Kuh der Rasse Bruna de Maramureş in Rumänien | Foto: Pankovits Arthur, Lizenz: CC0 1.0

Vegane Landwirtschaft nicht besser für Klima und Welternährung

Exklusiv für zoos.media – 25.04.2022. Autor: Philipp J. Kroiß

Wäre die vegane Landwirtschaft nicht besser für das Klima und den Kampf gegen den Hunger? Nein, erklärt Prof. Dr. Dr. Wilhelm Windisch und widerlegt so unter anderem PETA.

Vegane Landwirtschaft nicht besser für Klima und Welternährung

Der Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Dr. Wilhelm Windisch gab der FAZ ein sehr spannendes und interessantes Interview. Er ist Ordinarius für Tierernährung an der Technischen Universität München. Neben vielen anderen Aspekten, wie eben dem Thema Hafermilch, das bereits im Titel zu lesen ist, ging es auch um ein gängiges Argument von PETA, wenn es um vegane Ernährungsweise geht. Die wäre nämlich ein “Lösungsansatz”, wenn es um den Kampf gegen Hunger und den Klimawandel ginge. Dass dies nicht stimmt, wird einmal mehr erklärt.

Der “Denkfehler”

Braunvieh-Kuh auf einer Weide in Melchsee-Frutt (Schweiz) | Foto: Ikiwaner, Lizenz: CC BY-SA 3.0

“Aber für das Klima und die Welternährung ist die rein vegane Landwirtschaft doch viel besser”, wirft FAZ-Redakteur Sebastian Balzter ins Gespräch mit dem Wissenschaftler ein, der das als “Denkfehler” bezeichnet und dies auch sehr deutlich erläutert, warum das so ist.

“Die Viehhaltung, der zweite Kreislauf in der Landwirtschaft nach dem Pflanzenanbau, liefert uns praktisch umsonst zusätzlich eine große Menge an Kilokalorien und Eiweiß, und zwar mindestens so viel wie ein halbes Kilogramm veganes Lebensmittel. Das heißt: Wenn wir diesen zweiten Kreislauf weglassen, etwa indem wir komplett auf Hafermilch umstellen, dann müssen wir zum Ausgleich die vegane Produktion massiv erhöhen. Dann müssen die Schlepper mehr über die Felder fahren, es muss mehr Stickstoffdünger ausgebracht werden – und die CO2-Emissionen steigen.” – Agrarwissenschaftler Wilhelm Windisch in der FAZ

Um das verständlicher zu machen, spricht er über die Biologie der Kuh und wie sie mit den Mikroorganismen in ihrem Pansen aus dem für Menschen nicht wirklich verwertbarem Gras, der zudem ja auch ein nachwachsender Rohstoff ist, verwertbare Nahrung generiert, indem sie das Gras aufnimmt. Dazu würden sonst Erzeugnisse aus dem ersten Kreislauf einfach ungenutzt übrig bleiben, wenn man keine Kühe mehr halten würde, die sie ja sonst verwerten könnten. Die Frage, ob es “dann auch kein Klimafrevel [wäre], Rindfleisch zu essen” bejaht der Experte. Mit Laborfleisch würde man unter dem Strich auch nichts gewinnen, außer die Tiere nicht mehr schlachten zu müssen, es sei nur eine andere Form der Nutztierhaltung, nämlich der Zellkulturen.

PETAs Milchmädchenrechnung

Bällchen aus Analog-Fleisch sind Teil der veganen Küche. | Foto: Nitsan Simantov, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Diese Fakten zeigen wie PETAs Propaganda eben auf einer Milchmädchenrechnung basiert. In Bezug auf den Hunger wird Folgendes behauptet:

“Je mehr tierische Produkte wir essen, desto weniger Menschen können wir ernähren, da die Ressourcen und Anbauflächen begrenzt sind, ja sogar immer kleiner werden. Der Konkurrenzkampf zwischen der Tierindustrie und den Hungernden dieser Welt um Getreide verschärft sich weiter. Würden jedoch alle Menschen vegan leben, gäbe es genug Nahrung für 4 Milliarden mehr Menschen, da so die Feldfrüchte unmittelbar der Ernährung der Menschen zugutekommen würden.” – PETA

Hier übersieht ausgerechnet PETA, die sonst nicht verlegen sind, Kühen allerlei Kompetenzen zuzuschreiben, Grundlagen der Biologie der Kuh, weil eine Kuh unter dem Strich, durch ihren massiven Output in Form von Milch und Fleisch aus vorhandener Biomasse, mehr für die Ernährung nutzbare Ressourcen bringt, als man ohne sie von den Feldern bekäme. Wäre dem nicht so, würde niemand Nutztiere halten, weil sie dann ja keinen Ertrag brächten. Ein gemischter Salat hat rund 36 kcal pro 100 Gramm, die selbe Menge mageres Rinderfilet gibt 121 kcal – bei richtiger Ernährung erzeugt aus für Menschen unverwertbaren Felderzeugnissen.

Klimakiller Kuh?

Nicht nur PETA vertritt die Idee vom “Klimakiller Kuh”. Die Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) hat ihre frühere Angabe, dass die Wertschöpfungs­kette Milch für 18% der Treibhaus­emissionen verantwortlich sei, korrigiert und spricht nunmehr nur noch von 4% – inklusive der angeschlossenen Rindfleisch-Produktion. Dazu kommt, dass die Haltung der Tiere wiederum gut fürs Klima ist: Ein Hektar Grünland bindet rund 6 Tonnen CO2 – deutlich mehr als Ackerland- und setzt rund 4 Tonnen Sauerstoff frei. “Wer aus Ackerland Grünland macht und es von Kühen beweiden lässt, der entlastet die Klimabilanz”, erklärte Professor Onno Poppinga in einem Interview zum Thema Kühe.

Elefantenherde in Botswana (2007) | Foto: I Pinz, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Hierbei spielt aber auch der Dung eine Rolle: “Allein zehn Tonnen Dung bringt Nahrung für hundert Kilogramm Insektenbiomasse. Das wiederum heißt, dass davon beispielsweise 30 Störche satt werden können”, erklärte Dr. med. vet. Anita Idel im letzten Jahr der Tagesschau. Immer wieder spricht man über das Thema Methan. Was dabei kaum jemand berücksichtigt: Pflanzen selbst produzieren weltweit 10 bis 30 Prozent des gesamten Methananfalls pro Jahr. Pflanzenfresser aber natürlich auch: Vor 500 Jahren produzierten 26 Millionen Elefanten genau so viel Methan wie derzeit alle europäischen Kühe – aktuell immerhin mehr als 75 Millionen – zusammen. Hinzukommend sinkt die Methanabgabe in der Rinderwirtschaft in Deutschland: heute ist es deutlich weniger als noch 1950 etwa. Das liegt auch daran, weil die Arbeit heute vermehrt von Maschinen erledigt wird und nicht mehr von Arbeitstieren.

Auch hierbei ist die Realität also komplexer und dadurch anders, als die Propaganda von Vegan-Organisationen und -Firmen es erscheinen lässt. Gerade auch für Zoos und Aquarien ist eine funktionierende Landwirtschaft von großer Bedeutung, denn sie liefert das Futter und somit auch die Grundlage, um überhaupt bedrohte Tierarten halten zu können. Somit schadet der üble Populismus gegen die Landwirtschaft auch den Artenschutzprojekten und die Fehlbildung, die Organisationen wie PETA unter die Bevölkerung bringt, torpediert seriöse Bildungsprozesse. Das zeigt einmal mehr, dass Tierrechtspropaganda ein Problem ist, das am Ende alle betrifft.

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