Blick auf Berlin | Foto: Casp, Lizenz: CC BY-SA 1.0 DEED

Wie unabhängig war und ist die Berliner Tierschutzbeauftragte wirklich?

Exklusiv für zoos.media – 06.03.2024. Autor: Philipp J. Kroiß

Es gibt Wirbel um die Landestierschutzbeauftragte Berlin. Was genau steckt dahinter? Soll sie tatsächlich entmachtet werden? Was ist mit der Unabhängigkeit der Stabsstelle? Dieser Artikel gibt Antworten.

Wie unabhängig war und ist die Berliner Tierschutzbeauftragte wirklich?

In der Berliner Zeitung ist zu lesen, dass die Tierschutzbeauftragtes des Landes in Berlin entmachtet werden solle. Dieser dramatisierenden Darstellung liegt aber schlicht nur zugrunde, dass die Berliner Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz Dr. Felor Badenberg (parteilos) erklärte, dass die Berliner Tierschutzbeauftragte niemals unabhängig oder weisungsfrei gewesen sei. Das ist eigentlich auch nicht überraschend, ist die Position seit jeher doch der zuständigen Staatssekretärin oder dem zuständigen Staatsekretär zugeordnet.

Die Eigendarstellung der Landestierschutzbeauftragten in Berlin war und ist noch immer als “fachaufsichtlich weisungsfrei”. Die Position wird aber durch Steuergelder finanziert; in der Stabsstelle arbeiten fünf Personen. Da wäre es nachvollziehbar, wenn hier eine Aufsicht über die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit installiert würde – nichts andere bedeutet eine Fachaufsicht. Das ist vor dem Hintergrund auch notwendig, weil die Landestierschutzbeauftragte immer wieder mit Nähe zur Tierrechtsindustrie auffiel. Sowas passt wohl eher nicht zu einer Beauftragten für Tierschutz.

Berlin: Landestierschutzbeauftragte doch eher Tierrechtsaktivistin?

Wie politisch unabhängig ist die Stabsstelle überhaupt?

Es stieß zum Beispiel bereits komisch auf, als Christian Arleth von der Tierrechtsorganisation PETA in das Team von Dr. Kathrin Herrmann wechselte. Ein paar Monate zuvor war er es noch, der die fragwürdige Entscheidung, der radikalen Tierrechtsorganisation im Bundesland Berlin das Verbandsklagerecht zu geben, für PETA einordnete. Zugestanden wurde dieses Recht von der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, der auch die Stabsstelle der Landestierschutzbeauftragten untergeordnet ist. Damals war die noch in der Hand von Bündnis 90/Die Grünen.

Diese Partei hat bis heute mehr oder weniger Einfluss auf die Stabsstelle. Mitarbeiter und Stellvertreter der Landestierschutzbeauftragten ist seit März 2024 Dr. Christoph Maisack. Er gründete 2010 die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (DJGT) als Nachfolgerin des losen Netzwerks “Juristen für Tierrechte”. Die DJGT ist bekannt dafür, Gutachten im Auftrag von Bündnis 90/Die Grünen anzufertigen. So entstand auch ein kritikwürdiges Gutachten zum Tierschutzgesetz, das genau diese Partei als Grundlage für die angeblich notwendige Novelle nutzt.

Tierschutzgesetz: Grünes Gutachten für Reform

Daher sind es auch wohl nicht zufälligerweise die Grünen, die jetzt Herrmann zur Seite springen – ob etwa Stefan Taschner auf Landesebene oder Landwirtschaftsminister Cem Özdemir auf Bundesebene. Letzterer will sogar die Unabhängigkeit dieser Position in genau diesem Tierschutzgesetz festschreiben und so beißt sich die sprichwörtliche Katze in den Schwanz. Man kann also durchaus gut sehen, wie Grüne gemeinsam mit Tierrechtsindustrie diese Position versuchen für sich zu vereinnahmen unter dem Deckel einer offenbar nicht wirklich existenten Unabhängigkeit.

Worum geht es eigentlich?

Die Justizsenatsverwaltung gibt an, dass die Tierschutzbeauftragte “schwerpunktmäßig eine beratende Funktion” habe – so war die Position auch immer gedacht – und ihre Öffentlichkeits- und Pressearbeit einer Freigabe durch die Hausleitung unterliegt. In dem Fall zuständig ist die Staatssekretärin Esther Uleer. Das tatsächliche Problem für die sich dagegen wehrende Stabsstelle scheint aber wohl eher zu sein, dass dadurch natürlich die eigentlich durch die angebliche Unabhängigkeit offenen Einflussmöglichkeiten für die Grünen auf diese Position schwinden.

In einem Text auf der Facebook-Seite der Landestierschutzbeauftragten wird moniert, dass dies in “eklatantem Widerspruch zum Status einer “Beauftragten”” stünde, “der zwingend mit fachlicher und politischer Unabhängigkeit verbunden” sei. So richtig unabhängig von den Grünen war man vorher aber auch nicht, vielmehr bestehen ja immer noch Verflechtungen. “Er tritt schon lange als Sachverständiger für die Grünen auf, wenn es um Verschärfung des Tierschutzes geht“, schrieb das Laborjournal über Maisack. Weiterhin wurde betont: “Christoph Maisacks Perspektive ist sicherlich eins nicht: politisch neutral.

Das Bild der vorgeblichen Unabhängigkeit hat also deutlich Schlagseite. Dazu ist fraglich, ob die Arbeit der Landestierschutzbeauftragten überhaupt dem besagten Auftrag entspricht. Natürlich müssen an der Stelle gewählte Vertreter des Volkes einschreiten. Die Stabsstelle der Landestierschutzbeauftragten soll schließlich nicht zum Versorgerposten-Reservoire für grüne Tierrechtsaktivisten werden. Sie ist nominell nur gedacht als unabhängige Beraterin der Landesregierung.

#alibifunktion

“Es entsteht der Eindruck, die Landestierschutzbeauftragte solle in Zukunft lediglich eine Alibifunktion erfüllen und als Feigenblatt für fortbestehende Missstände im Tierschutz dienen”, liest man in dem gleichen Post auf der Seite der Landestierschutzbeauftragten. In Berlin wurde die Stabsstelle von Bündnis 90/Die Grünen als Echoraum geschaffen. Es war faktisch nie mehr als eine Alibifunktion, die von der Stabsstelle ausging.

Es ist an dieser Stelle auch nicht sinnvoll so zu tun, als hinge von der Unabhängigkeit der Position jetzt das Fortbestehen von angeblichen Missständen im Tierschutz ab. Diese Stabsstelle ist eine Beratungsstelle, keine Vollzugsstelle, die im Alleingang Tierquälerei in Berlin abschaffen kann; sie besteht seit 2008 und hat es seither offensichtlich nicht geschafft. Viele deutsche Bundesländer haben so eine Position gar nicht und es steht dort nicht signifikant schlechter um den Tierschutz.

Die Position war noch nie etwas anderes als ein Feigenblatt des Landes Berlin. Das Land bringt es ja offensichtlich nicht mal fertig zwischen Tierschutz und Tierrecht sauber zu differenzieren, wie soll man der dortigen Politik dann zutrauen, dass Tierschutz ein ernstgemeintes Anliegen ist? So wird nun die Stabsstelle wohl eher auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als dass man sie tatsächlich irgendwie entmachten will. Sie ist politisch nie unabhängig gewesen und auch nicht seit die Grünen aus dem Ehrenamt ein Hauptamt gemacht haben.

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