Blick in den Zoo der Zukunft: Gondwanaland, Zoo Leipzig | Foto: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0

VdZ: Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021

Exklusiv für zoos.media – 11.09.2021. Autor: Philipp J. Kroiß

“CDU und FDP am zoofreundlichsten”, fasste der VdZ das Ergebnis der Wahlprüfsteine vor der letzten Bundestagswahl zusammen – wie sieht es in diesem Jahr aus?

VdZ: Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021

Wen soll man wählen? Diese Frage treibt aktuell die Menschen um, die noch nicht wissen, wo sie am 26. September 2021 ihr Kreuz machen sollen. Generell ist es sehr wichtig wählen zu gehen, um mitbestimmen zu können, wie sich die Bundesrepublik Deutschland in der nächsten Legislaturperiode entwickeln wird. Keine abgegebene Stimme ist eine verlorene Stimme, egal in welche Richtung sie gehen mag, nur nicht abgegebene Stimmen sind verloren, denn sie bestimmen nicht mit. Daher ist es von großer Bedeutung, seine Stimme in die Waagschale zu werfen beziehungsweise in den Briefkasten oder die Wahlurne.

Für Zoofreunde hat der Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) nun so genannte Wahlprüfsteine veröffentlicht.

FDP für die meisten Freiheiten

Auf die Frage “Sollten aus Sicht Ihrer Partei bestimmte Tierarten in Zoos nicht mehr gezeigt werden?”, antwortet einzig die FDP sehr klar: “Nein, wir Freie Demokraten lehnen derartige pauschale Haltungsverbote ab.” Von allen anderen Parteien (CDU/CSU, SPD, Grüne, Linke und AfD) gibt es weder ein klares “Nein”, noch ein klares “Ja”. Auf die Nachfrage ” Wenn ja, welche und warum nicht?” werden dann einzig die Grünen konkreter: “Delfine können unter den derzeitigen Bedingungen in Deutschland nicht artgerecht in Gefangenschaft gehalten werden.” Das ist nachgewiesenermaßen falsch – da ist sich die überwiegende Zahl der Experten auch einig. Zudem hat Zootierhaltung mit Gefangenschaft nichts zu tun.

Wissenschaft verstärkt Bekenntnis zur Haltung von Delfinen und anderen Meeressäugern

Große Tümmler, die weltweit verbreitetste Delfinart in Zoos und Aquarien sowie die einzige, die in Deutschland aktuell gehalten wird, sind gesünderweniger gestresst und leben auch länger als ihre wilden Artgenossen. Während des Trainings schütten sie Glückshormone aus und freuen sich auf die Interaktion mit den Trainern. Die Grünen leugnen das mit dem Niveau von Klimawandelleugnern, wurden sie doch bereits bei der Anhörung vor dem Bundestag vor einigen Jahren eines bessern belehrt. Wem Fakten so egal sind, bei dem darf man sich fragen wie er denn überhaupt seriöse Natur- und Artenschutzpolitik machen will, denn die basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, denen man sich nicht verschließen kann, wenn diese Politik gelingen soll.

Grundsätzliche Positionen zur Tierhaltung

Dörte schaut neugierig durch eine Scheibe im Delfinarium des Zoo Duisburg | Foto: zoos.media

Für alle Tierhalter sehr wichtig, ist sicher die Frage: “Wie steht Ihre Partei grundsätzlich zur Haltung von Wildtieren in Menschenhand?” Diese stellt der VdZ auch. Die Union (CDU/CSU) betont wie wichtig ihr Artenschutz sei und erklärt: “Wildtiere, insbesondere exotische Arten [sic!] stellen sehr hohe Anforderungen an die Haltung.” Diese Verallgemeinerung ist zwar so nicht richtig, aber man fährt fort, dass diese in Zoos “in der Regel erfüllt werden” könnten, behauptet aber: “in Privathand gestaltet sich zumeist schwieriger”. Hier merkt man die Unsicherheit der Union mit den Begriffen, denn im Grunde ist fast jeder Fisch im Aquarium ein exotisches Wildtier, aber gerade die Aquaristik beweist, dass Privathalter einen wesentlichen Beitrag zum Schutz dieser exotischen und teils auch bedrohten Arten leisten könnten, was man im Verlauf der Antwort dann auch merkt und entsprechend einlenkt: “Wir werden es aber nicht verbieten”. 

Auch die SPD erkennt das an: “Beide – zoologische Gärten und private Halter – können bei entsprechender Sachkunde durch Nachzuchten zum Erhalt gefährdeter Tierarten beitragen.” Sie wollen aber bestimmte Haltungen verbieten, denn ” Tiere, wie z.B. große Raubkatzen oder Arten, z.B. Affen, die in der Wohnung nicht artgerecht gehalten werden können, gehören nicht in private Hände”. Die SPD ignoriert dabei, dass verantwortliche Privathalter solche Tiere gar nicht in der Wohnung selbst halten, sondern ihnen – entsprechend den Vorgaben – adäquate Haltungskonzepte bieten. Dieses völlig falsche Bild hat mit der Realität von Privathaltern, die ihre Tiere ordentliche handhaben, nichts zu tun, ist aber der Grund, warum sie offensichtlich ins Fadenkreuz der SPD geraten sind. 

Wildtiere gehören in die Wildnis”, sagen die Grünen in ihrer Stellungnahme und paraphrasieren so einen falschen Satz der Tierrechtsindustrie. Gleichzeitig behaupten die Grünen sie wollten nichtsdestotrotz “gezielte Artenschutzprogramme von Zoos und wissenschaftlichen Instituten unterstützen und die Haltung dort verbessern”. Das zeigt eine bemerkenswerte Hybris, denn die Zoos und Aquarien haben es sehr gut geschafft, erfolgreiche und wirkungsvolle Artenschutzprogramme ohne die Beratung durch eine Partei auf die Beine zu stellen. Hier zeigt sich wieder der regulierende Staat, den die Grünen vertreten, der sich in alles einzumischen sucht, auch wenn offensichtlich die Expertise fehlt. Eigentlich ist der Staatapparat da, um Rahmenbedingungen zu schaffen und nicht, um sich so einzumischen – die Grünen sehen das traditionell anders. 

Drill im Wuppertaler Zoo – die Art ist auf moderne Zoologische Institutionen angewiesen | Foto: zoos.media

Die Linken sind bei den Zoos und Aquarien sehr unkonkret, wollen aber für Privathalter eine “Positivliste für Tiere, die gehalten werden können. Diese Positivliste soll Kriterien des Tier-, Natur- und Artenschutzes sowie des möglichen Gefahrenpotenzials gegenüber Menschen berücksichtigen.” Die Partei, die mit der SED “rechtsidentisch” ist, mag sich auf Basis ihrer Geschichte mit Listen besonders gut auskennen, was sich aber positiv anhört, ist in Wahrheit ein Haltungsverbot von noch nicht näher bestimmten Tierarten. Vielmehr lässt sich die Linke hier auf keine klaren Regeln festnageln, sondern verbleibt im Nebel des Ungewissen. 

Die FDP sagt hingegen ganz klar: “Wir Freie Demokraten befürworten die Haltung von Wildtieren in zoologischen Gärten.” Keine andere Partei erklärt das so deutlich. Ebenfalls erklärt die FDP sehr deutlich: “Eine weitere Regulierung halten wir daher aktuell nicht für nötig.” Nicht weniger deutlich fällt das Bekenntnis zur Privathaltung aus: “Wir Freie Demokraten betrachten die Freiheit zur privaten Tierhaltung grundsätzlich als Bestandteil des verfassungsrechtlichen Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.” Ebenso wird deutlich bekräftigt: “Pauschale Haltungsverbote lehnen wir in diesem Zusammenhang ab.” Sie schlägt für Privathalter stattdessen ein Stufenmodell vor, das Tiere entsprechend zuordnet und daran dann die durch die Halter zu bringenden Nachweise orientiert.

Die AfD erklärt zwar auch, man spreche sich “für die Haltung von Wildtieren auch in Menschenhand aus”, erklärt aber: “Eine gesetzliche Regulierung wird gegenüber einem Verbot der Wildtierhaltung in privater Hand bevorzugt.” Ein deutliches Bekenntnis gegen Haltungsverbote sieht auch deutlich anders aus, denn es wird zwar nicht bevorzugt, aber eben auch nicht ausgeschlossen. Ebenso bleibt im Dunkeln wie denn so eine gesetzliche Regulierung aussehen soll. Konkrete Lösungen zur Verhinderung solcher Listen oder Verbote, wie etwa die FDP sie formuliert hat, gibt die AfD dem Wähler nicht an die Hand.

Eine sichere Wahl?

Eisbär im Zoo Rostock | Foto: Zoo Rostock, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die grundsätzliche Position zur Tierhaltung illustriert auch sehr gut die grundsätzliche Richtung, in der die Antworten auf die anderen Fragen gehen. Wer die Wahlprüfsteine genau nachlesen möchte, kann dies hier tun. Der VdZ betont aber auch: “Mit diesen Antworten will der VdZ keine Wahlempfehlung geben, es zeigt sich aber, dass einige Parteien die Aufgaben der Zoos in den Bereichen Natur- und Artenschutz, Bildung, Tierhaltung und Tierschutz, Forschung und Zoo als Erholungsort für wichtiger erachten als andere Parteien.” Ebenso wird betont, die einzelnen Parteien nach der Wahl beim Wort nehmen zu wollen.

Das ist sehr sinnvoll, denn Wahlprüfsteine sind letztendlich nur Absichtsbekundungen für den unwahrscheinlichen Fall, dass eine dieser Parteien allein regieren wird. Wie diese Positionen dann nach Koalitionsverhandlungen aussehen, kann man nicht wissen. Trotzdem sind es wichtige Anhaltspunkte, die der VdZ hier gibt, und diese liefern klare Ausblicke: wer Verbotspolitik im Bereich der Tierhaltung will, ist mit Grünen und Linken sehr gut bedient, wer Verbote verhindern will, mit der FDP. Union, SPD und AfD wirken hingegen eher so, als wäre dies zu einem Großteil Verhandlungsmasse. Hier hätte man die Kandidaten sicher mit interaktiven Interviews besser dazu bringen können, Positionen schärfer zu umreißen. Vielleicht wäre dies ja auch ein Konzept für nach der Pandemie, dass der VdZ tatsächlich Interviews mit Parteivertretern führt, denn das Thema Tierhaltung ist in den klassischen Medien unterrepräsentiert – besonders in diesem Wahlkampf.

Was noch?

Alpensteinbock vor beeindruckender Bergkulisse | Foto: Gnomefilliere, Lizenz: CC BY-SA 1.0

Für viele Zoofreunde wäre es sicher spannend gewesen zu erfahren, was die Parteien denn mit den Zoos und Aquarien in der fortschreitenden Covid-19-Pandemie vorhaben. Wird es wieder ein verschlossener Winter? Will man das gescheiterte Konzept basierend auf der Unterscheidung nach den berühmten Gs doch wieder einführen? Möchte man vielleicht anerkennen, dass Zoos und Aquarien nie etwas zum Pandemie-Geschehen beigetragen haben und sie somit wieder eigenverantwortlich öffnen lassen? Das weiß man leider nicht, obgleich solche Positionen sicher wichtig gewesen wären, um sich bezüglich des Kreuzchens zu entscheiden.

Ebenso bleibt unklar wie die Parteien in Zukunft mit den Zoogegnern umgehen wollen – in diese Richtung zielt keine der Fragen deutlich, obgleich Organisationen wie PETA sehr wohl den seriösen Tier-, Natur- und Artenschutz nicht nur bedrohen, sondern auch verhindern wollen. Hier wären Informationen hilfreich gewesen wie man damit umgehen möchte – einmal im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit, aber auch im Hinblick auf die Legalität von Aktionen, wenn etwa dreist über Zoos und Aquarien gelogen wird. Soll das weiterhin folgenlos bleiben? Gibt es nicht auch ein staatliches Interesse solchen Fake News zu begegnen? Will man Hasskampagnen weiterhin so hinnehmen wie aktuell? Das wären sowohl für die Verantwortlichen, als auch für die Zoofreunde wichtige Fragen gewesen.

Was hat sich verändert?

Schaut man sich die Wahlprüfsteine zur letzten Bundestagswahl im Vergleich an, so gibt es keine großen Veränderungen, aber durchaus solche in bestimmten Details. Damals hatte der VdZ erklärt: “CDU und FDP am zoofreundlichsten”. Die FDP ist im Wesentlichen in ihren Ansichten stabil geblieben – sie sind weiterhin gegen Haltungsverbote. Die Union ebenso, aber nicht so deutlich: “Wir sehen keinen Anlass für Verbote, wenn moderne Anlagen die aufwendigen Haltungsbedingungen erfüllen.” Dieser Satz steht auch in diesem Jahr in der Antwort zur dazugehörigen Frage. Eine erfreuliche Diskontinuität gibt es aber bei der SPD, die noch 2017 erklärt hatte: “Wir wollen keine Delfinhaltung in Zoos.”. Dieser Satz fehlt in diesem Jahr und man erklärt nur unspezifisch: “Die Haltung der Tiere muss den Anforderungen des Tierschutzes entsprechen [sic!] artgerecht sein. Dies ist in den zoologischen Gärten in der Regel gewährleistet.”

Dass man nun nicht mehr so deutlich gegen Delfine argumentiert, ist vor dem Hintergrund interessant, weil man 2019 noch an dieser mehr als fragwürdigen Position, die immer noch von den Grünen am prominentesten in diesen Wahlprüfsteinen vertreten wird, festhielt und sich sogar von Delfinariengegnern beraten ließ:

Tragisch: SPD fällt auf Lügen der Delfinariengegner herein

Dass die SPD zwar mit dieser Position nicht mehr hausieren geht, sie aber nicht aufgegeben zu haben scheint, sieht man allerdings auch daran, dass ein klares Bekenntnis in die Gegenrichtung allerdings fehlt, obgleich es völlig überfällig ist, weil kommunal die SPD die Delfinarien in Duisburg und Nürnberg ja zu unterstützen scheint – besonders deutlich wird das immer wieder in Nürnberg. Wie sich die Bundestagsfraktion der SPD also in der Delfinarienfrage verhalten wird, hängt somit wohl vor allem vom Koalitionspartner im Bund ab, sollte die Partei denn in die Regierung kommen. Aktuell führt die SPD zwar bei den Zweitstimmen, aber in diesen Umfragen sind die neusten Enthüllungen und Skandale, in die Kanzlerkandidat Scholz involviert ist, auch noch nicht inkludiert.

Im Grunde bleibt der Befund der VdZ-Wahlprüfsteine von der letzten Bundestagswahl aber gleich: “CDU und FDP am zoofreundlichsten”.

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