Lolita, auch Toki oder Tokitae genannt, im Miami Seaquarium in Florida | Foto: Katie Mortus (Orzechowski), Lizenz: Erlaubnis der Fotografin

Lolita: War es von Anfang an Betrug?

Exklusiv für zoos.media – 19.08.2023 (Deutsche Übersetzung: 20.08.2023). Autor: Philipp J. Kroiß

Der Tod des Orcas Lolita, auch bekannt als Tokitae oder Toki, wirft Fragen auf. Dabei geht es um die Qualität ihrer Haltung und der Ehrlichkeit des gesamten Projekts zu ihrer “Freilassung”.

Lolita: War es von Anfang an Betrug?

Gestern starb Lolita an einer vermuteten Nierenerkrankung. Das war eine ebenso große wie traurige Überraschung. Es ist vor allem deshalb überraschend, weil eine Überprüfung ihrer Gesundheit offenbar erst wenige Tage zuvor durchgeführt und veröffentlicht wurde.

Kann ein Nieren-Problem so schnell auftreten?

Lolita war darauf angewiesen von Menschen mit gesundem Fisch gefüttert zu werden. | Foto: Katie Mortus (Orzechowski), Lizenz: Erlaubnis der Fotografin

Das Miami Seaquarium erklärt nicht, warum man davon überrascht war. Normalerweise werden bei geriatrischen Säugetieren regelmäßig Blutuntersuchungen durchgeführt, bei denen insbesondere die Nierenfunktion untersucht wird. In diesem Zusammenhang ist es beispielsweise wichtig, eGFR und eCCr zu überwachen. Sowohl Tiere als auch Menschen können Jahre mit Nieren-Problemen überleben. Es wird davon ausgegangen, dass Säugetiere im Krankheitsverlauf fünf Stadien durchlaufen. Aber selbst im letzten Stadium ist das Überleben meist eine Frage von Wochen, nicht von Tagen oder Stunden. Während Menschen eine Nierenspende erhalten können, ist dies bei Orcas zumindest aktuell noch nicht möglich.

Durch eine ordnungsgemäße medizinische Überwachung könnten erfahrene Tierärzte solche Vorgänge höchstwahrscheinlich sehen. Das gilt insbesondere dann, wenn sie eine große Untersuchung durchführen. Diese war anscheinend die Grundlage der letzten Pressemitteilung vor ihrem Tod war. Es sollte jedoch nicht verschwiegen werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer sehr schnellen und plötzlichen Verschlechterung gering, aber vorhanden ist. Wenn das Tier nicht häufig überwacht wird, haben die Tierärzte dies möglicherweise nicht bemerkt, aber dann wäre die medizinische Überwachung einfach auch nicht so gut gewesen, wie immer behauptet.

Friends of Toki, eine Tierrechtsorganisation, der es an Experten und Fachleuten mangelt, war für ihre Versorgung verantwortlich. Leute, die dieses Projekt unterstützen, sind in Bezug auf Keiko bereits gescheitert. Auch er wurde vernachlässigt und starb am Ende wegen der Inkompetenz seiner Betreuer, die den Orca nicht richtig überwachten, weshalb sie sein Leiden nicht bemerkten. Die andere Alternative zu dieser Theorie bezüglich Lolitas Tod ist die, dass die Verantwortlichen es bereits wussten, es aber nie kommunizierten. Das würde bedeuten, dass das gesamte Projekt nur ein Betrug war, um Marketing zu betreiben und Spenden zu sammeln.

Es gab keinen Plan

Lolita, auch Tokitae oder kurz Toki, im Miami Seaquarium | Foto: Pietro, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Dann würde auch plötzlich ein Detail, über das sich viele bereits wunderten, sehr viel mehr Sinn ergeben. Das Joint Venture, das sich zum Ziel gesetzt hatte, Lolita in einen Netzkäfig zu bringen, hat nie ernsthaft versucht, dafür eine Genehmigung zu bekommen. Gegenüber der Presse sprachen  die Verantwortlichen über einen Plan, der aber National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) oder anderen Behörden nie vorgelegt wurde. Diese müssten das erstmal genehmigen. Ohne Genehmigungen würde Lolita niemals irgendwohin transportiert werden können. Die Aktivisten haben nie wirklich versucht, eine solche Genehmigung zu bekommen.

Wenn sie wussten, dass sie an dieser Nierenerkrankung leidet, hätten sie damit rechnen können, dass sie kein Geld und keine Zeit investieren müssten, um die Beamten zu kontaktieren. Jetzt täten sie nur so, als wären sie erstaunt und verbergen, dass das alles von Anfang an wohl ein Betrug war. Die Gruppe hätte die Öffentlichkeit, die Medien und viele Menschen, die Lolita lieben, betrogen. Wenn man bedenkt, dass die Tierrechtsindustrie für Betrug bekannt ist, um an Spenden zu kommen, ist diese Theorie nicht unwahrscheinlich.

Transparenz wäre die Antwort

Lolita hatte eine tiefe Verbindung voll Liebe und Respekt mit ihren Trainern. | Foto: Katie Mortus (Orzechowski), Lizenz: Erlaubnis der Fotografin

Auf diese wahrscheinlichsten Theorien sowie andere kursierenden Theorien, wäre Transparenz die beste Antwort. Das Problem ist, dass das gesamte Projekt massiv intransparent ist. Das wurde schon früher kritisiert und jetzt noch mehr. War das Team qualifiziert genug, um Blutuntersuchungen an einem geriatrischen Orca durchzuführen und auszuwerten? Haben sie Lolitas Krankheit vertuscht, um mehr finanzielle und ideologische Unterstützung zu erhalten? War es von Anfang an Betrug?

Das sind dringende Fragen, die beantwortet werden müssen. Stress trägt ebenso zu Nierenproblemen bei wie Fisch von schlechter Qualität. Letzteres wurde zuvor im Miami Seaquarium gefunden und es ist keine Überraschung, dass all diese Veränderungen, die in ihrer Haltung vorgenommen wurden, Stress verursachen. Daher ist es auch wichtig, dies zu untersuchen. Das Miami Seaquarium hat viel Vertrauen verloren, daher wäre es besser, eine unabhängige Analyse zuzulassen, aus der das Unternehmen und die Einrichtung lernen können.

Normalerweise müssen Ergebnisse von Autopsien und Blutuntersuchungen in den USA nicht veröffentlicht werden. In anderen Ländern geben Delfinarien jedoch freiwillig medizinische Daten an die Öffentlichkeit weiter. Miami Seaquarium könnte diesem Beispiel folgen, da das Schicksal von Lolita für viele Menschen wichtig ist. Es wäre ein großer Fehler, den gesamten Prozess nicht transparent zu evaluieren. Um das Vertrauen zurückzugewinnen, muss die Dolphin Company, zu der nicht nur das Miami Seaquarium gehört, dies alles ohne Geheimniskrämerei auswerten.

Kooperation mit der Tierrechtsindustrie führt zum Tod

Lolita berührte die Herzen von Millionen Menschen. Diejenigen, die sie wirklich mochten und sie nicht missbrauchten, um an Spenden oder etwas Marketing zu kommen, werden sich immer wegen ihres einzigartigen Charakters und der Art, wie sie es liebte, auf unterschiedliche Weise mit Menschen umzugehen, an sie erinnern. Sie wurde in der Obhut ihrer Lieben sehr alt, in der Obhut von Tierrechtlern starb sie recht schnell. Dieses Muster ist in den USA immer häufiger zu beobachten, da einige Zoos und Aquarien begonnen haben, mit der Tierrechtsindustrie zu kooperieren.

Zoo-Elefantin überlebt nur wenige Wochen in Sanctuary

Lolita lehrte Millionen von Menschen etwas über die Biologie der Orcas, deren Schutz und noch weitere Themen. Es ist wichtig, dass Zoo-Verantwortliche in den Vereinigten Staaten jetzt auf die letzte Lektion hören, die sie gegeben hat, und auch Keikos Fall die ganze Welt gelehrt hat: Die Tierrechtsindustrie, die sich nur um Geld kümmert, ist nicht und wird niemals der richtige Partner sein, um für das Überleben einzelner Tiere und ganzer Arten zu sorgen. Das Miami Seaquarium hat in der Vergangenheit große Fehler gemacht, die durch Lehren aus der Vergangenheit verhindert hätten werden können. Es ist an der Zeit, sich dieser unangenehmen Wahrheit zu stellen, um weitere Fehler zu verhindern.

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