Juwelen-Felshüpfer | Foto: Dirk Godlinski, Lizenz: CC BY-SA 3.0

PETA: Falsche “faszinierende Fakten”

Exklusiv für zoos.media – 22.03.2021. Autor: Philipp J. Kroiß

Seit geraumer Zeit postet die Tierrechtsorganisation PETA “faszinierende Fakten” zu unterschiedlichen Tieren, die bei näherer Betrachtung einfach falsch sind.

PETA: Falsche “faszinierende Fakten”

Wenn PETA über Fakten redet, kann man sich fast sicher sein, dass man vorsichtig sein muss. Die radikale Tierrechtsorganisationen geht ja generell, drücken wir es positiv aus, recht kreativ mit der Wahrheit um. So ist es recht unterhaltsam, mal zu schauen, was PETA so an Tier-Fakten-Posts veröffentlicht hat.

Von lachhaft bis peinlich

Es ist schon etwas lustig, wenn PETA etwa schreibt, dass Ziegen bewusst mit Menschen agieren – wenn sie bewusstlos wären, wäre es eben auch mit der Interaktion schwer und für Ziegen ist es auch kaum möglich unbewusst mit Menschen zu interagieren, weil dafür sind wir einfach zu auffällig sind. Ulkig wird es dann, wenn man von Seiten von PETA so tut als seien Ziegen Feinschmecker und als Begründung normales Nahrungssuch- und -beschaffungsverhalten heranzieht – nach der Logik wäre jedes Tier ein Feinschmecker.

Auch ein “Fakt”, den PETA beschreibt: “Ziegen haben niedliche Namen”. Ein Beispiel ist “Mönch” ein anderes “Bock”. Selten hat man wohl Niedlicheres gehört – wow. Das ist definitiv ein objektiver Fakt und das gerade war natürlich auch keine Ironie. Der “Fakt”, das Ziegen schnell erwachsen werden, wird dann damit begründet, dass sie schon nach ein paar Minuten laufen können. Dann muss man wohl bei Menschen auch langsam überdenken, ob man beim 18. Lebensjahr noch die Grenze zum Erwachsensein setzt, können doch meist Kleinkinder bereits nach 16 Monaten laufen und sind somit nach PETA-Logik erwachsen.

Wenn Fakten gefährlich werden

Großer Weißer Hai im Monterey Bay Aquarium 2006 | Foto: Brocken Inaglory, Lizenz: CC BY-SA 3.0

“Fische mögen Körperkontakt und suchen diesen zu ihrer eigenen Beruhigung. Das wissen nicht nur Taucher, die schon einmal Haie oder Lippfische gestreichelt haben”, heißt es über Fische und liest sich wie eine Aufforderung bald streichelnd durchs Meer zu tauchen. Solche Bedrängung von Wildtieren, weil sie ja angeblich so gerne gestreichelt werden, ist einmal gefährlich für das Ökosystem generell, für das Einzeltier, aber eben auch für den Streichelnden selbst.

Dass es nicht ratsam ist, Haie zum Kuscheln zu zwingen, kann man sich eigentlich an zehn Fingern abzählen und wenn man das nicht kann, kann man es wahrscheinlich auch nach dem Versuch nicht mehr. Aber Spaß bei Seite: Wildtiere mögen streicheln nur unter bestimmten Umständen. Das braucht immer Gewöhnung an den Menschen. Dann kann man auch Löwen und Tiger streicheln – das ist aber immer Ausdruck einer langfristig aufgebauten Beziehung.

Die Idee, dass Fische eine Art lebendige Kuscheltiere wären, ist nicht nur faktisch falsch, sondern ignoriert auch völlig, dass Fische nicht gleich Fische sind und es zwischen Körperkontakt akzeptieren und mögen eben auch einen Unterschied gibt. So eine romantisierende Argumentation wird der Realität nicht gerecht und setzt falsche Anreize. Wenn man zum Beispiel im Aquarium sieht, dass Aquaristen Tiere streicheln, ist das Ergebnis einer von Respekt geprägten, langen Arbeit.

Tierversuche? Plötzlich kein Problem!

Bei den Ziegen und Fischen zum Beispiel kann man lesen: “PETA lehnt Tierversuche konsequent ab. Die oben genannten Studien […] sind jedoch bereits vorhanden”, wird da argumentiert. Man lehnt also anscheinend Tierversuche nur noch dann ab, wenn sie noch nicht vorhanden sind, vorhandene hingegen nutzt man dann gerne “[a]uch wenn für diesen Nachweis möglicherweise Tiere leiden mussten”.

Konsequenterweise müsste PETA dann sämtliche Opposition gegen Tierversuche sofort aufgeben, denn mit der Argumentation lässt sich dann jeder Tierversuch legitimieren: man nimmt die Nutzung von Tieren in Kauf, um daraus Erkenntnisgewinn zu erzielen. Diese Argumentation lehnt PETA normalerweise ab, aber für die eigenen Artikel ist so ein Vorgehen dann plötzlich kein Problem. Ein Schelm, wer hierbei Doppelmoral wittert.

Die wundersame PETA-Welt der Krokodile

Nilkrokodil im Hippodom des Kölner Zoos. | Foto: zoos.media

Bei den Reptilien wird es nicht besser: “Insgesamt gibt es 23 Krokodilgattungen, die teilweise nur schwer voneinander unterscheidbar sind.” Das ist halt einfach falsch. Es gibt etwa 25 Arten, die sich auf 8 bis 9 Gattungen in den drei Familien der so genannten Echten Krokodile, der Alligatoren inklusive der Kaimane und der Gaviale verteilen. Eine Sekunde echte Recherche hätte das zu Tage gebracht.

Auch eine besonders possierliche Überschrift eines Fakts in dem Zusammenhang: “Krokodile leben fast auf der ganzen Welt verbreitet”. Eigentlich sind Krokodile recht schmal für ihre Körpergröße, aber PETA meint wahrscheinlich, dass sie verbreitet sind. Das selbst ist halt auch nur mit sehr viel Phantasie der Fall. Das “fast” muss man schon sehr weit ausdehnen, ist doch der küstennahe Südwesten der Vereinigten Staaten ihr nördlichstes Verbreitungsgebiet.

Wenn es dann um die Unterscheidung der drei Familien geht, wird etwas unfachmännisch rumgedruckst – letztendlich geht das bei den rezenten Arten ganz einfach anhand der Kieferformen und der Buchstaben U, V und Y. Die Kiefer von Alligatoren sind eher wie ein U geformt, die der Krokodile wie ein V und der der Gaviale wie ein Y. Etwas schwierig ist das bei bestimmten Grenzfällen zwischen V und Y, aber hier hilft die Information durchaus, dass Gaviale einfach durch die Bank mehr Zähne haben.

Alligator sinensis im Zoo Saarbrücken | Foto: Berthold Werner, Lizenz: gemeinfrei

“Alligatoren halten “Winterschlaf””, behauptet PETA und weiter: “Durch das Herunterfahren des Stoffwechsels werden die Körperfunktionen minimiert und Energie gespart.” Auch das ist einfach falsch. Die Körpertemperatur kann von Krokodilen eben gerade nicht physiologisch geregelt werden, sondern sie entspricht der Umgebungstemperatur. Daraus entsteht dann eine Winterstarre, was etwas anderes ist als ein Winterschlaf – da kann man auch noch so viel in Gänsefüßchen setzen. Der richtige Begriff ist Kältestarre und die ist eben nicht chronobiologisch, also durch die (Jahres-)Zeit reguliert wie der Winterschlaf. Es ist etwas fundamental anderes.

“In vielen Teilen der Welt – zum Beispiel in Vietnam – leiden unzählige Krokodile und Alligatoren weiterhin wegen ihrer Haut für Bekleidung, Schuhe, Taschen und Accessoires”, erklärt PETA – wo sie natürlich Vorkommen von Alligatoren in Vietnam finden wollen, ist dabei fraglich, weil es Alligatoren, bis auf den China-Alligator in einem kleinen Gebiet an der chinesischen Pazifikküste, nur auf dem Amerikanischen Doppelkontinent gibt. Solche Fehler sind halt etwas peinlich, wenn man sich vorher noch als Experte für Verbreitungsgebiete ausgibt.

Natürlich versucht man aber beim Zootier des Jahres auch einen Seitenhieb gegen Zoos zu tätigen: “Viele der Krokodile, die noch heute in Zoos leben, wurden als Wildfänge aus ihrem natürlichen Lebensraum entrissen – später wurden Krokodile als Wildfänge für Zoos aus Artenschutzgründen verboten.” Das stimmt so nicht, weil die auch für den Artenschutz massiv relevante Erhaltungszucht erstens seit Jahren funktioniert und es zweitens nicht mehr wirklich viele Tiere sind, die aus der Natur stammen. Drittens ist die Inobhutnahme aus Tier- oder Artenschutz-Zwecken weiterhin erlaubt. Die zahlreichen Auswilderungen lässt PETA zudem unerwähnt.

Zootier des Jahres 2021: Das Krokodil

Bei Orcas wird es dann richtig peinlich

Die edukative Orca Show im Loro Parque begeistert für gewöhnlich pro Tag mehrere tausend Menschen. | Foto: zoos.media

Der Fakten-Artikel zu Orcas ist geprägt von Überzeichnungen. Das Sozialgefüge wird völlig eindimensional dargestellt und ignoriert die Existenz von solitär oder in kleinen Gruppen lebenden Orcas völlig. In dem Zusammenhang fällt auch der Satz: “Die Schwangerschaft einer Schwertwalkuh dauert 15 Monate.” Das ist falsch – durch die Haltung der Tiere hat man herausgefunden, dass sie 17-18 Monate dauert.

“Jede Familiengruppe hat somit ihre eigene Sprache mit eigenen Dialekten, sodass sich nur Mitglieder eines Pods untereinander verstehen”, behauptet man auch. Das ist auf vielen Ebenen falsch, weil es keine Sprache ist, sondern es sind einzig der Verständigung dienende, bedeutungstragende Lautäußerungen – die findet man bei sehr vielen Tierarten. Präriehunde haben etwa für jeden Beutegreifer einen bestimmten Laut. Auch das ist keine Sprache.

Sprache ist viel mehr als nur Verständigung. Es stimmt, dass Orcas sich verständigen, aber von Sprache zu sprechen ist einfach sehr hoch gegriffen, und ist leider typisch für die Vermenschlichungen, mit denen weder Tierrechtsideologen noch wirkliche Tierfreunde den Tieren einen Gefallen tun!

Mit den Dialekten geht es dann aber vollkommen schief. Die Tiere verstehen sich auch außerhalb der eigenen Pods und es konnte durch Studien in Menschenobhut sogar nachgewiesen werden, dass sie ihren Dialekt adaptieren. Sehr spannend für die Wissenschaft, war die Introduktion von Morgan in die Gruppe des Loro Parque. Normalerweise “lernen” zugezogene Tiere den “Dialekt”, in dem Fall, nahmen die Tiere aber Laute von Morgan in ihren Dialekt auf, weil sie durch ihre Hörbehinderung den Dialekt nicht lernen konnte, aber trotzdem vokalisiert.

Springende Schwertwale in Marineland Antibes | Foto: Andreas Ahrens, Lizenz: CC BY 2.0

Ebenfalls überschätzt wird die Reisefreudigkeit der Orcas, denn manche Ökotypen sind alles andere als “reisefreudig”, wie es PETA allerdings für alle Orcas behauptet. Vielmehr sind besonders residente Orcas sogar reisefaul. Sie bleiben in der Natur standorttreu und leben an ihrem bevorzugten Ort. Die Orcas bewegen sich da auch nicht weg, was sie wiederum anfällig für Überfischung und Umweltverschmutzung macht. Das treibt Orca-Populationen an den Rand ihrer Vernichtung, was Zoos und Aquarien ernst nehmen, während PETA solche biologischen Tatsachen offensichtlich leugnet.

Richtig gelogen wird dann bei der Lebenserwartung: “Bei wild lebenden weiblichen Orcas liegt die durchschnittliche Lebenserwartung zwischen 50 und 80 Jahren, männliche Tiere werden im Durchschnitt nur circa 30 Jahre alt.” Das ist völliger Blödsinn. Man weiß bei drei Populationen recht viel über die Lebenserwartung: Die mediane Lebenserwartung liegt bei diesen Populationen zwischen 20 und 33 Jahren, die durchschnittliche Lebenserwartung zwischen 29 und 48 Jahren (Robeck et al., 2015).

Aber nicht nur dabei wird gelogen, sondern es wird auch ein altes Märchen zum Besten gegeben: “In Einzelfällen erreichen Schwertwale auch ein Alter von über 100 Jahren.” Es ist nur ein Fall bekannt, auf dem ein Orca auf über 100 Jahre geschätzt wurde, sie hieß Granny, aber das beruhte auf einem längst aufgedeckten Fehler bei der Schätzung, weil Verwandtschaftsverhältnisse, auf denen man die Rechnung basiert hatte, durch genetische Untersuchungen widerlegt wurden. Damit versucht PETA dann zu Populismus gegen Delfinarien über zu leiten. Fest steht aber, dass Tiere, die in der SeaWorld-Population geboren wurden, eine höhere Lebenserwartung haben als ihre wilden Artgenossen.

Datiert ist der Artikel auf den März 2021 und man behauptet: “Im Meerespark SeaWorld in Orlando leben beispielsweise zwei Wildfänge” – das ist halt auch falsch. Schon im Januar 2019 lebten dort, laut öffentlichen Informationen, nur noch Katina, Trua, Nalani, Malia und Makaio. Bis auf die 44-jährige Katina sind alle Tiere dort geboren. Also, es scheitert schon an der grundlegenden Basis der Informationen. Das ist halt PETA – sowas verkaufen die dort als Fakten.

PETA-Fakten: Faszinierend peinlich

Schwarzer Haubenlangur im Twycross Zoo | Foto: Julielangford, Lizenz: CC BY-SA 3.0

In einer Pippi-Langstrumpf-Mentalität bastelt sich PETA hier also eine Scheinwelt zusammen, die mit der Realität nur entfernt zu tun hat. Letztendlich ist die Strategie dahinter durchschaubar: diese SEO-affinen Artikel sollen ein Einstieg bieten in die verquere Welt der Tierrechtsindustrie. Das waren ja jetzt nur ein paar Beispiele – es sind noch weitere Fehler in den Artikeln und noch viel mehr in den übrigen Artikeln nach dem gleichen Schema. Dieser Artikel soll nur einen kleinen Einblick darin geben.

Was man aber schon jetzt konstatieren kann, ist der Umstand, dass es hier PETA nicht um Bildung geht, sondern eher darum, eine Art Pseudo-Fakten-Milieu zu schaffen, in dem die falsche Ideologie der Tierrechtsbewegung gedeihen kann. Moderne Zoos und Aquarien hingegen, die PETA – genauso wie jede andere Form der Tierhaltung – schließen will, haben einen Bildungsauftrag und erfüllen ihn nachweislich. Sie tun dies vor allem auf Basis der aktuellen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Literatur.

PETA hingegen betreibt hier systematische Desinformation. Dass mal kleine Fehler in Bildungsmaterial unterlaufen können, sei verziehen, aber bei PETA ist die Desinformation offensichtlich nicht versehentlich, sondern hat vielmehr Methode. Das zeigt auch wie wichtig es ist, nachhaltig über diese Organisation aufzuklären. Erneut zeigt sich, dass etwas, das PETA als Fakt bezeichnet, eben nicht tatsächlich wahr sein muss.

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