Südafrikanisches Warzenschwein (Phacochoerus africanus sundevallii) im Phinda-Reservat | Foto: Charles J. Sharp, Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED

Zoos im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest

Exklusiv für zoos.media – 05.02.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) bedroht Schweinebestände auf der ganzen Welt und sogar ganze Arten. Zoologische Gärten unterstützen daher die Entwicklung eines Impfstoffs aktiv.

Zoos im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest

Ursprünglich in Afrika beheimatet, grassiert diese früher lokale Schweinepest inzwischen weit über den Kontinent hinaus. Das Problem dabei: Sie bedroht auch vom Aussterben bedrohte Arten und Populationen. Forschung ist die Antwort auf diese Bedrohung. Daher wurden im Rahmen der Europäischen Erhaltungszuchtprogramme für Warzenschweine und Pinselohrschweine Tiere an das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) übergeben. Dort forscht man an der Krankheit. Der Zoo Osnabrück gab zum Beispiel im vergangenen Jahr ein dort geborenes Warzenschwein-Männchen an das FLI ab.

Massensterben durch Virus

Ein Paar Visayas-Pustelschweine im Lowry Park Zoo | Foto: Grendelkhan, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Ein Forschungserfolg würde nicht nur die Situation der Wildpopulationen verbessern, sondern auch der Hausschweine. Die können nämlich auch von dem Virus befallen werden. Bei den Bartschweinen auf Borneo und Pustelschweinen auf den Philippinen grassierte das Virus bereits verheerend in den Wildpopulationen. Das betrifft aber dann nicht nur die Schweine, sondern das ganze Ökosystem. Beutegreifer, die auf die Schweine als Nahrung angewiesen sind, finden nicht mehr genügend zu fressen. Aber auch Menschen betrifft das, die in manchen Gegenden eben auf Schweinefleisch als Proteinquelle angewiesen sind.

Das Problem dabei ist, dass solche Wildschweine von anderen Faktoren schon massiv bedroht werden. Diese Krankheit zieht die Schlinge um ihren Hals weiter zu. Bisher gibt es weder ein Medikament, noch eine sonstige Behandlung oder gar eine Impfung. Das soll sich nun mit der Hilfe der Zoologischen Gärten ändern. Die Abgabe der Tiere bietet die aktuell größte Chance, um dieser lebensbedrohlichen Problematik tatsächlich Herr zu werden. Ohne Zoos wäre das nicht möglich. Erneut sorgen Institutionen, wie der Zoo Osnabrück, für einen unersetzlichen Beitrag zum Schutz von Arten, der Natur insgesamt, aber somit eben auch von Menschen.

Breite Kooperation

Bartschwein im Nationalpark Bako auf Borneo | Foto: Bernard Dupont, Lizenz: CC BY-SA 2.0 DEED

Das Besondere an Warzenschweinen und Pinselohrschweinen ist, dass sie an ASP nicht erkranken. Sie leben ganz natürlich schon seit langer Zeit mit diesem Virus ohne, dass es sie ausrottet. Das ist ähnlich wie bei den Okinawa-Schwertschwanzmolchen und dem “Salamander-Fresser”. Daher will man schauen, was man von solchen Tieren lernen kann, um das Virus zu bekämpfen. Was sorgt dafür, dass sie mit dem Virus so gut leben können, was die Schweine andernorts nicht haben? Das ist eine zentrale Frage der Forschung. Dafür braucht es eben die Tiere, um es untersuchen zu können.

Deshalb haben sich die Wildschein-Spezialisten der Weltnaturschutzunion (IUCN), der europäische Verband der Zoo- und Wildtierärzte (EAZWV), sowie die zuständige Spezialisten-Gruppe der EAZA mit den Zuchtbuchführern und dem FLI zusammengeschlossen, um diese Frage zu beantworten. Insgesamt 10 Tiere wurden deshalb den Forschern übergeben. Das geschah nach intensiver Abwägung der Vor- und Nachteile eines solchen Schritts. Es überwogen allerdings die Vorteile für das Überleben ganzer Arten.

Was passiert mit den Tieren?

Die 10 Tiere werden im Institut von Tierpflegern betreut und tiergerecht gehalten. Sie bekommen alles, was sie brauchen und auch Enrichments werden ihnen zuteil. Die wirklich entscheidende Änderung ist, dass sie nun unter höheren Hygiene-Bestimmung gehalten werden. Warum ist das wichtig? Im Rahmen der Forschung werden sie mit ASP infiziert. Das schadet ihnen nicht, weil sie seit Jahrhunderten mit dem Virus leben. Im Versuchsverlauf wird nur beobachtet, wie sie auf das Virus reagieren.

Von dem Monitoring selbst bekommen sie wenig mit, weil es unter Narkose erfolgt und am Ende des Versuchs steht dann auch eine Narkose, aus der sie nicht mehr aufwachen werden. Das ist notwendig, damit sie die Krankheit nicht weitertragen. Die Versuche mit den Pinselohrscheinen sind so bereits abgeschlossen worden und die Ergebnisse schauen vielversprechend aus. Es gilt aber das Ende der Versuche und dann die Publikation der Ergebnisse abzuwarten.

Schluckimpfung als Ziel

2009 ist es bereits gelungen mit einer so genannten Köderimpfung die Europäische Schweinepest (ESP) einzudämmen. Dabei schluckten Wildscheine die Impfung einfach, ohne es zu merken. Allerdings kann man bei der ESP nicht auf den gleichen Wirkstoff setzen wie bei der ASP, da sich die Krankheiten unterscheiden. Daher braucht es diese Forschung dringend, um weiteres Sterben zu verhindern.

“Nahezu alle asiatischen Wildschweinarten sind auf der Internationalen Roten Liste der IUCN als ‘gefährdet‘ gelistet. Das Virus verschärft die Situation der bereits dezimierten kleinen und oft auf Inseln vorkommenden Arten.” – Dr. Johanna Rode-White, Vorsitzende der Expertengruppe für wildlebende Schweinearten (IUCN SSC Wild Pig Specialist Group) und Kuratorin im Kölner Zoo
“Die durch die menschliche Globalisierung beschleunigte Ausbreitung der Seuche macht auch vor Zoos nicht halt. Die Sicherheit unserer Zoobestände bedrohter Schweinearten und -rassen ist deshalb für uns umso wichtiger. […] Wir müssen in diesem Bereich noch mehr Forschung betreiben, um der Seuche wirksam entgegentreten zu können.” – Dr. Arne Lawrenz, Mitglied des Tierärzte-Komitees der EAZA, der EAZWV und Direktor des Grünen Zoo Wuppertal

Daher sind diese wissenschaftlichen Versuche mit den Tieren ein wichtiger Schritt. Dank moderner Zoos kommt man so eine Lösung für die Schweine bedeutend näher. Dass dafür 10 Tiere ein kürzeres Leben haben, ist ein akzeptabler Preis, wenn dafür ganze Arten überleben können.

Zoologische Gärten im Dienste des Artenschutzes

“Wenn wir eine Chance haben, diese weltweite Seuche einzudämmen, dann sollten wir diese auch nutzen und die Wissenschaft bei der Entwicklung eines Impfstoffs für alle Schweinearten weltweit unterstützen. Dies ist ein wichtiger Schritt für den internationalen Artenschutz und auch für unsere Schweine hier vor Ort.” – Volker Homes, Geschäftsführer vom Verband der Zoologischen Gärten (VdZ)

Tierversuche sind im Artenschutz ein sehr wichtiges Mittel. Dieses Mittel wird von fragwürdigen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und auch unseriösen Teilen der Politik ideologisch massiv bekämpft. Bei diesem Kampf gegen die Wissenschaft wird massiv auf Fake News gesetzt. Dagegen positioniert sich eine Kampagne aus der wissenschaftlichen Community sehr deutlich: Tierversuche verstehen. Das Bild, das viele Menschen von Tierversuchen haben, ist falsch. Forschung ist die Basis von Artenschutz. Tierversuche sind der Schlüssel, um Viren zu besiegen.

Zoologische Gärten sind erfolgreich im Retten von Arten – weit über 100 Arten wurden und werden von ihnen gerettet. Die Pustelschweine und Bartschweine gehören dazu. Ihre Zukunft ist eng mit der Zukunft von Zoologischen Gärten verwoben.

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