Eisbär genießt sichtlich ein kühles Bad in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen | Foto: zoos.media

ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen: PETA, WAZ & Eisbär Bill

Exklusiv für zoos.media – 24.10.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Die WAZ bereitet eine Schmierenkampagne von PETA gegen die Haltung von Eisbären defizitär auf. Wie geht es dem Eisbär Bill in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen und Eisbären in anderen Zoos wirklich?

ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen: PETA, WAZ und Eisbär Bill

Die radikale Tierrechtsorganisation PETA versucht die Eisbär-Haltung in Zoos seit Jahren madig zu machen. Nun wird die ZOOM Erlebniswelt angegriffen und dabei setzt man wohl auf das Unwissen der Rezipienten. Die Tierrechtsorganisation möchte nämlich absichtlich täuschen. Sie zeigt Verhalten von Eisbär-Männchen Bill in einem Video in Zeitraffer. Verschwiegen wird dabei unter anderem aus welchen Verhältnissen Bill nach Gelsenkirchen kam.

Von Brno nach Gelsenkirchen

Ehemalige Eisbären-Haltung im Zoo Brno (2007) | Foto: Czech Wikipedia user Packa, Lizenz: CC BY-SA 2.5 DEED

PETA und auch die WAZ, die darüber – sehr offenbar auf Betreiben der Tierrechtsorganisation – berichtet, lassen dabei eine entscheidende Info weg. Bill wurde nicht in Gelsenkirchen geboren. Er stammt aus dem Zoo Brno. Dort gab zum Zeitpunkt seiner Haltung eine Eisbären-Anlage, die heute so niemand mehr bauen würde. Die ZOOM Erlebniswelt in Gelsenkirchen hatte dem Tier 2009 ermöglicht, in eine moderne und tiergerechte Anlage zu übersiedeln. Aus der schon inzwischen nicht mehr existierenden Haltung brachte er aber wohl abnormales Verhalten mit.

So ritualisiertes, abnormales Verhalten wird man schwer bis gar nicht los. Die ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen hat große Erfolge dabei gefeiert, das Zeigen des Verhaltens zu minimieren. Das verschweigt PETA und auch die WAZ erwähnt das nur indirekt. Ebenfalls unerwähnt bleibt, dass Eisbären in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen noch nie solcherlei Verhaltensweisen vor Ort entwickelt haben. Stattdessen richtet man die Berichterstattung voll auf Desinformation aus. Man setzt dabei darauf, dass die Geschichte des Tieres den meisten Leuten unbekannt sein dürfte.

Es zeugt von einer großen Respektlosigkeit gegenüber dem Zoo, der alles in seiner Macht stehende tut, dem Tier nicht nur bessere Haltung zu verschaffen, sondern auch von den Folgen schlechterer Haltung zu kurieren. Statt diese Leistung wertzuschätzen, versucht man eine Haltung, die dem Eisbären sichtlich besser tut, zu diskreditieren.

WAZ blamiert sich mit Hinweis auf Studie

In dem Machwerk von Gordon Wüllner-Adomako, stellvertretender Redaktionsleiter für die WAZ in Gelsenkirchen, wird auf die Inhalte “einer 2021 erschienen Metastudie, u.a. von Wissenschaftlern der Universität Kopenhagen” hingewiesen. Verschwiegen dabei wird einmal, dass daran auch Vier Pfoten beteiligt war. Die Organisation ist bekannt dafür, Lügen über Zoos zu verbreiten und Fake Science dafür zu bemühen. Ebenso verschweigt der Autor des Artikels, dass die Studie keine eigenen Daten erhob, sondern nur bereits veröffentlichte Studien betrachtete.

Hätte Wüllner-Adomako sich die Mühe gemacht, den Abstract etwas weiter zu lesen, wäre ihm aufgefallen, dass die Studie selbst zugeben musste, dass eine Verallgemeinerbarkeit, aufgrund geringer Stichprobengrößen und experimentellen Einschränkungen, beeinträchtigt ist. Die Autoren sprechen von einer “paucity of validated indicators”, also einem Mangel an validierten Indikatoren. Belastbar sind die Ergebnisse der Studie also nicht wirklich. Etwas mehr Recherche seitens der WAZ wäre hier für die Leser sicher hilfreich gewesen.

Dann hätte man vielleicht auch eine tatsächlich seriöse und aktuelle Studie finden können, die anhand von Daten aus über 200 Jahren belegt, wie gut es Eisbären in modernen Zoos und Aquarien heutzutage geht.

ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen antwortet deutlich

Eisbär Bill spaziert nach einem Bad über seine weitläufige, naturnahe Anlage in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen. | Foto: zoos.media

Immerhin lässt die WAZ noch jemanden zu Wort kommen, der auch tatsächlich Ahnung von der Materie hat: den Zoo selbst, vertreten durch die Zoom-Sprecherin Franziska Gerk. Die Aussage von PETA, “Dieser Eisbär geht langsam zugrunde”, demaskiert sie als “unwissenschaftlich, populistisch und entbehrt jeder tiermedizinischen Grundlage”. Ebenso weist sie darauf hin, dass PETAs Anliegen, die Haltung von Eisbären in Zoos gänzlich zu beenden, ohnehin nicht mit dem gesetzlichen Auftrags von Zoos vereinbar sei.

PETA will die Beendigung jeder Form der Tierhaltung. Das bleibt in der WAZ auch unerwähnt. Wenn man allerdings schon über PETA berichtet, sollte man es doch wenigstens ehrlich machen. Ein Interesse am kompletten Bild scheint es bei der WAZ aber wohl nicht zu geben. Das wusste man aber auch schon früher in der Berichterstattung, als die Geschichte des Tieres, die spielend leicht zu recherchieren ist, verschwiegen wurde. Offenbar geht es nur darum, PETA dabei zu unterstützen einen Leuchtturm des Eisbären-Schutzes zu diskreditieren.

Artenschützer kommen nicht zu Wort

Eisbären auf der Guillemot Insel (Ukkusiksalik National Park, Nunavut, Canada) | Foto: Ansgar Walk, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Franziska Gerks Hinweis auf den Artenschutz beantwortet man im WAZ-Artikel damit, dass PETA ja fände, “der Rückgang von Eisbären-Populationen werde seit Jahrzehnten dramatisiert”. Spätestens hier hätte man Artenschützer nach ihrer Ansicht fragen können. Die WAZ bleibt aber lieber bei der Reproduktion von PETA-Propaganda. Die hätten seriöse Artenschützer widerlegen können. Aber das wollte man bei der WAZ scheinbar nicht.

Fragt man nämlich bei Organisationen wie Polar Bears International nach, erfährt man, warum die Eisbären-Haltung in Zoos so wichtig ist. Dort liest man zum Beispiel: “Zoos und Aquarien leisten einen enormen Beitrag zum Schutz der Eisbären und tragen dazu bei, dass ihre wilden Artgenossen auch in kommenden Generationen weiterhin auf dem Meereis umherstreifen.” Im Gegensatz zu PETA ist Polar Bears International nicht nur aktiv, sondern auch erfolgreich im Eisbären-Schutz.

Von den Artenschutz-Experten hätte man auch noch was lernen können, um PETA zu entkräften. Dort beschreiben die Fachleute nämlich, dass die Annahme, dass Zoo-Installationen zu klein wären, weil Eisbären in der Natur mehr Platz einnehmen würden, falsch sei. Ihre Ausführungen decken sich dabei mit der neusten seriösen Studie zu dem Thema, die weiter oben schon in Form eines Reels zusammengefasst wurde.

Verhaltensstörung?

Eisbär im Arctic National Wildlife Refuge | Foto: Susanne Miller/USFWS, Lizenz: CC BY 2.0

Zu dem repetitiven Verhalten, dass Eisbär Bill von Brno nach Gelsenkirchen brachte, besteht übrigens auch aktuelle Forschung. Im vergangenen Jahr wies eine Studie nach, dass repetitives Verhalten bei Eisbären nicht automatisch auf mangelndes Tierwohl zurückzuführen ist. In der Natur jagt ein Eisbär auf festen Wegen. Das will er auch im Gehege. Wenn nun das Futter immer zur gleichen Zeit gegeben wird, entsteht eine falsche Kausalverknüpfung: der Eisbär hält die jeweilige(n) Bewegung(en) für den Grund der Futtergabe. Also versucht er sie auch damit hervor zu rufen.

Das funktioniert übrigens nicht nur in Bezug auf Futter – auch, wenn das Tier zum Beispiel in die Innenanlage will, Trainieren möchte oder ähnliches, wird ein Eisbär auf bewährte Verhaltensmuster setzen, um das gewünschte Verhalten beim Menschen hervor zu rufen. Daher ist es so schwer, einmal so ritualisiertes Verhalten wieder los zu werden. Man kann ein Tier nicht aushungern lassen, um es erst dann zu füttern, wenn es dieses Verhalten nicht mehr zeigt. Daher kann man so etwas nur Ausschleichen. Oft gelingt das nie zu 100%.

Kurze Videos trügerisch

Gerade bei Eisbären entsteht aber auch häufig ein Fehlschluss, weil Vorfreude (“anticipatory pleasure”) als Verhaltensstörung fehl interpretiert wird. Gerade PETA ist geübt darin solches Verhalten in kurzen, desinformierenden Videos aus dem eigentlich harmlosen Kontext zu reißen. Hier wäre ein journalistisches Korrektiv wichtig, dass eben nicht nachplappert, wie in diesem Fall die WAZ, sondern sich fachkundig damit auseinander setzt, bevor man etwas veröffentlicht. Zu oft passiert das – nicht nur bei der WAZ – nicht. Das bringt die Presse insgesamt im Verruf.

Verhaltensbeobachtungen macht man nicht in wenigen Sekunden. Experten schauen sich dazu ein Tier wochenlang an, um dann zu beginnen, anhand von einer Flut von gesammelten Daten, seriöse Schlüsse zu ziehen. Das ist aufwendig. Jeder, der, wie PETA, ankommt und anhand von wenigen Sekunden das Tierverhalten entschlüsselt haben will, ist per se schon unseriös. So funktioniert das einfach auch nicht. Verhaltensbiologen haben deshalb so lange studiert, weil eben nicht ein paar Sekunden reichen, um Tierverhalten zu verstehen.

Eisbären in Zoos sind wichtig

Die Haltung von Eisbären in modernen Zoos und Aquarien ist in echten Fachkreisen unbestritten wichtig. Daran ändern auch ein paar Sekunden Videomaterial von populistischen Vereinen, wie PETA Deutschland e.V. nichts. Zumal dieser Verein bekannt dafür ist, solches Material zu manipulieren. Das hat man schon beim Erlebnis-Zoo Hannover gesehen. Daher ist es aberwitzig, solchen Veröffentlichen der radikalen Tierrechtsorganisation vorbehaltlos zu glauben.



Eine Zukunft für Eisbären wird aktuell in den modernen Zoos und Aquarien in Zusammenarbeit mit Artenschützern vor Ort geschaffen. Man kann Zoologische Gärten mögen oder nicht, aber diese Fakten kann man nicht leugnen. Daher wird zum Beispiel auch die Weltnaturschutzunion (IUCN) nicht müde die große Bedeutung von Zoos und Aquarien zu betonen. Wem das Überleben von Arten wirklich am Herzen liegt, der weiß solche Dinge.

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