Grevyzebras im Zoo Leipzig | Foto: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Löwen-Papa Jörg Gräser: Versetzt wegen einem Zebra?

Exklusiv für zoos.media – 24.05.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Rund um die Versetzung Jörg Gräsers im Zoo Leipzig treten weitere Ungereimtheiten auf. Schuld für die Versetzung wäre angeblich die artgemäße und tiergerechte Verfütterung eines überzähligen Zebras.

Löwen-Papa Jörg Gräser: Versetzt wegen einem Zebra???

Der Leipziger Zoo hatte die Versetzung von Jörg Gräser als langfristig durchdachte Entscheidung dargestellt. Wie die BILD-Zeitung, LVZ und anderen Medien nun berichteten, hatte die Zooleitung die unmittelbare Entscheidung der Versetzung auf eine ganz andere Begründung gefußt. Dass sich dieser Vorgang so ereignet hat, wirkt für viele Zoofreunde allerdings wohl unglaublich.

Was ist passiert?

Grevyzebras auf der Kiwari Savanne im Zoo Leipzig | Foto: FabGuy, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Der Leipziger Zoo soll den Löwen ein Festmahl in Form eines Zebras bereitet haben. Aus irgendwelchen Gründen aber sollten die Tiere dies nicht vor den Besuchern genießen durften, sondern außerhalb der Blicke der Menschen. Dieses Vorgehen wirkt merkwürdig aus der Zeit gefallen und fast schon lächerlich, weil andere Zoos stolz darauf sind, ihren Löwen solche qualitativ hochwertigen Mahlzeiten anbieten zu können und es nicht verstecken.

Wohl durch menschliches Versagen, war ein eigentlich als geschlossen intendierte Schieber offen. Stolz trug ein Löwe den Kopf des Zebras, ein überzähliger Hengst mit dem Namen Franz, sogleich auf die Außenanlage und verspeiste ihn genüsslich. Eine hysterische Besucherin soll das gefilmt und sich beschwert haben, die überwiegende Anzahl der Besucher zeigten sich interessiert bis begeistert. Ein echtes Problem entstand aus dieser Fütterung nicht.

Zahlreiche Kommentatoren in sozialen Medien, auf verschiedenen Gruppen und Seiten, melden sich gerade zu diesem Thema. Sie seien vor Ort gewesen und hätten mitbekommen, dass zum Zeitpunkt des Vorfalls Jörg Gräser gar nicht da gewesen sei. Manche weisen darauf hin, dass er sonst, wie gewöhnlich, die um 14.00 Uhr täglich anstehende Fütterung beziehungsweise den Keeper Talk gemacht hätte, was nicht der Fall war, und man ihn sonst auch nicht gesehen habe. Wenn das zutrifft, wäre Jörg Gräser nicht mal ansatzweise überhaupt dafür verantwortlich zu machen.

Warum ist das so wichtig?

Transvaal-Löwin im Leipziger Zoo (2018) | Foto: Fiver, der Hellseher, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Großkatzen sollte niemand nur mit Filets füttern. Das für die meisten Menschen beste Stück vom Tier ist nicht auch das Beste für Löwen. Warum? Taurin ist für die Großkatzen lebenswichtig. Das bekommen sie aber nur, wenn sie Tiere im Ganzen verspeisen. Jörg Gräser hat deshalb zum Beispiel auch aus ganzen Tauben Enrichments gebastelt, die es sogar im TV bei “Elefant, Tiger & Co.” zu sehen gab.

Bei der Verfütterung von Zebras kommt noch hinzu, dass man durch diese tiergerechte Fütterung auch sehr gut mit überzähligen Hengsten umgehen kann. Bei der Zucht von Zebras kommen nämlich etwa gleich viele männliche und weibliche Tiere auf die Welt. Im Erwachsenenstadium leben sie aber in Haremsgruppen mit einem Hengst und mehreren Stuten.

In der Natur sterben die überzähligen Zebra-Hengste einen teils qualvollen, einsamen Tod. Im Zoo kann man ihnen das ersparen, indem man ihnen nach einem schönen Aufwachsen in Menschenobhut ein schnelles und schmerzloses Ableben ermöglicht und sie bedrohten Arten zum Festmahl kredenzt. So empfindet man die Natur – zum Wohle aller Beteiligten – nach.

Hat der Zoo Leipzig gelogen?

Eingang vom Zoo Leipzig | Foto: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Sollte das also der Grund für die Versetzung von Jörg Gräser gewesen sein, würde diese offenbar völlig fehlgeleitete Entscheidung den Leipziger Zoo nicht gut dastehen lassen. In einer Zeit, in der Zoos sehr offen mit solchen Ganzkörperfütterungen umgehen und vor allem es auch Teil ihres Bildungsauftrags ist, darüber zu informieren, einen Tierpfleger wegen so einem Vorgang zu feuern, ist so aus der Zeit gefallen, dass es unglaublich scheint. Es steht in keiner Relation wegen einer hysterischen Besucherin einen Löwen-Experten seinem Platz zu verweisen.

Der Leipziger Zoo hat bisher aber nur die Tötung des Hengstes sowie dessen Verfütterung bestätigt. Sollte das aber wirklich der Vorgang gewesen sein, weswegen man Jörg Gräser in ein anderes Revier versetzte, hat der Zoo aber auch vor allem eins: in zwei Statements nicht die Wahrheit geschrieben. Dann handelte es sich nämlich um eine Kurzschlussreaktion des Zoos und vermutlich auch eine zu Unrecht erfolgte Versetzung. So scheint sich das Kommunikationsdesaster weiter fortzusetzen. Immer klarer wird: personelle Konsequenzen haben im Leipziger Zoo wohl den Falschen getroffen.

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