Besucher sind begeistert von Panda-Gehege | Foto: Screenshot des Spiels "Planet Zoo"

“Planet Zoo”: Die Stunden bis zur ersten Themenwelt

Exklusiv für zoos.media – 17.11.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

In diesem Artikel geht es um das neue Spiel “Planet Zoo”. Das macht sehr viel Spaß. Warum das so ist und warum es auch eine positive Aussage zu Zoos beherbergt, wird folgend erläutert.

“Planet Zoo”: Die Stunden bis zur ersten Themenwelt

Das neue Spiel “Planet Zoo” wurde veröffentlicht und plötzlich sieht man auf YouTube Let’s-Player wie sie Gehege bauen, über Wohlbefinden von Tieren sprechen und Aktivitäten im Bereich der Arterhaltung koordinieren. Das gab es in der Geschichte der Plattform so noch nie. Der Spiegel lässt derweil einen Tierpfleger das Spiel testen. Doch was steckt hinter dem Spiel, das Videospiel-Profis und den Journalismus neue Wege gehen lässt?

Fallbeispiel: Asien-Themenwelt

Auch, wenn die Themenwelt sicher noch nicht fertig ist, so gab es beim ersten Test des Spiels unsererseits schon ein halbwegs vorzeigbares Ergebnis:

Asien-Themenwelt von oben | Foto: Screenshot des Spiels “Planet Zoo”
Im Spiel ist detailverliebte Ausgestaltung möglich | Foto: Screenshot des Spiels “Planet Zoo”

Fünf Gehege und viele Besucher kann man auf dem Screenshot, der, wie alle anderen auch, im Rahmen des Zitatrechts zum Zwecke der journalistischen Berichterstattung hier gezeigt wird, erahnen. Ebenso entdeckt man auch Gebäude für Tiere und Mitarbeiter. Das zeigt eine wesentliche Stärke des Spiels auf: man kann überhaupt mal Themenwelten schaffen. Das funktioniert auch von großen Gebäuden bis hin zu kleinen Details wie man es auf dem Screenshots rechts gut sehen kann. Im Artikel Immersion im Zoo wurde ja dargelegt wie wichtig Details bei der Gestaltung von Themenwelten sind. Wer also Landschaften gestaltet und gerne dekoriert, kommt voll auf seine Kosten. Es könnten zwar noch etwas mehr Elemente sein, aber auch schon jetzt kommt man gut mit Laternen, Karren, Schildern und mehr aus.

Auch in den Gehegen kann man es den Tieren richtig schön machen und den Besuchern einen tollen Anblick verschaffen. Obgleich Spielegrafik generell es mit der Realität nicht aufnehmen kann, gehen die einzelnen Elemente authentisch im Gesamtdesign des Spiels auf. So könnte ein Zoo eben durchaus aussehen – zumindest in einer sehr realitätsnahen Phase der Planung. Dem Spielfluss zuträglich ist aber auch, dass man nicht zu sehr ins Detail geht. So spielt zwar die Verfügbarkeit von Strom eine gewisse Rolle und auch eine Wasseraufbereitung sollte man bauen, aber man muss keine Rohre und Leitungen verlegen oder einplanen, was sehr angenehm ist.

Infrastruktur ist wichtig

Eingänge hinter die Kulissen lassen sich schön gestalten. | Foto: Screenshot des Spiels “Planet Zoo”

Trotzdem spielt aber die Infrastruktur im Zoo von “Planet Zoo” eine gewisse Rolle. Das bezieht sich hauptsächlich auf die Mitarbeiter. Die brauchen Pausenräume, Werkstätten und mehr, eine Tierarztpraxis samt Quarantäne-Bereich darf auch nicht fehlen, genauso wie natürlich ein Handelszentrum, wo man die Tiere herbekommt. Das Problem: Solche Bauten gefallen des Besuchern nicht sonderlich. Also tut man gut daran sie zu verstecken. Im Fallbeispiel geschieht das in einem Bergdorf, dass auch gleichzeitig als Kulisse dient. Weit genug entfernt stört es die Besucher nicht und rundet das Bilder der Themenwelt zudem ab.

Nun müssen aber die Mitarbeiter-Wege mit den Besucherwegen verknüpft sein und das sieht nicht sonderlich schön aus, wenn man es einfach so verbindet. Zwar achten die Besucher durchaus, dass sie nicht auf die Mitarbeiterwege dürfen, aber schön wird ein Übergang dadurch nicht. Also muss man etwas erfinderisch werden, um das optisch einzubetten und dazu findet man auch alles, was es braucht. Auf dem Screenshots rechts zum Beispiel geht ein Handwerker gerade durch ein Tor, das man sich aus drei Teilen zusammen bauen kann. Dahinter geht eine durch Bäume und Felsen völlig verstecke Treppe zum Gipfel des Berges, wo der Mitarbeiter alles findet, was er zum Arbeiten und Pause machen benötigt.

So bekommen Spieler auch ein Gespür dafür, wie es Backstage bei Zoos organisiert werden muss ohne aber den Gelegenheitsspieler zu überfordern. Das ist eine gute Balance, die zudem das gestalterische Können herausfordert. So können groß und klein einen kleinen Einblick nicht nur in das Design, sondern auch in die Organisationsstruktur moderner Zoos bekommen. Darüber hinaus kann man Zuchtpopulationen managen und so auch Tiere für die Auswilderung züchten. Dieser Bereich ist aber dann doch sehr rudimentär. Der Aspekt der Gärtnerei wird ganz ausgespart.

Bauen oft ein Kampf gegen die Kamera

Japanmakake in seinem Gehege mit Tierpfleger im Hintergrund | Foto: Screenshot des Spiels “Planet Zoo”

Durch die recht komplexe, aber noch gerade so überschaubare Struktur kann man Stunden in dem virtuellen Zoo verbringen und sich um Tiere kümmern und seinen Zoo ausbauen. Gerade das Bauen kann aber mühsam werden, weil die Kamera, die man steuert, um den Überblick zu behalten, besonders am Anfang sich als sehr wild herausstellt. So hängt man plötzlich im Wassergraben oder schaut auf leere Landschaft und weiß nicht so ganz wie man hingekommen ist und nun wieder zurück kommt. Das kostet Zeit und ist ärgerlich, aber mit man gewöhnt sich nach einer Weile gut an die Steuerung.

Was man dann mit der Kamera sieht, wenn ein Gehege fertig ist und es den Tieren gut geht, ist aber – besonders im Vergleich mit vorher erschienenen Spielen in dieser Richtung wie die Reihe “Zoo Tycoon” – ungemein belohnend. Es gibt unterhaltsame Tieranimationen und man kann recht nah heranzoomen ohne, dass die Tiere unschön oder unnatürlich aussehen würden. Selbstverständlich kann so eine Tieranimation aber auch niemals ein echtes Tier ersetzen.

Je mehr Stunden man investiert, je routinierter wird man und je schneller wächst der Zoo. Wenn der Zoo allerdings wächst, wird es umso umfangreicher, das ganze Unternehmen zu managen. Wenn plötzlich 100 Flamingos von einer Krankheit erwischt werden, kann man schon mal ins sprichwörtliche Schwitzen kommen. Hier macht dann Quarantäne Sinn, um infizierte Tiere zu isolieren und so weiter. In solchen Momenten wünscht man sich dann einen kompetenten Distrikt-Leiter einstellen zu können, denn wenn das Krisenmanagement schief geht, hat man plötzlich Aktivisten vor dem Gehege stehen. Die sind – anders als in der realen Welt – tatsächlich am Wohlergehen der Tiere interessiert und vergiften sie nicht, denunzieren Verantwortliche nicht oder lehnen Zootierhaltung aufgrund einer kruden Ideologie nicht komplett ab. Wie in der realen Welt haben sie allerdings auch keinen merklichen Einfluss auf die Besucherzahlen – die kommen trotzdem.

Tiere sind die Stars

Süßes Schneeleoparden-Baby mit Erwachsenen im Hintergrund | Foto: Screenshot des Spiels “Planet Zoo”

Was sehr begrüßenswert ist, ist nicht nur die Gestaltung der Tiere, sondern auch wie sie im Mittelpunkt stehen: sie müssen sich wohlfühlen, sie müssen toll präsentiert werden, sie müssen optimal gehalten werden. Das Spiel lässt auch nicht zu, dass der Spieler dieses Wohlergehen ignorieren kann. Somit ist man also tatsächlich damit beschäftigt, worum es auch in jedem guten Zoo primär geht: dass es den Tieren gut geht. Genau das versteht auch der Spieler. Wenn das hänge bleibt, ist das eine gute und lehrreiche Spielerfahrung.

Wer mit Spielfreude dabei ist, dem geht dann schon das Herz auf, wenn ein bedrohter Schneeleopard geboren wird, nachdem man einige Zeit darauf verwendet hat, es seinen Eltern schön zu machen. Genauso soll es auch sein. Was gerade in Zucht allerdings etwas problematisch ist, ist die Geschwindigkeit, indem die Zucht dann klappt, sobald sie einmal klappt. Da die Spielzeit komprimiert ist, muss man ein waches Auge auf die Gehege haben, denn während Flamingos – solange der Platz stimmt – nichts gegen zahlreiche Gesellschaft haben, sind Schneeleoparden not amused und fangen an sich zu bekämpfen.

Somit verliert sich aber auch nie der Fokus auf das Tier. Was im Sandbox-Modus, wo man frei ohne finanziellen Druck bauen kann, schnell in den Hintergrund gerät, ist der wirtschaftliche Aspekt – trotzdem hat man noch genug zu tun, wenn der Zoo erstmal ein paar Gehege hat. Dieser Modus ist auch am ehesten für Gelegenheitsspieler geeignet. Im Sandbox-Modus zeigt sich aber auch: wer seine Tiere gut hält, im Artenschutz aktiv ist und den Besuchern ein tolles Erlebnis bietet, der macht auch Profit. In der realen Welt ist das ja leider nicht immer so einfach, aber es ist sicher auch einer guten Message zuträglich, dass es im Spiel so ist.

“Planet Zoo” kann einen echten Zoo nicht ersetzen

Auch spektakuläre begehbare Anlagen sind möglich. | Foto: Screenshot des Spiels “Planet Zoo”

Nicht nur aufgrund seiner Komplexität, kann dieses Spiel einen echten Zoo nie ersetzen – muss es auch gar nicht. Es ist ein tolles Spiel, das Lust auf Zoos und Vivarien macht. “Planet Zoo” schafft es trotzdem eine gute Message für moderne Zoos und Aquarien zu formulieren und Hobby-Zoologen einen guten Einblick zu bieten. Das ist an sich eine echt gute Sache. Gerade die Gaming-Zielgruppe ist nicht per se zooaffin und um die mit einer Artenschutz-Message zu erreichen, ist dieses Spiel aktuell das Beste am Markt.

Es ist ein bisschen vergleichbar mit dem Bau einer Modelleisenbahn: es ist nicht die Realität, aber man hat Spaß und Freude an dieser vereinfachten, aber gleichzeitig detailverliebten und durchweg positiven Welt. Wer eine Modelleisenbahn steuert und durch eine selbst erdachte Landschaft bewegt, ist auch nicht gleich professioneller Zugführer oder großartiger Landschaftsarchitekt, aber er bekommt ein Gespür dafür. Das ist wichtig und das macht die Faszination aus. Ein bisschen so kann man sich “Planet Zoo” vorstellen – nur, dass sich eben alles bewegt und realer aussieht als im Modellbau.

Videospiele werden häufig kritisch gesehen und das ist auch gut so – über manche Inhalte muss man reden und ihre Wirkung wissenschaftlich erforschen. Die Forschung zeigt zwar sehr deutlich, dass gute Computerspiele sich durchaus positiv auswirken können, wenn das Medium von dem Umfeld richtig vermittelt wurde – sogar Shooter-Spiele. Dieser Diskussion muss sich “Planet Zoo” aber gar nicht stellen. Man kann hier niemandem Gewalt antun, sondern wird dafür belohnt, wenn man Gutes bewirkt. Das ist dann doch eine durch und durch schöne Aussage.

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