Schimpanse im Zoo von Barcelona - die Art ist hochgradig bedroht. | Foto: Lizzyfoxx, Lizenz: CC BY-SA 3.0

ZOOXXI – Die Lüge der Fondation Franz Weber

Exklusiv für zoos.media – 04.06.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Der Artikel setzt sich kritisch mit dem Konzept ZOOXXI der Fondation Franz Weber auseinander, das sich als Mogelpackung herausstellt und erläutert Hintergründe.

ZOOXXI – Die Lüge der Fondation Franz Weber

Die Fondation Franz Weber hat gegen das Ozeanium einen Sieg gefeiert und auch schon im Zusammenhang mit dem Zoo von Barcelona. Jetzt freut man sich, dass der spanische Zoo, sein Konzept übernimmt – Grund genug mal genauer hinzusehen, was denn hinter dieser fragwürdigen Organisation steckt und was das Konzept besagt.

Das Konzept ZOOXXI ist eine Mogelpackung

Großer Tümmler im Zoo von Barcelona | Foto: Javi Guerra Hernando, Lizenz: CC BY-SA 4.0

“Wir Menschen wissen, dass Tiere leiden, wenn sie in Gefangenschaft leben”, behauptet die Fondation Franz Weber frech. Tatsächlich wissen wir, dass dem nicht so ist. Zuerst einmal leben Tiere im Zoo gar nicht in Gefangenschaft und zweitens leiden sie nicht – sie werden sogar im Schnitt deutlich älter als ihre wilden Artgenossen. Über ihr Konzept schreiben sie: “Das neue Zoomodell von ZOOXXI zielt darauf ab, einzelne Tiere, ganze Arten, die Biodiversität und Ökosysteme zu schützen, und keinesfalls zum weiteren Artensterben auf unserem Planeten beizutragen.” Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Zuerst einmal klingt das Konzept ganz freundlich: “Der Zoo von Barcelona wird sich nunmehr auch auf die Erhaltung und den Schutz von Tierarten und deren Lebensräumen vor Ort konzentrieren müssen.” Allerdings ist das die Arbeit des Zoos von Barcelona bereits seit Jahren. Er schützt umfassend Tiere – vor Ort und auf der ganzen Welt. Es gibt zahlreiche Schutzprogramme, die er maßgeblich unterstützen konnte. In Zukunft wird das, dank dem ach so tollen Konzept der fragwürdigen Fondation, nicht mehr möglich sein, was die diese Fondation Franz Weber aber verschweigt.

Man würzt das Konzept aber noch mit Fake-Science: “Wissenschaftliche Studien und Pilotprogramme zeigen: Das Bildungsmodell von ZOOXXI, das auf dem Einfühlungsvermögen gegenüber Tieren basiert, trägt auch zur Verringerung von Mobbing in der Schule bei. Es stärkt das soziale Verhalten und fördert eine «Kultur des Friedens».” Erstens sind diese Ergebnisse fragwürdig, denn so etwas ist nicht sinnvoll quantifizierbar. Zweitens ist es nicht Aufgabe von Zoos, durch schlechte Erziehung missratene Kinder, die andere mobben, umzuerziehen – moderne zoologische Einrichtungen sind dafür da, Arten und ihre Lebensräume zu retten und genau das behindert das Konzept ZOOXXI.

Der weiße Gorilla “Snowflake” lebte im Zoo von Barcelona. | Foto: Ettore Balocchi さん, Lizenz: CC BY 2.0

Wie sieht denn nun die Zukunft des Zoos in Barcelona aus? Es werden nur 11 Arten gehalten, von denen nur überhaupt vier bedroht sind: die Mallorca-Geburtshelferkröte (VU), der Montseny-Gebirgsmolch (CR), die Dorkasgazelle (VU) und die Maurische Bachschildkröte (VU). Demgegenüber verliert der Zoo de Barcelona aber hunderte Arten. Er stellte zum Beispiel die letzten beiden verliebenden Arten von Flusspferden aus – beide als bedroht klassifiziert (EN & VU). Auch die Rothschildgiraffe (EN) soll nicht mehr gehalten werden und die Weißnackenmangabe, die zu den 25 am meisten gefährdeten Primatenarten zählt, weil es nur noch rund 2.000 von ihnen gibt, soll auch verschwinden. Die Afrikanischen Elefanten (VU) müssen weichen sowie die Borneo-Organ-Utans (CR), die auch kurz vor dem Aussterben stehen, ebenso wie Schimpansen (EN) und die Gorillas (CR) in der Obhut des Zoos. Ebenfalls verschwindet der Wisent (VU) und die Haltung der Sumatra-Tiger (CR).

Der Zoo verliert also bei den Säugetieren eine Masse an bedrohten Arten, die er nicht mehr schützen kann – und das waren ja noch nicht mal alle. Nun kann man einen Blick auf die Reptilien werfen: Der Komodowaran (VU) wir keinen Botschafter seiner Art mehr in Barcelona haben auch die Riesenschildkröten ergeht es nicht anders: die Aldabra-Riesenschildkröten (VU) und auch Galapagos-Riesenschildkröte (VU) sollen nicht mehr gehalten werden. Es ist überall das gleiche Prinzip – völlig egal in welche Tiergruppe man schaut: der Zoo verliert bedrohte Arten und das massig. Alles Arten, die die Hilfe des Zoos bitter nötig haben. ZOOXXI ist somit eine Katastrophe für den Arten- und Naturschutz, denn zahlreiche Programme sind nun nicht mehr möglich.

Diese wichtigen Programme sind deshalb nicht mehr möglich, weil man nicht mehr die Tiere hat, um sie in situ und ex situ – also umfassend – zu schützen. Andererseits hat man natürlich auch nicht mehr das Geld, dies überhaupt zu finanzieren. Niemand zahlt 21,40€ (Erwachsenen-Eintritt) für 11 Arten. Man wird den Preis also senken müssen und das bedeutet, dass weniger Geld für die Projekte vorhanden sein wird. Damit zerstört die Politik in Barcelona ein Aushängeschild ihrer Stadt und präsentiert den Besuchern eine Mogelpackung, dessen Besuch sich nicht mehr lohnt. Was die Fondation Franz Weber hier als Zukunftskonzept präsentiert, hat keine Zukunft und verhindert wichtigen Natur- und Artenschutz. Diese Fakten lassen sich auch nicht wegdiskutieren – egal mit wie viel blümeranten Worten die Funktionäre der Fondation ihr Mogel-Konzept noch aufladen.

Wer ist die Fondation Franz Weber?

Giraffen und Elefanten im Zoo von Pittsburgh | Foto: Daderot, Lizenz: CC0 1.0

Die Fondation trägt den Namen ihres Gründer Franz Weber (1927-2019). Das Wirken des Journalisten beschränkte sich auf vordergründig destruktiven Aktivismus, was nun fortgesetzt wird. Er versuchte Infrakstrukturausbau, Hotelkomplexe, Parkplätze und Kraftwerke zu verhindern und war manchmal erfolgreich und manchmal nicht – insofern passt die Kampagne gegen das Ozeanium, ein geplantes Natur- und Artenschutzzentrum in Basel, sehr gut ins Portfolio. Selbst eine Art gerettet, wie viele zoologische Einrichtungen das haben, hat er nie. Die Stiftung hat keinen einzigen, konkreten Erfolg im Bereich der Tierhaltung oder Arterhaltung vorzuweisen.

Schaut man sich die Artenschutzprojekte an, die die Stiftung auf ihrer Seite aufführt, sind das zwei Elefantenprojekte. Bei dem einen hängt man sich an bestehende Strukturen einfach nur dran und beim anderen geht es um “Wertsteigerung von lebenden Elefanten durch den Tourismus”. Es wirkt also sehr wie Alibi-Projekte wie sie viele Artenschutz-NGOs welche pflegen. Die wesentlichen Probleme der Elefanten werden dadurch nicht gelöst. Der zweite Bereich ist das Verhindern von Meerestierhaltung generell – also etwas, das dem Artenschutz sogar entgegenläuft, weil viele Arten überhaupt nur durch die Haltung eine Chance auf Überleben haben.

Dann will man den Banggai-Kardinalbarsch unter Schutzstatus stellen und auch hier hängt man sich, wie beim Elefantenprojekt, einfach nur an CITES dran. Demgegenüber sind Zoos und Aquarien schon längst dabei, diese Art nachhaltig zu züchten. Über 100 zoologische Einrichtungen halten diese Art bereits in Europa, sie ist auch in in der Meerwasser-Aquaristik sehr verbreitet und die Art lässt sich sogar recht gut züchten, was bei solchen Arten schon etwas Besonderes ist. Eines der Ziele der Fondation wäre den “fragilen Fisch weiter ins öffentliche Bewusstsein rücken” – das machen Zoos und Aquarien seit Jahren und unterstützen durch Erhaltungszucht aktiv den Schutz der Art. Interessanterweise will die Fondation diese Arbeit nun verhindern.

Gorilla-Senior Massa im Zoo Krefeld | Foto: zoos.media

Zuletzt rühmt man sich damit 2001 den Escrinet-Pass gekauft zu haben: “Dort, wo früher die Jäger lauerten, um jedes fliegende Lebewesen abzuknallen, ist nun endlich Frieden eingekehrt.” Das kling idyllisch, ist aber eben auch nicht wirklich wahr. Einzig ein kleiner Teil in der Mitte wurde von der Fondation gekauft, der Hügel des Tourrasse, alles umliegende gehört der Jäger-Förderation von Ardèche, die das Jagen bis 2005 ermöglichte. Dass da jetzt also keine Jäger mehr sind, ist also kaum den Fondation zu verdanken, die ja nur über einen kleinen Teil des Gebietes Kontrolle hat. Also auch das ist eine Mogelpackung.

Die Geschäfte leitet die Präsidentin Vera Weber, Tochter des Gründers, seit 2014, die, laut Schweizer Medien, versucht aus dem Schatten ihren Vaters zu treten. Sie hat eine Ausbildung an der Hotelfachschule Luzern und ging dann ebenfalls in Richtung von Journalismus. Das Team der Stiftung besteht insgesamt aus 28 Personen. Verantwortlich für das Konzept ZOOXXI ist Leandro D. Fruitos. Laut seiner Facebook-Seite hat er Politikwissenschaft und öffentliche Verwaltung an der Universidad Nacional de Cuyo studiert. Auf Facebook beschreibt er sich als “Aktivist” und ist noch Berater bei Gemeinde Godoy Cruz in Argentinien und dem Argentinischen Ministerium für Produktion und Arbeit. Er ist Projektleiter bei Voluntariado Legislativo – eine pädagogische Instanz, die für Nachbarn bestimmt ist, um die ihnen gemeinsamen Probleme zu lösen – und der Asociación Animalista Libera, die auch an der Kampagne gegen den Zoo von Barcelona beteiligt war.

Fruitos ist zudem Präsident der Argentinischen Veganen Verteidigungsstiftung (Fundación Defensa Vegana), einer Tierrechtsorganisation. Es zeigt sich also – allein von seinem Engagement – nicht das Bild von jemandem, der Zoos erneuern will oder so etwas ähnliches. Stattdessen ist er ein Tierrechtler, der letztendlich will, was alle Tierrechtler wollen: das Ende der Tierhaltung insgesamt. Auch dieser personelle Hintergrund des Konzepts ZOOXXI zeigt, dass es hierbei gar nicht darum geht, irgendeinem Zoo eine Zukunft zu geben. Es geht darum, einen Zoo so weit zu schwächen, dass er schließen muss oder nicht mehr als solcher betrieben werden kann und dazu ist das Konzept ZOOXXI bestens geeignet. Hier geht es also nicht um ein Zukunftskonzept, sondern ein Zerstörungskonzept.

Wie konnte es so weit kommen?

Kurzschwanz-Grünkitta (Cissa thalassina) im Zoo Praha | Foto: Václav Šilha, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Wenn die Fondation Franz Weber (FFW) eines kann, dann ist es wohl Mogelpackungen zu verkaufen: ein destruktives Zookonzept, fragwürdige Artenschutzprojekte und wohl auch noch einiges mehr. Die Verhinderung eines Natur- und Artenschutzprojektes selbst als Artenschutz zu verkaufen, muss man eben auch erstmal schaffen. Das so etwas gelingt, dazu gibt es begünstigende Faktoren. Ein wesentlicher davon ist, dass die zoologischen Einrichtungen zu wenig tun, um die Öffentlichkeit über solche fragwürdigen NGOs aufzuklären. Hier sind nicht nur die einzelnen Zoos und Aquarien gefragt, sondern auch die Zooverbände. Im Fall Barcelona ist aber, außer dem Schreiben von Briefen, nicht viel passiert. Da haben Tierrechtler und Tierschutzpopulisten natürlich leichtes Spiel.

Aktuell haben Zoos und Aquarien eine immense Reichweite, aber wenn sie die nicht nutzen, um über unseriöse NGOs und weitere Akteure aktiv aufzuklären, wird das weiter schrumpfen. Eine Stärke der Zoogegner ist auch, dass man sie gewähren lässt und maximal reagiert statt agiert. In diesem Bereich gibt es einige lobenswerte Ausnahmen, aber es gibt leider noch keine entsprechende Linie, die es auf Verbandsebene geschafft hat. Wenn dann eine Vera Weber behauptet, dass sie “gegen einen übermächtigen Gegner ankämpfen” müsste, ist das viel Inszenierung und wenig Realität. Die Fondation ist zwar selbst alles andere als übermächtig und mit Fakten zu schlagen, nur das müssten die zoologischen Einrichtungen eben auch tun – und dabei auch für Verbreitung sorgen.

Es strömen in Deutschland mehr Besucher in Zoos als Zuschauer in Bundesliga-Stadien zu den entsprechenden Spielen – das zeigt wie hoch die potentielle Reichweite ist. Die nutzt man ja auch bereits erstklassig für Edukation, nur muss man diese Bildungsarbeit aber auch thematisch ausweiten, wenn es für die Einrichtungen noch eine Zukunft geben soll. Es geht nun darum, eine deutliche Trendwende zu erzielen und das wird man nicht mit Briefen erreichen, sondern mit der Nutzung aller vorhandenen Mittel und einer Ausweitung in Richtung der noch verfügbaren Mittel, die sträflich ungenutzt bleiben. Der Natur- und Artenschutz braucht starke Zoos und Aquarien, sonst sind weder umfassende Schutzmaßnahmen möglich, noch finanzierbar – das bedeutet das Aussterben von Arten und der Verlust der vielen großen Errungenschaften der letzten Jahre.

Es geht hier also nicht nur um den Fortbestand der Zoos und Aquarien, sondern auch darum, ob man der sechsten großen Aussterbewelle der Arten etwas entgegensetzen kann, denn um Arten vor dem Aussterben zu bewahren, braucht es diese wichtigen Zentren für Artenschutz, Edukation und Forschung, die moderne Zoos darstellen:

Wem also das Überleben der Arten am Herzen liegt, fällt besser nicht auf Mogelpackungen wie das Konzept der Fondation Franz Weber herein, sondern unterstützt besser moderne, akkreditierte und zertifizierte Zoos und Aquarien. Diese Einrichtungen haben nachgewiesen, dass sie Arten auch wirklich retten können.

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