Große Tümmler im Dolphin Research Center | Foto: Reinhard Link, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Peinliche Lobby-Hofberichterstattung in der FAZ

Exklusiv für zoos.media – 09.12.2022. Autor: Philipp J. Kroiß

Was die FAZ zur Fragen der Delfinhaltung als Journalismus ablieferte, hat diese Bezeichnung nicht wirklich verdient. Dieser Artikel klärt über die tatsächlichen Fakten auf.

Peinliche Lobby-Hofberichterstattung in der FAZ

Das, was Nina Rehfeld unter der Überschrift “Tierschutz kontra Zoobespassung: Wie Delphine in Gefangenschaft zugrunde gehen” in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) abliefert, noch als seriösen Journalismus zu bezeichnen, fällt schwer, fehlt an diesem Text wohl alles, woran man eine objektive journalistische Berichterstattung erkennen könnte. Die Leute, die für diesen Artikel zahlen, verschwenden ihr Geld.

Warum Tiere im Zoo nicht in Gefangenschaft leben

Schon die Überschrift weist, neben der Fehlbezeichnung “Gefangenschaft”, weitere Mängel auf. Seriöse Tierschützer stehen an der Seite moderner Zoos und Aquarien, auch, wenn es um Delfinhaltung geht – ein prominentes Beispiel ist American Humane, die weltweit wohl renommierteste Tierschutzorganisation, die die tierschutzgerechte Zootierhaltung als ein Zentrum ihrer Betätigung sieht. Den aufgemachten Gegensatz gibt es gar nicht, zumal ein moderner Zoo ja auch nicht primär der Bespaßung dient, sondern den Natur- und Artenschutz sowie Bildung und Forschung im Fokus hat. Aber das ist auch noch nicht alles.

Tierrechtslobbyistin wird in der FAZ zur Tierschützerin

Rehfelds Protagonistin ist Naomi Rose. Dass sie seit Jahren populistische Lobbyarbeit für die Tierrechtsindustrie betreibt, teilt die Autorin ihren Lesern nicht mit. Rose ist eine Tierrechtsideologin, und somit nicht Teil der seriösen Tierschützer-Szene in den USA, zu denen auch American Humane gehört. American Humane vertrauen Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt. Naomi Rose ist hingegen eine ideologisch motivierte Aktivistin für eine kleine, radikale Minderheit: der Tierrechtsindustrie.

Rose arbeitet bei solchen Aktionen nicht seriös. Sie ist eher eine selbsternannte Expertin als eine wirkliche Expertin für die Arten, für die sie sich selbst als angebliche Expertin bezeichnet. Dass Nina Rehfeld auf sie hereingefallen sein könnte, ist kaum wahrscheinlich, ist dies doch alles andere als ein Geheimnis.

Keine kritische Überprüfung

Delfinanlage in Discovery Cove (Orlando, USA) | Foto: Michael Lowin (Mlowin), Lizenz: CC BY-SA 2.0 DE

Es wäre auch ein Leichtes für sorgfältig arbeitende Journalisten gewesen, Roses Thesen, die leider im vorliegenden FAZ-Artikel völlig unwidersprochen und nicht ansatzweise eingeordnet werden, zu widerlegen. Dass in 30 Jahren Haltung von einer Zoologischen Institution etwa ein Großteil der Großen Tümmler, die eine mittlere Lebenserwartung von unter 18 Jahren in der Natur haben, gestorben sind, ist zum Beispiel eigentlich nicht überraschend.

Nina Rehfeld hätte Naomi Rose in ihrem FAZ-Beitrag bei hinreichender Recherche sogar eine absurde Diskrepanz nachweisen können: so zitiert sie Rose indirekt, dass in Ländern wie Kanada die Walhaltung quasi verboten sei. Das Absurde daran ist ja, dass Rose selber Vorstandsmitglied eines unseriösen und unter Fachleuten sehr umstrittenen Projektes ist, das in Kanada Wale halten will.

Eine kritische Überprüfung von Naomi Rose hätte das in nicht mal minutenlanger Arbeit zutage gefördert. Wenn es schon nicht Nina Rehfeld aufgefallen ist, weil sie allzu beseelt von dem Gedanken scheint, mit einer “echten” Tierschützerin geredet zu haben, dann doch wenigstens den Redakteuren der FAZ, die schließlich die Veröffentlichung zu verantworten haben.

Keine Freude während der Vorführungen?

Interesse ungebrochen – die Delfinlagune im Loro Parque | Foto: zoos.media

So lässt sie Rose die üblichen Unwahrheiten referieren, die sie bei jedem Medienvertreter ablädt, obwohl bereits alles für die Haltung in seriösen Institutionen widerlegt ist. So steht in der Frankfurter Allgemeinen ein geradezu hanebüchener Tierrechtslobby-Unfug, in dem gelogen wird, dass sich die sprichwörtlichen Balken biegen.

Die Realität ist hingegen: Große Tümmler in seriös geführten Delfinarien sind gesünderweniger gestresst und leben auch länger als ihre wilden Artgenossen. Während des freiwilligen Trainings – und eine Show ist nichts Weiteres als eine öffentliche Trainingseinheit – schütten sie Glückshormone aus und freuen sich auf die Interaktion mit den Trainern. Über 150 Wissenschaftler und Experten sehen deshalb die Haltung von Meeressäugern in Zoos & Aquarien auch als richtig und wichtig an.

Die längst widerlegten Behauptungen von Naomi Rose sind seit Jahren schon vergleichbar mit Behauptungen irgendwelcher Klimawandelleugner, die behaupten, das Eis der Arktis würde gar nicht weniger. So gibt es von ihr wieder die gleichen brutal falschen Zahlen zu Tauchtiefen und Tagesstrecken der Wale und Delfine: hier findet man einen Abriss, davon was tatsächlich in seriösen Studien steht.

Keine Plattitüde zu billig

Großer Tümmler mit zahlreichen Hautveränderungen am San Simeon Pier in Kalifornien | Foto: Alan Schmierer, Lizenz: CC0 1.0

Rose darf zum Beispiel auch behaupten, dass Delfine lächeln würden – das ist deshalb völliger Blödsinn, weil bei einem Lächeln die Mundwinkel nach oben zeigen, bei Delfinen zeigen sie immer nach unten. Ebenso gibt es wieder die Lüge, die Tiere würden Shows für Futter machen. Jeder Delfin bekommt natürlich in einem seriösen Delfinarium seine physiologisch erforderliche Futtermenge – unabhängig davon, ob das Tier an Training und Show teilgenommen hat oder nicht.

Futterentzug kann nur jemand vermuten, der gar keine Ahnung hat, wie Delfine trainiert werden. Schon in den 1960er Jahren lernten die ersten Delfinpfleger in Deutschland, dass man einen hungrigen Delfin nicht trainieren kann. Wer denkt, man könnte einen Delfin hungern lassen und dann gibt es zur ersten Show den ersten Fisch, wird sofort eines Besseren belehrt. Die Delfine machen hungrig nämlich nichts, außer irgendwie zu versuchen an den Fischeimer zu kommen.

All das wüsste Nina Rehfeld übrigens, wenn sie wirklich mit seriösen und von der Tierrechtsindustrie unabhängigen Experten gesprochen hätte. Denn natürlich wird jeder auf Futterentzug angesprochene seriöse Delfintrainer betonen, dass ein Training durch Futterentzug nicht nur nicht funktioniert, sondern dies zudem jeglichen gesetzlichen Vorgaben und jeglicher Akkreditierung als seriöses Delfinarium nicht entsprechen würde. Was Rose behauptet, ist also geradezu himmelschreiend abstrus.

Bewerbung von Lügen-Film

Besonders peinlich wird es dann, als Rehfeld offenbar nicht mal die Eigenwerbung von Rose für den Lügen-Film “Blackfish” als solche enttarnen kann. Den erwähnt Naomi Rose nämlich nicht zufällig, sie war und ist bis heute Teil der Vermarktung des Films. Dass längst bekannt ist, dass 69 Lügen, Fehl- und Desinformationen in diesem Film zu finden sind, lässt die FAZ dann bezeichnenderweise auch weg.

Ist ‘Blackfish’ glaubwürdig?

Auch die Familie der Orcatrainerin Dawn Brancheau, deren Tod die Filmemacher aufs Übelste missbrauchen und falsch darstellen, sagt sich von dem Film los und steht auch weiterhin zu SeaWorld und der Haltung der verschiedenen Meeressäuger dort. Dass Rose dieses Machwerk, das den tragischen Tod eines Menschen im Besonderen und dreier weiterer Menschen zudem, in der FAZ kritiklos ideologisch ausschlachten darf, ist würdelos für eine Zeitung vom Format der Frankfurter Allgemeinen.

Punkt für Punkt Analyse von Blackfish

Fake News in der FAZ

Delfinvorstellung in der Lagune des Tiergartens in Nürnberg | Foto: Jed, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Dieser Artikel kann nach so vielen offensichtlichen Fehlern keinesfalls als seriös recherchiert gelten, sondern er kommt geradezu einer Hofberichterstattung für die radikalen selbsternannten Tierrechtsaktivisten gleich. Das scheint entweder einer pure Unfähigkeit der Verfasserin dieses Artikels geschuldet, oder aber eine gar eine bewusste Irreführung der Leserschaft der FAZ zu sein. Jedenfalls hat der draus resultierende, niveaulose Artikel leider mit dem hohen journalistischen Anspruch eines angesehenen Presseorgans wie der FAZ nichts zu tun.

Denn dem Leser werden hier Fake News als Recherche-Ergebnisse präsentiert. Durch die kritiklose Übernahme längst widerlegter Thesen hat die FAZ mit diesem Artikel wenige Wochen nach Halloween ein niveauloses Schauermärchen präsentiert, das als seriöser Journalismus verkauft eine Beleidigung der Intelligenz des Lesers ist.

Möglicherweise gibt es auch noch Medien, die behaupten, die Erde wäre eine Scheibe, aber es steht doch sehr zu hoffen, dass die FAZ sich zukünftig nicht dort einreihen will. Mit solchen unseriösen Artikeln ist sie aber auf dem besten Weg dahin. Das wäre nicht nur sehr schade, sondern zudem wäre dies natürlich Wind in den Segeln derer, die ständig “Lügenpresse” schreien.

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