vor wenigen Wochen zugegeben.

Es geht um viel mehr

Nachwuchs bei den Transvaal-Löwen im Leipziger Zoo (2021) | Foto: Fiver, der Hellseher, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Sollte also mit kritischen Zootierpflegern im Zoo Leipzig so umgegangen werden, wie es in den noch unbestätigten Äußerungen der Belegschaft in den Medien den Anschein macht, ist diese Entscheidung eine systemische Frage. Bereits bei der Versetzung vom ehemaligen Elefantenpfleger Michael Tempelhoff standen ähnliche Vorwürfe im Raum. Auch die hat der Zoo Leipzig bisher nicht ausräumen können.

An der Aufklärung dieser Vorgänge besteht auch deshalb ein öffentliches Interesse, weil der Zoo staatliche Förderungen erhält. Es ist nicht davon auszugehen, dass Steuerzahler so ein mutmaßlich existierendes System fördern wollen. Daher läge es eigentlich auch vor allem im Interesse des Zoos selbst hier lückenlos aufzuklären, um diese schrecklichen Geschichten aus der Welt zu schaffen, indem man entweder die tatsächliche Realität darstellt oder einen fatalen Fehler rückgängig macht.

Erklärungsbedürftige Entscheidung

Transvaal-Löwin im Leipziger Zoo (2018) | Foto: Fiver, der Hellseher, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Jörg Gräser ist ausgewiesener Experte für Raubkatzen und Enrichment. Ihn in Südamerika bei Wellensittichen und Ziegen einzusetzen, geht dem offensichtlich zuwider. Jörg Gräser wird sich natürlich um diese Tiere genauso gut kümmern wie um Löwen und Erdmännchen. Es ist aber trotzdem ein Einsatz im Gegensatz zu seinen ausgewiesenen Expertisen. Das ist ungewöhnlich.

Wenn zum Beispiel ein ausgewiesener Elefantenpfleger seine Leidenschaft für die Zucht von Rasse-Kaninchen entdeckt, kann ein so krasser Bereichswechsel ja gute Gründe haben. Auch dann macht es Sinn, dies zu kommunizieren, denn es ist nichts, womit man hinter dem Ofen vorhalten muss. Offen damit umzugehen, würde ja nur zeigen, wie facettenreich Tierpfleger sind.

Leipziger Zoo: wichtiges Artenschutz-Zentrum

Blick in den Zoo der Zukunft: Gondwanaland, Zoo Leipzig | Foto: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Das moderne Konzept des Zoos in Leipzig gilt als eines der Leuchtturm-Projekte in Deutschland. Natürlich hängt das auch mit der regelmäßigen Medienpräsenz zusammen. Der Zoo zeigt nicht selten wie modernes Artenschutz-Engagement in Zoologischen Gärten funktioniert. Das ist sehr wichtig, damit Menschen in die oft komplexe Arbeit, langfristige Einblicke erhalten.

Zootierpfleger sind eine wesentliche Basis dieser Arbeit. Niemand im Zoo hat mehr Kontakt mit den Zootieren als diese Menschen. Modernes Zoo-Management inkludiert sie auch deshalb von der Anlagen-Planung bis zur langfristigen Versorgung der Tiere. Ihre Arbeit ist der Grund, warum man zum Beispiel Przewalski-Pferde überhaupt als Art retten konnte.

Zoowelt kann das nicht brauchen

Der Fachkräftemangel ist ein Problem, das auch auf die Zoowelt zukommt. Wenn Zoos in den Ruf kämen, Mitarbeiter bei berechtigter Kritik zu entmündigen, wäre das katastrophal. Für viele Menschen ist aber gerade auch der Leipziger Zoo ein Beispiel dafür, wie moderne Zoos arbeiten. Man empfindet, was dort geschieht, als beispielhaft. So eine Vorbildrolle, in die man sich selbst begeben hat und die man auch will, bringt große Verantwortung mit sich.

Daher liegt es auch im Interesse der gesamten Zoowelt, dass dieser Vorgang aufgeklärt wird. Das gilt auch für das komplette Kommunikationsdesaster. Offenbar zwei eilig zusammengeschriebene, inhaltsleere Posts, die dem Zoo eher schaden als nutzen, auf Social Media zu verbreiten, ist nochmal ein fragwürdiger Vorgang für sich selbst. Vor allem ist es eins: unverständlich. Das ist eigentlich auch das Kernproblem der ganzen Sache.

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