Der Planet Erde 1968 vom Mond aus betrachtet. | Foto: NASA/Bill Anders, Lizenz: public domain

Mehr Stürme wegen Klimawandel?

Exklusiv für zoos.media – 02.04.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Warum man besser nicht “den Lesch” fragt, stellte der am vergangenen Wochenende bei Anne Will unter beweis. Nun ist die Frage: Was sagt die Wissenschaft wirklich?

Mehr Stürme wegen Klimawandel?

Am vergangenen Wochenende bei der Talkshow Anne Will in Bezug auf die Klimastreik-Demos, ließ der Physiker Prof. Harald Lesch so einiges vom Stapel, was wissenschaftlich einfach nicht haltbar ist. Ironischerweise bezog er sich dabei aber gerne auf die Wissenschaft, um Klima-Alarmismus zu rechtfertigen. Metereologe und Klimaexperte Jörg Kachelmann, der das Wetter, aber auch die Klimawandel beobachtet, machte einem Horrorszenario direkt eine deutliche Absage:

Apokalypse-Szenarien widersprüchlich

“Man kann nicht einerseits behaupten, dass sich der Jetstream abschwächt, weil sich die Polargebiete schneller erwärmen und gleichzeitig stärkere Stürme erfinden”, erklärt Kachelmann nachvollziehbar und deutlich.

Eine aktuelle These ist nämlich, dass sich durch eine wärmere Arktis eben dieser Jetstream verändert. Sollte sich nun die Arktis doppelt so schnell erwärmt wie der Rest des Planeten, lockert sich dieser Jetstream. Wärmere Luft würde so vermehrt in den Norden, kühlere vermehrt in den Süden kommen. Dazu ein handfestes Beispiel: Dadurch, dass die Arktis vor etlichen Jahren kälter wurde, trocknete die Sahara aus. Vor ein paar tausend Jahren war das ein ganz grüner Landstrich und inzwischen ist es zur Trockenwüste geworden – so wie wir sie kennen. Ein wichtiger Grund dafür war eine kältere Arktis, wodurch sich dieser Jetstream veränderte. Wenn die Arktis nun wärmer wird, würde sich wohl auch diese Entwicklung wieder umkehren.

Hungernder Eisbär in der Natur – moderne Zoos schützen die Art und ihren Lebensraum. | Foto: Andreas Weith, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Man sieht daran wie das Ganze global zusammenhängt. Die These aktuell bezüglich der Arktis ist, dass seit rund einem halben Jahrhundert eine Abnahme des Meereseises beobachtet wird. Oft wird nun die These vertreten, dass dies keine natürlichen Schwankung sei, sondern auf einen menschengemachten Klimawandel zurückzuführen ist. Leider gibt es keine langfristigen Daten zu den Eisflächen – erst seit 1979 begann man mit Satelliten-Messungen. 2007 vermutete der Meteorologe Leif Toudal Pedersen von der Technischen Universität Kopenhagen (DTU): “Bisher wurde angenommen, dass die Arktis in 30 bis 40 Sommern den Sommer über eisfrei sein würde. Wenn die jetzige Entwicklung weitergeht, wird es vielleicht nur 15 bis 20 Jahre dauern.” Aktuelle Daten zeigen nicht, dass sich das tatsächlich einlösen wird. Das trifft auf viele vergleichbare Vorhersagen zu.

Weg vom Alarmismus muss man aber feststellen, dass es die Abnahme durchaus gibt. Aktuell erforscht man die Auswirkungen, die das im Lebensraum bedeutet – hierbei hilft unter anderem der Erlebnis-Zoo Hannover. Solche Daten sind sehr wichtig, denn die Abnahme verläuft nicht linear, sondern sehr kompliziert und schwer vorhersehbar. Interessant ist zudem, dass im Südpol zeitgleich eine Zunahme verzeichnet wird. Im Norden wurden derweil von 2015-2018 die vier geringsten Maximalausdehnungen des Meereises gemessen. 2019 ist die die Maximalausdehnung wieder höher – sogar die höchste seit 2014.

Sollte nun aber eine weitere Abkühlung der Arktis den Jetstream abschwächen, wird das wiederum die Stürme abschwächen, die nur an Stärke zunehmen könnten, wenn der Jetstream verstärkt würde und somit die Pole weiter kälter würden. Also man muss sich schon für eine These, und mehr ist es ja aktuell nicht, entscheiden mit der man – im Idealfall aus guten und wissenschaftlich validen Gründen – gehen will. Die Diskussion über das Klima ist nämlich nicht so einfach wie sie von NGOs und Medien häufig geführt wird. Dazu erklärt Kachelmann: “Es sind erst Hypothesen, mehr nicht. Dennoch dichten viele Journalisten das zu bewiesener Realität um. Das ist sehr bedauerlich und kontraproduktiv.

Alarmismus ist der falsche Weg

Genauso wie das völlig unbelegte Leugnen eines Klimawandels, ist auch der Alarmismus völlig abwegig und grundsätzlich falsch – vielmehr noch, er steht sogar der sachlichen Diskussion um den Klimawandel im Weg. Kachelmann in seinem Thread moniert, ebenso wie Michael Miersch in seinem Erfahrungsbericht zur öffentlichen Diskussion über den Klimawandel, eine massiv falsche Gewichtung der medialen Aufbereitung der wissenschaftlichen Diskussion mit einer Fokussierung auf ein bestimmtes Institut:

“Wenn die Potsdamer Klimasirenen ernsthaftes Engagement hätten, würden sie persönlich nicht beim Feinstaub-Ofen zuhause sitzen, sondern eine Mahnwache am Kanzleramt halten und so zeigen, dass es so ernst ist, wie sie vorgeben und das Ende nahe ist. […] Und irgendwann muss es auch vielen deutschen Medien auffallen, dass sie nicht Pressesprecher eines international relativ isolierten Instituts aus Potsdam sein sollten. Das bedeutet nicht, dass man Rechtsdeppen (“früher war auch warm”) automatisch eine Plattform geben muss. Es würde schon reichen, wenn man über das Abschreiben von Verlautbarungen aus Potsdam hinausginge und sich ein bisschen schlau machen würde, was man anderswo sagt und forscht. Lernen, was man weiss und wieviel man (leider) noch nicht weiss. Und den Lesern das auch sagen. […] Gerade die Medien sollten mithelfen, aktiv an Differenziertheit interessiert zu sein. Als kindische Reaktion auf einen amerikanischen Präsidenten oder die AfD mit dem Fuss aufzustampfen und sich toll zu fühlen, ist für die heutige Zeit zu wenig. Viel zu wenig.” – Jörg Kachelmann in einem Thread auf Twitter

Gemeint ist damit das PIK, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Es handelt sich dabei um einen eingetragenen Verein, der als gemeinnützig anerkannt ist und dessen Grundfinanzierung von rund 11 Millionen Euro im Jahr, nach eigenen Angaben, je hälftig von Bund und Land stammt. Zusätzlich gibt es noch Geld aus EU-Förderprogrammen. 2017 kam man so, nach eigenen Angaben auf der Webseite, auf über 20 Millionen Euro. Der Verein ist bekannt dafür, klima-alarmistisch zu agieren. Damit spiegelte er aber noch nie die Mehrheit der Wissenschaftler auf diesem Gebiet wider. Ein Bericht aus der journalistischen Praxis:

“Durch den hysterischen Sound skeptisch geworden interviewte ich ein paar Wissenschaftler, die zu anderer Ergebnissen kamen als die beiden Hauptquellen fast aller Berichte in deutschen Medien, das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), gern auch Weltklimarat genannt, und das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Dass der Kreis der immer wieder zitierten Experten so klein ist, erinnerte mich an die Zeit des Waldsterbens. Damals dominierten zwei Wissenschaftler die Medienberichte: Ein Göttinger Bodenkundler und ein Münchner Forstbotaniker. Heute richten sich die Mikrofone vorzugsweise auf die Chefs des Potsdam-Instituts und den Kieler Meteorologen Mojib Latif.
[…] Die Prognosen des Weltklimarates und des Potsdam-Institutes wurden zu unumstößlichen Dogmen. Das machte mich noch skeptischer. Denn wenn die Vertreter einer absolut dominierenden Sichtweise immer und immer wieder auf ein Häuflein vermeintlicher Häretiker eindreschen und eine Debatte autoritär für beendet erklären, dann ist meistens etwas faul.
[…] Eines Tages ereilte mi[ch] der Zorn des Umweltbundesamtes (UBA). In einer Broschüre dieser Behörde, die damals vom jetzigen Staatssekretär Jochen Flasbarth geleitet wurde, stellte man mich und andere Journalisten und Wissenschaftler in eine Ecke mit amerikanischen Öl- und Kohlelobbyisten. […] Hauptautor der UBA-Broschüre war übrigens der Fachbereichsleiter Harry Lehmann, der dem „Verein der Freunde und Förderer des Potsdam-Instituts“ angehört. Laut Satzung soll dieser Verein das Potsdam-Institut „vor allem durch Beschaffung von Mitteln“ unterstützen.” – Michael Miersch im Artikel “Wie ich zum Klimaleugner wurde”

Der Sprogø Vindmølle Park nördlich der Great Belt Bridge (2010) | Foto: Fxp42, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Werder Kachelmann, noch Miersch leugnen den Klimawandel, sondern gehen differenziert mit dem wissenschaftlichen Forschungsstand um und es ist sehr wichtig zu wissen, was man weiß und was man nicht weiß. Es ist nicht alles klar und es ist nicht alles geklärt – das muss man ändern. Allerdings fürchtet das eine Lobby aus Alarmisten, die vermutlich sehr genau wissen auf welch dünnem Eis ihre schwerwiegenden Behauptungen stehen und die Wissenschaft als Bedrohung medialer Hegemonie verstehen. Zudem sind sie oft verbunden mit Akteuren auf dem Markt, deren Gewinne davon abhängen, ob weiter so eine Panik verbreitet werden kann.

Ein klassisches Beispiel zum Thema sind Windräder: Offshore-Windräder zerstören marine Lebensräume und machen noch mehr unbewohnbar, an Land und zu Wasser sind sie eine massive Bedrohung für Vögel und auch am Insektensterben sind sie beteiligt. Darüber wird kaum diskutiert, weil man so eine Panik verbreitet und eine Milieu kreiert, in dem sie als Lösung erscheinen, obwohl sie eine Technologie repräsentieren, die noch nicht ausgereift ist. Eine eigentlich nicht fertige Technologie aber bringt den Firmen natürlich kein Geld und so nutzt man den Alarmismus gekonnt, um negative ökologische Auswirkungen solcher Anlagen auszuklammern und die angeblichen Vorteile – also das Verschieben des angeblich nahenden Weltuntergangs – zu überrepräsentierten. Die Vernetzung von NGOs und Wirtschaft ist dabei auffallend eng, was durchaus bemerkenswert ist.

Alarmismus ist auch der falsche Weg und kontraproduktiv. Vorhersagen, die nicht weniger als die nahende Apokalypse herbeireden, die dann doch nicht kommt, ermüden die Öffentlichkeit und die wirklichen Katastrophen werden egal oder sogar überdeckt. Viel wichtiger ist es, konkret zu helfen – wie etwa im Rahmen des Schutzes von Eisbären der Arktis. Hier lassen sich Daten ermitteln, hier lassen sich konkrete Probleme lösen. Oder schauen wir in wärmere Gefilde: Delfine in Südamerika. Auch hier ist seriöse Wissenschaft, statt hochtrabender Diskussion die Lösung. In solchen Projekten kann wirklich jeder etwas verändern, indem er eben spendet oder praktisch Unterstützung liefert.

Das sind konkrete Daten, konkrete Lösungsvorschläge und letztendlich diskutiert man hier nicht über einen doch sehr nebulösen, großen Zusammenhang, aber macht trotzdem die Welt ein Stück besser. Die Diskussion um den Schutz der Natur verliert sich aktuell sehr in der onipräsenten Klima-Thematik, statt wirklich seriös auf Dinge zu schauen, die wirklich gerade aktuell passieren und die uns wirklich begründet in Alarm versetzen sollten. Es gibt Arten, die am Rande ihrer Ausrottung stehen, was auch wissenschaftlich belegt ist, und hier drängt in vielen Fällen die Zeit, was auch hinreichend belegbar ist. Ein einzelner Mensch wird nicht die Welt retten können, aber jeder kann sie ein Stück besser machen – aber eben nur, wenn man auch was tut und das auch noch richtig tut. Moderne Zoos und Aquarien sind hierbei hervorragende Startpunkte, um konkrete Projekte zu finden, die dann auch erfolgreich durchgeführt werden. Es gibt bereits viele Arten, die so vor dem Aussterben gerettet werden konnten.

Diese Arten brauchen natürlich auch weiterhin Schutz und dazu kommen auch Arten, bei denen diese Erfolge noch nicht verbucht werden konnten. Etwa Drills sind so eine Art, bei der man gerade hart dafür kämpft, dass diese Art auch optimistisch in die Zukunft schauen kann. All das sind tolle Projekte, die wirklich was bewegen und davon gibt es noch viel mehr. Hier verändert sich wirklich etwas und es hilft mehr, hier aktiv zu werden als die Apokalypse herbei zu fantasieren. Vielleicht kommt man nicht in eine Talkshow, wenn man man sich für eine seltene Fischart, die kaum jemand kennt, einsetzt. Wenn man aber bei dieser Art wirklich etwas Positives erreicht, hat man viel mehr Gutes getan als jeder, der bei Anne Will oder anderen Talkmasterinnen und Talkmastern über die angeblich nahende Apokalypse schwadroniert hat oder freitags nicht zu Schule gegangen ist und sich dann im Fernsehen dafür ausgiebig feiert ohne konkrete Lösungsvorschläge präsentiert zu haben.

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