Cem Özdemir (MdB, Bündnis 90 Die Grünen) | Foto: boellstiftung / Stephan Röhl, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Faktencheck bei Tierheimen: Özdemir fällt durch

Exklusiv für zoos.media – 21.01.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Gemeinsam mit dem Deutschen Tierschutzbund hatte Minister Cem Özdemir behauptet, die Tierheime seien durch exotische Tiere überlastet. Das ist falsch.

Faktencheck bei Tierheimen: Özdemir fällt durch

Als Reaktion auf den Verstoß für einen Verbot von Exotenhaltung hatten wir berichtet, dass die Tierheime “als Ausrede missbraucht” würden. Die Badische Zeitung hat die Aussagen von Özdemir zum Anlass genommen, die Darstellung dessen Tierheime genauer zu überprüfen. Landwirtschaftsminister Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) hatte behauptet: “Tierheime werden auch mit Problemen konfrontiert, die man sich als Außenstehender gar nicht vorstellen kann. […] Die Heime werden diese Tiere nicht los, sie erzeugen hohe Kosten und Aufwand.” Rückendeckung gab es für die Behauptung vom Deutschen Tierschutzbund (DTB), der sich eigentlich mehr um die Mehrung des eigenen Reichtums als um die besagten Heime kümmert.

Was sagen die Experten im Tierheim?

Haushund | Foto: Filip Maljković, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Markus Baur, der die Reptilienauffangstation in München leitet und somit auf bestimmte Exoten spezialisiert ist ist, erklärt, dass man bei Reptilien “derzeit überhaupt keinen Anstieg” sähe. “Es gab während Corona keinen Hype um Schlangen oder Echsen. Das war auf die klassischen Haustierarten begrenzt”, erklärt er.

Armin Böhler vom Reptilienverein Vipera Dinkelberg, der sich auch, wie Baur, im Rahmen einer Art Tierheim um Reptilien kümmert, bestätigt das. Es würden zwar immer mal Tiere ausgesetzt, aber in geringem Umfang. “Dass die Tierheime mit Exoten überfüllt wären, kann ich aus meiner Erfahrung heraus nicht bestätigen”, sagte Böhler der Badischen Zeitung.

Marco Marsovszky, der Leiter vom Tierheim Freiburg wird sehr deutlich gegenüber dem Landwirtschaftsminister: “Wenn Herr Özedmir das tatsächlich als die große Baustelle der Tierheime sieht, dann muss ich dem widersprechen.” Er nennt auch die wahren Probleme der Tierheime, denn das seien in Wirklichkeit “problematische Hunde” und nicht etwa Exoten. In seinem Tierheim würden eine Kornnatter und zwei Leopardgeckos leben.

Zoos und Aquarien helfen bei Exoten

Bei Exoten finden sich auch Experten in zoologischen Einrichtungen. Sie greifen Tierheimen sehr häufig unter die Arme oder nehmen die Tiere an sich, noch bevor sie in die Tierheime kommen. Leider müssen Zoos und Aquarien auch negative Erfahrungen diesbezüglich machen. Besucher haben hin und wieder so genannte Handtaschen-Schildkröten dabei, die den Bestand in zoologischen Institutionen unerlaubt “bereichern”. Diese Unehrlichkeit für zu großen Problemen, aber sie existiert bei seriösen Exotenhaltern nicht, denn die helfen dann wiederum auch den betroffenen Zoos und Aquarien:

Hinzukommend sind zoologische Institutionen auch oft die neue Heimat von beschlagnahmten Tieren. Viele Tiere kommen nämlich trotz Verboten in menschliche Obhut und zeigen somit, dass eine generelle Verbotspolitik keine Lösung ist. Artenschutzrelevante Haltungen hingegen sind die Lösung – das zeigen immer wieder die Zoos und Aquarien. Eine bekanntes Beispiel im Rahmen dessen ein Zoo aus so einer “Schmuggelware” einen Artenschutz-Erfolg gemacht hat, gibt es im Kölner für jeden Besucher zu bestaunen:

Burmesische Sternschildkröten: Zuchterfolg im Kölner Zoo

Das ist weder ein Einzelfall für den Zoo selbst, noch für die Zoowelt im Allgemeinen. Gesonderte Unterstützung für diese Arbeit gibt es per se gar nicht. Das machen die Zoos und Aquarien, weil ihr Herz für diese Tiere schlägt, mehr Geld verdienen sie damit nicht. Ein kompetenter Landwirtschaftsminister würde die Zoos und Aquarien sowie die Vereine und Privathalter, die solche Tiere aufnehmen, mehr unterstützen, statt ihnen durch so ein Verbot schaden zu wollen. Die Positivliste wäre nämlich genau das.

Özdemir offenbar uninformiert

Diamant-Klapperschlange (Crotalus adamanteus) | Foto: Tad Arensmeier, Lizenz: CC BY 2.0

Hätte Cem Özdemir sich mal tatsächlich mit Tierheim-Experten unterhalten, für die ja er angeblich eintreten wollte, hätte er seinen Irrtum schnell bemerkt. Die größte Frage ist: warum tat er das nicht? Er scheint sich sehr auf den Deutschen Tierschutzbund verlassen zu haben, der aber nun in der Berichterstattung der Badischen Zeitung zurückzurudern scheint: “Besonders dramatisch ist es bei den Hunden”, betonte Lea Schmitz, Pressesprecherin des Deutschen Tierschutzbunds.

Letztendlich fällt der Tierschutzbund Özdemir natürlich so in den Rücken. Das ist bemerkenswert und wirft die Frage auf, woher dieser Sinneswandel plötzlich kommt. So wirkt der Tierschutzbund mit seiner Agenda gegen die Exotenhaltung, die ja nach wie vor aktuell ist, plötzlich sehr orientierungslos. Das ist in NGOs nicht unüblich, wenn ein politisch abgehobener Management-Teil auf die harte Basis beziehungsweise die Realität trifft. Offenbar hatte man nicht mit dem Widerstand der seriösen Tierhalter gerechnet, die “cempört” sind.

Das wichtigste Argument für die Exotenhaltung ist aber nicht das Versagen Özdemirs in dieser Frage, sondern der Beitrag der vielen Privathalter für den Natur- und Artenschutz auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen. Ohne seriöse Privathaltung stünde es um viele Arten schlechter und vertrauenswürdige Züchter sorgen auch dafür durch Nachwuchs Wildfänge zu ersetzen. Das sind eigentlich die Leistungen, die die Politik unterstützen und nicht bekämpfen müsste.

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