Bengaltiger Caesar in Melodys Kinderparadies | Foto: zoos.media

Nach Behörden-Gängelei: Melodys Kinderparadies kann wieder öffnen

Exklusiv für zoos.media – 20.04.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Stadt Neuss hatte versucht, unter dem Deckmantel fadenscheiniger Behauptungen, dem beliebten Streichelzoo Melodys Kinderparadies den Weiterbetrieb zu untersagen.

Nach Behörden-Gängelei: Melodys Kinderparadies kann wieder öffnen

Ein Streichelzoo ist in der Stadt und keiner darf hin? Das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, wurde aber Realität in Neuss. Auf dem Kirmesplatz in Neuss-Reuschenberg hatte Melodys Kinderparadies Station gemacht und die Leute strömten zu tausenden in den mobilen Zoo. Dort gibt es verschiedene Haus- und Wildtiere zu sehen und teils auch zum Anfassen. Zudem gehört in jeden Zoo natürlich auch ein Spielplatz und als mobile Lösung dafür gibt es unterschiedliche Hüpfburgen. Somit war alles da, was das Kinderherz begehrt. Das nutzen auch viele Menschen.

Stadt Neuss gibt sich der Lächerlichkeit preis

Per einstweiliger Verfügung hatte die Stadt Neuss das Kinderparadies geschlossen. Die Behauptungen, die das begründen sollten, waren haltlos. Man beschwerte sich, dass das Angebot “über das vereinbarte Veranstaltungsangebot hinaus” ginge. Das aber ist unwahr, denn man hatte mit der Stadt – laut Angaben derselben gegenüber der Bild-Zeitung – “eine Hüpfburgenlandschaft mit einem Streichelzoo, der Tiere zum Füttern, Streicheln und Anfassen” mit Ponyreiten vereinbart. Genau das ist Melodys Kinderparadies. Daher habe man die Nutzungsvereinbarung gekündigt.

Ganz so einfach geht das aber nicht. Was die Stadt hier offenbar geltend machen will, ist Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB. Diese als “Notnagel” verschriene Argumentation gelingt selten oder nie. So war es auch in diesem Fall und die einstweilige Verfügung wurde vom Verwaltungsgericht vergangenen Dienstag kassiert. Das war absehbar, denn die Stadt hätte nachweisen müssen, dass die Grundlage des Vertrags schwerwiegend verändert worden oder falsch gewesen wäre. Beides ist offensichtlich nicht der Fall. In Neuss steht ja genau das, was vereinbart wurde.

Die Stadt scheint sich damit herausreden zu wollen, dass eine Show mit Wildtieren, wie Tigern, nicht vorgesehen gewesen wäre. Allerdings laut Betreiberin Marie Voss ist das nicht der Fall. Wie sie der Rheinischen Post mitteilte, habe es ein Gespräch gegeben, in dem es sogar explizit besprochen worden wäre. Es ist auch nicht verwunderlich für Streichelzoos, dass auch Tiere gezeigt werden, die als Wildtiere gelten oder dass ebenso exotische Haustiere mitgeführt werden, wie etwa eine Herde Baktrischer Kamele.

Posse um Klara

Aber nicht nur die Stadt Neuss gab sich in der Sache der Lächerlichkeit preis – auch Pseudo-Tierschützer. Sie vermuteten bei der jungen Kamelstute Klara schlechte Haltung. Das Tier sei abgemagert und das Fell nicht in Ordnung. Klara war allerdings einfach nur im Fellwechsel, wie auch die übrige Herde, und von abgemagert kann keine Rede sein. Vor Ort überzeugte sich zoos.media selbst von dem Zustand des Tieres und der Haltung der Herde.

Dabei ist wichtig zu betonen, dass Kamele keine Wildtiere sind. Ihre Domestikation begann vor rund fünftausend Jahren im dritten vorchristlichen Jahrtausend. Daher sind die Trampeltiere, wie diese Art auch genannt wird, von Wildtieren noch weiter entfernt, als der ständig weiter zersplitternde Stadtrat von Neuss von Einigkeit. Die Attacke der Pseudo-Tierschützer, unter denen sich auch auffällige Tierrechtler befanden, zeigt also vor allem deren Inkompetenz. Tiergerechte Haltung in Melodys Kinderparadies wurde hingegen vom Veterinäramt bestätigt.

Die Mini-Demo vergangenen Sonntag änderte auch daran nichts. So fragten mehr Menschen, ob sie nicht doch das Kinderparadies besuchen dürften als es Zulauf zur Demo gab. Kein Wunder: Dass Klara sich bester Gesundheit erfreut, kann und konnte jeder sehen, der sich wirklich dafür interessierte. Somit prallten die Tierrechtler sehr hart auf den Boden der Tatsachen auf – ähnlich wie wenige Tage später die Stadt. Somit gelang die von beiden versuchte Diskriminierung fahrender Tierhaltungen nicht. Familie Kübler-Voss, die Melodies Kinderparadies betreibt, hat sich nicht unterkriegen lassen und nun erstmal gewonnen.

Wildtiere & Exoten gehören zu Zoos

Bengaltiger-Dame Bell in Melodys Kinderparadies | Foto: zoos.media

Auch ohne das vorhergehende Gespräch hätte der Stadt Neuss, die selbst keinen Zoo besitzt, klar sein müssen, dass in einen Zoo auch Wildtiere gehören. Dass zum Beispiel gut sichtbar auch Chapman-Zebras mitgeführt werden, scheint ihr noch gar nicht aufgefallen zu sein, kapriziert man sich in der öffentlichen Kommunikation besonders auf die Tiger. Mit letzteren unterstellt man seitens der Stadt sogar Shows. Show bedeutet erstmal sowieso nur das Vorzeigen und das, was der erfahrene und mehrfach ausgezeichnete Tierlehrer Robano Kübler im Zusammenhang mit den Großkatzen zeigt, sind Präsentationen zum Medical Training der Tiere.

All diese Faktoren legen auch nahe, dass die Stadt mehr oder weniger blind gehandelt hat. In dieser Blindheit zeigt sie eine erschreckende Unkenntnis. Sie weiß nicht wirklich, was ein Zoo ist, hat keine echte Kenntnis vom tatsächlichen Tierbestand oder was auf dem Platz wirklich abläuft, kündigt wohl auf Basis von irgendwelchem Hörensagen und fragwürdiger Abneigung einen Vertrag und denkt auch noch, sie käme damit durch. Natürlich wollen die Betreiber nun Schadenersatz. Es wäre ungerecht, wenn sie nun auf den Kosten, die andere durch Unvernunft verursachten, sitzenbleiben würden.

Stadtobere verpassen Chance, Bürger nehmen Angebot begeistert wahr

Die Stadt hätte vieles besser machen können. Darüber, dass endlich mal wieder Wildtiere in Neuss zu sehen sind, hätten sich die Stadtoberen so freuen können wie Menschen vor Ort. Sie hätten feiern können, dass Besucher sogar vom Umland und aus anderen Großstädten, wie Köln, anreisten, um Melodys Kinderparadies zu besuchen. Tatsächlich ist zum Beispiel der Freikontakt mit Großkatzen, den Robano Kübler zeigt, noch selten zu sehen, weil viele Zoos nicht die personellen und zeitlichen Ressourcen haben, die diese Haltung voraussetzt. Daher ist auch das ein besonderes Highlight, auf das eine Stadt stolz sein kann.

Mobile Zoos sind sehr wichtig, weil sie eben auch Städte wie Neuss erreichen können, die sich selbst keinen Zoo vor Ort leisten wollen und wohl auch können. In den USA ist sowas zum Beispiel ein sehr erprobtes Konzept. Zudem sind diese Angebote oft finanziell niederschwellig. Das heißt, die Größe des Portemonnaies spielt für das Wahrnehmen eines solchen Angebotes keine primäre Rolle, was bei stationärem Zoologischen Gärten allerdings sehr wohl der Fall sein kann. Das ist von großem Wert, besonders in Städten wie Neuss.

Statt also gegen Melodys Kinderparadies zu kämpfen, hätten es die Stadtoberen einfach den Bürgern gleichtun und den Zoo besuchen sollen. Angeblich wollen die Politiker ihre Wähler vertreten. In diesem Fall allerdings haben sie deutlich versagt. Dafür wird die Stadt einen hohen Preis zahlen müssen, was eigentlich fast tragisch ist: während viele tausende Menschen den Besuch im Zoo geliebt haben, müssen sie nun für die Inkompetenz derer blechen, die sie selbst eigentlich mal gewählt haben, um von ihnen politisch vertreten zu werden.

Diesen Beitrag teilen