Elefant in Botswana | Foto: diego_cue, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED

Botswana: “So viele Elefanten wie sie möchten”

Exklusiv für zoos.media – 20.10.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Mokgweetsi Masisi, Präsident von Botswana, macht ein Angebot an Deutschland und weitere europäische Länder: Sie können sich so viele Elefanten abholen, wie sie möchten. Was steckt dahinter?

Botswana: “So viele Elefanten wie sie möchten”

Im Interview mit der FAZ erklärte Präsident Mokgweetsi Masisi, das jene Länder, die sein Land so stark für den Abschuss überzähliger Elefanten kritisierten, sich gerne selbst die Tiere holen könnten. Dabei wären auch tausend Elefanten kein Problem, “unter der Bedingung, dass sie dort genauso frei leben können wie in Botswana”. Der Hintergrund ist klar, denn dann würde man in diesen Ländern erleben, wie die Botswana unter den Tieren zu Leiden haben. Es gibt massive Mensch-Tier-Konflikte.

Fast 40% der Fläche unterliegt Naturschutzauflagen

Elefantenherde in Botswana (2007) | Foto: I Pinz, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Republik Botswana ist ein Land, das Naturschutz nicht auf die leichte Schulter nimmt. In Deutschland sind nicht mal 7% der Fläche mit Naturschutzauflagen belegt, im Land der Tswana sind es über 30%, nahe der 40%. Das Land bringt sich in den Naturschutz auch international aktiv ein, arbeitet daran, Aussterben von Arten zu verhindern. Dabei geht es auch um Elefanten, als es etwa ein Massensterben gab. Man kämpft dort auch massiv gegen die Wilderei. Deren Hintermänner sind allerdings in anderen Ländern zu finden.

Dieser Artenschutz funktioniert aber so gut, dass sich selbst bedrohte Arten zu sehr vermehren. Der Afrikanische Elefant fühlt sich unter Schutz schnell pudelwohl. Jetzt haben viele Elefanten aber eben auch viel Hunger. In einer Nacht, zerstören sie in manchen Regionen schon bis zu 40% der Ernte. Diese Ernte ist nicht nur für die Bauern wichtig, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen, sondern auch für das Land, um selbst Produkte erzeugen sie können, damit sie nicht teuer importiert werden müssen.

Dazu kommen auch Zusammenstöße von Mensch und Tier ganz direkt. Masisi beschreibt, dass “Menschen auf dem Land fast täglich von Elefanten angegriffen oder getötet” würden. Wenn man sieht, was die verhältnismäßig geringe Präsenz des Wolfes und seltene Wolfsbegegnungen in Deutschland schon auslösen, kann man sich vorstellen, welchen Druck es in Botswana vor realen Gefahren gibt.

Grüner Imperialismus

Foster’s Bighorn Bar and Restaurant in Rio Vista, California | Foto: Carol M. Highsmith, keine bekannten Copyright-Restriktionen (laut Commons Wikimedia)

Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich 2020 als Gegnerin der Trophäenjagd. Ohne jeden politischen Einfluss gingen solche Worte sicher leicht über die Zunge. Nun in Amt und Würden konnte sie nichts Nennenswertes oder Sinnvolles in diese Richtung bewegen. Entsprechend steigt der Unmut auf beiden Seiten. Gerade die Tierrechtsindustrie fordert immer deutlicher, dass sie den Worten auch Taten folgen lässt.

Mit solchen Positionen, die der Komplexität des Natur- und Artenschutzes natürlich nicht ansatzweise gerecht werden, steht die Politikerin aber nicht allein. Generell fühlen sich einzelne Politiker und Parteien, bei denen die Lobbyarbeit der Tierrechtsindustrie Früchte trägt, berufen, afrikanischen Ländern vorschreiben zu wollen, wie sie ihren Natur- und Artenschutz betreiben. Diese selbstgefällige Besserwisserei befreit von jeder seriösen Kompetenz, bezeichnet man als grünen Imperialismus.

Genau dagegen wehrt sich Präsident Masisi. Es habe in der Geschichte des Landes – es feierte seine Unabhängigkeit am 30. September 1966 – kein Aussterben von Arten gegeben und sowas werde es auch niemals geben. In Deutschland, so ehrlich muss man sein, gab es schon Aussterben und eine echte Strategie, das in Zukunft zu verhindern, hat das Land als Ganzes auch nicht. Aktuell sind es vor allem Zoo und Aquarien, sowie Privathalter, die einspringen, wenn der Staat mal wieder versagt hat, Arten vor dem Aussterben zu bewahren.

Blick nach Großbritannien

Bengal-Tiger im Bannerghatta Biological Park, der für die Born Free Foundation eine Tigerhaltung betreibt. | Foto: Pawan Kr Dwivedi, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Schaut man über den Ärmelkanal auf das Land, von dem Botswana seine Unabhängigkeit erklärte, sieht man auch hier in der Elefanten-Frage massive imperialistische Tendenzen. Man könnte meinen, aufgrund der Geschichte beider Länder, würde man sich in britischer Zurückhaltung allein aus Respekt schon üben. Wer das denkt, irrt sich gewaltig. Tierrechtler marschieren mit Propaganda in Richtung Parlament und treiben Politiker vor sich her. Die ernten natürlich Applaus fürs das Nachplappern schön klingender Phrasen bei einfachem Klatschvolk.

Als allerdings Wortführer und Organisationen dann auf die Probe gestellt wurden, scheiterten sie. Ricky Gervais, die Born Free Foundation, Aspinall FoundationPETA und das Jane Goodall Institut sowie IFAW und HSUS waren aufgerufen, eine Familie überzähliger Elefanten vor dem Abschuss zu bewahren. Sie sollten damit die Lösung praktisch liefern über die sie theoretisch so viel geredet hatten. Den großen Worten folgten aber keine Taten. Die Elefanten mussten erschossen werden, weil es keine andere Lösung gab.

Trophäenjagd im Sinne der Gemeinschaft

Der Abschuss ist die aktuell einzige Chance, um die Mensch-Tier-Konflikte einzudämmen. Egal wie gut oder schlecht man Jagd findet, sie ist in dem Fall eine Notwendigkeit. Jetzt kann man so eine Jagd einmal so gestalten, dass diese staatlich finanziert wird. Das kostet viel Geld. Botswana hat sich aber entschieden, mit der Jagd noch Geld einnehmen zu wollen. Sie verkaufen also die Erlaubnis auf die Jagd einer festgelegten Anzahl von Tieren. Der Erlös dessen fließt in die Community Trusts.

Aus diesen Community Trusts heraus wird das Geld in Bildung und Infrastruktur investiert. Obgleich Botswana zu den wohlhabendsten Ländern Afrikas zählt, hat es immer noch mit Armut zu kämpfen. Bildung und Arbeit zugänglicher zu machen, ist das beste Mittel dagegen. Zudem gilt, je wirtschaftlich erfolgreicher ein Land ist, desto mehr kann es sich Natur- und Artenschutz auch leisten. Das kostet nämlich sehr viel Geld. Von daher ist die Bekämpfung von Armut auch seit jeher eng mit Natur- und Artenschutz verwoben.

Es braucht Respekt

Elefanten im Okavangodelta im Kwara-Reservat (Botswana) aus Helikopter-Perspektive | Foto: David Minty, Lizenz: CC BY 2.0 DEED

So ein System kann man gut oder schlecht finden. Darüber kann man sich dann auch austauschen mit Botswana. Das passiert allerdings besonders in der Politik nicht. Präsident Masisi erlebt immer wieder bevormundendes und herablassenden Verhalten. Das sei aber keine Frage der Hautfarbe findet er, sondern vielmehr vom “Menschentyp”. Es gebe immer noch Typen, die sich so verhalten wie im 19. Jahrhundert, als Europa quasi auf dem Reißbrett Afrika aufteilte. Die Grenzen vieler afrikanischer Länder wirken wie mit dem Lineal gezogen, weil sie am Ende auch ungefähr so entstanden sind.

Im Interview mit der FAZ wirbt Masisi für Respekt. Letztendlich ist das der Wunsch von Verhandlungen auf Augenhöhe. Seriöse Zoos und Aquarien sowie andere vertrauenswürdige Artenschutz-Praktiker haben das schon lange erkannt. Es geht darum Lösungen mit der lokalen Bevölkerung zu erarbeiten. Artenschutz-Projekte, die etwas gegen den Willen der Bevölkerung erkämpfen wollen, scheitern meist. Letztendlich muss man für Artenschutz brennen und das kann nicht aufoktroyiert werden. Natürlich kann man nicht alle für sich gewinnen, aber mit einer Mehrheit als Gegner wird man langfristig nichts erreichen.

Tierrechtsindustrie setzt auf grünen Imperialismus

In der Artenschutz-Praxis ist dieses Prinzip verstanden: die Menschen vor Ort als Partner auf Augenhöhe zu begreifen. Kreise, die mit Natur- und Artenschutz praktisch nicht wirklich viel am Hut haben, sind es meist, die durch mangelnden Respekt auffallen. Hier sticht besonders die Tierrechtsindustrie hervor. Sie will ja schon in den eigenen Heimatländern möglichst schnell Menschen zur Übernahme ihres Lifestyles zwingen.

In Afrika gestaltet es sich aber meist noch respektloser. In “White savior”-Manier stolzieren Aktivisten durch die politischen Räume und wissen angeblich ganz genau, was alle anderen tun wollen. Das Verhalten erinnert nicht von ungefähr an die Kaiserzeit, als Wilhelm II. 1907 in Münster schwadronierte: “Dann wird auch das Dichterwort sich erfüllen, das da sagt: “An deutschem Wesen wird einmal noch die Welt genesen.” Wer bereit ist, hierzu Mir die Hand zu bieten, dem werde Ich dankbar sein, und Ich werde ihn freudig annehmen, er sei, wer und wes Standes er wolle.” Die Worte mögen heute andere sein, der Duktus ist der Gleiche geblieben.

Ideologie vor Artenschutz?

Elefantenkuh mit Kalb in der Grassteppe vom Masai Mara | Foto: PatriBerg; Lizenz: CC BY-SA 4.0

Der Tierrechtsindustrie taugt der Artenschutz als Ausrede. Er wird als Feigenblatt für eine nur auf Geldverdienen ausgerichtete Maschinerie missbraucht. Daher kann diese Industrie auch kein Kooperationspartner für seriöse Artenschützer sein. Vielmehr bringen solche Aktionen der Tierrechtsindustrie und auch deren politischer Arm den vertrauenswürdigen Natur- und Artenschutz in Verruf. Mag man hierzulande bei einfachem Klatschvolk dafür noch Applaus ernten, hat man sich in Afrika schon längst disqualifiziert.

Niemand in Afrika hat es nötig sich von westlichen Besserwissern belehren zu lassen. Wer die eigene Agenda oder Ideologie vor den Artenschutz stellt, wird sich dort auch nie den Respekt verschaffen können, den es braucht, um als Partner der lokalen Bevölkerung in Betracht zu kommen. Daher wird die Tierrechtsindustrie dort scheitern. Sie hat ja schon sehr klar gemacht, dass zum Beispiel Nashörner ihrer Meinung nach lieber aussterben sollen, als gerettet werden.

In einer globalisierten Welt, kommen solche Inhalte natürlich auch in Afrika an. Wer will dann Entscheidern dort, denen das Schicksal der Nashörner ernsthaft am Herzen liegt, verübeln, dass sie solche Strömungen nicht als Gesprächspartner akzeptieren? Man kann es ihnen gar nicht verübeln, weil es genau richtig ist. Politiker, NGOs und andere Akteure, die Artenschutz nur als Vehikel missbrauchen, um ihre Ideologie durchzuboxen, sind für den Artenschutz von keinem Wert.

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