Sibirischer Tiger im Zoo Zürich (2005) | Foto: Lutz Fischer-Lamprecht, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Zoo Zürich: Wie geht es für Armurtigerin Irina nach dem Unfall weiter?

Exklusiv für zoos.media – 05.07.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Der tödliche Unfall einer Tierpflegerin im Zoo Zürich hatte große Anteilnahme ausgelöst – wie es mit der beteiligten Tigerin nun weitergeht.

Zoo Zürich: Wie geht es für Armurtigerin Irina nach dem Unfall weiter?

Ein Unfall im Zoo Zürich hat die Zoowelt erschüttert. Eine erfahrene Pflegerin war bei einem Unfall mit der Tigerin Irina tragischerweise ums Leben gekommen. Die Tigerin konnten die Pfleger rufen und so von der betroffenen Tierpflegerin weglocken. Für sie allerdings kam leider jede Hilfe zu spät.


Transparent informierte der Zoo Zürich schnellstmöglich und unterstützte die Polizei bei den Ermittlungen. Der Zoo wurde am Sonntag aufgrund des Unfalls auch nicht geöffnet.

Was ist passiert?

Der genaue Hergang ist völlig unklar, weshalb sich jede Spekulation allein aus Respekt auch schon verbietet. Das einzige was man weiß, ist, dass die Pflegerin, aus welchen Gründen auch immer, mit den Tieren in der Anlage zugegen war. Tiger reagieren auf für sie unbekannte Situationen immer mit einer Flucht nach vorn und können deshalb für Menschen gefährlich werden, wenn sie plötzlich in der Anlage stehen. In einer Direktkontakt-Haltung werden die Tiere entweder von Kindesbeinen an an die Präsenz des Menschen gewöhnt oder man trainiert mit erwachsenen Tieren über eine lange Zeit  darauf hin, dass sie die Präsenz des Menschen akzeptieren. Im geschützten Kontakt, der in den meisten zoologischen Einrichtungen heute gang und gäbe ist, sind die Tiger daran nicht gewöhnt und reagieren auf solche Reaktionen entsprechend wie Tiger natürlicherweise immer auf solcherlei Situationen reagieren.

“Der Vorfall von gestern Samstag ist höchst tragisch und der Zoo Zürich tief darüber betroffen. Trotzdem hält der Zoo fest, dass die Amurtigerin ein Wildtier ist. Eine Person in ihrer Anlage ist für sie ein Eindringling in ihr Territorium. Sie folgte in ihrer Reaktion ausschliesslich ihren natürlichen Instinkten. Für das Tier hat der Vorfall deshalb keine Konsequenzen.” – Zoo Zürich auf seiner Webseite

Folglich handelt es sich um einen tragischen Arbeitsunfall, wovon auch die Polizei aktuell ausgeht. Die Ermittlungen dauern an, weshalb das Gehege auch noch nicht freigegeben wurde und auch der Bereich des Geheges für die Besucher bis auf weiteres nicht zugänglich sein wird. Das Personal wird nun befragt und Videoaufnahmen ausgewertet, um zu klären wie es dazu kam, dass die Pflegerin plötzlich ungeschützt auf der Anlage war, was im geschützten Kontakt nicht vorgesehen ist. Der Zoo Zürich hat zudem bekannt gegeben, keine weiteren Fragen zum Vorfall zu beantworten, sondern zu berichten, sobald es etwas Neues gibt.

Viele Beileidsbekundungen

Die Anteilnahme am Vorfall ist groß. Hunderte Menschen und verschiedene Organisationen bekundeten ihr Beileid. Mit den vielen unterstützenden Stimmen für den Zoo und seine Mitarbeiter war auch die Bitte verbunden, das Tier nicht einzuschläfern. Der Zoo Zürich hat diese Option auch verhältnismäßig rasch in deutlichen Worten komplett ausgeschlossen. Auch das wurde von der Mehrheit der Menschen unterstützt und positiv aufgenommen. Bereits gestern Abend hatte der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) in weiser Voraussicht schon appelliert, von Spekulationen abzusehen.

Wie vorauszusehen war, versuchten auch Zoogegner diesen Vorfall für ihre Zwecke zu missbrauchen. Die radikale Tierrechtsorganisation PETA zum Beispiel erneuerte die Forderung, dass Zoologische Gärten Großkatzen gar nicht mehr halten sollten. Für die Armurtiger würde das mit großer Wahrscheinlichkeit das Aussterben bedeuten, denn sie brauchen Schutz in ihren Lebensräumen genauso wie Schutz außerhalb ihrer Lebensräume, also in Zoos. Nur mit einem Zusammenwirken von Aktionen in situ und ex situ im Sinne vom One Plan Approach der IUCN, hat man eine Chance, diese Art davor zu retten, für immer von dieser Erde zu verschwinden. Den tragischen Unfalltod einer Pflegerin zum Anlass zu nehmen, zu fordern, auf die Rettung einer ganzen Art zu verzichten, zeigt, dass es PETA eben nicht um das Wohl von Tieren geht.

Tigerhaltung im Zoo Zürich hat lange Tradition

Seit vielen Jahren setzt sich der Zoo Zürich durch die Teilnahme am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm für das Überleben der Armurtiger aktiv ein. Irina war im letzten Jahr aus dem Zoo in Odense nach Zürich gekommen und wurde mit dem Kater Sayan vergesellschaftet. Laut dem damaligen Zoodirektor Dr. Alex Rübel gab es zwar keine Zuchtempfehlung, aber bereits die Haltung der Art ist eine wichtige Unterstützung für das Erhaltungsprogramm, sodass die Zucht insgesamt besser gemanagt werden kann und die Haltung ermöglicht, dass wichtige Bildungsprogramme zur Unterstützung des Schutzes dieser Tiere in die Realität umgesetzt werden können. Allerdings ist der Zoo Zürich nicht nur im Tigerschutz engagiert, sondern unterstützt viele Projekte zur Erhaltung von Tieren, ihren Arten und deren Lebensräumen.

An dieser wichtigen Arbeit haben die Tierpfleger auch einen wesentlichen Anteil. Aus Respekt vor der Lebensleistung der Verstorbenen und des gesamten Teams ist es nur verantwortlich, keine Spekulationen zu veröffentlichen oder den Zoo insgesamt in Frage zu stellen. 2001 hat der den Tieren und ihren Schutz eine hervorragende Anlage im Himalaja-Bereich gewidmet und behandelt alle Tiere in seiner Obhut mit viel Liebe und großem Respekt. Daher wäre es verheerend die Trauer nun auszunutzen, um sinnlose Diskussionen zu führen ohne die abschließenden Ergebnisse der notwendigen Ermittlungen zu kennen.

Diesen Beitrag teilen