Blauer Malawibuntbarsch (Maylandia zebra) im Zoo von Edinburgh | Foto: Bardrock, Lizenz: CC BY-SA 1.0

PETA und die rechnenden Fische

Exklusiv für zoos.media – 11.04.2022. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Doppelzüngigkeit der radikalen Tierrechtsorganisation PETA ist inzwischen wohl als legendär zu bezeichnen und sie ist im vorliegenden Fall besonders entlarvend.

PETA und die rechnenden Fische

Über eine Woche nach der offiziellen Pressemitteilung der Universität Bonn griff PETA das Ergebnis einer Studie auf, die es nach der eigenen Ideologie niemals hätte geben dürfen und die auch gar nicht stimmt, wenn man den eigenen Aussagen der Organisation Glauben schenkt:

Dieser Post ist auf sehr viele Arten bemerkenswert.

PETA & Tierversuche

Junger Pfauenaugen-Stechrochen (Potamotrygon motoro) im Loro Parque auf Teneriffa | Foto: zoos.media

Die radikale Tierrechtsorganisation behauptet ständig, Tierversuche seien “wissenschaftlich ungenau”, “fehlerhaft”, “unmoralisch” und “speziesistisch” – also kurz: man schüttet auch über seriöse Wissenschaft seit etlichen Jahren sinnlosen Populismus aus. In dieser verqueren Welt der pseudo-wissenschaftlichen Verschwörungstheorien von PETA ist die Studie, die die Organisation zum Thema macht, ja eigentlich völlig unbrauchbar. Dazu stellt PETA sie völlig falsch dar. “Cichlids and stingrays can add and subtract ‘one’ in the number space from one to five“, lautet der Titel der Studie. Das ist allersimpelste Mathematik und das als “können rechnen” zu qualifizieren, würde vielleicht so manchen Grundschüler freuen, der seine ersten mathematischen Schritte vollbringt, bei dem ihm wohl kein anderer außer wohl PETA schon in so besonderer Art und Weise Rechenkompetenz unterstellen würde.

“In conclusion, the ability to ‘count’ and to perform simple arithmetic processes is not just present in humans, non-human primates and birds, but also in invertebrates such as honey bees and spiders and not surprisingly also in fish, both teleosts and elasmobranchs.” – Auszug aus der Studie
[Deutsche Übersetzung: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Fähigkeit zum “Zählen” und zum Ausführen einfacher arithmetischer Prozesse nicht nur bei Menschen, nicht-menschlichen Primaten und Vögeln vorhanden ist, sondern auch bei wirbellosen Tieren wie Honigbienen und Spinnen und nicht überraschend auch bei Fischen, sowohl Knochenfischen als auch Plattenkiemern.]

All das wissen wir durch Tierversuche – eine Praktik, die PETA ablehnt. Tatsächlich ist die Tierrechtsorganisation damals mit inszenierten Fotos der Silver Spring Monkeys groß rausgekommen. Jetzt nimmt sie die Ergebnisse einer Studie hervor und fordert daraus: “Die Politik muss Fische endlich als empfindungsfähige, schlaue Tiere anerkennen und vor menschgemachten Bedrohungen besser schützen.” Das ist völlig sinnbefreit, weil es völlig egal ist, ob ein Tier empfindungsfähig oder schlau ist – es muss generell geschützt werden. Der dümmste Barsch ist für das Ökosystem genauso wichtig wie der schlauste Rochen.

Der Umgang mit der Studie zeigt also einmal mehr, dass PETA von Natur- und Artenschutz genau so wenig Ahnung hat wie von der Wissenschaft. Es ist wirklich frappierend, dass es Angestellte solcher Organisationen sind, die nicht mal eine Studie ordentlich einordnen können, die aber gleichzeitig behaupten, es besser zu wissen als Wissenschaftler und andere Experten, die – im Gegensatz zu PETA – aktiv in Forschung und Schutzprojekten sind. Dass sie von den Tieren aus der Studie auch nichts verstehen, zeigt auch das Titelbild: Ein Blauer Malawibuntbarsch (Maylandia zebra) sieht man dort ebenso wenig wie einen Pfauenaugen-Stechrochen (Potamotrygon motoro) – beide sind zudem im Süßwasser beheimatet.

Wichtige Arbeit möglich – auch dank Zoos

Die Malawibuntbarsche kamen aus dem Aquarienhandel, den PETA ablehnt, und die rechnenden Rochen aus dem Frankfurter Zoo, dessen Existenz PETA beenden will, weil ja bekanntlich alle Zoologischen Gärten, macht man sich die PETA-Ideologie zu Eigen, abgeschafft werden sollen. Daran sieht man auch wie viele Rollen rückwärts PETA hier offensichtlich machen musste, um die Studie zu berücksichtigen. So zieren sie sich auch auf Facebook, die Frage eines Users in die Richtung, wie die Forscher das denn herausgefunden hätten, direkt zu beantworten. Stattdessen schreibt man: “Im Artikel findest du eine ausführliche Antwort auf deine Frage.” Man wagt sich also nicht mal selbst zuzugeben, wie gegenläufig das Teilen einer solchen Studie zu den eigenen Narrativen ist.

PETA: „Wir wollen das Ende jeglicher Tierhaltung“

Es sind tatsächlich eben auch die Zoologischen Gärten, die helfen, solche wichtigen Tierversuche umzusetzen, indem sie Tiere aus ihrer Zucht in die seriöse Forschung geben. Diese Studie ist nämlich ein hervorragendes Beispiel wie man dank Grundlagenforschung wichtige Erkenntnisse über Tiere entdeckt. Daher öffnen Zoos und Aquarien regelmäßig ihre Türen für wichtige Forschung, die manchmal Leben rettet, aber auch manchmal ein größeres Verständnis der Tiere ermöglicht oder sogar Schutzarbeit möglich macht.



All diese wichtige und vor allem auch tierschutzkonforme Arbeit will PETA torpedieren. Die Organisation lehnt das überdeutlich ab – jeden Bestandteil dieser Forschung. Sich darauf dann trotzdem zu beziehen und es dann nicht mal zuzugeben oder seriös aufzuarbeiten, illustriert die unseriöse Arbeit von PETA einmal mehr. Letztendlich zeigt die Studie vor allem, dass Fische trainierbar sind, einfachste Mathematikaufgaben mit Multiple Choice zu lösen. Das hätte man die Fische im Korallenriff auf dem Bild von PETA freilich nicht fragen können. Daher ist die Tierhaltung sehr wichtig, um das Wissen über Tiere zu mehren und am Ende auch zu vermitteln.

Was ändert die Studie?

In der Tierhaltung selbst ändert die Studie nichts – es war keine große Überraschung, dass die Tiere das machen konnten, aber nun wurde es bewiesen. Viele Menschen unterschätzen Fische, Experten in Zoos und Aquarien aber sicher nicht. Von den Plattenkiemern, also den Hai- und Rochenartigen, weiß man sehr gut wie trainierbar sie sind. So kann man sie etwa darauf trainieren, dass sie sich komplett freiwillig Blut abnehmen lassen, was für Haie eine – auch kognitiv – nicht zu unterschätzende Aufgabe ist. Seit vielen Jahren arbeiten Zoologische Institutionen daran, das Image des “dummen” Fisches umzukehren.

Somit ist die Studie letztendlich Wasser auf die Mühlen der Zoos und Aquarien, genauso wie auf die der seriös mit den Tieren forschenden Wissenschaft. Sie widerlegt auch wesentliche Narrative der radikalen Tierrechtsorganisation PETA. So ist es auf der einen Seite ironisch, aber auf der anderen Seite entlarvend, dass PETA diese Studie benutzen will, um die Politik von etwas zu überzeugen, von dem sie gar nicht überzeugt werden muss, weil die Empfindsamkeit und die Intelligenz bei der Frage nach dem Schutz der Tiere keine Rolle spielt. Ein Tier würde nicht besser dadurch, dass es rechnen kann. Wenn PETA wirklich etwas am Schutz von Fischen liegen würde, dann würden Zoos und Aquarien nicht abgelehnt und bekämpft, sondern gelobt und unterstützt.

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