Giraffe in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen | Foto: zoos.media

ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen: Finanzsorgen wegen Lockdown

Exklusiv für zoos.media – 07.01.2021. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Gelsenkirchener ZOOM Erlebniswelt hat der Lockdown hart getroffen, aber es gibt vom Land und vom Bund kaum Unterstützung. Wenn sich das nicht ändert, sieht es nicht gut aus.

ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen: Finanzsorgen wegen Lockdown

Die Verlängerung des Lockdowns ist beschlossene Sache, aber ein Ende ist nicht in Sicht. Bundesgesundheitsminister und Lockdown-Befürworter Jens Spahn (CDU) hielt heute gegenüber RTL auch noch im Februar einen Lockdown für möglich. Für viele Zoos wird es dann schon sehr eng. Gestern berichtete die Lokalzeit Ruhr (WDR) über die ZOOM Erlebniswelt in Gelsenkirchen (hier verfügbar bis zum 12.01.2021) und auch dort wird es bereits eng.

Probleme in Zoos

Schimpanse gienießt in der Zoom Erlebniswelt Gelsenkirchen die Sonne. | Foto: Gerd W. Schmölter, Lizenz: CC BY 3.0

Generell ist es so, dass viele Läden im Lockdown “einfach” zugesperrt werden können – schon das ist schlimm für die Betroffenen, weil auch sie laufende Kosten decken müssen: Personalkosten, Miete, Instandhaltung und vieles mehr. Bei einem Zoo und Aquarium wird es aber noch mal schlimmer, weil dort ja auch Tiere leben. Da kann man nicht die Lampen ausmachen und das war es, sondern diese Tiere müssen in der gleichhohen Qualität versorgt werden wie immer. Das wird dann durch Hygieneauflagen nochmal erschwert. Somit bleiben die laufenden Kosten eines Zoos fast gleich.

Damit nehmen Zoos und Aquarien eine Sonderstellung auch unter den Kultureinrichtungen ein. Entsprechend fair wäre es, seitens der Politik, hier für den entstandenen Schaden durch die Lockdown-Politik auch aufzukommen. “Wir können das lange durchhalten. Wir haben Vorsorge getroffen. Der Deutsche Bundestag, der Haushaltsgesetzgeber, hat uns die Ermächtigung gegeben, dass wir die Hilfen bereitstellen können, die notwendig sind”, tönte Bundesfinanzminister und Lockdown-Befürworter Olaf Scholz (SPD) noch im MOMA der ARD (hier verfügbar bis zum 06.01.2022). Genau das passiert aber nicht. Der Bund stellt nämlich eben genau nicht die Hilfen, die notwendig sind, bereit. Mit der aktuellen falschen und wortbrüchigen Strategie mag Scholz das lange durchhalten bis ihm das Geld ausgeht, aber eben nicht die Zoos und Aquarien.

Hilfen bleiben aus

Im ersten Lockdown vor fast einem Jahr gab es 800.000€ Unterstützung vom Land NRW, allerdings ist ein solcher Hilfsfond jetzt nicht mehr geplant. Die ZOOM Erlebniswelt hat in den letzten Monaten allein rund 4.000.000€ Umsatz verloren. Verkaufen von Zootieren zur Wertschöpfung und zur finanziellen Entlastung, das stellt auch Zooleiter Hendrik Berendson im Interview mit der Lokalzeit klar, ist nicht möglich. Nun hat man in Gelsenkirchen Hilfe vom Bund beantragt und die Entscheidung der Bundes wird zeigen wie Minister Scholz nun zu seinem Wort steht. Ebenfalls wäre Hilfe vom Land geboten, aber auch hier gibt es keine Neuigkeiten bisher.

Die finanzielle Not der Zoos gefährdet nicht nur die Kulturlandschaft der jeweiligen Städte, viele Mitarbeiter und Tiere in den Zoos, sondern auch Leben außerhalb der zoologischen Einrichtungen. Die Weltnaturschutzunion warnte bereits zu Zeiten des ersten Lockdowns vor den Folgen – auch im Hinblick auf die Zoos und Aquarien.

Corona-Lockdown bedroht das Überleben von Arten

Viele Arten haben ohne Zoologische Gärten, wie die ZOOM Erlebniswelt, keine Chance auf Rettung: sie müssten auf Wunder hoffen, statt sich auf solide, nachhaltige und seriöse Wissenschaft verlassen zu können. Zoologische Institutionen spielen nicht nur beim Tier-, Natur- und Artenschutz, sowie in der Bildung und Forschung eine wichtige Rolle, sondern auch beim Klimaschutz, den fast alle politischen Parteien sich überschlagend betonen. Seit Jahrzehnten und bevor es so in Mode kam, betreiben Zoos und Aquarien den effektivsten Klimaschutz, den es gibt: das Erhalten von intakten Lebensräumen.

Lockdown der Zoos sinnvoll?

Savanne in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen | Foto: zoos.media

Vor dem Hintergrund des offensichtlichen Unwillens, seit Monaten überfällige Hilfen für die Zoos und Aquarien zu gewähren, muss auch die Frage gestellt werden, inwiefern der Lockdown von Zoologischen Gärten und Aquarien denn sinnvoll ist. In der Zeit der Öffnung, also außerhalb der 113 Tage der politischer erzwungenen Schließung der ZOOM Erlebniswelt, gab es keinen Hotspot und kein einziges Superspreading-Event dort. Das selbe gilt für alle anderen deutschen Zoos und Aquarienin Deutschland. Es gibt also nur die Vermutung der Politik, dass Zoos und Aquarien zum Infektionsgeschehen beitragen, aber keine Zahlen, die das je belegt hätten.

Nun geschieht so ein Lockdown mit der Intention Tote, aber auch schwere Fälle, die dann Versorgung im Krankenhaus benötigen würden, zu verhindern. Die wissenschaftliche Forschung hat allerdings diese Maßnahme bereits evaluiert und die Zahlen und Ergebnisse unterstützen diese These der Politik nicht:

  • Chaudhry et al. (2020): “[G]overnment actions such as border closures, full lockdowns, and a high rate of COVID-19 testing were not associated with statistically significant reductions in the number of critical cases or overall mortality”. [Deutsch: Maßnahmen der Regierung wie Grenzschließungen, vollständige Lockdowns und eine hohe Rate an COVID-19-Tests waren nicht mit einer statistisch signifikanten Verringerung der Anzahl kritischer Fälle oder der Gesamtmortalität verbunden.]
  • Loewenthal et al. (2020): “We would have expected to see fewer Covid-19 fatalities in countries with a tighter lockdown, but the data reveals that this is not the case”. [Deutsch: Wir hätten erwartet, dass in Ländern mit härteren Lockdowns weniger Covid-19-Todesfälle zu verzeichnen sind, aber die Daten zeigen, dass dies nicht der Fall ist.]
  • De Larochelambert et al. (2020): “Stringency of the measures settled to fight pandemia, including lockdown, did not appear to be linked with death rate”. [Deutsch: Die Strenge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, einschließlich Lockdowns, schien nicht mit der Sterblichkeitsrate zu korellieren.]

Die These, die ja auch durchaus guten Intentionen der Politik entspringt, hat sich also auf Basis der wissenschaftlichen Analyse vieler Länder mit unterschiedlichen Ansätzen nicht als wahr herausgestellt. Diese Erkenntnisse sind auch nicht neu, denn die Studien wurden im August, Oktober und November in seriösen wissenschaftlichen Journalen veröffentlicht. Sie erläutern somit auch den Grund, weshalb die Infektionszahlen nicht, wie beabsichtigt, sinken. Statt aber aus wissenschaftlichen Analysen zu lernen, verlängert und verschärft man den Lockdown, der zu Beginn als “Wellenbrecher” verkauft wurde, sogar noch.

Trotzdem wurde der Lockdown auch gerade für die Orte verhängt, die, auf Basis der aktuellen Daten, eben gerade nicht zum saisonal typischen und erwartbaren, vermehrten Infektionsgeschehen im Zusammenhang mit Coronaviren beitragen. Die Entscheidung wird gesellschaftlich immer heißer diskutiert und ist entsprechend auch diskutabel, aber völlig indiskutabel ist, dass Zoos und Aquarien seit Monaten allein im Regen stehen ohne, dass die Politik ihr mal einen haltbaren Schirm reicht. Sehr bewundernswert ist aber in diesen auch wirtschaftlichen Krisenzeiten die Spendenbereitschaft der Bevölkerung, aber das kann nicht ernsthaft die Langzeitstrategie der Politik zur Erhaltung der Zoologischen Gärten sein. Selbst die hohe Bereitschaft zur Unterstützung kann die Finanzlöcher nicht aktuell, geschweige denn dauerhaft decken.

Zoos brauchen Perspektive

Südliches Breitmaulnashorn in der Zoom Erlebniswelt Gelsenkirchen | Foto: Baird’s Tapir, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die ZOOM Erlebniswelt schippert nun mit vielen Zoos und Aquarien in sehr unsichere Gewässer ohne Land in Sicht und ohne Wind in den Segeln. Die eigene Kraft ist fast erschöpft: einige Zoologische Institutionen haben schon bekannt gegeben, dass es bis Ende Februar noch reicht und das war es dann, wenn sich nichts ändert. Ein Ende eines Zoos oder Aquariums wäre eine signifikante Katastrophe für viele Menschen, aber auch viele Tiere, die Arten zu denen sie gehören und die Lebensräume, in denen ihre wilden Artgenossen leben. Die Zoologischen Gärten haben im letzten Jahr alles getan, was von ihnen verlangt wurde: Hygienekonzepte, Schließungen und auch sonst alles, um diese politische Strategie zu stützen. An ihnen ist sie nicht gescheitet, weder in Zeiten der Schließung, noch in Zeiten der Öffnung.

Gleichzeitig schafft es aber die Politik nicht, Zoos, wie der ZOOM Erlebniswelt, eine dauerhafte Perspektive zu geben. Es braucht – ob mit oder ohne Lockdown, Hygienekonzepte oder andere Einschränkungen – für die nächsten Jahre einen dauerhaft existenten Fond zur Unterstützung, der von der Politik regelmäßig gefüttert wird. Es geht ja nicht nur darum, dass sich die Zoos und Aquarien irgendwie irgendwann erholen, sondern möglichst schnell, weil das Aussterben der Arten ja keine Pause eingelegt hat, sondern es wurde vielerorts durch Lockdowns sogar noch verschärft. Jede Verlängerung der drastischen Einschränkungen kostet nicht nur Geld, sondern eben auch Leben und die Zukunft vieler Arten.

Tourismus-Lockdown tötet weiter bedrohte Tiere

Daher brauchen die Zoos und Aquarien, aber eben auch der mit ihnen verbundene Schutz von Tieren, ihren Arten und ihren Lebensräumen, eine Perspektive. Es ist anmaßend, dass die Politik es trotz Monaten im Lockdown, nicht schafft, einen Rettungsschirm zu konstruieren, und nun die Zoologischen Gärten in der Öffentlichkeit ihre desolate Lage erklären müssen, damit vielleicht mal irgendwas an Unterstützung kommt. Seit März ist die Sonderrolle der Zoos bekannt und ein Jahr hat sich fast nichts getan. So kann es nicht weitergehen.

Diesen Beitrag teilen