Roter Panda im Naturschutz-Tierpark Görlitz | Foto: Naturschutz-Tierpark Görlitz-Zgorzelec, Lizenz: CC BY-SA 4.0

ntv lässt Tierschutzbund & PETA über Zoos lügen

Exklusiv für zoos.media – 11.04.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

In seiner “Wissen”-Rubrik lieferte der Sender ntv einen massiv defizitären Artikel ab. Entstanden ist ein Lehrstück für False Balance, das Lügen, Fehl- und Desinformationen unhinterfragt verbreitet.

ntv lässt Tierschutzbund & PETA über Zoos lügen

Wenn man jemandem erklären möchte, wie False Balance funktioniert, kann man getrost den Artikel, den eine Autorin oder ein Autor, die oder der den eigenen Namen im Angesicht dieses Machwerks wohl aus verständlichen Gründen nicht nennen will, als Beispiel nehmen. Man findet aber auch prima populistische Aussagen und Vorgehensweisen darin. Wer also ein gutes Beispiel für schlechten Journalismus sucht, findet in diesem Artikel sein El Dorado. Vor dem Hintergrund einer Informationsoffensive, an dem der Sender beteiligt sein will, wirkt es peinlich. Seriös ist das Vorgehen nicht.

Titel schon fragwürdig

Przewalski-Pferde im Zoo Köln: Modernen Zoos auf der ganzen Welt ist es zu verdanken, dass diese Art überlebt hat. | Foto: zoos.media

Die Aussage, dass Zoos “in Deutschland umstritten” wären, ist schon eine klassisch populistische Aussage. Akkreditierte Zoos und Aquarien in Deutschland haben mehr Live-Besucher als Bundesliga-Stadien. In der breiten Bevölkerung sind sie nicht umstritten. Sie genießen in Deutschland eine 82%ige ausdrückliche Zustimmung. Zoologische Gärten haben seit vielen Jahrzehnten und einige sogar seit Jahrhunderten regen Zulauf. Umstritten sind sie in erster Linie nur in einer politisch-medialen Blase, die sich für den Nabel der Welt hält und ihre internen Diskussionen für besonders relevant.

Um diese Umstrittenheit zu belegen, braucht der Autor – der Einfachheit halber wählen wir folgend die kürzere Form – eine so genannte False Balance. Was ist das? Eine mediale Verzerrung, bei der einer klaren Minderheitenmeinung ungebührlich viel Raum gegeben wird, sodass der falsche Eindruck entsteht, Minderheitenmeinung und Konsensmeinung seien in einer oder mehreren Formen gleichwertig. Daher bekommen zum Beispiel Experten aus Zoos und Aquarien fast gar keinen Raum, Zoo-Gegner aber einen sehr großen.

Neben dieser False Balance sind aber auch die Aussagen, mit denen sie erzielt wird, zudem völlig falsch und desinformierend. Dabei kann man Absicht unterstellen, weil man mit dem Deutschen Tierschutzbund (DTB) und PETA Organisationen ausgewählt hat, die dafür bekannt sind notorisch über Zoos und Aquarien zu lügen. Wer diese Organisationen auswählt, führt nichts Gutes im Schilde. Schon an dieser Gewichtung und Auswahl merkt man, dass hier eine Agenda im Vordergrund steht und nicht der Grundsatz des Journalismus, nämlich zu berichten, was tatsächlich ist.

Deutscher Tierschutzbund macht sich wieder lächerlich

Erneut tritt die Sprecherin des Deutschen Tierschutzbundes (DTB), Hester Pommerening, in Erscheinung, die eine der vielen typischen Lügen reproduziert, nämlich, dass “Eisbären oder Delfine” in Zoos nichts mehr verloren hätten, weil man “deren anspruchsvollen Bedürfnissen […] grundsätzlich nicht gerecht werden” könne. Man fragt sich, was Pommerening zu dieser Aussage befähigen soll, sehen ausgewiesene Experten es doch ganz anders. Über 160 Experten haben ein klares Bekenntnis zu der Wichtigkeit der Haltung von Meeressäugern abgegeben und die wesentliche Artenschutzorganisation zu Eisbären, Polar Bears International, erklärt bei jeder sich bietenden Gelegenheit, warum Zoos so wunderbare Arbeit leisten und wie toll moderne Anlagen sind.

Erlebnis-Zoo Hannover: Polar Bears International in Yukon Bay

Im Artikel von ntv bleiben diese viel gewichtigeren Expertisen natürlich unerwähnt. Es ist aber nicht so, dass das Bestehen eines NGO-Bewerbungsverfahrens einen kompetenter macht, als solche seriösen Experten. Daher muss man bei ntv so tun, als gäbe es gar niemand anderen. Dass Pommerening dann auch noch unwidersprochen falsche, weil alte, Zahlen liefert, mit nur 50 von Zoos geretteten Arten, die ja nur einen Tropfen auf den heißen Stein wären, passt ins Bild. Allein der Loro Parque auf Teneriffa war mit seiner Stiftung an der Rettung von 12 Arten beteiligt. Wie viele Arten hat der Deutsche Tierschutzbund gerettet? Keine. Nicht mal um seine ihm als Dachorganisation zugeordneten Tierheime kümmert er sich richtig.

Tierheime in Not, Deutscher Tierschutzbund im Reichtum

Es passt ins Bild, dass man im Artikel nicht wenigstens ansatzweise darauf verweist, dass die Organisationen, die zu Kronzeugen der Zookritik gemacht werden, massiv selbst in der Kritik stehen. Das folgt natürlich der Agenda, dass man den Fürsprechern seiner Agenda nicht schaden will. Schließlich könnte sonst jemand auf die Idee kommen, dass die eigenen Quellen nicht so seriös sind, wie man sie macht. Das wäre fatal, weil dann kann man Zoos nicht mehr so gut negativ darstellen. Das will man bei ntv wohl nicht. Seriöser Journalismus stört anscheinend nur.

PETA mit dreisten Lügen

Auch PETA hat keine einzige Tierart retten können, meint aber trotzdem davon reden zu können, dass Zoos und Aquarien “keinen effizienten Beitrag” leisten würden. Dabei vertritt Yvonne Würz auch wieder die Ansicht, es kämen “Medikamente wie Psychopharmaka zum Einsatz, um Tiere ruhig zu stellen und Verhaltensstörungen zu überdecken”. Dabei wird von ntv natürlich verschwiegen, dass PETA das immer wieder behauptet, aber in keinem Fall je wirklich beweisen konnte. Mit jeder Anschuldigung gegen seriöse Zoos und Aquarien hat die Organisation bisher eine Bruchlandung hingelegt. Sie manipuliert sogar Material, um Fehlinformationen zu verbreiten.

Erlebnis-Zoo Hannover: PETA lügt sich eine gescheiterte Kampagne schön

Immer wieder fallen Medien, wie auch ntv, auf solche Kampagnen rein, lernen aber nicht aus ihren Fehlern. Wiederholt werden sie von den Tierrechtlern belogen und betrogen, glauben aber es aber bei jedem Mal wieder. Es ist bemerkenswert, wie sie zahlreiche sprichwörtliche Elefanten im Raum dabei immer wieder ignorieren. Sie übersehen ja nicht nur, dass sie schon oft hinters Licht geführt wurden, sondern auch, dass PETA nicht mal 10% der Spenden für den Tierschutz verwendet. Dass PETA Terrorismus unterstützt, wird auch ignoriert. Ebenfalls scheint nicht zu interessieren, dass PETA unter fadenscheinigen Ausreden für den Tod von über 40.000 teils gesunden und vermittelbaren Tieren verantwortlich ist.

Wie kann so eine Organisation eine seriöse Quelle sein? Gar nicht. Es handelt sich um einen Verein, der jede Form der Tierhaltung – völlig ungeachtet ihrer Bedeutung – in letzter Konsequenz beenden will. Natürlich weiß ntv also ganz genau, was sie bekommen, wenn sie PETA fragen. Wer als Journalist Zoos hasst, fragt PETA und kann dann Lügen in seinen Artikel schreiben, die ihm zupasse kommen. Damit hat sich der ntv-Autor sehr deutlich demaskiert. Seriöser Journalismus würde zu anderen Gesprächspartnern und Ergebnissen führen.

Dann kommt der VdZ …

Der Erlebnis-Zoo Hannover spielt eine wesentliche Rolle bei der Rettung der Addax-Antilope. | Foto: zoos.media

Der Kniff am Artikel ist nun der, dass man es so darstellt, als wären diese Meinungen von zwei Lügen-Organisationen irgendwie gleichwertig mit der Expertise des Fachverbandes VdZ, der Verband der Zoologischen Gärten. Das wird dadurch gemacht, dass man die Aussagen der Sprecherin des Verbandes auf die Lügen der Anti-Zoo-Organisationen bezieht. Notorische Lügner über Zoos und Aquarien aber auf eine Stufe zu stellen mit der Expertise eines Fachverbandes und sie auf längst widerlegte Lügen mehr oder weniger antworten zu lassen, ist maximal desinformativ. Das gilt besonders bei wissenschaftlich zu klärenden Fragen.

Ob ein Tier leidet, ist keine Meinung – man kann es wissenschaftlich hinreichend nachweisen oder nicht. Genauso ist es beim Artenschutz: Der von der Weltnaturschutzunion (IUCN) formulierte One Plan Approach To Conservation, der als Gold-Standard für umfassenden Artenschutz gilt, ist nur mit Zoos und Aquarien möglich. Da kann man diese zoologischen Institutionen mögen oder nicht: Wenn man Tiere, ihre Arten und Lebensräume, umfassend schützen will, geht das nur mit Zoos und Aquarien. Dafür sind weit über fünfzig bereits gerettete Arten und hunderte sich in der Rettung befindliche Arten nur Beispiele. Es geht nicht ohne Zoos und Aquarien.

Frechheit im letzten Absatz

Zuletzt rühmt man sich damit weitere, natürlich nicht genannte, Natur- und Artenschützer befragt zu haben und die seien “sich aber auch weitgehend einig, dass Zoos sich stärker an wissenschaftlich festgestellten Bedürfnissen der Tiere orientieren und auf einige nicht artgerecht haltbare Tiere verzichten sollten”. Das ist einfach nicht wahr. Man hat im Verlauf des Artikels nur den WWF befragt, der sich deutlich auf die Seite der Zoos und Aquarien stellte und – aufgrund zahlreicher Kooperationen nicht uneigennützig natürlich – mehr Ausgaben für Natur- und Artenschutz forderte.

Es gibt keine seriösen oder in den jeweiligen Fragen relevanten Tier-, Arten- oder Naturschützer, die die Haltung bestimmter Arten ablehnen. Das Gegenteil ist der Fall. Aktuell ist zum Beispiel Polar Bears International die relevanteste Organisation zum Schutz von Eisbären und betont ausdrücklich die wichtige Zusammenarbeit mit Zoologischen Gärten. Das gleiche lässt sich für andere Natur- und Artenschützer fortsetzen. Daher nennt man bei ntv auch nicht die Namen dieser angeblich Befragten. Sie sind wohl schlicht nicht existent oder durch die angewandte False Balance mal wieder falsch eingeordnet worden.

artgerecht, tiergerecht, artgemäß – was ist gemeint?

Informationsoffensive wird zur Peinlichkeit

Wisent mit Sender-Halsband in der Döberitzer Heide | Foto: Uhu56, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Die vom Muttersender RTL ausgerufene Informationsoffensive wird im Angesicht solcher Artikel schwer zu halten sein. Die Idee des Senders, als eine Art “ARD mit Werbung” durchzustarten, in dem man Moderatoren abwirbt und Redaktionsideologien übernimmt, klappt zwar, aber geht, auch im Angesicht des aktuellen Zustands der ARD, völlig am vorgeblichen Ziel der seriösen Information vorbei. False Balance, eine Masche, die man immer häufiger findet, ist das Gegenteil von seriöser Information. Eine erwiesenermaßen unseriös agierende Minderheit ist nicht gleichgewichtig mit Fachverbänden und einer deutlichen Mehrheit.

Wer berichten will, was tatsächlich ist, kann sich nicht zum Multiplikator von Fehl- und Desinformationen machen. Zudem ist fraglich, ob man Autoren wirklich für so dumm halten kann, um ihnen einzugestehen, dass es nicht absichtlich passiert. Alle Fakten liegen ja auf dem Tisch. Wenn man denn Zoos und Aquarien als Institution kritisieren will, sollte man doch wenigstens Experten herbeischaffen, die bewiesen haben, dass sie was von Natur- und Artenschutz verstehen. Stattdessen fragt man Organisationen, die nie auch nur eine einzige Art mit ihren Ansichten haben retten können. Das ist einfach unseriös.

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