Gefriergetrocknete Buffalowürmer | Foto: Wilhelm Thomas Fiege / insektenwirtschaft.de, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Mark Benecke: Wenn der „Insekten-Experte“ bei Insekten falsch liegt

Exklusiv für zoos.media – 23.02.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

TV-Persönlichkeit und Tierrechtsaktivist Mark Benecke wird immer wieder eine gewisse Expertise bei Insekten zugeschrieben. Jetzt liegt er ausgerecht bei Insekten voll daneben.

Mark Benecke: Wenn der „Insekten-Experte“ bei Insekten falsch liegt

Der Kriminalbiologe Mark Benecke wird besonders von der Tierrechtsindustrie gerne als Experte und leidenschaftlicher Tierrechtler verkauft. Er unterstützt die Industrie auch bei Kampagnen wie zum Beispiel bei der jüngst gescheiterten gegen die Menschenaffen-Haltung in Krefeld. Nun äußert er sich zum Essen von Insekten und scheitert bemerkenswert bei einem Thema, das ihm eigentlich liegen müsste.

Worum geht es?

Junger Mann isst Mopane-Würmer | Foto: Cecil Dzwowa, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Seit vielen Jahren sind Bestandteile oder Erzeugnisse von Insekten ein Teil der Nahrung – mal mehr und mal weniger offensichtlich. So sind der gelbe Mehlwurm, die europäische Wanderheuschrecke und die Hausgrille in den letzten Jahren zugelassen worden und Anfang 2023 eben auch der so genannte Buffalowurm. Letzterer hat für besonders große Aufregung gesorgt. Der Buffalowurm sieht den Mehrwurm für Laien zum Verwechseln ähnlich. Allerdings sind beides keine echten Würmer, sondern Larven.

Insekten zu essen, ist aber letztendlich nur im so genannten Westen wirklich eine Diskussion. Im südlichen Afrika zum Beispiel gelten etwa Mopane-Würmer als akzeptiertes Grundnahrungsmittel. Das sind die etwa fingergroßen Raupen eines schönen Schmetterlings. Die haben es dort sogar bis in die Nouvelle Cuisine geschafft. Allerdings isst sie auch ganz ohne viel Schnickschnack in einfachen Zubereitungen. Darüber hinaus werden sie auch Touristen serviert. Das Foto entstand im Zusammenhang mit “Health and Wellness in Africa” im Zimbabwe.

Daher ist die ganze Aufregung am Ende vor allem ein westliches Phänomen. Es finden sich zahlreiche Menschen in den Medien, die nun Aufmerksamkeit damit generieren, indem sie theatralisch hyperventilieren. Oft wird dabei übersehen, dass es keine Pläne in der EU gibt, Menschen zum Verzehr von Insekten zu zwingen, sondern es geht nur um eine optionale Erweiterung des Speiseangebots um Dinge, die andernorts längst normal sind. Es gibt auch in Europa schon erste bekannte Köche, die mit solchen Zutaten arbeiten.

Krude Thesen

Wo es um Aufmerksamkeit geht, ist Mark Benecke dann meist auch nicht weit. Ob er als Doktor Made dann irgendwelche Hits in der Chartshow kommentiert oder etwas anderes, wirkt oft so beliebig wie zweitrangig. Nun hat er sich wohl zu einem Interview bei Utopia hinreißen lassen. Dieses ohnehin nicht sonderlich seriöse Medium wird von der GLG Green Lifestyle GmbH betrieben, die zu 100% der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (DDVG) gehört. Das wiederum ist die Medienbeteiligungsgesellschaft der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).

Dort fabuliert der anscheinend von der Redaktion für einen Experten gehaltene Benecke darüber, dass der Verzehr von Tieren sogar generell “biologisch falsch” sei. Der überzeugte Veganer propagiert damit natürlich “pflanzliche Nahrung”, die er für sich so favorisiert und verbindet die von ihm bevorzugte Ernährungsweise mit allerlei falschen Attributen, die längst als widerlegt gelten. Zusammenfassend lässt sich konstatieren: Nein, am veganen Wesen wird die Welt nicht genesen.

Vegane Landwirtschaft nicht besser für Klima und Welternährung

Biologe widerspricht

Zweifingerfaultier Pauline im Loro Parque | Foto: zoos.media

Wolfgang Rades, renommierter Artenschutz-Experte und aktuell als Artenschutzbeauftragter des Zoos Loro Parque auf Teneriffa unterwegs, erklärt sehr deutlich: “Wir Menschen sind von Natur aus keine Vegetarier oder Veganer, sondern zoologisch Allesfresser. Das zeigt sich schon in der Anatomie zum Beispiel an unserem Allesfresser-Gebiss und den Abmessungen unseres Verdauungstrakts.” Davon, dass die Ernährung mit tierischem Protein also “biologisch falsch” wäre, kann keine Rede sein.

“Mit Blick auf die ökologische Folgewirkungen ebenso wie auf das Tierwohl macht es natürlich Sinn, tierische Produkte nur bewusst und in Maßen zu genießen”, erklärt er weiter. “Täglich große Mengen von billig in Massentierhaltung produziertem Fleisch zu verzehren, halte ich für unverantwortlich – sowohl mit Blick auf den Umwelt- und den Tierschutz, als auch auf die eigene Gesundheit.”

„Unwissenschaftlich!“

Grilled Striploin Steak auf einem Brett angerichtet | Foto: Roderick Eime, Lizenz: CC BY 2.0

Wolfgang Rades betont: “Wenn allerdings ein Biologe den Verzehr tierischer Produkte durch Menschen als unbiologisch bezeichnet, so ist das eine vollkommen unwissenschaftliche und wohl eher ideologisch motivierte Aussage!” Wer glaube, 90% der Menschen zu Vegetariern oder Veganern machen zu können, sei naiv “und lügt sich selbst was in die Tasche”. Für viel realistischer und erfolgversprechender hält er es, Menschen zum bewussten und maßvollen Verzehr von Fleisch zu motivieren.

“Unsere modernen, wissenschaftlich geleiteten Zoos treffen, als außerschulische Lernorte und als reale Begegnungsstätten zwischen Mensch und Tier, auf eine immer mehr naturentfremdete Gesellschaft. Sie haben eine Schlüsselfunktion bei der dringend erforderlichen Sensibilisierung für den Schutz von Tierwelt und Natur und für einen nachhaltigen Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen”, erläutert er weiter.

Guter Rat für Tierfreunde

Gorilla im San Francisco Zoo | Foto: Brocken Inaglory, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Ideologisch verblendete Menschen, die teils auch im gleichen Atemzug die zu umfassendem Natur- und Artenschutz notwendigen Zoos und Aquarien ablehnten, würden so den Tieren am Ende schaden. Dass sie das wiederum als eigentlichen Antrieb der kruden Thesen verkaufen, lässt es zu, eine gewisse Doppelzüngigkeit zu attestieren.

“Wirkliche Natur- und Tierfreunde sind gut beraten”, erklärt der Biologe und engagierte Naturschützer Wolfgang Rades, “sich gemeinsam mit den modernen Zoos und seriösen Natur- und Tierschutzverbänden für den Erhalt der biologischen Vielfalt einzusetzen, und nicht auf die ideologisch und zwar lautstarken, aber zumeist unsachlichen und wahrheitswidrigen Kampagnen radikaler selbsternannter Tierrechtler und Zoogegner hereinzufallen.”

Was Benecke wohl nicht versteht

Braunvieh-Kuh auf einer Weide in Melchsee-Frutt (Schweiz) | Foto: Ikiwaner, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Eigentlich ist es ja auch ganz einfach: Bei der Ernte pflanzlicher Ackererzeugnisse fallen ja nicht nur die eigentlichen Produkte an, für die man den Anbau betrieben hat, sondern es gibt weitere Teile der Pflanze. Die könnte man nun verschwenden, indem man sie auf den Müll wirft. Die andere Option ist, dass man sie Lebewesen zu fressen gibt, die diese Dinge gerne mögen.

Das können Kühe sein oder eben auch Insekten. Sie verwandeln dann durch den Prozess ihrer Verwertung dieser Lebensmittel für Menschen sonst nicht nutzbare Ackererzeugnisse in kostbares und köstliches Fleisch. Zudem produzieren zum Beispiel jene Kühe, Fladen, die dann wiederum nicht nur Lebensraum und Ernährung für Insekten bietet, sondern auch zur Düngung der Felder genutzt werden. Übrigens macht auch die aus Gründen des Natur- und Artenschutzes erforderliche Pflege der offenen Kulturlandschaft durch eine extensive Grünlandbewirtschaftung hierzulande vielerorts die Haltung von Rindern, Ziegen und Schafen erforderlich.

Das ist, vereinfacht dargestellt, nachhaltige Landwirtschaft: man holt das Optimale aus dem Feld heraus, was es dann wiederum erlaubt, es nachhaltig nutzen zu können. Würde man nur die Feldfrüchte verbrauchen und alles andere wegwerfen, wäre die Landwirtschaft weit entfernt davon, wirklich nachhaltig zu sein. Es geht aber bei seriöser Landwirtschaft immer um umfassende Nutzung unter der Beachtung ökologischer Notwendigkeiten, und dadurch wird sie auch nachhaltig.

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