Elefant vor Zebraherde im Ngorongoro-Krater: In Tansania verschwindet das Wildleben immer mehr. | Foto: Schuyler S., bearbeitet von Daniel Schwen, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Artenschutzkonferenz in Panama: Blutgrätsche im Artenschutz

Erschienen auf fr.de am 21.10.2022.

Biologe Manfred Niekisch berichtet aus seiner Sicht meinungsstark über die vergangene Artenschutzkonferenz in Panama über eingebrachte Anträge.

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Kommentar: Es ist sicherlich darüber zu diskutieren, inwiefern der Ton, der versucht legitime Anträge afrikanischer Länder zu disqualifizieren, hier angemessen ist. Eine Kolumne ist aber nun eben auch ein Format, in dem es um das nachdrückliche Vertreten der eigenen Meinung geht. Man würde sich aber vielleicht wünschen, die seit Jahren stark diskutierten Themen mit einer ausgewogenen Sichtweise in sinnvollem Zusammenhang zu setzten. Die Rabulistik mit der manche Argumentatoren, zumeist aus der so genannten Westlichen Welt, auf die Ideen mancher afrikanischen Länder reagieren, hat bisher nie zu Lösungen geführt.

Während es die guten Argumente gegen die Legalisierung eines Handels mit Nashorn-Horn und Elfenbein gibt, haben sich auch gerade in Afrika bedenkenswerte Konzepte entwickelt, dank deren ein kontrollierter Handel möglich wäre. Eines davon ist das Farmen von Nashörner, um Nashorn-Horn zu produzieren, das die Preise drückt und somit etwas schaffen kann, was Handelsverbote bisher nie geschafft haben: den Wilderern das Geschäft durch Marktmechanismen zu vermiesen. Der para-militärische Kampf gegen die Wilderei zur Durchsetzung der Verbote hat nicht per se nur positive Seiten.

Im Kampf gegen die Wilderer schickt man Menschen auch in den Tod. Dazu ist es sehr kostenintensiv und das Leben der Menschen, die im Feld ihr Leben riskieren, hängt am Tropf von Spendengeldern, deren Verwaltung nicht immer seriös geführt wird. Hinzu kommt eine in unseriösen Projekten schlechte Kontrolle der Bewaffneten, die gegenüber indigener Völker gewalttätigt auftreten und auch mit den Wilderern kooperieren. Unter anderem wegen dieser Faktoren stellt sich das vielgelobte Sicherheitsnetz nicht selten lückenhaft heraus.

Natürlich hat sich um diese Handelsverbote bereits eine Industrie gebildet, die man mindestens so kritisch hinterfragen muss wie Antragssteller, die diese Handelsverbote aufweichen oder beenden wollen. Sowohl der Handel als auch deren Verhinderung sind immer ein Millionengeschäft, aus denen ideologische Grabenkämpfe entstehen. Viel davon lässt sich lösen, wenn man den afrikanischen Kontinent und dessen Schutz nicht als eine Verwaltungsmasse vor allem westlicher Interessen versteht, sondern Afrikaner als Dialogpartner auf Augenhöhe, wie viele Zoos und Aquarien das bereits gezeigt haben.

Die Thematik ist nicht leicht und lässt sich kaum vereinfachen. So gibt es das Problem der Überbevölkerung von Elefanten. Da der Export der Tiere – auch “dank” CITES – immer weiter erschwert wird, bleibt als realistische Option meist nur der Abschuss und warum soll man es dann den Afrikanern nicht erlauben mit dem Verkauf vom Abschuss der Tiere und der Erzeugnisse daraus zum Beispiel Geld für den Natur- und Artenschutz zu erwirtschaften? Andere Lösung für solche praktischen Fragen werden von Ideologen bisher nicht wirklich präsentiert.

Daher ist es kein Verbrechen entsprechende Anträge zu stellen über die man dann auch diskutieren muss. Nicht alles, was unter dem Schirm von CITES geschieht, ist per se gut oder funktioniert automatisch. Vielmehr ist eine Überhöhung des Abkommens sogar gefährlich. Letztendlich sind die afrikanischen Länder ja freiwillig etwa bei CITES und ziehen Konsequenzen aus Missachtung oder Abkanzelung ihrer Interessen.

Drei Länder erklären sich unabhängig von CITES-Kontrollen

Das Washingtoner Artenschutzabkommen hat also tatsächlich andere, größere Probleme als ein paar Anträge, an denen sich Teilnehmer stoßen mögen. Der wachsende Einfluss der Tierrechtsindustrie und der grüne Imperialismus sind Strömungen, die tatsächlich eine Blutgrätsche für den Natur- und Artenschutz bedeuten. Es ist auch ein bisschen peinlich, dass eine so große und wichtige Konferenz sich damit nicht befasst. Weniger künstliche Aufregung, weniger Lobby-Einfluss, mehr transparente Kommunikation, mehr ehrliche Evaluierung von eigenen Maßnahmen und mehr praktische Arbeit an Problemen, täte solchen Konferenzen gut.

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