Entspannter Leguan im Loro Parque | Foto: zoos.media

Lügt sich der Deutsche Tierschutzbund die Kampagne mit Özdemir im NDR schön?

Exklusiv für zoos.media – 07.03.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Beim Versuch mit dem Deutschen Tierschutzbund im Sinne des Vorstoßes von Cem Özdemir gegen Exotenhaltung negativ Stimmung zu machen, übersieht der NDR einen richtigen und sogar den eigentlichen Skandal.

Lügt sich der Deutsche Tierschutzbund die Kampagne mit Özdemir im NDR schön?

Der Vorstoß, eine Positivliste für Haustiere einzuführen und damit die Haltung bestimmter Haustiere – zunächst einmal waren nur so genannte Exoten im Visier – zu verbieten, stieß auf breiten Widerstand. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hatte laut überlegt, eine solche Liste einzuführen. An der wäre aber gar nichts für Tier-, Natur- oder Artenschutz positiv gewesen. Zahlreiche Fachverbände, genau wie Sachverständige, haben darauf mit deutlichen Worten dagegen reagiert. Dabei zeigte sich deutlich, dass echte Experten solche Haltungsverbote ablehnen.

Traditionell für Bündnis 90/Die Grünen suchte man in seinen Vorfeld-Organisationen nach einem passenden Partner. In diesem Fall war das der Deutsche Tierschutzbund (DTB). Ganz offensichtlich haben der DTB und andere wenig seriöse Verbände Özdemir bei der Aussage unterstützt, dass die Tierheime, als deren Dachverband sich der DTB verkauft, durch Exoten ja so überlastet wären. Es überrascht nicht, dass diese Behauptung einen Faktencheck nicht besteht. Damit war die Aussage als Fake News entlarvt, weil das kein Tierheim bestätigen wollte und konnte.

Deutscher Tierschutzbund in der heutigen Zeit

Der politisch-grüne Bundeslandwirtschaftsminister hat an dieser Stelle ganz offensichtlich mit dem DTB aufs falsche Pferd gesetzt. Mit Tierschutz hat der Verein schon länger nur noch vom Namen her etwas zu tun. Er kämpft sogar gegen seriöse Tier-, Natur- und Artenschützer, die zum Beispiel in Zoos und Aquarien, aber auch in Fachverbänden von seriösen Tierhaltern zu finden sind. Dem eigentlich nach außen getragenen Anliegen widerspricht ein solches Verhalten.

An der Seite radikaler Tierrechtsorganisationen kämpft der DTB aber gegen die Umsetzung des One Plan Approach to Conservation der weltweit bedeutendsten Naturschutzorganisation IUCN, also der Umsetzung von umfassendem Natur- und Artenschutz in situ und ex situ. Der DTB schadet mit diesem spendenheischenden Populismus im Angesicht der derzeitigen sechsten globalen Aussterbewelle in unverantwortlicher Weise sowohl dem Natur- und Artenschutz, als übrigens auch dem wirklichen Tierschutz, für den er sich angeblich einsetzt.

Tierheime in Not, Deutscher Tierschutzbund im Reichtum

Fragwürdiges „Tierschutzzentrum“

Im NDR taucht auf einmal ein Zentrum auf, das jetzt doch Probleme durch die Aufnahme von Exoten haben will. Im Bericht darüber ist ein gewisser Patrick Boncourt der Protagonist. Er sei Biologe und der stellvertretende Leiter des Zentrums. In der Berichterstattung werden seitens des Zentrums Krokodilstränen darüber geweint, dass Exoten das “Tierschutzzentrum” angeblich so überlasten würden.

Bei näherer Betrachtung liegen die Probleme ganz woanders. So liest man im Artikel, dass der Leguan Leopold zu wenig fresse und Parasiten habe. “Gegen das Ungeziefer braucht Leopold regelmäßig Antibiotika. […] Leopolds Pfleger tut alles, damit es dem Leguan gut geht. Er wäscht sorgfältig das Gemüse und den Salat für ihn, damit er keine Pestizide aufnimmt, die können Reptilien schlecht ausscheiden.”

Was rührend klingt, ist alarmierend für Tiermediziner wie Dr. K. Alexandra Dörnath. Sie ist Spezialistin für Reptilien wie Leopold und andere Exoten: “Erstens helfen Antibiotika gar nicht gegen Parasiten und zweitens ist es kein Wunder, dass der arme Leopold wenig frisst, denn Antibiotika können zu Appetitlosigkeit führen.” Wenn der Artikel zutrifft, findet hier eine völlige Fehlbehandlung eines hilfsbedürftigen Tieres statt. Dörnath betont zudem, dass es kein Tier gebe, welches Pestizide gut ausscheiden könne.

Alarmierende Inkompetenz

Iguana iguana auf der Isla Margarita | Foto: Wilfredor, Lizenz: CC0 1.0

Die Missstände gibt es aber nicht bei der offenbar völlig falschen Medikation des Tieres. Tierärztin Dr. Dörnath wundert sich auch über die beschriebene Ernährung: “Im natürlichen Lebensraum ernähren sich Grüne Leguane überwiegend von Blättern. Leguane kommen dort weder in Gemüseplantagen noch in Salatfeldern vor. Weshalb also werden Gemüse und Salat, die noch zudem so mit Pestiziden belastet sind, dass der Pfleger abwaschen müsse, verfüttert? Die Tiere haben Zähne und können beißen – weshalb schneidet man es also klein?” Des Weiteren solle ein Biologe, der Reptilien betreue, wissen, dass bestimmte Reptilien keine Winterruhe, sondern eine Winterstarre halten, erläutert Dörnath in Bezug auf andere Aussagen des “Experten” im Artikel.

Ebenfalls sorgt die Aussage für Verwunderung, das Tier brauche “eine Raumtemperatur zwischen 28 und 32 Grad”. Auch das ist falsch. Dr. Dörnath dazu: “Die Lufttemperatur sollte zwischen 25-28°C liegen. Grüne Leguane haben eine Vorzugstemperatur von 35-37°C, weshalb Spotstrahler so installiert werden, dass lokale Zonen, wie Kletteräste, bis zu 45 °C aufweisen. In der Nacht wird die Temperatur auf 20-25°C abgesenkt.” Zudem koste eine UV-Lampe nicht, wie im Artikel behauptet, 230€.

Da hat sich der NDR ja offenbar einen schönen “Experten” gesucht, um nun der Forderung von Özdemir zur Seite zu springen, nachdem zahlreiche Institutionen dieser Darstellung widersprochen haben. Fachlich kann er auch nicht wirklich Fakten liefern. “In den Händen eines solch schlecht informierten Kollegen möchte ich lieber kein Reptil sein”, sagt der Biologe Wolfgang Rades, Artenschutzbeauftragter des Loro Parque.

Zu wenig Exoten-Sachkunde in Deutschland?

Aga-Kröte im Serpentarium Blankenberge | Foto: Vassil, Lizenz: CC0 1.0

Über diese alarmierende Inkompetenz beim DTB sei die Spezial-Tierärztin aber nicht verwundert. Der DTB betreibe in ihrer Heimatstadt ein Tierheim, welches über eine sogenannte Exoten-Station verfüge. “Arten und Geschlechter der Reptilien werden dort regelmäßig nicht erkannt, Schlangen sind oftmals hochgradig von Milben befallen und werden trotz Befalls vermittelt und Wasserschildkröten leben dort über Jahre in viel zu kleinen Plastikwannen”, empört sich die Expertin.

Der Artikel beschreibt, Boncourt “wolle gar nicht in Abrede stellen, dass es Menschen gebe, die sich mit Exoten auskennen und die Tiere artgemäß halten. Doch das seien wenige.” Wolfgang Rades argumentiert hingegen, dass es zum Beispiel über 6.000 Menschen gäbe, die alleine in der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) organisiert seien. Dabei handelt es sich um den weltweit größten Terraristik-Fachverband. Dieser verfügt über die Expertise zahlreicher Herpetologen, Tiermediziner und anderer wirklicher Fachleute. Der Verband mach sich zudem stark sowohl im Natur- und Artenschutz, als auch für die tiergerechte Haltung von Reptilien und Amphibien.

Rades weist zudem darauf hin, dass Fachverbände wie DGHT und BNA zur Vorbeugung von Haltungsmissständen, die Boncourt anprangert, aber die es eben nicht nur bei Exoten gibt, Sachkundenachweise als Lösung vorgeschlagen haben. Zudem zeige die Erfahrung, dass Haltungsverbote ausgerechnet nicht verhindern würden, dass sich Kriminelle diese Tiere – dann eben illegal – beschafften. Vielmehr würde es die Marktpreise gar deutlich anheben. Dadurch bekämen kriminelle Menschen einen weiteren Anreiz, sich illegal die Tiere – auch erst recht aus ihren natürlichen Lebensräumen – zu beschaffen.

Was der NDR verschweigt

Was auffällt, ist, dass der NDR sowieso nicht so richtig ehrlich ist, was das Zentrum betrifft. Der ganze Name des Vereins, der als Träger hinter dem Zentrum steht, lautet nämlich wie folgt: Tierschutzzentrum Weidefeld des Deutschen Tierschutzbundes e.V. – so ganz unbefangen ist man da also nicht. Patrick Boncourt tritt für den DTB mal als “Fachreferent für Bären”, über solcherlei Titel hat zoos.media auch schon berichtet, und mal als Reptilienexperte auf, also offenbar je nach dem, was gerade in den Kram passt.

Für den DTB hatte er im letzten Jahr noch eine “Exotenflut” in Tierheimen orakelt. Diese blieb laut den Tierheimen aus. Früher war er wohl auch mal Sprecher der Münchner Auffangstation für Reptilien. Diese sieht das aber auch ganz anders. Ein Verantwortlicher hat erklärt, dass man bei Reptilien “derzeit überhaupt keinen Anstieg” sähe. “Es gab während Corona keinen Hype um Schlangen oder Echsen. Das war auf die klassischen Haustierarten begrenzt”.

Skandal übersehen

Die Kornnatter ist vermutlich die am häufigsten in Terrarien gehaltene Schlange. | Foto: Vassil, Lizenz: public domain

Aber der NDR hat nicht nur seinen Rezipienten verschwiegen, dass es eine offensichtliche Voreingenommenheit seitens des Zentrums gibt, sondern auch offenbar einen Skandal übersehen: Auf der einen Seite verbreitet der Sender Fake News zur Exotenhaltung, denen längst widersprochen wurde, auf der anderen übersieht auch einen alarmierend falschen Umgang mit einem ihm anvertrauten Leguan in einer Einrichtung des Deutschen Tierschutzbundes.

Moderne Exotenhaltung erfolgt in der Kenntnis der Bedürfnisse der Tiere, und ist heutzutage in positiver Weise artenschutzrelevant. Sie hat in der dramatischen Biodiversitätskrise bereits wesentlich dazu beigetragen, zahlreiche bedrohte Arten zu retten. Noch mehr sollen folgen. Der Deutsche Tierschutzbund, der Minister Özdemirs schädlichen Vorstoß unterstützt, wenn nicht gar initiiert beziehungsweise souffliert hat, hingegen hat nichts dergleichen erreicht. Er kümmert sich ja nicht mal ordentlich um die Tierheime, als deren Dachverband er sich verkauft. Statt Tierheime in Not zu unterstützen, fließt das Geld wohl eher in solche substanzlose Läster-Kampagnen gegen seriöse Tierhalter. Erstzunehmend ist so ein Vorgehen nicht.

Am Ende bleibt wohl die Gewissheit, dass es den Leguanen in der Obhut seriöser Halter in Deutschland deutlich besser geht als in der Obhut des Deutschen Tierschutzbundes. Daher wäre der DTB gut beraten, besser vor der eigenen Türe zu kehren, statt seinen ideologischen Müll vor anderen Türen auszukippen.

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