Exklusiv für zoos.media – 30.12.2025. Autor: Philipp J. Kroiß
In der Diskussion um Zoologische Gärten wird immer wieder behauptet, es brauche keine Zoos & Aquarien. Im Natur- & Artenschutz sieht man das anders, aber wie viele Tierarten brauchen denn nun Erhaltungszucht?

Wie viele Arten brauchen Erhaltungszucht?
Die Weltnaturschutzunion (IUCN) wird nicht müde zu betonen, wie wichtig moderne Zoologische Gärten sind. In ihrem Positionspapier erwähnt sie unter anderem die Rettung des Tequila-Kärpflings vor dem Aussterben. Zoos, Aquarien und Privathalter haben sich zusammen getan und koordiniert die Art gezüchtet. Das war ihr Schlüssel zum Überleben. Gleichzeitig war diese Aktion auch die Basis für Auswilderungen. Mit diesem kleinen Fisch ist also wahrhaft Großes passiert.
Der Tequila-Kärpfling aber ist lange nicht die einzige Art, die vor dem Aussterben bewahrt wurde beziehungsweise, die gerade gerettet wird. Aktuell sammelt zoos.media auf einer Liste die Arten, die dank modernen zoologischen Institutionen überleben. Sie ist nicht vollständig und wird laufend ergänzt. Aktuell kann man dort die Geschichten von über 175 solcher Arten lesen und auch selbst nachvollziehen. Das unterstreicht die wichtige Arbeit, die schon geleistet wird. Aber wie viele Arten brauchen überhaupt solche Erhaltungszuchtprojekte?
Einfache Suche bei der Weltnaturschutzunion

Die Zahl der Tiere, die Erhaltungszucht benötigen, ändert sich immer mal wieder. Das liegt an Erfolgen, Aktualisierungen, Erstbeschreibungen und vielem mehr. Aktuell sind es 2.739 Spezies, laut Weltnaturschutzunion. Wie aber findet man diese Zahl raus? Dazu gibt es eine einfache Anleitung:
- Zu Beginn muss man iucnredlist.org/search aufrufen. Das ist die so genannten fortgeschrittene Suche auf der Roten Liste.
- In der linken Filterleiste gibt es den Punkt „Conservation Actions Needed“. Das Menü muss man ausklappen.
- Dann auf das „>“-Symbol bei „3. Species Management“ klicken.
- Anschließend auf das „>“ neben „3.4. Ex-situ conservation“ klicken.
- Dann die Checkbox neben „3.4.1. Captive breeding/artificial propagation“ auswählen.
- Jetzt hochscrollen in der linken Filterleiste, auf „Taxonomy“ klicken und die Checkbox neben „Animalia“ auswählen.
Schon findet man die Zahl an Arten, für die die Weltnaturschutzunion Erhaltungszucht für notwendig befindet. Das sind nicht wenige. Somit wird deutlich, dass es mehr Erhaltungszucht braucht und nicht weniger. Moderne Zoos und Aquarien sind der Ort, an dem nicht nur solche Erhaltungszucht betrieben, sondern oft auch koordiniert wird. Daher unterstreicht diese Zahl wie dringend es moderne zoologische Institutionen braucht.
ABER …

Hierzu muss man wissen, dass diese Zahl der Spezies nicht alle Arten umfasst, die Erhaltungszucht brauchen. Warum? Die Weltnaturschutzunion schaut nur auf die globale Population der jeweiligen Art. Das ist wertvolle und wichtige Arbeit. Allerdings ist die von der IUCN geführte Liste nicht die einzige. So gibt es zum Beispiel auch auf einzelnen Länder oder Staaten bezogene Listen. Das macht deshalb Sinn, weil es Arten gibt, die global nicht bedroht sind, national aber schon.
Der Gallipato, der spanische Rippenmolch, ist zum Beispiel global nicht bedroht. Begründet wird das damit, dass er in Teilen seines Verbreitungsgebiets in ordentlicher Zahl anzutreffen ist. Allerdings ist der größte Schwanzlurch Europas sehr wohl regional vom Aussterben bedroht. Was hilft? Erneut ist Erhaltungszucht der Schlüssel zum Erfolg. Dadurch kann das Aussterben der regionalen Population verhindert werden.
Das zeigt, dass diese Zahl der Weltnaturschutzunion so etwas wie die Mindestzahl an Arten darstellt, die aktuell Erhaltungszucht brauchen. Aktuell sind das also 2.739 Arten plus weiteren Arten, die (noch) nicht global bedroht sind. Hinzu kommen natürlich Spezies, die aus verschiedenen Gründen auch nicht auf dem Radar der Weltnaturschutzunion sind. Das kann man also leider nicht genau quantifizieren.
Zoos sind wichtig!

Diese über 2.700 Spezies sind über 2.700 Gründe, warum es Zoos und Aquarien braucht. Gleichzeitig ist die Zahl auch ein Auftrag an alle zoologischen Institutionen. Es braucht mehr Erhaltungszucht und nicht weniger. Schon jetzt finden sich viele Spezies dieser Liste in Zoologischen Gärten. Das Okapi ist ein sehr prominentes Beispiel. Allerdings findet man auch weniger prominente Arten wie die Jangtse-Riesenweichschildkröte. Sie ist aber auch schon Teil von Artenschutzprojekten von Zoologischen Gärten.
Schon heute wird also mit dieser Liste gearbeitet. In so einer Zeit das Ende von Zoos und Aquarien beziehungsweise Tierhaltung generell zu fordern, ist nicht zeitgemäß. Haltung rettet Arten. Allerdings kann man in dem Zusammenhang sicher „Haltung“ auch im übertragenen Sinne verstehen. Daher ist es wichtig nicht nur artenschutzrelevante Haltungen zu haben, sondern auch Haltung zu zeigen. Die Ideologie der Tierrechtsindustrie ist nämlich nicht zeitgemäß. Sie würde alle Arten, die Erhaltungszucht brauchen zum Aussterben verdammen.
So gibt die Liste der Weltnaturschutzunion über 2.700 weitere Gründe, warum zoologische Institutionen zeitgemäß sind. Diese Arten kann man auch nicht wegdiskutieren. Sie existieren. Allerdings braucht es eben Tierhaltung damit sie das weiterhin tun. Ohne Zoos, Aquarien und Privathalter wäre sie zum Aussterben verdammt. So reißen diese 2.700 Arten auch all jenen die scheinbar gute Maske herunter, die Zoos schließen wollen. Zoologischen Gärten zu schließen bedeutet Ausrottung von Arten. Das beträfe auch noch weit mehr als „nur“ 2.700 Spezies.
