Hausschweine (Sus scrofa domesticus) in Münster (Deutschland) | Foto: Guido Gerding, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Bundestierschutzbeauftragte: Die Geschäftsstelle & die Tierrechtsindustrie

Exklusiv für zoos.media – 23.07.2025. Autor: Philipp J. Kroiß

Zur Position der Bundestierschutzbeauftragten gehört auch eine Geschäftsstelle. Daher lohnt es sich mal einen Blick darauf zu werfen, wer denn dort sitzt.

Blick auf den Dienstsitz vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat in Berlin | Foto: Dguendel, Lizenz: CC BY 3.0

Bundestierschutzbeauftragte: Die Geschäftsstelle & die Tierrechtsindustrie

Dass die sogenannte „Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Tierschutz“ Ariane Kari auch der neuen Regierung erstmal erhalten bleiben soll, betrifft nicht nur eine Person. Zu dem Amt gehört eine ganze Geschäftsstelle. Zu der gehören, neben Kari, aktuell Lisa Dierßen, Linda Gregori, Michelle König, Johanna Moehl und Alina Steiner.

Direkte Verbindung zur DJGT

Die Juristin Linda Gregori hat – laut ihrer biografischen Angaben auf der Webseite des zuständigen Ministeriums – bei internationalen Wirtschaftskanzleien gearbeitet. Im Jahr 2019 wurde sie Mitglied des Vorstandes der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (DJGT) und stieg 2020 dort zur Stellvertretenden Vorsitzenden auf. Das führt das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) unter „Ehrenamt“ auf.

Mitte 2023 wurde sie juristische Referentin der Landestierschutzbeauftragten in Bremen und seit Anfang diesen Jahres ist sie als juristische Referentin der Beauftragten der Bundesregierung für Tierschutz teilzeitabgeordnet.

Im Lobbyregister des Bundestags ist sie auch beim Eintrag der DJGT als vertretungsberechtige Person zu finden. Wie passend, dass es dann auch die DJGT ist, die um den Erhalt der Stelle der Bundestierschutzbeauftragten kämpft. So verfasste man sogar einen „Brandbrief”. Mitunterzeichner waren hier zum Beispiel die Stichting AAP, der Bund gegen Missbrauch der Tiere (bmt), der Deutsche Tierschutzbund, Menschen für Tierrechte, PETA Deutschland, Pro Wildlife, QUEN, der Verein für Tierrechte und Vier Pfoten. Man findet also unter den Unterzeichnern Vertreter der Tierrechtsindustrie samt ihrer Kollaborateure.

Was ist die DJGT?

Schaubild gemäß den Angaben des Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MLV) NRW im Rahmen der zoos.media-Recherche

Treue Follower von zoos.media haben schon öfter über diesen Verein gelesen. Am bekanntesten ist der Lobby-Verein wohl, weil er dem damaligen grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir mit einem Gutachten die Grundlage für die Tierschutzgesetz-Novelle „geliefert“ hat. Das Vorhaben scheiterte letztendlich – auch dank des fachlichen Einsatzes unseres Beiratsmitglieds Dr. Alexandra Dörnath. Özdemir war auch noch im Amt, als Gregori in die Geschäftsstelle abgeordnet wurde. Zu den Autoren des Gutachtens gehörte unter anderem Linda Gregori. Auftraggeber war Özdemirs Partei.

Auch schon in der Kampagne zur gescheiterten Tierschutzgesetz-Novelle arbeitete die DJGT mit Tierrechtsorganisationen wie PETA zusammen (zum Beispiel hier). PETA ist wohl der prominenteste Vertreter der Tierrechtsindustrie in Deutschland und wird auch international dazugezählt. Die DJGT ist zudem etwa auch in NRW eng mit der dortigen Tierschutzbeauftragten des Landes verbunden.

Vereinfachend könnte man es so darstellen, dass die DJGT auch als so etwas wie der politische Tür- und Einflussbereichsöffner von Tierrechtsorganisationen fungiert. Das funktioniert natürlich gut, wenn die stellvertretende Vorsitzende in der Geschäftsstelle der Bundestierschutzbeauftragten sitzt. Dann muss man aber natürlich schließlich die Frage stellen: Sollte man letztendlich nicht eher von einer „Bundestierrechtsbeauftragten und ihrer Geschäftsstelle“ sprechen? Tierrechte meinen etwas grundsätzlich anderes als Tierschutz.

Verbindungen zu den Grünen

Zu den Unterstützern vom „Brandbrief“ zur Erhaltung der Beauftragten und ihrer Geschäftsstelle gehören auch Undine Kurth, die für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag saß, und Daniela Schrudde, die Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft LAG Tierschutzpolitik von der Partei in Berlin. In Berlin sorgten die Grünen bereits für eine Landestierschutzbeauftragte, die inzwischen von ihrer Position freigestellt ist, und übrigens auch selbst zu den Brandbrief-Unterzeichnern gehört. Nun will die Partei anscheinend auch unbedingt um die Position auf Bundesebene kämpfen.

Thomas Kreidemeier, Sprecher vom grünen Ortsverband Nord in München, ist offenbar Mitunterzeichner des Brandbriefes. Auf Instagram zeigt er sich stolz als Tierrechtler.

 

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Spannend ist, dass bei allen drei politisch tätigen Personen die Parteizugehörigkeit im Brandbrief nicht genannt wird. Man sieht aber trotzdem recht deutlich wie sich die Unterstützung für Amt und Geschäftsstelle zu organisieren scheint. Hier wird sich – ganz getreu dem Motto des abgewählten Kanzlers Scholz – fleißig untergehakt und das – einmal mehr im Fall dieser Partei – mit der Tierrechtsindustrie.

Ein Lehrstuhl, DJGT & PETA

Ebenfalls zum Team der Geschäftsstelle der Bundestierschutzbeauftragten gehört Johanna Moehl. Sie war von 2018 bis 2024 studentische Hilfskraft am Lehrstuhl von Prof. Dr. Elisa Hoven und ist seit 2024 dort wissenschaftliche Mitarbeiterin. 2022 bat Hoven als selbige Lehrstuhlinhaberin – gemäß der Darstellung der Tierrechtsorganisation selbst – PETA darum von der Organisation gesammeltes Material auszuwerten. Mit der Doktorandin Johanna Hahn habe Hoven untersucht, „wie das Tierschutzstrafrecht von Veterinärbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten angewendet wird“.

Zur Ernennung von der Bundestierschutzbeauftragten Kari wies die DJGT noch darauf hin, dass sie selbst „zuletzt zusammen mit Johanna Hahn den IGN-Forschungspreis“ erhalten habe. Die Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN) wird auch gemeinhin zu den Tierrechtsorganisationen gezählt. Als Mitglieder der DJGT verfassten Hahn und Gregori wiederum zum Beispiel eine Stellungnahme für eben diesen Lobby-Verein. Muss man nun auch noch extra erwähnen, dass Johanna Moehl ebenfalls Mitglied der DJGT ist? Das BMLEH erwähnt es auf jeden Fall auf der Seite zur Geschäftsstelle.

Uneigennütziger Kampf für die Geschäftsstelle?

Blick auf Berlin | Foto: Casp, Lizenz: CC BY-SA 1.0 DEED

Die anderen Mitarbeiterinnen Michelle König und Alina Steiner sind für den Social-Media-Bereich sowie die Pressearbeit beziehungsweise das Vorzimmer zuständig. Lisa Dierßen soll Kari als tierärztliche Referentin unterstützen. Die beiden Juristinnen Johanna Moehl und Linda Gregori sind beide von der DJGT. Hand in Hand mit Tierrechtsindustrie und Grünen kämpft der Verein aktuell um den Erhalt der Bundestierschutzbeauftragten und ihrer Geschäftsstelle, von dem DJGT-Mitglieder ein Teil sind.

Es geht bei dieser Position samt Geschäftsstelle sehr deutlich um Interessen von Lobby und Politik. Es geht nicht wirklich um Tierschutz, wie die Ampel-Regierung es durch diese Bezeichnung erscheinen lassen wollte. Im Bund gilt genauso wie im Land Berlin: Es braucht keine Tierschutzbeauftragte. Die Position samt zugehöriger Stelle ist für den Tierschutz überflüssig. Sollte Alois Rainer (CSU) als dem Ministerium vorstehender Minister die Position im Bund wirklich behalten wollen, sollte er sie zumindest ehrlich bezeichnen.

Es handelt sich bei dem gesamten Konstrukt von und um die Position der „Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Tierschutz“ wohl nicht um das, was die Bezeichnung sagt. Die Unabhängigkeit dieser Struktur darf angezweifelt werden, genauso wie der Tierschutz-Aspekt. Das hängt nicht mal so sehr an einzelnen, aktuell handelnden Personen. Das Problem liegt besonders an der insgesamten Strukturierung der Position. Sie eröffnet Tierrechtsindustrie und Kollaborateuren politische Einflussbereiche.

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