Dr. K. Alexandra Dörnath mit einem ihrer tierischen Patienten | Foto: Felix Müller

taz-Werbung stolpert über Doktorarbeit

Exklusiv für zoos.media – 19.08.2022. Autor: Philipp J. Kroiß

In der taz erschien, im Rahmen einer Lobhudelei für ein Buch von Colin Goldner, Hatespeech gegen die Tierärztin Dr. K. Alexandra Dörnath – haltbar ist allerdings beides nicht.

taz-Werbung stolpert über Doktorarbeit

Wenn man Benno Schirrmeisters Machwerk über ein Buch von Colin Goldner vom Great Ape Project, das sich, kann man den recherchierbaren Zahlen glauben, nicht umsonst bemerkenswert schlecht verkauft, liest, fragt man sich, warum dieses Geschreibsel nicht als Werbung gekennzeichnet ist. Für die taz, die mit journalistischer Qualität für zahlende Nutzer werben möchte, kommt das einer Bankrotterklärung gleich.

Übernahme von Verschwörungstheorien

Robby in liebevoller Interaktion mit seinem Ziehvater | Foto: Dr. Alexandra Dörnath

Völlig unkritisch geht der Artikel mit den Verschwörungstheorien des Buches von Goldner um, moniert aber im gleichen Atemzug wie die Zeitung, für die er schreibt, in “beklemmend unkritischer Weise” mit echter Expertise umgegangen wäre. Das könnte man fast witzig finden, wenn der Artikel nicht versuchen würde, solche Verschwörungstheorien als Realität zu verticken.

Was für ein Bild gibt der Artikel? Eine Bremer Tierärztin influenziere im Geheimen sämtliche Medien. Sie ziehe die Fäden nicht nur sämtlicher Zeitungsberichterstattungen, sondern auch der von Radio und Fernsehen. Die daraus resultierende Berichterstattung hätte wiederum das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht beeinflusst, die Entscheidung zu treffen, die dem Schimpansen Robby damals das Leben rettete: ihn bei seiner Circus-Familie zu belassen und nicht in ein sehr fragwürdiges Sanctuary, das Schimpansen seit vielen Jahren in Käfigen hält, wo es – durch ein Zuchtverbot – zu unnatürlichen Gruppenkonstellationen kommt, zu bringen.

Jetzt heißt diese Tierärztin aber nicht, wie sonst üblich bei solchen alubehüteten Weltverschwörungen, Rockefeller, Rothschild oder sonst wie, sondern es handelt sich um die renommierte 51-jährige Veterinärmedizinerin Dr. K. Alexandra Dörnath. Schirrmeister gibt alles, um sie in ein schlechtes Licht zu rücken, scheitert aber schlicht an Fakten.

Doktorarbeit als Fallstrick

Der Hüftfeger “Harai-goshi” im Judo | Foto: Gotcha2, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Schirrmeister moniert, dass sich die Doktorarbeit von Dr. Dörnath nicht auf eine Verhaltensstudie an Affen beziehen würde. Ironischerweise fällt ihm dabei nicht auf, dass sich seine ganzen im Artikel vertretenden Thesen auf Narrative eines Autors beziehen, der anscheinend zu Fernöstlicher Kampfkunst promovierte, denn das ist die einzige Veröffentlichung, die von Colin Goldner in dem Jahr bei der Recherche auffindbar war, in dem er behauptet, seinen Ph.D. erlangt zu haben.

Ebenso scheint Schirrmeister – bei der taz zuständig für die Ressorts Agrar, Oper und Abseitiges – sich in Unkenntnis darüber zu befinden, wie naturwissenschaftliche Doktorarbeiten entstehen. Man beschäftigt sich im Laufe einer langen und anspruchsvollen universitären Laufbahn der Tiermedizin mit sämtlichen Themengebieten dieses medizinischen Zweiges. Im Laufe dieser Zeit kristallisieren sich Schwerpunkte.

In einer wissenschaftlichen Arbeit aber liegt die Kunst auf der Fokussierung. Eine Doktorarbeit obliegt gewissen Vorgaben und diese müssen eingehalten werden. Zu erwarten, es müsse eine Doktorarbeit über sämtliche Aspekte von Menschenaffen geben, zeigt nur eines: akademische Ferne. Er moniert: “Viel übers Sozialverhalten der Tiere ist diesem Buch nicht zu entnehmen.” Eine Doktorarbeit erklärt einem nicht alle Aspekte eines Tieres – für einen geübten Akademiker wäre das klar.

Gorillanachwuchs im Zoo Duisburg | Foto: zoos media, Lizenz: Erlaubnis des Fotografen

Spannend ist auch, dass er auffallend bemüht versucht, den Splitter im fremden Auge zu suchen, während er offensichtlich den Balken im eigenen genüsslich übersieht. Während Dr. Dörnath mit magna cum laude bei einem der renommiertesten Veterinärmediziner Deutschlands, mit dem sie unter anderem während dem Aufbau des Pongolandes im Leipziger Zoo zusammenarbeitete, promovierte, nachdem sie sich etwa ein Jahrzehnt intensiv mit Menschenaffen beschäftigte, war Goldners Monografie zur fernöstlichen Kampfkunst nicht mit solch positivem Feedback gesegnet.

Matthias von Saldern erklärte zum Beispiel die Arbeit zur Kampfkunst sei “in hohem Maße unwissenschaftlich, weil in seinem wissenschaftlichen Fundament porös und in seiner Diktion suggestiv.” Er setzt sich in Veröffentlichung sehr intensiv mit Goldner auseinander. Später erschien eine zweite Auflage der Doktorarbeit, nachdem der Herausgeber der Arbeit selbst die Mängel auch anerkannt hatte.

Zur Schau gestellte Ignoranz

So setzt Schirrmeister alles daran, durch absichtliche Weglassung von Fakten Dr. Dörnath als inkompetent hinzustellen, obgleich sein Protagonist – nicht nur in Bezug auf seine Doktorarbeit – der Expertise der Tierärztin nichts entgegenzusetzen hat. Er erwähnt nicht, dass sie in zahlreichen Zoos verschiedene Menschenaffen und andere Primaten betreut hat und ihnen auch das Leben rettete, indem sie Erkrankungen heilte, die in der Natur ein Todesurteil gewesen wären.

Dr. K. Alexandra Dörnath behandelt seit Jahrzehnten Primaten | Foto: Dr. K. Alexandra Dörnath

Er erwähnt weder ihre Studie über die Ernährung von Gorillas in europäischen Zoos, die sie unter anderem mit der renommierten Wildtier-Ernährungswissenschaftlerin Dr. Ellen Dierenfeld publizierte, noch ihre Publikation zu Menschenaffen mit einem Schweizer Zootierarzt, ihre Literatursammlung, die sie dem Gorilla-EEP zur Verfügung stellte, geschweige denn ihre intensive Feldarbeit zu unterschiedlichen Themen.

Ebenso belässt er ihren Master in Wildtiergesundheit unerwähnt, für den sie ein Jahr an der Zoological Society in London sowie dem Royal Veterinary College/ University of London studierte und die praktische Arbeit als Zootierarzt als Teil des Masters von der Pike auf im Zoo von London sowie dem Whipsnade Wild Animal Park erlernte. Auch jetzt noch behandelt Dörnath – für jeden nachvollziehbar und öffentlich – Primaten, ist Ansprechpartnerin der Wahl für das VOX-Format hundekatzemaus, wenn es um Affen geht. Und er übersieht anscheinend ihre Auszeichnung für Verhaltensbeobachtungen auf Galápagos.

Es ist lächerlich wie er versucht, einen Lebenslauf so zurecht zu schnippeln, dass dieser in sein Bild passt. Dabei setzt er auf eine Ignoranz und auch gewisse Dummheit der Leser – anders wäre das gar nicht zu vermitteln. Die Weglassung ist nämlich auch wesentliches Element der Lobhudelei des Autors des Buches, was er offenbar völlig unkritisch als Quelle verwendet und das sich in beinahe einem Jahr lediglich weniger als zwei Dutzend Mal über die offiziellen Kanäle verkauft hat. Oder liest man, dass Goldners Doktorarbeit mit Gorillas oder Schimpansen und insbesondere deren Verhalten gar nichts zu tun hatte? Natürlich nicht.

Plumpe Hatespeech

Schimpansenbaby im Loro Parque | Foto: zoos.media

Schirrmeister stimmt ein in den üblichen Hatespeech, den man vom Great Ape Project, dem Goldner vorsteht, nur allzu gut – etwa von der Facebook-Seite – kennt. Über ungeliebte Fachleute, Journalisten und sonstige Menschen werden auf der Seite, in einer Art Niveau-Limbo, Lügen verbreitet, Beleidigungen gepostet und Hass gestreut.

Der taz-Mitarbeiter attackiert eine ihm persönlich nicht bekannte, eine seit einem Vierteljahrhundert über internationale Erfahrungen in der Zoo- und Wildtiermedizin sowie im Artenschutz verfügende Tierärztin ohne ihr eine faire Chance der Gegenrede zu geben. Seriöser Journalismus geht anders – wäre es nicht so dreist, könnte es als Realsatire abgestempelt werden, alle könnten einmal lachen und umblättern. Dass sein Geschreibsel wohl gegen die Ethik des Presserats verstößt, hätte spätestens der taz-Redaktion auffallen müssen.

Mit der Veröffentlichung stellt sich auch das Medium selbst, also die taz, in eine üble Tradition. 2019 stand über einem Kommentar in der taz: “Auch verbaler Hass ist Gewalt”. In das Handeln des Unternehmens scheint diese Erkenntnis keinen Einzug erhalten haben, denn sonst wäre dieser Artikel nie veröffentlicht worden.

Schirrmeister, Goldner & die taz

Der Schimpanse Robby hält die Hand von Tierärztin Dr. K. Alexandra Dörnath | Foto: K. Alexandra Dörnath

Es ist nicht das erste Mal, dass Schirrmeister Goldner in einer Mischung aus Lobhudelei, Hofberichterstattung und Beweihräucherung ein Forum in der taz bietet. In einem ausführlichen Interview durfte Goldner ausführen, warum der Dalai Lama eine “Witzfigur” sei. Dabei darf er fast monologhaft ausführen, warum seine herabwürdigende Art über einen anderen Menschen zu sprechen „ach so berechtigt“ wäre.

Allerdings ist wenig überraschend, dass ausgerechnet die taz Goldner immer mal wieder zur Seite springt, schreibt er doch selbst für diese Zeitung. Hin und wieder ist er Gast-Kommentator bei der taz. In dieser Funktion zog er schon 1996 über den Dalai Lama und seine Anhänger gemeinsam mit Jutta Ditfurth in der taz ab.

Eine Zeitung, die jemanden verteidigt, der für sie schreibt, ist erstmal nichts Ungewöhnliches oder Verwerfliches, aber auch das lässt Schirrmeister ja aus und stellt es so hin als sei Goldner einfach ein Autor von einem Buch, dem er offensichtlich bedingungslos Glauben schenkt. So bekommt diese unverhohlene Werbung dann nochmal ein viel fragwürdigeres Geschmäckle.

Was bleibt?

Robby beim Malen mit Ziehvater und Familienhund | Foto: Dr. Alexandra Dörnath

Der Artikel spricht zum Schuss von “journalistischem Versagen” und liefert selbiges in beispielloser Weise ab, aber Selbstreflektion scheint wohl an dieser Stelle nicht das Gebot der Stunde gewesen zu sein. Man erkennt im Artikel nicht nur schlicht den Rechtsstaat nicht an, verbreitet Verschwörungstheorien der Tierrechtsindustrie und bewirbt völlig unkritisch ein Buch, sondern vergeht sich zuletzt auch noch in übler Hatespeech.

Es bleibt also ein bisschen mehr Hass im Internet, der letztendlich aber mehr über die taz und Schirrmeister sagt, als über Dr. Dörnath. Eine Buch-Werbung wird zur Selbstoffenbarung des eigenen Versagens, das man bei anderen zu finden sucht. Es ist eine erschreckende Peinlichkeit.

Ganz unbeeindruckt lebt Robby derweil weiter mit Familie Köhler das glückliche Leben, für das Dr. Dörnath als Tierärztin und auch als Tierschützerin selbstlos kämpfte. Der auf den Menschen geprägte Affe wäre außerhalb seiner Circus-Familie nicht glücklich geworden. Rund 50-jährig stammt er aus einer Zeit, in der man solche “Fehlprägung” noch nicht zu verhindern wusste.

Wie selbstverständlich aber vergisst Schirrmeister auch zu erwähnen, dass es ein 600-Seiten starkes, im MusketierVerlag publiziertes Werk über “Robby” gibt. In dieser Kombination aus Roman und Sachbuch schreiben übrigens insgesamt 67 Autoren zu Robby.

„Jetzt rede ich“: Schimpanse Robby in der literarischen Manege

Seriöser Tierschutz weiß, dass diese Tiere eine nach wie vor durch Menschen geprägt geprägte Unterbringung und eine besondere Zuwendung brauchen. Im auch von Schirrmacher favorisierten Sanctuary auf dem Niveau eines Roadside-Zoos, wäre das nicht möglich gewesen. Das lässt er natürlich auch weg – genauso wie den Umstand, dass Dr. Dörnath, die bis heute Robby als Tierärztin betreut, mit ihrer Einschätzung völlig Recht behalten hat. Daran ändert auch die ganze würdelose Hatespeech nichts, mit denen man das zu verdecken sucht.

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